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Tante Lauras Geburtstag

Tante Lauras Geburtstag war eine wichtige Angelegenheit. Sie gab an diesem Tag immer ein großes Festessen. Dazu kamen alle Freunde und Bekannten. Es gab immer ein sehr feines Essen, auf das sich Onkel Potzhundert schon lange vorher freute, denn er aß gerne etwas Gutes. Er selbst schenkte seiner Schwester alle Jahre einen großen Baumkuchen, auf den er sehr stolz war. Der Baumkuchen prangte mitten auf der Tafel, obgleich Anna immer sagte, das wäre unmodern, einen so großen Kuchen auf den Tisch zu setzen.

Tante Laura kümmerte sich nicht um das Gerede, der Baumkuchen gehörte zur Geburtstagsfeier, wie die Blumen und die guten Freunde dazu gehörten. Wer den Baumkuchen sehr gern aß, das war Bello. Er bekam auch immer ein gutes Stück. Als darum Tante Laura zwei Tage vor ihrem Geburtstag von dem Baumkuchen sprach, leckte sich Bello auf einmal das Maul.

Schlingel, der noch nicht wußte, was ein Baumkuchen ist, fragte: »Warum leckste denn so, du hast doch nichts zu fressen?«

Da erzählte Bello von dem Baumkuchen. Er schmatzte ordentlich vor Freude, und der dicke Kerl sah ganz verklärt drein.

»Ich will auch Baumkuchen«, kläffte Schlingel.

»Du kriegst keinen, du bist zu unnütz.« Bello knurrte. Er war schon eifersüchtig bei dem Gedanken, die Dackel könnten auch Baumkuchen essen und er könnte zu kurz kommen.

»Ich will auch welchen!« Lump meldete sich auch. Bello versicherte auch ihm, er kriegte keinen.

Von dem vielen Reden über den Baumkuchen war Bello so hungrig geworden, daß ihm das Wasser aus dem Munde lief. Er knurrte mißmutig, als Anna das Abendfutter brachte und es nur Butterbrot war, – kein Wurstzipfel war dabei, kein Schinkenschnitzchen. Und dabei hatte Tante Laura schon so viele gute Dinge eingekauft, das wußte er. So knurrte er unwirsch und ließ das Brot stehen.

»Freßt nur auf, ich mag nicht«, sagte Bello zu den Dackeln.

Die ließen sich das nicht zweimal sagen – schluck-schluck – war das Butterbrot verschlungen, und da erst merkte Bello, daß er Hunger hatte. Er dachte: es sind gute Bissen genug im Hause, ich suche mir was.

Bello ging also auf Raub aus. Wäre er flink und gewandt wie die Dackel gewesen, so wäre er in die Speisekammer gekommen, so aber erwischte ihn Anna an der Türe und schrie gleich, als hätte der Mops schon die halbe Speisekammer ausgeräumt, und dabei hatte Bello noch keinen Bissen erwischt. Bello war wütend. Er fletschte die Zähne, als wollte er beißen, und Anna gab ihm dafür eins mit dem Schrubber.

Mit dem Schrubber eins über das Gesicht bekommen, ist nicht gut, und Bello fing auch kläglich zu heulen an.

Da kam Tante Laura, und Tante Laura hatte Mitleid mit dem Mops, sie meinte, ein Stück Geburtstagskuchen könnte er schon immerhin bekommen. Bello bekam also ein Stück Kuchen, und damit tat er vor den Dackeln sehr wichtig, er schmatzte vor Entzücken, verdrehte die Augen und knurrte immerzu: »Wie Baumkuchen –!«

Lump und Schlingel hatten noch nie Kuchen gefressen. Ihnen drehte sich beinahe der Magen um vor Appetit und als Bello wieder mal so schmatzte, sprangen sie zu und schnappten nach dem Kuchen, erschnappten ihn – und weg war er.

.

Bello schrie vor Wut und die Tante kam eilig gelaufen, um zu sehen, was ihrem armen Bello geschehen war.»Bellochen, was fehlt dir?« fragte sie.

Bello wimmerte nur.

»Die Dackel haben ihm den Kuchen weggenommen. Da – sie lecken sich noch die Mäuler.« Anna, die auch herbeigelaufen war, deutete auf die Dackel. Denen hatte der Kuchen ausgezeichnet geschmeckt. Aber satt waren sie noch lange nicht. Sie kriegten an diesem Abend keinen Kuchen mehr, nur Bello durfte ein großes Stück fressen.

Die Dackel mußten zusehen, denn Tante Laura blieb dabei und paßte auf, daß die beiden Schelme den Kuchen nicht fraßen.

In dieser Nacht träumten Lump und Schlingel von einem riesengroßen Baumkuchen, und ein paarmal knurrten sie vor Vergnügen, und Bello erwachte davon. Der fragte, was sie hätten, und die beiden erzählten flugs ihren Traum. Bello ärgerte sich, er hätte auch gern so etwas Schönes geträumt, statt dessen träumte er von einer großen Dogge, die ihn verfolgte, und von einer Peitsche, mit der der Hundedieb ihm drohte. Lauter häßliche Sachen. Die Dackel hatten es gut, sie fraßen im Traum einen ganzen Baumkuchen auf und bekamen noch nicht einmal Bauchweh davon.

Die drei Hunde dachten den ganzen nächsten Tag an den Baumkuchen, und Bello drohte: »Wenn ihr wieder davon träumt, beiße ich euch!«

Diesmal träumten die Dackel gleich von zwei Kuchen, wenigstens sagten sie es.

Bello war wütend, und es gab eine große Beißerei zwischen den drei Hunden. Anna kam mit dem Schrubber, um Frieden zu stiften. Sie meinte, der Schrubber sei der richtige Friedensstifter. Ob es stimmte, weiß man ja nicht, wenigstens wurden die drei Beißlustigen still und hielten nun Ruhe. –

Der Vorabend von Tante Lauras Geburtstag verlief ohne Zwischenfall. Christine kam und half bei den Vorbereitungen. Sie erzählte dabei Tante Laura, der alte Graf hätte seine Einwilligung gegeben. Sie verschwieg aber, daß er gesagt hatte, wenn Tante Laura nicht wäre, täte er es noch lieber.

Tante Laura aber dachte bei sich: und wenn schon, meine Dackel bekommt er doch nicht. Die machen keine Dummheit mehr.

Die Dackel waren wirklich an dem Tage ungeheuer brav, und Onkel Potzhundert meinte, das hätten sie bei ihm gelernt. Doch Tante Laura mahnte: »Potzhundert, denk an deine Hosen!«

Und Onkel Potzhundert dachte daran und lachte, und Christine auch; sie war sehr vergnügt, weil sie ihren Grafen heiraten konnte.

Auch Tante Laura war vergnügt, nicht weil sie Geburtstag hatte, sondern weil sie sich mit Christine und Onkel Potzhundert ausgesöhnt hatte. So verging der Tag in allseitiger Vergnügtheit.

 

Der Geburtstag kam.

Am Morgen legte Anna jedem Hund ein Kränzchen um den Hals, und als die Dackel die ihrigen gleich fressen wollten, belehrte sie der Mops, das täte man nicht, an Geburtstagen hätten die Menschen nun mal solche kuriose Sitten.

Die Dackel ließen sich belehren und behielten die Kränzchen um. So geschmückt, wurden die drei Hunde zu Tante Laura geführt, die gerade mit Onkel Potzhundert beim Frühstück saß.

Die drei wurden sehr bewundert und bekamen manchen guten Bissen. Bello war wieder eifersüchtig und mißgönnte den Dackeln jeden kleinen Happen.

Und als er eben wieder sagte, Baumkuchen bekämen sie nicht, da kam er – der Baumkuchen nämlich.

Wie ein Turm stand er auf einer großen, ganz mit Blumen belegten Schüssel, sah goldbraun aus und roch so wunderbar, wie es nicht nur der Mops, sondern auch die Dackel noch nie gerochen. Am liebsten hätten sie gleich angebissen.

Da rief Anna: »Die Dackel machen schon Stielaugen, die gingen am liebsten dem Kuchen gleich zu Leibe.«

»Um's Himmels willen, sperrt die beiden ein!« schrie die Tante entsetzt. »Potzhundert, du könntest sie mit hinaufnehmen.«

Aber der Onkel dachte an seine Hosen. Er sagte: »Ich danke.«

Tante Laura war für's Einsperren, und Anna versprach, sie wollte es schon besorgen. Es gab viel zu tun an dem Tage, Besuche kamen, Blumen wurden abgegeben, in der Küche wirtschaftete eine neue Kochfrau herum, die tausend und einen Wunsch hatte, und über alledem vergaß Anna, die Hunde zu füttern. Da roch es nun nach Kuchen und Braten im Haus, und der leckere Duft zog in das Hundestübchen, aber die armen Schelme bekamen nichts.

Tante Laura wollte ein paarmal nach den Hunden fragen, aber dann kam immer ein Besuch dazwischen und sie vergaß es. Auch Christine kam nicht dazu, nach den Hunden zu sehen; nur Onkel Potzhundert ging kurz vor dem Essen einmal zu ihnen hinein und brachte ihnen ein ganz kleines Stückchen Kuchen.

Davon soll ein Dackel satt werden.

Den Hunden knurrte der Magen, und der Mops schob alle Schuld auf die Dackel; weil die so unnütz gewesen wären, hätte Anna kein Futter gebracht.

Das war nun sehr ungerecht von dem Mops, aber der war nun mal so.

Schlingel hatte gar nicht auf diese Rede gehört, er sah immer nach der Türe hin. Auf einmal sagte er: »Die Türe ist offen.«

Onkel Potzhundert hatte die Türe aufgelassen.

»Raus!« kläfften Lump und Schlingel einander zu, und der dicke Bello keuchte auch: »Raus!«

Sie drängten sich also alle drei zur Türe hinaus, und als sie draußen auf dem kleinen dunklen Nebenflur standen, kam Onkel Potzhundert, zu dem hatte Tante Laura gesagt, ob er auch die Türe zugemacht hätte. Da nun der Onkel mit Türen immer ein schlechtes Gewissen hatte, ging er nachsehen.

»Potzhundert, ich habe aufgelassen!« brummelte der Onkel. Er war froh, daß die Hunde, wie er meinte, drin waren. Er schloß die Türe mit hörbarem Knall, und sagte dann drinnen, die Türe wäre zu.

Tante Laura war zufrieden und redete nicht weiter. Vor der Türe draußen aber schalt Anna auf die Kochfrau, sie ließe immer die Türe zum Speisezimmer offen, Minni würde noch reinkommen.

»Die ist ja gar nicht da, und die Hunde sind eingesperrt«, verteidigte sich die Frau. »Haben Sie denn den Tieren etwas zu fressen gegeben?«

»Das kommt noch«, brummte Anna, die ein schlechtes Gewissen hatte.

»Der schönste Augenblick bei einer Geburtstagsfeier ist der, in dem man zu Tische geht«, sagte der alte Major von Bärensprung ein wenig später drin zu Tante Laura und bot ihr den Arm.

Es war so weit, das Essen konnte beginnen.

In einem feierlichen Zuge, Tante Laura und der Major voran, zogen alle nach dem Speisezimmer.

Anna tat die Türe auf und – Tante Laura stieß einen lauten Schreckensschrei aus. »Donnerwetter!« rief der Major, und aus dem Hintergrunde kam der Ruf: »Potzhundert, die Dackel!«

Ja, die Dackel! Da saßen sie mitten auf der festlich gedeckten Tafel und fraßen mit Andacht und Begeisterung Zacke um Zacke von dem schönen Baumkuchen ab. Der Mops war nicht hinauf gekommen; der saß unten und verdrehte vor Begier die Augen.

Die Dackel waren so freßlustig, daß sie sich gar nicht um den Eintritt der Gesellschaft kümmerten. Erst als Tante Laura und der Major mit lautem Geschrei auf den Tisch zueilten, entwitschten die Dackel, dabei fiel eine Kuchenzacke zu Boden und Bello war so gierig, daß er trotz Tante Lauras Drohen die Zacke verschluckte. Dem armen Mops ging es aber schlecht, er wurde von dem Major gefangen, und der packte grob zu.

Erst Tante Laura befreite den Mops. Sie sagte, die Dackel wären am meisten schuld, die müßten bestraft werden.

Aber wo waren die Dackel?

Sie waren den Gästen zwischen den Beinen durchgelaufen. Wohin? Sie waren nirgends zu finden. Anna und Christine suchten, der Lohndiener kam dazu. Die Kochfrau schrie um Hilfe, die Gäste wurden unruhig, sie suchten mit, doch die Dackel waren nirgends zu finden.

Endlich fand sie Christine, aber wo – sie saßen quietschvergnügt und munter in – Tante Lauras Bett.

Das war Tante Laura zu viel. Sie sagte streng: »Morgen müssen sie aus dem Hause, der Graf mag sich mit ihnen abmühen, wenn er sie noch will.« – »Bello auch?« fragte Onkel Potzhundert, der den Mops gern aus dem Hause gehabt hätte. Doch Tante Laura antwortete: »Der bleibt, der ist nur verführt worden.« Und dabei blieb sie.

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