Daniel Paul Schreber
Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken
Daniel Paul Schreber

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V. Fortsetzung. Nervensprache (innere Stimmen). Denkzwang. Entmannung unter Umständen ein Postulat der Weltordnung

Außer der gewöhnlichen menschlichen Sprache gibt es noch eine Art Nervensprache, deren sich der gesunde Mensch in der Regel nicht bewußt wird. Am besten läßt sich meines Erachtens eine Vorstellung davon gewinnen, wenn man sich Vorgänge vergegenwärtigt, bei denen der Mensch gewisse Worte in einer bestimmten Reihenfolge seinem Gedächtnisse einzuprägen sucht, also z. B. ein Schulkind ein Gedicht, das es in der Schule aufzusagen hat, oder ein Geistlicher eine Predigt, die er in der Kirche halten will, auswendig lernt. Die betreffenden Worte werden dann im stillen aufgesagt (ebenso wie bei einem stillen Gebet, zu dem die Gemeinde von der Kanzel aus aufgefordert wird), d. h. der Mensch veranlaßt seine Nerven, sich in diejenigen Schwingungen zu versetzen, welche dem Gebrauch der betreffenden Worte entsprechen, die eigentlichen Sprachwerkzeuge (Lippen, Zunge, Zähne usw.) werden dabei entweder gar nicht oder nur zufällig mit in Bewegung gesetzt.

Der Gebrauch dieser Nervensprache hängt unter normalen (weltordnungsmäßigen) Verhältnissen natürlich nur von dem Willen desjenigen Menschen ab, um dessen Nerven es sich handelt; kein Mensch kann an und für sich einen anderen Menschen zwingen, sich dieser Nervensprache zu bedienen.Eine Ausnahme findet vielleicht beim Hypnotisieren statt, über dessen Wesen ich als Laie in der Psychiatrie zu wenig unterrichtet bin, als daß ich mir ein Urteil darüber erlauben möchte. Bei mir ist nun aber seit der obenerwähnten kritischen Wendung meiner Nervenkrankheit der Fall eingetreten, daß meine Nerven von außenher und zwar unaufhörlich ohne jeden Unterlaß in Bewegung gesetzt werden.

Die Fähigkeit, in dieser Weise auf die Nerven eines Menschen einzuwirken, ist vor allen Dingen den göttlichen Strahlen eigen; darauf beruht es, daß Gott von jeher in der Lage war, einem schlafenden Menschen Träume einzugeben. Ich selbst habe die Einwirkung zunächst als eine vom Professor Flechsig ausgehende empfunden. Die Erklärung dieses Umstands kann ich nur darin suchen, daß Professor Flechsig es in irgendwelcher Weise verstanden hat, sich göttliche Strahlen dienstbar zu machen; später haben dann außer den Nerven des Professors Flechsig auch unmittelbare göttliche Strahlen sich mit meinen Nerven in Verbindung gesetzt. Die Art und Weise der Einwirkung hat im Laufe der Jahre immer mehr der Weltordnung und dem natürlichen Rechte des Menschen auf freie Verfügung über den Gebrauch seiner Nerven widersprechende, ich möchte sagen immer groteskere Formen angenommen.

So trat die Einwirkung schon verhältnismäßig früh in der Form des Denkzwangs auf – ein Ausdruck, den mir die inneren Stimmen selbst genannt haben, der aber anderen Menschen kaum bekannt sein wird, weil die ganze Erscheinung außerhalb aller menschlichen Erfahrung liegt. Das Wesen des Denkzwangs besteht darin, daß der Mensch zu unablässigem Denken genötigt wird, mit andern Worten das natürliche Recht des Menschen, seinen Verstandesnerven von Zeit zu Zeit durch Nichtsdenken (wie am ausgeprägtesten im Schlafe geschieht) die erforderliche Ruhe zu gönnen, wurde mir von Anfang an durch die mit mir verkehrenden Strahlen verschränkt, die fortwährend zu wissen begehrten, woran ich denke. Man stellte also z. B. geradezu – in diesen Worten – die Frage: »Woran denken Sie denn jetzt?« und da diese Frage schon an und für sich der komplette Unsinn ist, insofern bekanntlich der Mensch ebensowohl – zu gewissen Zeiten – nichts, wie auf der anderen Seite tausenderlei auf einmal denken kann, und da also meine Nerven auf diese widersinnige Frage an und für sich nicht reagierten, so war man sehr bald genötigt, zu einem System von Gedankenfälschungen seine Zuflucht zu nehmen, indem man sich z. B. auf obige Frage selbst die Antwort gab: »An die Weltordnung sollte derjenige« scilicet denken,Das Wort »denken« in der obigen Antwort wurde weggelassen. Die Seelen hatten nämlich – wohl schon vor dem Eintritt der weltordnungswidrigen Verhältnisse – die Gewohnheit, ihren Gedanken (im Verkehr untereinander) nur einen grammatikalisch unvollständigen Ausdruck zu geben, d. h. gewisse Worte, die für den Sinn allenfalls entbehrt werden konnten, wegzulassen. Diese Gewohnheit ist im Laufe der Zeit mir gegenüber zu einem geradezu schändlichen Mißbrauch ausgeartet, da die Verstandesnerven des Menschen (der »Untergrund« desselben, wie der grundsprachliche Ausdruck lautet) durch derartige angebrochene Phrasen fortwährend aufgeregt werden, indem sie sich nun unwillkürlich bemühen, das zur Ergänzung des Sinnes fehlende Wort zu suchen. So höre ich, um nur eins von unzähligen Beispielen anzuführen, seit Jahren alltäglich Hunderte von Malen die Frage: » Warum sagen Sie's?« wobei die zur Ergänzung des Sinnes eigentlich erforderlichen Worte » nicht laut?« weggelassen werden und die Strahlen sich dann selbst gleichsam als von mir ausgesprochen die Antwort geben: »Weil ich dumm bin so etwa.« Solchen und ähnlichen entsetzlichen Unsinn in ödem Einerlei müssen meine Nerven seit Jahren unaufhörlich (gewissermaßen als von ihnen ausgehend) ertragen. Über den Grund für die Wahl der betreffenden Redensarten und die damit beabsichtigte Wirkung werde ich weiter unten noch Näheres ausführen. d. h. meine Nerven durch Strahlenwirkung nötigte, diejenigen Schwingungen zu machen, die dem Gebrauch dieser Worte entsprechen. Dabei wuchs mit der Zeit die Anzahl der Stellen, von welchen der Nervenanhang ausging: abgesehen von dem Professor Flechsig, dem einzigen, den ich wenigstens eine Zeitlang noch bestimmt unter den Lebenden wußte, in der Hauptsache abgeschiedene Seelen, welche sich in steigendem Maße für mich zu interessieren begannen.

Ich könnte hier Hunderte, wenn nicht Tausende von Namen nennen, darunter zahlreiche Namen, von denen ich nach Jahren, nachdem mir durch Zeitungen und Briefe wieder einiger Verkehr mit der Außenwelt eröffnet war, erfahren habe, daß sie noch unter den Lebenden weilen sollen, während ich damals, da sie als Seelen im Wege des Nervenanhangs mit mir verkehrten, natürlich nicht anders annehmen konnte, als daß sie längst das Zeitliche gesegnet hatten. Bei sehr vielen Trägern dieser Namen stand das religiöse Interesse im Vordergrund, namentlich waren sehr viele Katholiken darunter, die nach dem von mir in bestimmten Richtungen einzuschlagenden Verhalten eine Förderung des Katholizismus, insbesondere eine Katholisierung Sachsens und Leipzigs erwarteten; hierher gehören Pfarrer St. in Leipzig, »14 Leipziger Katholiken« (von denen mir nur der eine Name des Generalkonsuls D. genannt worden ist, vermutlich ein katholischer Verein oder der Vorstand eines solchen). Jesuitenpater S. in Dresden, das erzbischöfliche Ordinariat in Prag, der Domkapitular Moufang, die Kardinäle Rampolla, Galimberti und Casati, der Papst selbst, der einen eigentümlich »sengrigen Strahl« führte, endlich zahlreiche Mönche und Nonnen; bei einer bestimmten Gelegenheit zogen auf einmal 240 Benediktinermönche unter Führung eines Paters, dessen Name ähnlich wie Starkiewicz lautete, als Seelen in meinen Kopf ein, um darin ihren Untergang zu finden. Bei andern Seelen waren mit religiösen Interessen gemischte nationale Motive in Frage; unter ihnen ein Wiener Nervenarzt, dessen Name zufällig mit dem des obengenannten Benediktinerpaters identisch war, ein getaufter Jude und Slawophile, der durch mich Deutschland slawisch machen und gleichzeitig die Herrschaft des Judentums darin begründen wollte; er schien in seiner Eigenschaft als Nervenarzt, ähnlich wie der Professor Flechsig für Deutschland, England und Amerika (also im wesentlichen germanische Staaten) eine Art Verwalter der Gottesinteressen für eine andere Gottesprovinz (namentlich die slawischen Gebietsteile Österreichs) zu sein, woraus sich einige Zeit zwischen ihm und Professor Flechsig ein der Eifersucht entsprungener Kampf um die Vorherrschaft entspann. Eine andere Gruppe bildeten hauptsächlich gewesene Mitglieder des Corps Saxonia in Leipzig, welchem Professor Flechsig als Konkneipant angehörtAuch dies habe ich früher nicht gewußt, sondern nur von der im Wege des Nervenanhangs mit mir redenden Stimmen erfahren. Es wäre daher gewiß nicht uninteressant, ob diese an und für sich gewiß sehr nebensächliche Einzelheit aus dem früheren Leben des Professor Flechsig auf Wahrheit beruht. hatte und denen daher, wie ich annahm, durch diesen zur Seligkeit verholfen worden war, unter ihnen Rechtsanwalt Dr. G. S. in Dresden, Dr. med. S. in Leipzig, Oberamtsrichter G. und zahlreiche jüngere Mitglieder des Corps, die später als »die unter der Cassiopeja Hängenden« bezeichnet wurden. Auf der andern Seite gab es auch viele Burschenschafter, deren Sache eine Zeitlang einen großen Aufschwung gewonnen hatte, so daß sie in der Lage gewesen waren, die Planeten Jupiter, Saturn und Uranus zu besetzen; die hervorstechendsten Namen darunter waren A.K., Rechtsanwalt, Vizepräsident des preußischen Abgeordnetenhauses, den ich übrigens in meinem Leben nie persönlich gekannt habe, Rektor Professor W. und Rechtsanwalt H. in Leipzig. Diese und die vorerwähnten Mitglieder des Corps Saxonia schienen die ganze Sache, um die es sich in meinem Kopfe handelte, nur als eine Fortsetzung des alten Streits zwischen Corps und Burschenschaften zu halten. Weiter nenne ich Geh. Rat Dr. Wächter, der eine Art Führerschaftsstellung auf dem Sirius und Geh. Kirchenrat Dr. Hoffmann, der eine ebensolche Stellung auf den Plejaden einnehmen sollte, und die danach, als obendrein schon längere Zeit verstorben, bereits eine höhere Stufe der Seligkeit erstiegen zu haben schienen. Beide hatten mich im Leben persönlich gekannt und daher vermutlich aus diesem Grunde ein gewisses Interesse an mir genommen.

Endlich seien noch genannt verschiedene meiner Verwandten (außer meinem Vater und meinem Bruder, die schon oben erwähnt wurden, meine Mutter, meine Frau und mein Schwiegervater), mein bereits im Jahre 1864 verstorbener Jugendfreund Ernst K. und ein Prinz, der als »kleiner Mann«, in dem später zu erläuternden Sinne auf meinem Kopfe erschien und darauf sozusagen spazierenging.

Alle diese Seelen sprachen als »Stimmen« mehr oder minder gleichgültig auf mich ein, jede von ihnen ohne von der Anwesenheit der anderen etwas zu wissen. Welcher heillose Wirrwarr dadurch in meinem Kopfe entstand, wird jeder, der nicht die ganze Darstellung nur für eine krankhafte Ausgeburt meiner Phantasie erachten will, ermessen können. Immerhin hatten die Seelen damals noch eigene Gedanken und waren daher. imstande, mir Mitteilungen zu machen, die mein Interesse im höchsten Grade in Anspruch nahmen, auch auf Fragen Antworten zu geben, während jetzt schon seit langer Zeit das Gerede der Stimmen nur in einer entsetzlich eintönigen Wiederholung, derselben immer wiederkehrenden (auswendig gelernten) Phrasen besteht. Den Grund davon werde ich später angeben. Neben diesen sich als Einzelindividuen zu erkennen gebenden Seelen traten übrigens gleichzeitig immer andere Stimmen hervor, welche sich als Gottes Allmacht selbst in stets höher aufsteigenden Instanzen (vergl. oben Anmerkung 19) gerieten, und denen die erwähnten Einzelseelen gewissermaßen als Vorposten zu dienen schienen.

Der zweite Punkt, der in diesem Kapitel behandelt werden sollte, betrifft die der Weltordnung innewohnende Tendenz zur Entmannung eines in dauernden Verkehr mit Strahlen getretenen Menschen. – Derselbe hängt zusammen einesteils mit der Natur der Gottesnerven, vermöge deren die Seligkeit (das Genießen derselben vergl. oben S. [78–80]), wenn auch nicht ausschließlich, so doch mindestens zugleich eine hochgesteigerte Wollustempfindung ist, anderenteils mit dem anscheinend der Weltordnung zugrunde liegenden Plan, im Falle von Weltkatastrophen, die eine Vernichtung der Menschheit auf irgendeinem Weltkörper – in specie beabsichtigt oder nicht – zur Notwendigkeit machen, eine Erneuerung des Menschengeschlechtes zu ermöglichen. Wenn auf irgendeinem Weltkörper sittliche Fäulnis (»wollüstige Ausschweifungen«) oder vielleicht auch Nervosität die ganze Menschheit derart ergriffen hatten, daß von ihren übermäßig geschwärzten Nerven eine, nennenswerte Ergänzung der Vorhöfe des Himmels (vergl. oben Anmerkung 6 [11]) nicht erwartet werden konnte, oder eine bedrohliche Steigerung der Anziehungskraft auf die Gottesnerven zu befürchten war, so konnte ein Untergang des Menschengeschlechts auf diesem Weltkörper entweder (durch verheerende Seuchen usw.) vielleicht von selbst eintreten oder auch von Gott beschlossen und durch Erdbeben, Überschwemmung usw. ins Werk gesetzt werden. Vielleicht war es auch für Gott möglich, einen dem Untergange zu widmenden Planeten die Wärme der Sonne (oder des betreffenden anderen zu seiner Erwärmung dienenden Fixsternes) ganz oder teilweise zu entziehen, womit auf das von der Wissenschaft, soviel mir bekannt, noch nicht gelöste Problem von den Eiszeiten ein neues Licht fallen würde. Der Einwand, daß zur Zeit der irdischen Eiszeiten die Menschheit überhaupt nur erst in ihren (diluvialen) Anfängen existiert habe, würde kaum als durchschlagend angesehen werden können. Wer sagt uns denn, ob nicht zu der betreffenden Zeit auf irgendeinem anderen Planeten, meinetwegen der Venus, bereits eine hochentwickelte Menschheit vorhanden war, deren Vernichtung nach dem obigen im Plane Gottes liegen mußte und nicht ohne gleichzeitige erhebliche Abkühlung der in ihrer Entwicklung noch zurückgebliebenen Erde vor sich gehen konnte?In der Tat habe ich während meines Aufenthaltes in der Flechsig'schen Anstalt Visionen (Traumbilder) gehabt, nach denen es andere in höherem Grade, als die Erde von sittlicher Fäulnis angesteckte Planeten gegeben hat und gerade die Bewohnerschaft unserer Erde noch verhältnismäßig durch größere sittliche Reinheit ausgezeichnet gewesen ist. (Fußnote 28 fehlt, obwohl Schreber auf den Seiten 120, 122 und 126 auf sie verweist. Sie wurde vermutlich gestrichen, weil sie sich auf den »regierenden König« bezieht. Siehe hierzu Anmerkung 37, S. 118 ff.) In allen solchen Dingen muß der Mensch versuchen, sich über die kleinlichen, ihm sozusagen im Blute liegenden geozentrischen Vorstellungen hinwegzusetzen und die Sache von dem erhabeneren Standpunkte der Ewigkeit aus zu betrachten. Wohl möglich also, daß in diesem Sinne den Vorstellungen Cuvier's von periodisch aufeinander gefolgten Weltkatastrophen ein Stück Wahrheit zugrunde liegt. Es wurde dann zur Erhaltung der Art ein einzelner Mensch – vielleicht der relativ noch sittlich tüchtigste – zurückbehalten, den die mit mir redenden Stimmen als den »ewigen Juden« bezeichneten. Der Sinn dieser Bezeichnung ist also ein etwas anderer als derjenige, der der gleichnamigen Sage vom Juden Ahasver zugrunde liegt; dagegen wird man unwillkürlich an die Sagen von Noah, Deukalion und Pyrrha usw. erinnert. Auch die römische Gründungssage gehört möglicherweise hierher, wonach Rhea Sylvia die späteren Könige Romulus und Remus nicht von einem irdischen Vater, sondern unmittelbar vom Kriegsgott Mars empfangen haben soll. Der ewige Jude (in dem angegebenen Sinne) mußte entmannt (in ein Weib verwandelt) werden, um Kinder gebären zu können. Die Entmannung ging in der Weise vor sich, daß die (äußeren) männlichen Geschlechtswerkzeuge (Hodensack und männliches Glied) in den Leib zurückgezogen wurden und unter gleichzeitiger Umgestaltung der inneren Geschlechtswerkzeuge in die entsprechenden weiblichen Geschlechtsorgane verwandelt wurden, sie geschah vielleicht in mehrhundertjährigem Schlaf, da doch auch eine Veränderung des Knochenbaus (Becken usw.) hinzukommen mußte. Es fand also eine Rückbildung statt oder eine Umkehr desjenigen Entwicklungsprozesses, der in jeder menschlichen Leibesfrucht im vierten oder fünften Monate der Schwangerschaft stattfindet, je nachdem die Natur dem künftigen Kinde das männliche oder das weibliche Geschlecht zuerteilen will. In den ersten Monaten der Schwangerschaft sind bekanntlich beide Geschlechter angelegt, und die Eigentümlichkeiten desjenigen Geschlechts, das nicht zur Entwicklung gelangt, bleiben nach Befinden wie die männlichen Brustwarzen als rudimentäre Organe auf einer niedrigeren Entwicklungsstufe stehen. Die Fähigkeit, das bezeichnete Entmannungswunder zu vollziehen, ist den niederen Gottes-(Ariman)strahlen eigen; die Strahlen des oberen Gottes (Ormuzd) haben die Fähigkeit, die Männlichkeit bei gegebener Veranlassung wiederherzustellen. Den Vollzug dieses Entmannungswunders habe ich, wie bereits in Anmerkung 1 erwähnt, an meinem eigenen Körper während meines Aufenthalts zu zwei verschiedenen Malen (auf kurze Zeit) selbst erlebt, daß das Wunder nicht zur vollen Entwicklung gelangt, beziehentlich wieder rückgängig gemacht worden ist, beruhte eben nur darauf, daß nicht nur reine Gottesstrahlen vorhanden waren, sondern außerdem auch noch Strahlen, die von geprüften (unreinen) Seelen (vergl. oben Seite [84 f.]) geführt wurden (Flechsig'sche usw. Strahlen), durch deren Einwirkung die Durchführung des Verwandlungsprozesses in seiner weltordnungsmäßigen Reinheit verhindert wurde. Die Erhaltung des ewigen Juden und seine Versorgung mit den notwendigen Lebensbedürfnissen wurde durch »flüchtig hingemachte Männer« besorgt (vergl. oben Anmerkung 1), es wurden also zu diesem Zwecke Seelen vorübergehend durch Wunder in Menschengestalt gesetzt, wahrscheinlich nicht bloß auf die Lebensdauer des ewigen Juden selbst, sondern auf mehrere Generationen hinaus, bis die Nachkommenschaft desselben zahlreich genug war, um sich selbst erhalten zu können. Dies scheint die weltordnungsmäßige Hauptbestimmung des Instituts der »flüchtig hingemachten Männer« gewesen zu sein; ob dasselbe außerdem vielleicht noch dazu gedient hat, um zu reinigenden Seelen in der ihnen hierdurch gegebenen menschlichen Gestalt irgendwelche zu ihrer Reinigung erforderliche Arbeitsleistungen auferlegen zu können (vergl. oben Seite [76 f.]), wage ich nicht zu entscheiden; jedenfalls bestand der Zweck der flüchtig hingemachten Männer nicht in einer bloßen Wunderspielerei, wozu sie mir gegenüber in der letzten Zeit meines Aufenthalts in der Flechsig'schen Anstalt, während meines Aufenthalts in der Pierson'schen Anstalt und wohl auch noch in der ersten Zeit meines Aufenthalts in der hiesigen Anstalt ausgeartet sind.Dafür, daß es bereits von meinem Falle vielleicht in ungeheuer entlegenen Vergangenheiten und auf anderen Weltkörpern eine Mehrzahl ewiger Juden gegeben hat, habe ich einige Andeutungen erhalten. Es sind mir von den zu mir redenden Stimmen einige diesfallsige Namen genannt worden, worunter, wenn ich nicht irre, der Name eines polnischen Grafen Czartorisky oder ähnlich lautend sich befand. Man braucht dabei nicht unbedingt an die polnische Nation unserer Erde zu denken, sondern hat sich wenigstens als Möglichkeit zu vergegenwärtigen, daß das polnische Volk vielleicht im Wege der Seelenwanderung zum zweiten Male auf noch irgendeinem anderen Weltkörper existiert.

Von dieser der Weltordnung innewohnenden Tendenz, wonach unter gewissen Voraussetzungen die Entmannung eines Menschen vorgesehen ist, muß nun nach meiner Auffassung Professor Flechsig irgendwelche Ahnung gehabt haben, sei es, daß er sozusagen von selbst darauf gekommen ist, oder sei es, daß ihm diese Vorstellungen, was ich für das Wahrscheinlichere halten möchte, erst von göttlichen Strahlen eingegeben worden sind. Dabei waltet nun aber ein fundamentales Mißverständnis ob, welches sich seitdem wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben hindurchzieht und welches eben darauf beruht, daß Gott nach der Weltordnung den lebenden Menschen eigentlich nicht kannte und nicht zu kennen brauchte, sondern weltordnungsmäßig nur mit Leichen zu verkehren hatte. Auf der anderen Seite kommt diejenige Abhängigkeit in Betracht, in welche sich Gott dem Professor Flechsig oder dessen Seele gegenüber dadurch begeben hatte, daß er sich den von diesem nun einmal erlangten und seitdem mißbräuchlich festgehaltenen Nervenanhang nicht mehr zu entziehen wußte. So entstand ein System des Lavierens, bei welchem Versuche meine Nervenkrankheit doch noch zu heilenEs wäre dies – um gleich hier im voraus zu erwähnen, was später noch näher ausgeführt werden wird – bei Aufopferung einer verhältnismäßig geringen Menge reiner Strahlen ein leichtes gewesen, da Strahlen u.a. auch die Fähigkeit besitzen, nervenberuhigend und schlafmachend zu wirken. mit dem Bestreben, mich als einen infolge der immer mehr sich steigernden Nervosität Gott selbst gefährlich werdenden Menschen zu vernichten, miteinander abwechselten. Es ergab sich daraus eine Politik der Halbheit (»Halbschürigkeit« wie der wiederholt von mir gehörte Ausdruck lautete), welche ganz dem Charakter der Seelen entsprach, die nun einmal das ununterbrochene Genießen gewöhnt sind und daher die dem Menschen eigentümliche Fähigkeit, durch augenblickliche Opfer oder augenblicklichen Verzicht auf den Genuß sich dauernde Vorteile für die Zukunft zu verschaffen, nicht oder nur in wesentlich geringerem Grade besitzen. Zugleich wurde die einmal mit meinen Nerven hergestellte Verbindung, je mehr man gegen mich zu wundern anfing, immer unlöslicher; andererseits hatte Professor Flechsig, inmittelst verstanden, sich mit seiner ganzen Seele oder einem Teile derselben zum Himmel aufzuschwingen und sich damit selbst – ohne Tod und vorgängige Reinigung – zum Strahlenführer zu machen. Auf diese Weise wurde ein gegen mich gerichtetes Komplott fertig (etwa im März oder April 1894), welches dahinging, nach einmal erkannter oder angenommener Unheilbarkeit meiner Nervenkrankheit mich einem Menschen in der Weise auszuliefern, daß meine Seele demselben überlassen, mein Körper aber – in mißverständlicher Auffassung der obenbezeichneten, der Weltordnung zugrunde liegenden Tendenz – in einen weiblichen Körper verwandelt, als solcher dem betreffenden Menschen zum geschlechtlichen Mißbrauch überlassen und dann einfach »liegengelassen«, also wohl der Verwesung anheimgegeben werden sollte. Was aus dem »liegengelassenen« Menschen werden solle, ob derselbe damit auch wirklich tot sei, darüber scheint man sich keine ganz klare Rechenschaft gegeben zu haben. Darüber, daß dieses Komplott wirklich bestanden hat, habe ich nicht den geringsten Zweifel, immer mit der Maßgabe, daß ich eine Beteiligung des Professors Flechsig in seiner Eigenschaft als Mensch nicht zu behaupten wage. Natürlich war von solchen Dingen, soweit der Professor Flechsig mir als Mensch gegenübertrat, mit keinem Worte die Rede. In dem gleichzeitig von ihm als Seele unterhaltenen Nervenanhange aber, d.h. in der im Eingang dieses Kapitels bezeichneten Nervensprache aber wurde dieser Absicht ganz unverhüllt Ausdruck gegeben. Dazu kam, daß auch die äußere Behandlungsweise dieser mir in der Nervensprache angekündigten Absicht zu entsprechen schien; man hielt mich wochenlang unter Entziehung meiner Kleidungsstücke im Bette fest, um – wie ich glaubte – mich wollüstigen Empfindungen, die durch die bereits in meinem Körper nach und nach eindringenden weiblichen Nerven angeregt werden konnten, zugänglicher zu machen; man wendete auch Mittel (Medikamente) an, die nach meiner Überzeugung den gleichen Zweck verfolgtenNamentlich eine weißliche Salbe, von der ich, da ich Laie in der Medizin bin, nicht bestimmt sagen kann, ob es Wismuth oder irgend etwas anderes gewesen ist. und die ich daher mich anzunehmen weigerte, oder wenn sie mir durch die Wärter mit Gewalt eingeflößt wurde, wieder ausspie. Man kann sich vorstellen, wie mein ganzes männliches Ehr- und Selbstgefühl, meine ganze sittliche Persönlichkeit gegen dieses schändliche Vorhaben, nachdem ich dasselbe einmal mit Sicherheit erkannt zu haben glaubte, sich aufbäumte, zumal ich gleichzeitig, angeregt durch die ersten Offenbarungen, die ich durch den Verkehr mit anderen Seelen über göttliche Dinge erhalten hatte, von heiligen Vorstellungen über Gott und Weltordnung ganz erfüllt war. Gänzlich abgeschnitten von der Außenwelt, ohne jeden Verkehr mit meiner Familie, nur in den Händen roher Wärter, mit denen mich ab und zu zu prügeln, mir von den inneren Stimmen als Probe meines männlichen Mutes sozusagen zur Pflicht gemacht wurde, konnte daher kein anderer Gedanke in mir entstehen, als daß jede noch so schreckliche Todesart einem so schmachvollen Ende vorzuziehen sei. Ich beschloß daher, durch den Hungertod meinem Leben ein Ende zu machen und wies jede Speise zurück, zumal die innern Stimmen mir immer vorredeten, daß es eigentlich meine Pflicht sei, Hungers zu sterben und mich dadurch gewissermaßen für Gott zu opfern, jeder Genuß einer Mahlzeit, nach der mein Körper doch wieder verlangte, also eine unwürdige Schwäche sei. Die Folge davon war, daß das sogenannte »Fütterungssystem« eingerichtet wurde, d.h. daß die Wärter, deren in der Hauptsache immer dieselben um mich herum waren – außer dem schon genannten R. ein gewisser H. und noch ein dritter, dessen Namen ich nicht kenne – mir die Speisen in den Mund zwangen, was teilweise mit der größten Roheit geschah. Es ist wiederholt vorgekommen, daß der eine derselben meine Hände festhielt und der andere, während ich im Bette lag, auf mir kniete, um mir die Speisen in den Mund zu schütten oder das Bier in den Mund zu gießen.

So war ferner jedes Bad, das ich nahm, mit Ertränkungsvorstellungen verknüpft. Man sprach – in der Nervensprache – von »Reinigungsbädern« und »heiligen Bädern«; die letzteren sollten eben die Bestimmung haben, mir Gelegenheit zum Selbstertränken zu geben; ich bestieg fast jedes Bad in der inneren Angst, daß dasselbe dazu dienen solle, meinem Leben ein Ende zu machen.

Die inneren Stimmen (namentlich die oben erwähnten dem Corps Saxonia angehörigen Seelen, sogen. Cassiopejabrüder) redeten fortwährend in diesem Sinne auf mich hinein und verhöhnten mich, daß es mir dazu an dem männlichen Mute fehle; ich machte daher auch wiederholt den Versuch, den Kopf unter das Wasser zu stecken, wobei dann die Wärter in einzelnen Fällen meine Füße über dem Wasser festhielten, also das Selbstmordvorhaben scheinbar begünstigten, meinen Kopf auch wohl wiederholt untertauchten, dann aber unter allerhand rohen Witzen mich zwangen, aus dem Wasser wieder aufzutauchen und das Bad schließlich zu verlassen.Es war das nebenbei bemerkt die Zeit, wo ich infolge der gegen mich erfolgten Wunder ein Ding zwischen den Beinen hatte, das einem normal gebildeten männlichen Gliede kaum noch ähnlich sah. In dem mit Professor Flechsig unterhaltenen Nervenanhang verlangte ich von demselben fortwährend Cyankali oder Strychnin, um mich zu vergiften, (einen Tropfen Saft-Gift, wie es in der Grundsprache hieß) und Professor Flechsig – als Seele im Nervenanhang – verhielt sich diesem Verlangen gegenüber keineswegs ablehnend – sondern stellte dessen Gewährung immer halb und halb in Aussicht, machte aber die Verabreichung desselben in stundenlangen Nervenanhangsunterhaltungen immer heuchlerischerweise von gewissen Garantien abhängig, ob ich das Gift, wenn es mir gegeben werden würde, auch wirklich trinken würde usw. Kam dann bei ärztlichen Besuchen Professor Flechsig als Mensch zu mir, so wollte er natürlich von solchen Dingen wiederum nichts wissen. Auch vom Lebendig-begraben-Werden als Mittel, meinem Leben ein Ende zu machen, war wiederholt die Rede. Dabei war es vom menschlichen Gesichtspunkt aus, der mich damals noch vorzugsweise beherrschte, wohl durchaus natürlich, daß ich meinen eigentlichen Feind immer nur in Professor Flechsig oder dessen Seele erblickte (später kam noch die von W.'sche Seele hinzu, worüber weiter unten das Nähere) und Gottes Allmacht als meine natürliche Bundesgenossin betrachtete, die ich nur dem Professor Flechsig gegenüber in einer Notlage wähnte und deshalb mit allen erdenklichen Mitteln bis zur Selbstaufopferung unterstützen zu müssen glaubte. Daß Gott selbst der Mitwisser, wenn nicht gar der Anstifter des auf den an mir zu verübenden Seelenmord und die Preisgabe meines Körpers als weibliche Dirne gerichteten Plans gewesen sei, ist ein Gedanke, der sich mir erst sehr viel später aufgedrängt hat, ja zum Teil, wie ich sagen darf, mir erst während der Niederschrift des gegenwärtigen Aufsatzes zu klarem Bewußtsein gekommen ist. Zugleich habe ich aber hier, um die religiösen Vorstellungen und Gefühle anderer Menschen nicht zu verwirren, denselben Gedanken wiederholten Ausdruck zu geben, die bereits am Schlusse von Kapitel II ausgeführt worden sind. So schändlich – subjektiv genommen – das ganze Vorhaben mir erscheinen mußte, so stehe ich doch nicht an anzuerkennen, daß dasselbe von demjenigen Selbsterhaltungstriebe eingegeben war, der bei Gott ebenso natürlich ist wie bei jedem anderen belebten Wesen, – ein Selbsterhaltungstrieb, der, wie schon in anderem Zusammenhang (vergl. oben S. [107 f.]) ausgeführt worden ist, Gott in der Tat unter Umständen dazu zwingen mußte, die Vernichtung nicht nur einzelner Menschen, sondern vielleicht ganzer Weltkörper mit allen darauf geschaffenen Wesen in Aussicht zu nehmen. Auch von Sodom und Gomorrha wird uns im 19. Kapitel des ersten Buchs Moses erzählt, daß eine Vernichtung dieser Städte durch Schwefel- und Feuerregen erfolgt sei, obwohl unter ihren Bewohnern eine wenn auch nur vielleicht sehr geringe Anzahl »Gerechter« sich befunden hätte. Auch sonst wird im ganzen Bereich der geschaffenen Welt niemand eine Unsittlichkeit darin finden, wenn – ohne Widerspruch mit der Weltordnung – der Stärkere den Schwächeren überwindet, das höher kultivierte Volk ein auf niedrigerer Kulturstufe stehendes von seinen Wohnplätzen verdrängt, die Katze die Maus frißt, die Spinne die Mücke tötet usw. Der Begriff der Sittlichkeit existiert überhaupt nur innerhalb der Weltordnung, d.h. des natürlichen Bandes, welches Gott mit der Menschheit zusammenhält; wo die Weltordnung einmal gebrochen ist, da bleibt nur eine Machtfrage übrig, in welcher das Recht des Stärkeren entscheidet. Das sittlich Anstößige lag also in meinem Falle nur darin, daß Gott sich selbst außerhalb der auch für ihn maßgebenden Weltordnung gestellt hatte; dazu war er aber, wenn auch nicht gerade unmittelbar gezwungen, so doch mindestens infolge einer für Seelen schwer widerstehlichen Versuchung veranlaßt worden, die ihm durch das Vorhandensein der unreinen (»geprüften«) Seele des Professors Flechsig im Himmel bereitet worden war. Vermöge der ihr damals noch in ziemlich hohem Grade eigenen menschlichen Intelligenz hatte sich überdies die Flechsig'sche Seele gewisse technische Vorteile (worüber weiter unten das Nähere) gegenüber den jedesmal zunächst mit ihr in Berührung kommenden Gottesnerven zu verschaffen gewußt, die nun einmal als Seelen die Fähigkeit zu selbstverleugnender Aufopferung, deren es bedurft hätte, um mir einen zu meiner Heilung ausreichenden Schlaf zu verschaffen und damit die Flechsig'sche Seele unschädlich zu machen, nicht besaßen. Ich bin daher geneigt, die ganze Entwicklung aus dem Gesichtspunkte eines Verhängnisses zu betrachten, bei welcher weder auf Seite Gottes, noch auf meiner Seite von sittlicher Verschuldung die Rede sein kann. Auf der anderen Seite bewährt aber wiederum die Weltordnung ihre ganze Größe und Erhabenheit dadurch, daß sie in einem so regelwidrig gearteten Falle auch Gott selbst die Machtmittel versagt, um einen der Weltordnung widersprechenden Zweck zu erreichen. Alle auf Verübung eines Seelenmords, auf Entmannung zu weltordnungswidrigen ZweckenDaß eine Entmannung zu einem anderen – weltordnungs mäßigen – Zweck im Bereich der Möglichkeit liegt, ja sogar vielleicht die wahrscheinliche Lösung des Konfliktes enthält, wird später noch ausgeführt werden. (d.h. zur Befriedigung der geschlechtlichen Begierde eines Menschen) und später auf Zerstörung meines Verstandes gerichteten Versuche sind gescheitert. Ich gehe aus dem anscheinend so ungleichen Kampfe eines einzelnen schwachen Menschen mit Gott selbst, wenn schon nach manchen bitteren Leiden und Entbehrungen, als Sieger hervor, weil die Weltordnung auf meiner Seite steht.(Zusatz vom November 1902.) Den obigen Ausführungen könnte eine gewisse Unklarheit anzuhaften scheinen, insofern danach die »Weltordnung«, also ein unpersönliches Etwas als noch über Gott stehend, oder mächtiger als Gott, oder für Gott selbst maßgebend bezeichnet wird. Die Unklarheit ist indessen in Wirklichkeit nicht vorhanden. »Weltordnung« ist das gesetzmäßige Verhältnis, welches als ein durch das Wesen und die Eigenschaften Gottes von selbst gegebenes, zwischen Gott und der von ihm ins Leben gerufenen Schöpfung besteht. Gott kann dasjenige nicht vollbringen, was seinen Eigenschaften und Kräften im Verhältnis zur Menschheit oder – in meinem Falle – zu einem einzelnen in besondere Beziehungen zu ihm getretenen Menschen widerspricht. Indem Gott, dessen Strahlenkraft ihrer Natur nach eine aufbauende und schaffende ist, mir gegenüber unter regelwidrigen Umständen eine lediglich auf Zerstörung der körperlichen Integrität und des Verstandes gerichtete Politik versucht hat, ist er mit sich selbst in Widerspruch getreten. Diese Politik konnte daher nur vorübergehend schädigen, keine dauernden Erfolge herbeiführen. Oder ich habe, um mich eines Oxymorons zu bedienen, in dem von Gott wider mich geführten Kampfe Gott selbst auf meiner Seite gehabt, d.h. bin in der Lage gewesen, seine eigenen Eigenschaften und Kräfte als eine unbedingt wirksame Schutzwaffe zu meiner Selbstverteidigung in das Feld zu führen. Auch meine äußere Lage und mein körperliches Befinden bessert sich schon jetzt von Jahr zu Jahr. So lebe ich denn in dem zuversichtlichen Glauben, daß die ganze Verwicklung nur eine Episode darstellen wird, die schließlich auf die eine oder andere Weise zur Wiederherstellung weltordnungsmäßiger Zustände führen wird. Vielleicht kann sogar das persönliche Ungemach, das ich zu erdulden gehabt habe, und der Verlust der bisherigen Seligkeiten einen gewissen Ausgleich dadurch finden, daß für die Menschheit aus Anlaß meines Falles mit einem Schlage die Erkenntnis religiöser Wahrheiten in ungleich höherem Maße erschlossen wird, als auf dem Wege der wissenschaftlichen Forschung bei aller Anwendung menschlichen Scharfsinnes in Jahrhunderten oder überhaupt jemals möglich gewesen wäre. Welchen unschätzbaren Gewinn es für die Menschheit bedeuten würde, wenn durch meine persönlichen Schicksale, namentlich auch in ihrer noch bevorstehenden Gestaltung dem bloßen Materialismus und ebenso einem unklaren Pantheismus ein und für alle Male der Boden entzogen werden würde, braucht in Worten kaum ausgedrückt zu werden.


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