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Im Unterinntal und zwar auf der linken Seite des Stromes, zu Langkampfen, in dem Dorf, lebte vor vielen Jahren ein reicher Wirt, welcher einen einzigen Sohn hatte. Dieser hieß Florian und schrieb sich Weitenmoser. Er war als ein unbeachteter Junge aufgewachsen und eben ins zwölfte Lebensjahr eingegangen, als ihn der Herr Kaplan von Langkampfen zum Gegenstand seiner Ratschlüsse erwählte. Wenn nämlich wohlhabenden Eltern, wie es hier der Fall, ein einziges Kind und zwar ein Sohn geworden ist, so gilt es als ein gnadenreiches Zeichen höherer Erleuchtung, wenn sie diesen dem Priesterstande zuwenden und der Kirche Gottes weihen. So nimmt allerdings das Geschlecht hienieden ein Ende, aber nur um jenseits desto herrlicher wieder aufzustehen und der irdische Mammon, der in weltlichen Händen oft nur unheiligen Zwecken dient, oft so bald verschwindet, er träufelt sanft und leise in die milden Hände der Kirche, die ihn nur zu Aufgaben verwendet, welche dem Himmel wohlgefällig sind und den Ruhm des Namens erhalten, auch wenn dessen Träger längst vergangen.
Nicht ohne Mühe führte der Herr Kaplan die gute Mutter in den Dunstkreis seiner Gedanken ein. Es wäre aber, meinte er, doch zu versuchen, ob man den wohlgeschlachten und begabten Jungen nicht dem bäuerischen Leben entziehen und einer höheren Laufbahn zuweisen könnte. Gelänge der Versuch, so würde sie den Sohn vielleicht einmal als k. k. Landrichter, vielleicht auch, je nach seiner Richtung, als Priester, Dechant, Domherrn, ja als Bischof begrüßen können. Gerade jetzt sei die Zeit, wo die obersten Kirchenlichter mit Vorliebe aus dem Stande der Landleute gezogen würden.
Solchen Vorstellungen antwortete eines Abends die Wirtin von Langkampfen, sie meine nicht, daß sie ihr Söhnlein auf den Landrichter studieren lassen solle, denn da könnte das meiste draufgehen bis es etwas würde und ferner hätten die Landrichter gewöhnlich sehr viele Kinder, aber immer sehr wenig Einnahme. – Ein geistlicher Herr dagegen würde ihr nicht mißfallen. Zwar wäre es fast schade um »das schöne Sach«, allein wenn sich wirklich, wie der Herr Kaplan zu wissen glaube, durch Aufopferung der irdischen Güter eine angenehme Stellung in der Ewigkeit bezwecken ließe, so müsse ein vernünftiger Mensch diese letztere schon wegen der längeren Dauer vorziehen. Sie werde übrigens mit dem Wirte sprechen.
Der Herr Kaplan von Langkampfen fühlte sich sehr glücklich, sein Beichtkind endlich so weit gebracht zu haben. Er wies die Wirtin, um sie in ihrer guten Meinung zu bestärken, namentlich auf den hochherrlichen Tag der ersten heiligen Messe, auf die Primiz hin, wo die geistlichen Heerscharen aus dem ganzen Inntal, vielleicht auch bis vom Bayerland hereinkommen, sie als beneidete und benedeite Mutter des Helden die Honneurs des Festes machen und die ganze Freundschaft wie die übrigen hochansehnlichen Gäste aus dem Klerus und dem Laienstande bei Forellen, Spanferkeln und Rehziemern, bei Muskat und Roussilon von ein Uhr mittags bis neun Uhr abends an der Tafel sitzen würden – – Einem solchen heiligen Tage schlägt jedes Mutterherz entgegen!
Der Wirt war aber diesen Anschauungen nicht so zugänglich. »Wer weiß,« sagte er, »wie ihm der geistliche Stand anschlüge? Wer hat denn ein schöneres Leben als ein reicher Wirt? Und kann er nicht auch in Kirchen gehen und die Religion in acht nehmen wie ein anderer? Und was geschähe denn nachher mit Haus und Hof? Sollt' es etwa gar verkauft werden – an fremde Leute? Da müßt' ich schon bitten!«
Indessen war der Wirt nun doch einmal von jenem Gedanken gestreift und konnte ihn auch nicht mehr ganz los werden. Dies zeigte sich z. B., als er in der nächsten Zeit einmal beim Ledererbräu zu Rattenberg mit einem alten Bekannten zusammentraf, den er wohl auch seinen Freund nennen durfte. Dies war der betagte Herr von Klebelsberg, ein etwas sonderbarer, aber kluger und erfahrener Mann, ehemals Landrichter in Enneberg und anderswo, der den Bauernstand fast schwärmerisch verehrte und ihn allen andern vorzog. Deswegen kam er auch in seinen hohen Jahren noch zu einem seltsamen Entschluß. Als er nämlich in den wohlverdienten Ruhestand getreten war, nahm er seinen Wohnsitz in der salzreichen Stadt Hall bei Innsbruck und sprach dort gleich in den ersten Tagen den Vorsatz aus, von nun an seine früheren Ehren und Würden sämtlich zu vergessen und seine Tage als ein Tiroler Bauer zu beschließen. Er kaufte auch sofort ein niedliches Gütlein mit einigen Feldlein, fuhr mit dem Pfluge beharrlich über diese hin, säete dann eigenhändig und erntete, wenn die Zeit gekommen war – im Schweiß des Angesichts, den er sich lächelnd abtrocknete. In diesem Sinne verwarf er auch die herrischen Kleider, mit denen er sich bis dahin bedeckt, und legte sich andre bei, wie sie in der Haller Gegend die Bauern tragen. So unterzog er sich also einer vollkommenen, übrigens schmerzlosen Häutung, an der er seine große Freude hatte. Ein fransiger Seidenhut mit breiter Krempe, ein brauner Janker mit silbernen Knöpfen, eine kurze lederne Hose, blaue Strümpfe, stark beschlagene Schuhe mit silbernen Schnallen und ein blauer baumwollener Regenschirm, den er auch beim schönsten Wetter unter dem nervigen Arme trug, verschönerten, ja vergoldeten noch den Spätherbst seines Lebens. Die nackten Knie, die zwischen der kurzen Lederhose und den blauen Strümpfen so schalkhaft hervorguckten, sie bestätigten doch auch nur den tiefen Ernst seines Strebens. Die Gesellschaft der Honoratioren vermied er zwar nicht grundsätzlich, denn er zeigte sich nicht selten bei der Frau Ulrich zum goldenen Stern, wo damals der beste Wein war, zitierte dort auch mitunter, um sein gelehrtes Wissen ahnen zu lassen, einen lateinischen Klassiker und versuchte sich sogar in Etymologien tirolischer Ortsnamen, aber er meinte denn doch, der Umgang mit den Landleuten stehe ihm jetzt ungleich besser an. In angenehmster Laune gab er sich jeweils, wenn er mit einem jener tüchtigen und wohlhabenden Wirte, die ja der Stolz des tirolischen Bauernstandes sind, zusammenkommen und mit ihm über ländliches Dichten und Trachten plaudern konnte.
Ein solcher Wirt war aber gerade der Virgil Weitenmoser von Langkampfen.
Damals also, beim Ledererbräu zu Rattenberg fing dieser selber in munterer Stimmung an, was doch die Weiber mitunter für Einfälle hätten! Die seinige wolle jetzt den Buben gar studieren lassen, damit er ein Bischof werden könnte. Sei das nicht zum Lachen? Der Landrichter von Klebelsberg aber, der den Wirt, wie schon angedeutet, von Jugend auf kannte und sein volles Vertrauen genoß, dieser zeigte sich dem Wunsche der Mutter gleichwohl nicht so abhold. »Nun,« sagte er, »lieber Freund! in dem Stück möcht' ich's fast mit deiner Wirtin halten. Für was hast du denn dein Geld, wenn du den Buben nicht etwas lernen läßt? Was schadet's ihm denn, wenn er einmal einen ordentlichen Brief schreiben kann und etwas lesen über Viehzucht und Ackerbau? Wenn du ihn jetzt schon zu Haus behältst, so macht er dir doch nur Dummheiten und Verdruß. Zu tun hat er ja nichts; da kann er ein schöner Lümmel werden! Laß ihn also in Gottes Namen ein paar Schulen studieren – er braucht deswegen noch nicht Bischof zu werden. In ein paar Jährlein kannst dich ja wieder besinnen.«
Diese Worte schlugen ein. »Schau, schau, Euphrosyne,« sagte der Wirt, als er nach Hause kam, zu der Wirtin von Langkampfen, »jetzt geht dir der Wunsch auch wieder naus! Der Bue muß wahrhaftig auf ein paar Jährlein zur Studi. Mir ist jetzt erst eingefallen, daß er sonst ein schöner Lümmel wird, und daß es ihm gar nichts schadet, wenn er einen ordentlichen Brief schreiben kann oder etwas lesen über Viehzucht und Ackerbau. Später kann ich mich ja wieder besinnen!«
Es war Herbst und der Anfang der Schulen stand bevor. Und bald darauf ward unser Florian den ehrwürdigen Vätern des heiligen Franziskus übergeben, welche seit langer Zeit zu Hall im Inntal ein den Landesbedürfnissen entsprechendes Gymnasium unterhielten. Er kam nicht immer unter die ersten, war aber auch nie der letzte. Sein deutscher Aufsatz wurde allerdings belobt, aber im Lateinischen waren seine Fortschritte doch nur mäßig. »Was braucht ein Bauernwirt lateinisch?« fragte er mitunter seine Mitschüler, denn von dem Gedanken, daß er nichts anders werden solle als sein Vater, nicht mehr, aber auch nicht weniger als der Wirt von Langkampfen, davon ließ er niemals ab. Der Wunsch der Mutter, ihn als Opfer auf dem Altar der Kirche zu schlachten, blieb ihm gnädig verhüllt, bis er nicht mehr auszuführen war.
Nebenbei zeigte sich aber eine andre Richtung. Er begann nämlich, wie es bei tirolischen Jungen so häufig vorkommt, gewisse künstlerische Triebe an den Tag zu legen, indem er Figuren zeichnete oder Bilder ausschnitt. Seine ländliche Herkunft und die Erinnerung an die Heimat ließ ihn dabei besonders das Rindvieh bevorzugen, so daß man in seinen Heften oft ganzen wandelnden Herden dieser Gattung begegnen konnte. Allerdings gab er ihnen zur Abwechslung gern etliche »Rösser« bei. Auch die Gemsen soll er nicht übel gezeichnet haben.
So war er drei lange Jahre auf den Schulbänken gesessen, als ein unangenehmer Lehrgegenstand, nämlich das Griechische, herankam und das Gleichgewicht seiner Seele störte. Er verweigerte jedes nähere Eingehen auf diese Sprache, und nachdem er sich wegen seines beharrlichen Unfleißes eine Strafe zugezogen, lief er eines Morgens gar davon und kam desselben Abends in Langkampfen an. Er war jetzt sechzehn Jahre alt, und diese angehende Reife verlieh ihm auch schon einiges Selbstgefühl.
»Lieber Vater!« sagte er nach dem ersten Gruße, den er ihm und der Mutter geboten, »lieber Vater! es geht nicht mehr bei den Franziskanern! Das Lateinische hätt' ich vielleicht noch derlernt, aber jetzt kommen sie mit einer ganz neuen Sprache daher, aus dem alten Griechenland, und das ist keine Sprache für einen Bauern. Was täten wir in Langkampfen mit dem jonischen Dialekt und der äolische ist noch weniger nutz. Mit dem Properispomenon kannst auch kein gutes Wetter machen und mit dem Spiritus asper keinen alten Geißbock füttern in der größten Hungersnot. Ja, Vater, da magst sieben Jahr' lang studieren und nachher weißt kaum, was Kyrie eleison heißt. Ich möchte lieber etwas Richtiges lernen von der Landwirtschaft; denn etwas andres als ein Bauer werd' ich nicht.«
»Schau, schau,« sagte da der Vater, »du kommst mir gar nicht ungelegen, Florian! Jetzt ist gerad' die Zeit, wo ich mich hab' wieder besinnen wollen – jetzt hast du dich besonnen und jetzt lassen wir's gut sein. Bleib nur da! Einen Brief wirst jetzt schon schreiben können, einen ordentlichen?«
»O je!« rief Florian heiter, »darfst nur sagen, was drin stehen soll; das andre macht sich von selber!«
So blieb der Sohn wieder im Hause seines Vaters. Nach den Wünschen der Mutter wurde allerdings nicht gefragt, aber es ist kaum anzunehmen, daß sie entgegengestanden wären. Der Herr Kaplan war schon im vorigen Herbst versetzt worden und damit ihr häuslicher Polarstern untergegangen. Die gute Frau gestand sich jetzt wohl selbst ein, daß ihr lieber Florian am Ende doch besser zu einem Bauernwirt tauge, als zu einem Bischof.
Und doch war es ihm damals nicht recht behaglich in seines Vaters Haus. Er war schon angekränkelt von der Sucht, sich zu bilden und dem Trieb nach Wissen. Der Winter kam und fand ihn sehr unbefriedigt. In den Heimgarten zu gehen und beim Spanlicht mit den Spinnerinnen zu plaudern, das füllte seinen Geist nicht aus. Er glaubte sich nach der Feldarbeit zu sehnen, aber die Flur lag unter tiefem Schnee. Er hätte gerne landwirtschaftliche Schriften gelesen, aber für solche hatte Vater Weitenmoser sein gutes Geld nie ausgegeben. Hin und wieder besuchte er den Herrn Pfarrer, um sich etliche Bücher zu entlehnen, aber dieser besaß nur wenige, die ihm belehrend schienen. Auch seine künstlerischen Anlagen rief er zur Hilfe, um den kurzen Tag und die langen Abende auszufüllen – er zeichnete oft und gerne, nicht nur Rinder, Rosse und Gemsen, sondern jetzt auch manche menschliche Gestalten, so z. B. den Oberknecht und die Kellnerin, letztere wie sie eben ein Seidel Wein in die Gaststube trug. Ersterer lehrte ihn dagegen das Zitherspiel, welches er bald zu einiger Meisterschaft brachte. Dazu hörte man ihn auch singen und jodeln, was gar nicht übel klang, da ihm eine angenehme Stimme verliehen war. Aber wenn er auch manchen Tag mit Ländlern und Almenliedern heiter beschlossen hatte, so gestand er sich doch des andern Morgens, daß die Langeweile, die ihn umgebe, unerträglich sei.
So lebte er geraume Zeit ohne Erleuchtung dahin, aber endlich kam auch diese. Es war um Lichtmeß, als er wieder einmal nach der Stadt Kufstein fuhr, welche bekanntlich nicht sehr groß, aber sehr gut gebaut, freundlich und wohlhabend ist. Sie liegt zu Füßen eines mächtigen freistehenden Felsen, auf welchem eine alte Feste ruht, die in früheren Kriegszeiten gar oft berannt und beschossen worden ist. Diese Festung hat hier auch die Landesgrenze der gefürsteten Grafschaft Tirol zu bewachen, denn jenseits des Innstroms beginnt schon nach einer halben Stunde das liebwerte und glorreiche Bayerland, dessen Geschichte jetzt unser Sigmund Riezler (in Donaueschingen) preiswürdig beschreibt. Die Gegend selbst ist wegen ihrer großartigen Schönheit berühmt und ein herrlicher Vorhof der Alpenwelt. Es ließe sich in der Tat sehr viel darüber sagen, wenn wir nicht für nötiger hielten, unsre Geschichte weiterzuführen. Von Langkampfen sind übrigens nach der Stadt Kufstein anderthalb Stunden abwärts zu gehen, und die Langkampfener standen von jeher unter ihrem Gericht, wie nebenbei gesagt, auch die Bewohner der Sewi. Diese haben aber dorthin zwei kleine Stunden aufwärts zu wandern, wie denn die besagte Stadt Kufstein zwischen beiden Orten fast in der Mitte liegt.
Als der Florian damals in die Stadt gefahren und zuerst bei einigen Handwerkern herumgegangen war, um die Aufträge seines Vaters zu bestellen, kehrte er zuletzt bei den drei Königen, oder, kürzer gesagt, beim Dreikönig ein und setzte sich in die warme Stube, um sich durch ein Seidel jenes kräftigen Weines, durch ein Paar jener saftigen Würstchen, wie sie der Dreikönig von alters her zu spenden pflegt, für den kalten Heimweg vorzubereiten. Dort fand er auch schon eine kleine aber angenehme Gesellschaft. Es war nämlich die Zeit der ersten Dämmerung, und um diese Zeit gingen damals die reputierlichen Bürger zum ersten Trunk, um abzuwarten, bis zu Hause die Lichter angezündet worden, so daß auch diese kurze Weile nicht ungenützt verstrich. Der Florian kannte damals die Herren noch nicht so genau, aber wahrscheinlich war der Herr Bürgermeister, der Herr Seifensieder, der Herr Bürstenbinder, vielleicht auch der Herr Nagelschmied unter ihnen, da diese den Dreikönig ebenso hoch zu schätzen wußten als dieser sie. Jedenfalls scheint damals viel Vernünftiges gesprochen worden zu sein, denn der Florian hatte, als er heimfuhr, von Kufstein bis Langkampfen darüber nachzudenken, wie er denn auch seinen Vater, der ihn unter der Haustüre in Empfang nahm, sogleich mit folgenden Worten ansprach:
»Vater, jetzt gibt's was Neues! Jetzt hab' ich mich wieder besonnen und bin der Meinung, daß ich noch weiter studieren muß, aber nicht bei den Franziskanern, sondern – Ja, du hättest heut nur beim Dreikönig sein sollen, bei den Kufsteiner Bürgern, wie die gesprochen haben, von einer landwirtschaftlichen Lehranstalt da draußen in Bayern, drei Stunden unterhalb München, Schleisheim heißt sie, was man da alles lernen kann, alles, was der Landwirt braucht und vielleicht noch mehr. Da laß mich hingehen, Vater! Da wirst schauen, was aus mir wird!«
Florian setzte dann seinem Vater und der Mutter, die auch herbeigekommen, sehr verständlich auseinander, warum ihm das Leben am heimischen Herde noch nicht so recht behage. Er versicherte, daß nach der Meinung der Kufsteiner Herren jetzt auch der Bauer mehr lernen müsse, als vorher, denn es kämen andre Zeiten, sage der Bürstenbinder, die von der Menschheit mehr verlangen, und es sei gut, wenn man sich darauf gefaßt mache.
Hatten Vater und Mutter ganz vernünftig gefunden, daß ihr Florian seine Studien abbreche, so fanden sie es nunmehr ebenso vernünftig, daß er dieselben wieder aufnehmen wolle. Daß er deshalb so weit in die Fremde gehen müsse, stimmte sie freilich mitunter etwas trübe, allein da das Land Tirol damals noch keine landwirtschaftliche Schule besaß, so mußte wohl die höhere Weisheit der bayerischen Nachbarn zu Hilfe genommen werden.
Am andern Tage ging aber schon ein »ordentlicher« Brief an den Herrn Vorstand der Schleisheimer Schule ab, und fragte der Florian darin sehr artig, ob und wann er etwa eintreten könne, auch ob und wie er sich bis zum Eintritt noch etwa vorbereiten solle, worauf ihm der Herr Vorstand unverzüglich ein halb' Dutzend seiner eigenen trefflichen Schriften schickte, ihm einige Anweisungen über deren Studium gab und zugleich eröffnete, daß er nächste Ostern, wenn er eintreten wolle, ganz freundliche Aufnahme finden werde.
Florian nahm aber auch die übersandten Bücher ganz freundlich auf und versenkte sich bald dermaßen in dieselben, daß er im Dorfe fast gar nicht mehr gesehen, auch zu Hause immer einsilbiger wurde und nur noch mit dem Schulmeister, wenn dieser zum Abendtrunk kam, über Fruchtwechsel, Rassenverbesserung und Agrikulturchemie ebenso lange als tiefe Gespräche führte, denen der Vater gerne zuhörte, obwohl er wenig davon verstand.
Und nachdem das langersehnte Osterfest noch zu Hause gefeiert worden war, setzte sich der Vater in seinen Einspänner, ließ auch den Sohn einsteigen und führte ihn drei Stunden unterhalb München hinunter nach Schleisheim, wo dieser drei Jahre blieb.