Charles Sealsfield
Das Kajütenbuch oder Nationale Charakteristiken
Charles Sealsfield

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Haben‹ – fuhr er das Glas füllend mit vieler Behaglichkeit fort – ›dieser Brennstoffe nun erklecklich viele, so daß wir einen ziemlich tüchtigen Brand anzurichten hoffen können. Frägt sich nur noch, von wem und wann angezündet werden soll? Ist das der passende Moment, die große Frage. Hängt alles vom passenden Moment bei solchen Dingen ab.

Wollen die Söhne des großen Squatters mit den Austins noch zuwarten‹, fuhr er, bedenklich den Kopf schüttelnd, fort, ›andere aber nicht länger zuwarten. Werden auch, kalkuliere ich, nicht mehr lange zuwarten können.‹

›Die Söhne des großen Squatters? Also ist er heimgegangen?‹

›Ist heimgegangen, leider heimgegangen der große Mann mit der großen Seele, in der leicht eine Million gewöhnlicher Seelchen Platz gefunden hätten; der Riesengeist mit dem Stolze des freigebornen Mannes, der Demut des neugebornen Kindes. Habe ihn noch gesehen, ihm meine Ehrfurcht bezeugt, bin gewallfahrtet zu ihm, und sag Euch, hat kein Katholik das Bild seines Heiligen gläubiger angeschaut als ich das seinige. War ein Mann im vollen Sinne des Wortes.‹

›Ja, das war er! Habe vieles von ihm gehört, gewünscht – ‹

›War ein Mann!‹ wiederholte er. ›Will nicht sagen, daß seine Söhne nicht auch Männer sind; sind es, kalkuliere ich, weiß nichts anders von ihnen, sind aber nicht der alte Nathan; sind zu reich geworden, es zu sein, sind zu Aristokraten geboren. Geht immer so mit reichgewordenen Demokratensöhnen.‹

›Ihr sagt ja aber, Ihr seid selbst ein Aristokrat?‹ bemerkte ich lächelnd.

›Der bin ich auch, bin ein demokratischer Aristokrat, bin einer der Vermögenden im Lande, die das Beste dieses ihres Landes, eine Staatsform wollen, in der jeder, auch der Ärmste, seine Chance findet. War Washington auch ein solcher Aristokrat, und war das der Unterschied zwischen ihm und den Hamiltons und Adams, die reine Aristokraten waren. Lassen die letzteren dem armen Manne keine Chance, außer der, welche der Tyrann dem Sklaven, der Herr dem Bedienten läßt – den Brosamen, der von seinem Tische fällt, aufzulegen.‹

›Mir etwas Neues!‹ bemerkte ich.

›Läßt aber‹, fuhr er wieder mich überhörend fort, ›der demokratische Aristokrat dem Volke eine Chance, und ist das billig. Ist der Arbeiter seines Lohnes wert, soll die Hand, die den Pflug führt, auch teil an der Ernte haben.

Wollen aber noch nicht die Hand an den Pflug legen, die Söhne Nathans sowohl als Austins. Meinen, es habe noch Zeit. Mögen recht haben. Ist vieles dafür und dawider. Kann man oft nicht schnell genug seinen Haushalt anfangen und oft nicht spät genug. Ist das Losreißen vom Vaterhause, vom Mutterstaate, die Mündigkeitserklärung, ein leichtes und doch wieder ein sehr heikliges Ding. Können junge Leute, die sich dabei beeilen, gut fahren, aber auch schlimm fahren, wenn sie nicht die Kräfte, die Mittel besitzen auszuharren. Ist töricht, einen Haushalt anzufangen, wenn keine Kräfte, keine Mittel, ihn auch aufrechtzuerhalten, da sind. Man gerät nur in Schulden und Abhängigkeit, und ist eine solche Abhängigkeit für Staaten ebenso verderblich wie für Individuen. Aber ist auf der andern Seite auch die Rüstigkeit, Jugend, Tätigkeit der Anfänger wohl in Anschlag zu bringen, der Zeitpunkt ja nicht zu versäumen. Fangen Tausende, Millionen bei uns an, die, ihre gesunden Arme und Köpfe ausgenommen, gar keine Mittel haben und doch vorwärtskommen. Kommt alles auf den Mann und dann auf den Zeitpunkt an. Kommt dieser Zeitpunkt Menschen sowie Völkern nur einmal, und zwar, wenn sie jung sind. Sind sie alt geworden, ist es zu spät. Wer nicht jung heiratet, seine Wirtschaft an- und aufrichtet, tut es besser gar nicht.

Ist‹ – fuhr er am Glase nippend fort – ›eine sehr wichtige Frage, ob wir nun losbrechen oder zuwarten sollen. Sind freilich im Vergleiche zu Mexiko nur eine Handvoll, kommt kaum einer von uns auf tausend von ihnen, aber sind tüchtige, werte, entschlossene, rechtliche Männer unter uns, herrliche Männer! Fürchte, daß, wenn wir zuwarten, der Geist, jener unabhängige Geist, der dem Amerikaner mit der Muttermilch angeboren wird, in der sklavischen mexikanischen Atmosphäre verfliegt, verdampft, wir zuletzt nicht besser werden als diese Mexikaner selbst, deren Freiheit nur eine schamlose Lüge ist.‹

›Wieso?‹

›Ist in Mexiko eine starke Aristokratie und Hierarchie, und mögt Ihr sicher sein, daß, wo diese stark sind, es mit der Freiheit des Volkes seinen Haken hat. Wo Tausende Millionen besitzen, können die Millionen nicht Tausende eignen. Sind die untern Klassen in England noch heutzutage trotz ihrer Magna Charta, ihrer Habeas-Corpus-Akte reine Sklaven, sind und bleiben Sklaven – der Reichen, obwohl sie mit ihrer Freiheit das Maul voll genug nehmen. Ist das eine legale Fiktion und findet dieselbe legale Fiktion in Mexiko. Sagen auch, sie haben die Sklaverei aboliert, der Neger, der den mexikanischen Boden betritt, ist ipso facto frei. So ist er – bis er einen Dollar schuldet. Schuldet er diesen Dollar, so ist er so gut und mehr Sklave als unsere am New-Orleanser Markte verkauften Schwarzen. Haben nämlich das Indentur-Gesetz, vermöge welchem jeder Gläubiger seinen Schuldner auch für die geringste Summe in Dienstpflichtigkeit bringen kann. Und macht in Mexiko einen Dollar Schulden, und Ihr seid sicher, alle Tage Eures Lebens dienstpflichtig zu bleiben. Könnet verkauft werden als Dienstpflichtiger. Ist dieses Dienstpflichtigkeitsgesetz durch alle Staaten Mexikos in Anwendung. Wenden es auch auf unsere Neger an. Nehmen, ehe wir nach Texas gehen, diese unsere Neger vor einem mexikanischen Konsul zu New Orleans oder irgendeiner Seestadt und lassen sie da die Indentur unterfertigen, das heißt, einen Kreuz- oder Querstrich daruntersetzen, der in Mexiko so gut gilt als bei uns eine Unterschrift; denn können in Mexiko unter Millionen nicht Hunderte lesen, ja selbst Generale nicht; setzen Hieber unter ihre Proklamationen, die tapfer genug dreinschauen. Bedeuten aber diese Hieber unserer Sklaven, daß sie uns soundso viel schuldig sind, sich dafür verbinden neunundneunzig Jahre zu dienen, nach welcher Zeit sie wieder frei sein sollen. Gibt Hunderte und Hunderttausende, die derlei neunzigjährige Freiheitswechsel ausgestellt haben.‹

›Kein übler Ausweg!‹ bemerkte ich lachend.

›Gefällt auch unsern Aristokraten, die zartsinnig genug das grobe Wort Sklaverei nicht hören wollen, obgleich ihnen die Sache wohl genug ansteht. Wünschen auch deshalb die Dinge gehenzulassen, wie sie eben gehen. Sagen, unsere Lage ist eine so gute Lage, als sie nur sein kann, eine herrliche Lage, eine treffliche Lage, haben beinahe gar keine Abgaben. Haben sie auch nicht, haben viel weniger Abgaben als in den Staaten, schier gar keine. Ist das viel wert, aber auf der andern Seite ist's auch wieder ebenso gewiß, daß, wo keine Abgaben, auch keine Kultur, keine Aufklärung, keine Fortschritte sein können. Die wilde Rothaut hat gar keine Abgaben, aber wer wird deshalb Rothaut werden wollen? Sind so, seht Ihr, eine Menge Items, pro und contra. Aber das Haupt-Item bleibt immer die moralische Entwürdigung, der religiöse Druck, der einem Amerikaner ein Greuel sein muß. Ist zu empörend für den freien Mann, diese Bevogtung! Ist wahrlich nicht auszuhalten. Mengt sich in alles das schwarze Pfaffengezücht. Sagen, gilt keine Ehe als die von einem Glatzkopfe eingesegnete. Sollen ihnen unsere Kinder zur Taufe bringen, ihre Messe hören, unsere Ohrenbeichte hören lassen. Wißt Ihr, was das ist? Eure geheimsten Gedanken, Pläne, Entwürfe, ja Vergehungen, Fehltritte bekennen, ihnen in die Ohren raunen. Hat je einer so etwas in seinem Leben gehört? Keine Narren, diese Römlinge! Würden uns queer anschauen, wenn wir ihnen unsere Pläne in die Ohren raunten. Ist das‹ – rief er, das Glas leerend – ›nicht die spitzbübischste Erfindung, die je von einem Tyrannen ausgeheckt wurde, den Völkern Kappzäume um die Ohren zu legen? Dann sind wir in einer ewigen Quandary mit unserm Generalkongresse, liegen immer und ewig mit der Assembly zu Cohahuila, von der wir los wollen, müssen, wenn wir gedeihen wollen, in den Haaren.‹

›Und was sagen die Bürger zu alledem?‹

›Eine seltsame Frage von einem, der an Masons- und Dixons-Linie zu Hause ist! Was sagen sie? Sie sagen, was Bürger, in der Wiege der Freiheit geboren, von ihr großgesäugt, sagen können. Kein Irrtum da, kein Zweifel. Würden heute lieber losschlagen als morgen; der Hoshier von Indiana und der Sucker von Illinois, die Puckes von Missouri und die Redhorses von Kentucky, die Buckeyes von Ohio, die Wolverins von Michigan, die Eels von Neuengland, die Mudheads von Tennessee sowie die Corncrackers von Virginien. Alle sind sie fix und fertig, ganz parat. Sind unser fünfzig Kernmänner in den Gemeinden und ziehen diese fünfzig alle andern nach. Schwanken nur noch die Söhne und Enkel Nathans und Austins, die Aristokraten, aber müssen zuletzt doch auch dem Strome folgen – oder untergehen. Wird kein Jahr mehr dauern, ehe es losbricht.‹

Ich schüttelte den Kopf. Das Unternehmen war mehr denn kühn, es war geradezu desperat; kaum dreitausend waffenfähige Männer gegen eine Republik, die neuen Millionen Seelen zählte!

›Ist allerdings‹, bemerkte er, mein Kopfschütteln richtig deutend, ›ein gewagtes Unternehmen, aber sind Männer, die wohl wissen, was sie tun, wissen, daß sie, wenn sie den Haken beim rechten Ende fassen, ihn auch dem Feinde in den Leib treiben. Und kalkuliere, fassen den Haken beim rechten Ende. Muß selbst den bessern Mexikanern an unserem Siege gelegen sein; haben die Wünsche selbst der edleren Mexikaner für uns, und sind wir fest entschlossen, die Priesterherrschaft Bustamentes nicht länger zu dulden, nicht länger ihren Unwürdigkeiten, demoralisierenden Plackereien uns zu fügen. Wollen nicht, dürfen nicht – unserer Selbstachtung so nahetreten lassen.

Seht Ihr, würden sich die Söhne Nathans, Austins lieber allem fügen, würden alles ertragen, nur um Ruhe zu haben, befinden sich wohl bei der Ruhe, wünschen nichts Besseres. Sind das unsere Livingstons, Patersons, Caroltons – sehr respektable Leute zweifelsohne! Denn besitzen Ländereien, die jetzt schon Hunderttausende, in wenigen Jahren Millionen wert sein müssen. Wünschen diese Millionen nicht aufs Spiel zu setzen und würden sich lieber dem Fürsten der Finsternis selbst fügen. Sagen: es ist gegen Religion und Gewissen.

Gegen Religion und Gewissen! Gegen Religion und Gewissen! Da habt Ihr's! Ihre Religion besteht in Zucht, Unterwerfung. Von jenem hohen, hehren Drange, der Gute und Böse zu dem großen Zwecke verbindet, verknöcherte Formen zu brechen, mit frischem, freiem Geiste zu beseelen, von dem wissen sie nichts. Ei, sag es Euch, sind mir die Bobs in diesem Punkte wahrlich lieber, trotz ihrer Verbrechen, ihrer Schlechtigkeit lieber, können sie besser gebrauchen. Sind freilich schlechte Leute, aber, versteht Ihr, wenn Ihr mauret und keinen Kalk habt, nehmt Ihr Lehm, wenn die Marmorblöcke fehlen, tun es Granitblöcke. Waren es solche Blöcke, die Großbritannien gegründet, rohe, grobe Blöcke! Sind das die besten in der Hand eines tüchtigen Baumeisters, ein festes, dauerhaftes Gebäude zu gründen.

Sind die besten, wenigstens in unserer gegenwärtigen Krisis. Eure Nathans, Austins Söhne, schaden mehr, als sie nützen, wogegen die Bobs auf den ersten Ruf bereit sind, Gut und Blut, ihr ganzes wertloses Dasein für die Freiheit des Leibes und der Seele ihrer Mitbürger, für die gute Sache einzusetzen. Sind Eure Bobs nicht schlechter, nicht einmal so schlecht als die Kreaturen, die Eure Napoleone, Eure Louis-Philippe gebrauchten und noch gebrauchen, teuer bezahlen.‹

›Möglich!‹ bemerkte ich, ›aber – ‹

›Können Bob nicht freisprechen, können ihn auch nicht verurteilen; denn würden da ein Wespennest aufregen, das uns nur zu blutig stechen könnte; aber wird sich schon Gelegenheit finden, dieses Wespennestes loszuwerden, und wollen wir es auf eine dem Lande, dem Bürgertume, der Freiheit, der Religion nützliche Weise loswerden, bürg Euch dafür. Brauchen just Leute seines Schlages gegen die mexikanischen Banditen, die sie zuerst auf uns loslassen werden. Wäre jammerschade um jeden tugendhaften Bürger, wenn er sein Leben durch solche Banditen verlöre.

Kam mir oft queer vor, muß Euch aufrichtig gestehen, wenn ich so in meinem Bette, meiner Stube, der Prärie oder einer Insel nachdachte, recht queer, Leute wie diese Bobs bei uns herumvagieren zu sehen, wo sie doch so gar nichts finden, keine Spieltische, keine liederliche Gesellschaft, wo jeder schaffen, hart schaffen, mit Entbehrungen aller Art kämpfen muß, ehe er sich ruhig in seinen vier Pfählen niederlassen kann. Kam mir oft recht queer vor, wozu sie wohl da zu uns kämen, wurde mir aber endlich klar, wozu sie herabgekommen sein mögen. Werden ihrem Schöpfer, werden der Welt noch dienen. Haben viel dieses Gesindels, dieses Auswurfes, das die Staaten oben ausgestoßen. Solltet nun glauben, würde das ganze Land vergiften, verpesten; tut es aber nicht. Verdunsten, verfliegen diese Fäulnisse Eurer debauchierten Zivilisation in unseren reinen Präries nicht nur, dient ihr Lasterhauch auch dazu, die reine Atmosphäre der Tugend in desto lieblicheren Gegensatz zu bringen, der mexikanischen Fäulnis entgegenzuwirken. Soll auch entgegenwirken, und das bald, ehe ein Jahr vergeht! Zählt das ganze Land zwar kaum noch fünfunddreißigtausend Seelen alles zusammengerechnet, Bürger, Neger und Mexikaner, die nicht viel besser sind als unsere Neger, kaum dreitausend waffenfähige Männer, wollen aber doch mit diesen dreitausend waffenfähigen Männern –

Sagen Euch, stiften die Franzosen eben jetzt einen Staat in der Barbarei zu Algier, das sie dem Großtürken abgejagt, mit der Blüte, dem Kerne ihrer Armee abgejagt. Eroberten es mit einem Aufwande von Geld und Gut und Blut dem wir nichts als Armut entgegensetzen können. Haben nicht den hundertsten Teil ihrer Kriegserfahrung, ihrer Schätze, ihrer Mittel, sind eine bloße Handvoll Bürger. Aber sind diese Bürger freie Männer, Männer, die es mit einer Welt aufzunehmen die Kraft in sich fühlen. Wollen der Welt zeigen, was freie Männer vermögen! Wollen uns in aller Stille einen politischen Haushalt gründen, der, so klein und armselig er für jetzt erscheinen mag, in ein fünfzig oder hundert Jahren eine ganz andere Rolle spielen soll als Euer mit so vielem Pompe dem Großtürken abgejagtes Algier!‹

Ich war müde und schläfrig, aber die letzten Worte elektrisierten mich. Müdigkeit und Schlaf vergessend, sprang ich auf.

›Bei meiner Seele, Richter! Das war keck und recht und amerikanisch gesprochen. So Ihr losschlagt, ich will nicht fehlen!‹

›Kein Versprechen, kein Binden, junger Mann!‹ versetzte er, gleichfalls aufstehend. ›Freies Feld und keine Gunst! ist mein Wahlspruch. Prüfet alles, und das Beste behaltet! Ist ein trefflicher Spruch unserer Bibel. Prüfet, und wenn Ihr geprüft, dann wählet. Und wählt Ihr unsere Seite, sollt Ihr willkommen sein, denn sage Euch unverhohlen, haben keinen Überfluß an jungen wissenschaftlich gebildeten Männern, und mag ein solcher wohl Großes bei uns leisten, Großes erringen. Aber prüfet, und wenn Ihr geprüft, wählet.‹

›Ich will!‹

›Wollen nichts Schlechtes, Mister Morse, obwohl die Welt Euch anders sagen wird. Wollen kein Reich des Unglaubens, sind keine Voltairisten, keine Bayleisten, ebensowenig als Anhänger der Finsternis. Wollen Licht und Gerechtigkeit, wollen den Anhängern der Ungerechtigkeit, der Finsternis abnehmen, was ihnen überflüssig, da ein Reich der Freiheit, des Friedens, der Aufklärung, des Fortschrittes, der Erkenntnis gründen, das wollen wir, und nun gute Nacht!‹

›Gute Nacht!‹ sprach ich, dem seltsamen aristokratischen Demokraten nachschauend.

 

Schlafen ließ es mich jedoch, trotz Müdig- und Schläfrigkeit, noch lange nicht. Nicht als ob mir das Medium, durch das er die Welt und ihre Geschichte schaute, neu gewesen wäre, es war dem Stoff und der Form nach ganz das unserer Mitsouveräne, ich hatte es oft belächelt; aber wenn ich es bei uns belächelte, fehlte der Hintergrund, dieser Hintergrund, der hier in so starkem Relief vortrat, allem, was er sprach, einen so großartigen Charakter verlieh. Die Gegensätze des Unglaubens und wieder hohen Glaubens, der einseitigen und wieder großartigen Geschichtsauffassung hatten hier ein bestimmtes Ziel, einen Zweck, der einen wahrhaft kolossalen Geist, einen eisernen Willen verriet. Ein solcher Wille aber erzeugt Achtung.

Ich entschlief mit Achtung vor dem Manne.«

»Achtung vor dieser Gemeinheit, ja Ruchlosigkeit!« brach hier Oberst Cracker aus.

»Cracker, Cracker!« rief lachend ein junger Mann, der, nach seiner schwarzen Kleidung, einer der obersten Richter des Staates sein mußte. »Seid doch ein so vollendeter Cockney, als je Broadway hinabtänzelte. Merkt Ihr denn gar nicht, daß es eben diese Ruchlosigkeit, diese Gemeinheit ist, die so Großes in der Welt bewirkt, daß gerade diese Gemeinheit, ja Ruchlosigkeit, die das Höchste, Erhabenste zu unserm Niveau herabzieht, uns auch wieder zu diesem Höchsten, Erhabensten emporschwingt? Um nur auf das Beispiel der Normannen zurückzukommen, glaubt Ihr, sie würden je den Thron Frankreichs erschüttert, den Englands umgestoßen haben, wenn sie in ehrfurchtsvoller Ferne deren Erhabenheit angestaunt, sie von Gott eingesetzt geglaubt, nicht vielmehr diese Throne mit gemeinen, ja ruchlosen Blicken betrachtet hätten? Ist ja hier nicht von einer Moralpredigt – ist von einem weltgeschichtlichen Problem die Rede.«

»Ganz richtig!« bemerkten mehrere.

»Fahret fort, wenn wir bitten dürfen«, bat der Supreme Judge. »Jedes Eurer Worte ist kostbar.«


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