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Dreikönigsträume.

Es waren jene tiefentzückten Tage,
Wo ich dein Bild, das unausdenkbar liebe,
Mit tiefem Durst in meine Seele trank,
Daß keine Zeit dich mir entreißen kann,
Und ob das Meer von allen Seiten käme,
Ich hielt mein Herz mit deinem Wunderbilde
Mit beiden Händen über mir empor –
Es waren jene wundervollen Nächte,
Wo Träume Wahrheit werden, die man träumt,
Da träumte ich, es war vor Mitternacht,
Ich sähe dich im lichterhellten Saal
Im blauen Kleid, das deine Knöchel küßte,
Im Tanze schweben – und die Geigen sangen,
Als ob sie deine selige Schönheit sangen.
Wie Lustgesang war deines Tanzes Schritt,
Wie Lustgesang des Kopfes lieblich Neigen,
Wie Lustgesang der Augen süß Erzittern,
Wie Lustgesang dein wunderbarer Leib.
Dich sah ich nur – ich sah dich im Gewühle,
Wie man im Staub die einzige Perle sieht.
Um dich nur blühte all die Lichterflut,
Um dich nur glomm der Geigen töricht Feuer,
Um dich nur zuckten all die roten Herzen,
Und alle Augen hingen wie verloren
An deines Bildes seliger Lieblichkeit.
Mit wem du tanztest, konnt' ich nicht erkennen,
Weil ich nur dich und deine Augen sah.
Da schwieg der Tanz. Und mitten in dem Saale
Standst du allein, und deine jungen Brüste
Wellten wie Saaten, die ein Windhauch streifte.
Und alle wichen wie vor einer Sonne
Vor dir zurück und schlangen einen Kreis
Und standen wie die Sterne um dich her.
Ich aber, wie ein schicksalsvoller Stern,
Der bis vor Gottes ewige Städte schweifte,
Ich stand abseits im roten starren Licht. –
Und einer aus dem Kreis kam mit zwei Lilien
Und bückte sich und reichte sie dir knieend.
Ein andrer brachte, daß die tiefe Glut
Fast seine Hände sengte, rote Rosen
Und reichte sie dir auf den Knieen dar.
Und jeder brachte Blumen, hundert Arten,
Und jeder kniete zu den andern hin.
Und jeder lebte seinen Tag in dir,
Und hing an dir und hatte alle Fülle.
Auf deine schmalen Mädchenschultern sank
Die Blumenbürde, daß es dich fast drückte.
Und alle knieten und ein heller Dank
Für deine Schönheit lohte aus den Geigen,
Die plötzlich in die selige Stille schrien,
Daß eine fast die andere zerbrach. –
Und ein Gesang – sie alle sangen mit –
Schlug an die Decke, brauste an die Wände,
Mit Worten, die sich wunderlich bekriegten,
Denn jeder sang, was seine Seele sang,
Was seine Sehnsucht auszuweinen hatte.
Die Worte taumelten, wie Flocken taumeln,
Die weich in deiner Flechten Nacht sich betten.
Doch also groß und mächtig friedevoll
Und feierlich verklang das dunkle Lied:
»Wir lieben dich, du süße Königin,
Wir lieben dich, du lösest jeden Sinn!«
Nur ich stand noch und hatte nicht gesungen
Und sang auch nicht die letzten Worte mit.
Doch wie vom Sturm gepeitscht sprang ich empor
Und drängte mächtig durch den Kreis zu dir
Und klammerte den Arm um deine Knie
Und schrie empor, dein Auge stärkte mich:
»Sie alle preisen singend deine Schönheit,
Ich aber schwieg, weil ich doch keine Worte –
Wie ich dich liebe – aus den Meeren schöpfen
Und von den Bergen niederholen kann!
Doch wenn du niederfielst in Angst und Not,
Wenn alle dich verließen – ich bin treu.
Ich liebe dich – das müßten Engel singen! –
Ich bin dir treu, das sagt ein Mensch wie ich,
So schön und ewig, als wenn's Engel sagten.«
Da legtest du die süßen, weichen Hände
Mir auf die Stirn, daß ich in Fieberschauern –
Die wie die Pflugschar durch die Schollen stößt,
Mein Fleisch zerwühlten – wunderlich erwachte.
Es war vor Mitternacht – die Wolken stürzten
Am Mond vorbei und rennend übers Eis
Sprang Tauwind, der das junge Eis zerriß
Mit hellem Krachen, daß die Nacht erschrak,
Die Nacht, die eine jener Nächte ist,
Wo Gott die Träume sendet und erfüllt.


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