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Auf Messen zeigt er gern sein Spiel,
Dem Kriegsvolk, das ihm sehr gefiel,
Mit Schwert und Helm und Lanzenstiel,
Wie glänzt es fein!
Wer ringt nun jetzt nach solchem Ziel?
Ihn deckt ein Stein.
Elegie auf Habbie Simpson.
An der Spitze der Reiterschaar, die auf der Straße nach dem kleinen Marktflecken zog, trabte Niel Blane, der Stadtpfeifer, auf einem weißen Klepper, mit Dolch und Schwert bewaffnet, und von seinem Dudelsacke flatterten so viele Bänder herab, daß sich sechs ländliche Schönheiten, die zum Jahrmarkt oder zur Predigt gehen, damit hätten schmücken können. Niel war ein sauberer, derber, wohlgestalteter, schlanker Bursche, der sich das Stadtpfeiferamt und alle mit demselben verbundenen Emolumente durch sein Wohlverhalten erworben hatte. Diese bestanden in dem sogenannten Pfeifersfeld, einem Stück Land, das etwa einen Morgen hielt, und dazu in 5 Mark jährlich, sowie in einem neuen, die Stadtfarben tragenden Rocke. Ferner hatte er Aussichten, einen Thaler zu verdienen, wenn Aemterwahl stattfand, vorausgesetzt, daß der Stadtrichter geneigt oder im Stande war, solch ein Geschenk zu spenden; auch genoß er das Vorrecht, in allen achtbaren Häusern der Umgegend alljährlich zur Frühlingszeit einen Besuch abzustatten, um die Herzen mit Musik zu erfreuen, und obendrein von jedem Saatkorn zu erbitten, sich selbst aber an Bier und Branntwein zu laben.
Neben diesen sehr werthvollen Einkünften und Vortheilen hatten die persönlichen und Geschäftstalente unseres Niel das Herz der schmucken Wittwe gewonnen, welche den ersten Gasthof im Ort besaß. Ihr früherer Ehemann war ein strenger Presbyterianer, der in seiner Secte nur unter dem Namen Gajus, der Schenkwirth, sehr bekannt war. Deshalb nahmen viele derselben ein Aergerniß an dem Gewerbe seines Nachfolgers, den seine Hinterlassene zum zweiten Gemahle erkoren hatte. Da aber dessenungeachtet das Gebräu seinen guten Namen behauptete, so ließen ihm auch die alten Kunden den Vorzug. Der Charakter des neuen Wirths war von jener schmiegsamen Art, die ihn befähigte, bei strenger Aufsicht über das Steuer sein kleines Schifflein durch die wilden Fluthen des Parteizwistes zu lenken. Er war lustig, schlau, eigennützig, gleichgültig gegen alle Streitigkeiten über Kirche und Staat und nur darauf bedacht, sich den Zuspruch seiner Kunden zu sichern. Aber sein Charakter sowohl wie der Zustand seines Landes wird dem Leser begreiflicher durch die Anweisungen, die Niel seiner Tochter, einem Mädchen von ungefähr achtzehn Jahren gab, das er in die Geschäfte einweihte, die seine Gattin lange und treu besorgt, bis die brave Frau ungefähr sechs Monate vor dem Beginn unserer Geschichte auf den Kirchhof getragen wurde.
»Jenny,« sagte Niel Blane, als das Mädchen ihm den Dudelsack abnahm, »das ist der erste Tag, an welchem Du das Geschäft Deiner braven Mutter übernehmen und das Publikum bedienen sollst. Sie war ein sanftmüthiges Weib und war artig gegen ihre Kunden und hatte einen guten Namen bei Whigs und Tories. Es wird Dir schwer fallen ihre Stelle auszufüllen, besonders an so volkreichen Tagen wie der heutige. Aber der Wille des Himmels muß geschehen. – Jenny, was Milnwood verlangt, das muß er haben; denn er ist der Papageienhauptmann, und alte Sitten muß man aufrecht erhalten. Kann er seine Zeche nicht selbst bezahlen, denn wie ich weiß hält ihn sein Oheim ziemlich kurz, so werde ich diesen Alten schon dahin bringen, daß er Schande halber blechen muß. Der Pfarrer spielt Würfel mit dem Cornet Graham, – sei aufmerksam und artig gegen beide; denn Geistliche und Soldaten können uns böse mitspielen in diesen Zeiten, wenn sie's darauf absehen. Die Dragoner werden nach Bier schreien und sie wollens und sollens haben. Es sind ungeschlachte Gesellen, aber sie zahlen doch auf die eine oder die andere Weise. Ich kriegte die glattköpfige Kuh – sie ist die beste im Stalle – vom schwarzen Franz Inglis und dem Sergeanten Bothwell für zehn Pfund schottisch, und das haben sie in einem Niedersitzen verzecht.«
»Aber, Vater,« unterbrach ihn Jenny, »man sagt, die Spitzbuben hätten die Kuh der Pächterin von Bellsmoor weggetrieben, während sie am Sonntag Nachmittag zur Feldpredigt ging.«
»Still, einfältiges Ding,« sagte ihr Vater. »Was kümmerts uns, wie sie zu dem Vieh kommen, das sie verkaufen? Mögen sie das mit ihrem Gewissen abmachen. – – Nun, Jenny, merk auf jenen handfesten, finster blickenden Kerl, der dort am Fenster sitzt und den anderen den Rücken zukehrt. Er sieht aus wie einer von dem Gebirgsvolk, denn ich sah ihn, wie er ein wenig zusammenfuhr, als er einen der Rothröcke erblickte. Mich däucht, er wäre lieber vorbeigeritten, aber sein Pferd, es ist ein stattlicher Wallach, war zu abgetrieben, und so mußte er denn anhalten, gleichviel ob gern oder ungern. Bediene ihn freundlich, Jenny, ohne viel Geschwätz, und bring ihm nicht die Soldaten auf den Hals durch zu vieles Fragen. Aber gib ihm kein besonderes Zimmer, sonst heißts, wir wollten ihn verbergen. – Was Dich betrifft, Jenny, sei artig gegen alle Leute und kümmere Dich nicht um den Unsinn und das Gewäsche, das die jungen Burschen gegen Dich vorbringen. Gasthalter müssen sich eben vieles gefallen lassen. Deine Mutter, Gott hab sie selig, konnte sich so viel versagen, wie nur irgend ein Weib, aber – nur nicht die Nase in alles stecken. Wird einer ungezogen gegen Dich, so schreie nur. Paß auf, wenn das Bier ihnen in den Kopf steigt, so fangen sie an über Staats- und Kirchenregiment zu sprechen, und dann, Jenny, zanken sie gern – laß sie nur machen, Zorn ist eine durstige Leidenschaft, und je mehr sie disputiren, desto mehr Bier trinken sie. Du würdest klug thun, wenn Du ihnen dann Dünnbier vorsetztest; es wird sie weniger erhitzen und sie werden doch den Unterschied nicht merken.«
»Aber, Vater,« sprach Jenny, »wenn sie, wie neulich, sich durchprügeln, soll ich nicht nach Euch schreien?
»Keineswegs, Jenny. Der Rathgeber kriegt immer die derbste Tracht Prügel in solch einem Streite. Wenn die Soldaten ihre Säbel ziehen, rufe Du nur dem Korporal und der Wache. Wenn das Landvolk nach Zangen und Feuerhaken greift, rufe nach dem Rathsherrn und den Gerichtsdienern. Aber mich rufe um keinen Preis; denn ich bin müde vom Dudelsackblasen den ganzen Tag und ich will mein Mittagsbrod ruhig in der Küchenstube verzehren. – Und nun fällt mir was ein: der Laird von Lickitup (nämlich der, welcher einmal Laird war) luchst nach einem Glas Dünnbier und einem gesalzenen Häring; zupf ihn am Aermel und raun ihm ins Ohr, es würde mich freuen, wenn er zu Mittag mein Gast wäre. Er war früher ein guter Kunde und es fehlt ihm nur an den Mitteln, um wieder ein guter Kunde zu sein; denn er trinkt jetzt noch eben so gern wie früher. – Und wenn Du einen armen Menschen aus unserer Verwandtschaft siehst, der verlegen ist um Geld und der noch weit heim hat, brauchst Du Dich nicht zu bedenken, gib ihm einen gehörigen Schluck und einen Haferkuchen; wir merkens ja nicht, und es bringt einem Hause wie dem unsrigen Ehre. Und nun geh und bediene die Leute, Kind; aber vor allem bring mein Essen, zwei Stüpchen Doppelbier und ein Pintenglas Schnaps.«
Nachdem er so auf Jennys als seines ersten Ministers Schultern seine Geschäftssorgen abgewälzt hatte, setzten sich Niel Blane und sein früherer Patron, der ehemalige Laird, welcher jetzt froh war, sein Tischgenoß zu sein, nieder, um fern vom Geräusch der Wirthsstube den übrigen Abend zu genießen. In Jennys Departement war alles in voller Thätigkeit. Die Ritter vom Vogelschießen nahmen dankbar die gastliche Bewirthung ihres Hauptmanns an und erwiderten sie; er selbst trank zwar wenig, aber er ließ es sich angelegen sein, daß der Becher mit gehöriger Schnelligkeit unter den Uebrigen kreise, denn diese hätten sich sonst für schlecht bewirthet gehalten. Ihre Anzahl schmolz nach und nach bis auf vier oder fünf zusammen, und auch diese begannen schon von Aufbruch zu sprechen. Am andern Tische saßen in einiger Entfernung die zwei Dragoner, deren Niel Blane Erwähnung gethan, ein Sergeant nämlich und ein Gemeiner von Claverhouses berühmten Leibgarderegiment. Sogar die Unteroffiziere und Gemeinen dieses Corps wurden nicht als gewöhnliche Söldner betrachtet, sondern hatten vielmehr den Rang französischer Musketiere, da man sie als Cadeten ansah, welche mit der Aussicht in Reih und Glied dienten, Offiziere zu werden, sobald sie sich auszeichneten.
In diesen Reihen fand man viele junge Leute von guter Familie, ein Umstand, der noch viel zum Stolz und Selbstbewußtsein dieser Truppe beitrug. Davon war der ebenerwähnte Unteroffizier ein auffallendes Beispiel. Sein eigentlicher Name war Franz Stuart, aber er war allgemein unter dem Namen Bothwell bekannt, da er in gerader Linie vom letzten Grafen dieses Namens abstammte, nicht etwa von jenem schmachvollen Geliebten der unglücklichen Königin Maria, sondern von Franz Stuart, Grafen von Bothwell, dessen unruhiger Geist durch öftere Verschwörungen die frühere Regierung Jacobs VI. erschütterte und der endlich ganz verarmt in der Verbannung starb. Der Sohn dieses Grafen hatte Karl I. um die Zurückgabe der eingezogenen Güter seines Vaters gebeten, aber die Edelleute, denen sie zugefallen waren, hielten sie viel zu fest, um sie sich wieder entreißen zu lassen. Der Ausbruch der Bürgerkriege richtete ihn ganz zu Grunde, da er ihm die kleine Pension abschnitt, die ihm Karl I. bewilligt, und so starb er in bitterster Armut. Nachdem sein Sohn theils in fremden, theils in brittischen Diensten vielfältige Schicksale erfahren, war er endlich froh, eine Unteroffiziersstelle in der Leibgarde zu erhalten, obgleich er in gerader Linie von der königlichen Familie abstammte, da der Vater des geächteten Grafen von Bothwell ein natürlicher Sohn Jakobs VI. war. Der Leibgardist war somit auch ein naher Verwandter König Karls II., unter dessen Regierung die Handlung des Romans fällt. Große Körperstärke und Geschicklichkeit im Gebrauch der Waffen hatten diesen Mann der Beachtung seiner Offiziere empfohlen. Allein er nahm auch in nicht geringem Grade Antheil an der Zügellosigkeit und der Unterdrückungslust, welche durch die Gewohnheit als Agenten der Regierung bei Geldstrafen, Erpressung freier Quartiere und anderen Belastungen der Presbyterianer zu handeln, nur zu allgemein unter diesen Soldaten wurden. Sie waren an dergleichen Aufträge so sehr gewöhnt, daß sie ungestraft jede Zügellosigkeit glaubten begehen zu können, als ob sie außer dem Befehle ihrer Offiziere weder Gesetz noch Obrigkeit zu achten verpflichtet wären. Bei solchen Gelegenheiten aber war Bothwell meistens voran.
Bothwell und seine Kameraden hätten sich wahrscheinlich nicht so ruhig verhalten, wäre nicht der Cornet gegenwärtig gewesen, der das kleine im Flecken liegende Häuflein befehligte und eben mit dem Pfarrer des Orts im Würfelspiel begriffen war. Plötzlich aber wurden beide von ihrer Unterhaltung abgerufen, um mit der ersten Magistratsperson wegen dringender Geschäfte zu sprechen und Bothwell säumte nun nicht, seine Verachtung gegen die übrige Gesellschaft blicken zu lassen.
»Ists nicht sonderbar, Halliday,« sagte er zu seinem Kameraden, »daß diese Kneipanten den ganzen Abend saufen, ohne des Königs Gesundheit getrunken zu haben?«
»Sie haben des Königs Gesundheit getrunken,« sagte Halliday; »ich habe gehört, wie die kleine grüne Kohlraupe dort Seine Majestät hat leben lassen.«
»Wirklich?« sagte Bothwell. »Nun, Tom, jetzt sollen sie auch die Gesundheit des Erzbischofs von St. Andrews trinken, und noch dazu auf ihren Knieen.«
»Ja, das sollen sie,« sagte Halliday, »und wer es nicht will, den führen wir auf die Hauptwache; dort lehren wir ihn auf einem Holzgaul reiten, mit einem Bündel Karabiner an jedem Fuß, daß er gerade bleibt.«
»Recht, Tom,« fuhr Bothwell fort, »und damit alles in gehöriger Ordnung geschieht, will ich mit jener sauertöpfischen Blaumütze im Kaminwinkel den Anfang machen.«
Er stand auf, und sein Schwert sammt der Scheide unter den Arm nehmend, um dem beabsichtigten Uebermuth Nachdruck zu geben, stellte er sich vor den Fremden, der von Niel Blane in seinen Ermahnungen an die Tochter als einer vom Gebirge, oder als ein widerspenstiger Presbyterianer bezeichnet worden war.
»Ich bin so frei, mein Lieber, Eure strenge Ueberzeugung zu ersuchen,« sprach der Reiter in einem Tone affectirter Feierlichkeit und indem er das Pathos des Landpredigers nachäffte, »daß Ihr Euch, mein Lieber, von Eurem Sitze erhebet und daß Ihr Eure Beine beuget, bis Eure Kniee den Boden berühren, mein Lieber; dann aber leert dieses Maß (so von den Weltkindern Stüpchen genannt wird) des herzstärkenden Wesens, so die Fleischlichen Schnaps nennen, auf die Gesundheit und Herrlichkeit Seiner Gnaden des Erzbischofs von St. Andrews, des würdigen Primas von ganz Schottland.«
Alle warteten nun auf die Antwort des Fremden. – Seine Gesichtszüge, die streng bis zur Wildheit waren, das etwas schielende Auge, das seinem Antlitz einen unheimlichen Ausdruck verlieh, sowie sein vierschrötiger, starker und muskulöser Körper kündigten einen Mann an, der weder einen rohen Spaß verstehen, noch sich Beleidigungen ungestraft gefallen lassen wollte.
»Und was folgt,« sprach er, »wenn ich nicht geneigt sein sollte, in Euer unhöfliches Begehren zu willigen?«
»Es folgt, mein Lieber,« sagte Bothwell in demselben spöttischen Tone, »daß ich Dich erstlich in Deinen Rüssel oder Deine Nase kneife. Zweitens will ich, mein Lieber, diese meine Faust Deinen verdrehten Sehwerkzeugen appliciren und schließlich, mein Lieber, will ich meine flache Klinge auf den Schultern des Widerspenstigen herumspazieren lassen.«
»Wenn Ihrs so meint,« sagte der Fremde, »dann gebt mir den Becher,« und indem er ihn in die Hand nahm, sagte er mit eigenthümlichem Ausdruck in Ton und Geberden: »der Erzbischof von St. Andrews und die Stelle, die er jetzt so würdig behauptet; – möge jeder Prälat in Schottland bald das sein, was der hochwürdige Jakob Sharpe ist!«
»Er hat sich geduckt!« rief Halliday jauchzend.
»Aber nur geschraubt,« sagte Bothwell; »ich verstehe nicht, was der stutzöhrige Whig meint.«
»Beruhigt Euch, Ihr Herren,« sagte Morton, der ihres unverschämten Benehmens überdrüssig wurde. »Wir sind hier als gute Unterthanen und bei einer lustigen Gelegenheit zusammengekommen, und haben darum wohl ein Recht, zu erwarten, daß wir nicht durch solche Streitigkeiten belästigt werden.«
Bothwell war im Begriff, unhöflich zu antworten, aber Halliday erinnerte ihn leise, daß die Soldaten strengen Befehl hätten, die Leute, welche zur Musterung gesendet worden waren, dem Befehle des Stadtrathes gemäß, nicht zu beleidigen. Nachdem er nun Morton mit einem langen und strengen Blick beehrt, sagte er: »Gut, Herr Papagei, ich werde Eure Herrschaft nicht beunruhigen; bis Mitternacht, denk ich, wird sie ein Ende haben. – Ist es nicht sonderbar,« fuhr er zu seinem Kameraden gewandt fort, »daß sie so viel Wesens machen, wenn sie ihre Vogelflinten nach einem Ziele abschießen, das jedes Weib, jeder Bub nach eines Tages Uebung treffen kann? Wenn aber Hauptmann Papagei oder einer seiner Leute einen Gang probiren wollte mit Säbel oder Degen, mit bloßem Rappier, oder mit Rappier und Dolch, und zwar um ein Goldstück für den ersten Blutstropfen, dann wärs noch der Mühe werth, – oder wollten die Knoten nur ringen, Kugel werfen oder sonst etwas der Art thun, wozu man Arm und Beine braucht, wenn sie – hier stieß er an Mortons Degenspitze verächtlich mit der Zehe – Dinge mit sich führen, die sie doch nicht ziehen wollen.«
Mortons Geduld und Klugheit war jetzt zu Ende und er war eben im Begriff, Bothwells hochmüthigen Bemerkungen eine zornige Antwort zu ertheilen, als der Fremde vorwärts schritt.
»Das ist mein Streit,« sagte er, »und im Namen der guten Sache will ich ihn selbst ausfechten. Sprich, Freund,« sagte er zu Bothwell, »willst Du mit mir einen Gang im Ringen versuchen?«
»Von ganzem Herzen, mein Lieber,« antwortete Bothwell; »ja ich will mit Dir ringen, bis einer von uns stürzt, oder alle beide.«
»Nun, so wahr ich auf den hoffe, der helfen kann,« erwiderte sein Gegner, »auf der Stelle will ich an Dir ein Beispiel geben für alle Raufbolde, die Dir gleichen.« Bei diesen Worten warf er seinen grauen Reitermantel von den Schultern, und seinen nervigen muskulösen Arm mit Entschlossenheit ausstreckend, schickte er sich zum Kampfe an. Der Soldat ließ sich nicht durch die muskelkräftige Gestalt, die hohe Brust, die breiten Schultern und den wilden Blick seines Gegners abschrecken, sondern pfiff mit großer Ruhe, schnallte sein Wehrgehänge ab und zog seinen Soldatenrock aus. Die Gesellschaft, des Ausgangs harrend, stand um beide herum.
Im ersten wie im zweiten Gange schien der Reiter einigen Vortheil zu haben, doch keiner von beiden war entscheidend. Aber offenbar hatte er seine ganze Kraft zu schnell gegen einen Gegner angewendet, der so viel Ausdauer, Geschicklichkeit, Kraft und gute Lungen besaß. Im dritten Gange hob der Landmann seinen Gegner schnell vom Boden und warf ihn mit solcher Kraft hin, daß er einen Augenblick betäubt und regungslos dalag. Sein Kamerad Halliday zog sogleich seinen Degen. »Ihr habt meinen Sergeanten getödtet,« rief er dem siegenden Ringer zu, »und bei allem was heilig ist, Ihr sollt mir dafür büßen!«
»Zurück!« riefen Morton und seine Gefährten; »es war ein ehrlicher Kampf. Euer Kamerad hat Händel gesucht, und jetzt hat er nun, was er gewollt.«
»Das ist leider nur zu wahr,« sagte Bothwell, sich langsam aufrichtend, »stecke Deinen Säbel ein, Tom! Ich dachte nicht, daß ein solcher Rundkopf den besten Federhut aus des Königs Leibgarde in einer schuftigen Kneipe zu Boden schmeißen würde. – Freund, gebt mir Eure Hand.« Der Fremde reichte die Hand hin. »Ich versichere Euch,« sagte Bothwell, indem er ihm derb die Hand schüttelte, »daß einst die Zeit kommt, wo wir uns wieder treffen und dieses Spiel auf eine ernstere Weise versuchen.«
»Und ich versichere Euch,« sagte der Fremde, den Händedruck mit gleicher Kraft erwidernd, »wenn wir das nächste Mal wieder zusammentreffen, soll Euer Kopf just so niedrig liegen, wie er eben gelegen, ohne daß Ihr die Kraft habt, ihn wieder aufzurichten.«
»Gut, mein Lieber,« antwortete Bothwell; »wenn Du ein Whig bist, so bist Du ein handfester und braver, und damit gute Nacht. Am besten thätest Du, Du bestiegest Dein Rößlein, ehe der Cornet die Runde macht, denn glaub mir, er hat schon Leute angehalten, die weniger verdächtig aussahen als Du.« Dem Fremden schien dieser Wink nicht verachtungswerth. Er warf seine Bezahlung hin, ging in den Stall, sattelte und brachte sein großes schwarzes Pferd heraus, das jetzt durch Ruhe und Futter neu gestärkt war, und sagte dann zu Morton gewendet: »Ich reite gen Milnwood, das, wie ich höre, Eure Heimat ist; wollt Ihr mir nicht den Vortheil und Schutz Eurer Gesellschaft gönnen?«
»O ja,« sagte Morton, obgleich er fast zurückbebte vor dem Benehmen des Mannes, in welchem ein düsterer, unnachgiebiger Ernst lag. Nach einem höflichen Gute Nacht! brachen seine Gefährten auf und gingen in verschiedenen Richtungen von dannen; einige leisteten ihnen ungefähr eine Meile weit Gesellschaft, bis sich einer nach dem andern entfernte, und die Reisenden allein waren.
Kaum hatte die Gesellschaft den »Hof« verlassen, als Trompeten und Pauken ertönten. Bei dieser unerwarteten Aufforderung traten die Soldaten auf dem Marktplatze unter die Waffen, während Cornet Graham, ein Vetter Claverhouses, und der Bürgermeister des Fleckens, von einem halben Dutzend Soldaten und Stadtdienern mit Hellebarden begleitet, mit einem Ausdruck von Schrecken und Eifer in Niel Blanes Zimmer traten.
»Bewacht die Thüren,« waren die ersten Worte des Cornets; – »niemand darf das Haus verlassen. So, Bothwell, wie kommt das? Habt Ihr nicht zum Aufsitzen blasen hören?«
»Er wollte eben nach seinem Quartier, Sir,« erwiderte sein Kamerad; »er hat einen schlimmen Fall gehabt.«
»In einem Streite wahrscheinlich?« sagte Graham. »Wenn Ihr so Eure Pflicht vernachlässigt, dann wird Euer königliches Blut Euch schwerlich schützen.«
»Worin habe ich meine Pflicht vernachlässigt?« sagte Bothwell mürrisch.
»Ihr hättet im Quartier sein sollen, Sergeant Bothwell,« erwiderte der Offizier. »Ihr habt eine goldene Gelegenheit entwischen lassen. Soeben ist die Nachricht eingegangen, daß der Erzbischof von St. Andrews von einem Haufen rebellischer Whigs ermordet worden, welche seinen Wagen auf dem Magus-Moor unweit der Stadt St. Andrews angehalten, den Prälaten herausgerissen und mit ihren Schwertern und Dolchen abgethan haben.« Bei dieser Nachricht standen alle erstarrt. »Hier sind ihre Signalements,« fuhr der Cornet fort und zog eine Proklamation aus der Tasche. »Tausend Mark sind auf den Kopf eines jeden gesetzt.«
»Das Geschraubte, die Einschränkung beim Gesundheit trinken!« sagte Bothwell zu Halliday. »Nun versteh ichs! Der Teufel, daß wir ihn nicht angehalten haben! Geht, sattelt unsere Pferde, Halliday. Cornet, war nicht unter ihnen ein stämmiger, vierschrötiger Mann, von breiter Brust, schlanken Lenden und einer Habichtnase?«
»Halt, halt,« sagte Cornet Graham, »laßt mich ins Papier sehen, Hackston von Rathillet, lang, mager, Haare schwarz.«
»Das ist er nicht, den ich meine,« sagte Bothwell.
»John Balfour, genannt Burley, Adlernase, rothes Haar, fünf Fuß acht Zoll groß –«
»Das ist er! – Das ist er!« sagte Bothwell. »Er schielt furchtbar auf einem Auge?«
»Richtig,« fuhr Graham fort – »ritt ein schwarzes Pferd, das dem Primas beim Morde abgenommen wurde.«
»Derselbe Mann! dasselbe Pferd!« rief Bothwell. »Es ist noch keine Viertelstunde, seit er in diesem Zimmer war.«
Einige hastige Fragen bestätigten außerdem die Meinung, daß der zurückhaltende und mürrische Fremde Balfour von Burley der Anführer einer Schaar von Puritanern war, die in Wuth und mißleitetem Eifer den Primas, dem sie zufälliger Weise begegnet, ermordeten, als sie eine andere ihnen verhaßte Person aufsuchten. Dieser Mann war kein anderer als der Landrichter von Tife, Namens Carmichael, der sich wegen seines fanatischen Eifers gegen die Nonconformisten verhaßt gemacht hatte. Nun wurde der Anschlag verrathen, worauf er sich bei Zeiten in Sicherheit brachte. Ihre aufgeregte Einbildungskraft hielt dieses zufällige Zusammentreffen für einen göttlichen Fingerzeig, und sie brachten den Erzbischof mit kaltblütiger Grausamkeit um, in dem Wahne, daß der Herr, wie sie sich ausdrückten, ihn in ihre Hände überliefert habe.
»Zu Pferd! Zu Pferd! Nachgesetzt, meine Jungen,« rief Cornet Graham. »Der Kopf des Mordhundes wird euch mit Gold aufgewogen.«