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Das kleine Gärtchen am Hause des Professor Wegrat. Es ist beinahe gänzlich von Häusern umschlossen, so daß jeder freie Ausblick fehlt. Rechts im Garten das kleine einstöckige Haus mit gedeckter Holzveranda, von der drei Holzstufen herabführen. Auftritt sowohl von der Veranda aus als auch rechts und links vom Hause. Ungefähr in der Mitte der Bühne ein grüner Gartentisch mit passenden Sesseln, ein bequemerer Fauteuil, links an einem Baum eine kleine Eisenbank.
Johanna spaziert im Garten auf und ab. Felix tritt auf in Ulanenuniform.
Johanna sich umwendend. Felix!
Felix. Ja, ich bin's.
Johanna. Grüß' dich Gott. – Wie ist denn das möglich, daß du schon wieder Urlaub bekommen hast?
Felix. Es ist nicht auf lang. – Nun wie geht's der Mama?
Johanna. In den letzten Tagen ganz leidlich.
Felix. Meinst du, sie würde erschrecken, wenn ich so unerwartet vor sie hinträte?
Johanna. Nein. Aber warte doch lieber ein bißchen, jetzt schlummert sie. Ich komme eben aus ihrem Zimmer. – Wie lang bleibst du denn bei uns, Felix?
Felix. Morgen Abend geht's wieder fort.
Johanna mit dem Blick ins Weite. Fort . . .
Felix. Es klingt nur so großartig. Gar so weit ist man ja doch nicht, in keiner Beziehung.
Johanna. Du hast es ja so sehr gewünscht . . . Auf seine Uniform deutend: Nun hast du's erreicht. Bist du nicht zufrieden?
Felix. Jedenfalls ist es das Vernünftigste von allem, was ich bisher angefangen habe. Denn nun spüre ich wenigstens, daß ich unter gewissen Umständen etwas leisten könnte.
Johanna. Ich glaube, du würdest es in jedem Beruf zu etwas bringen.
Felix. Ich zweifle doch, daß ich als Advokat oder als Techniker meinen Weg gemacht hätte. Und im Ganzen fühle ich mich jetzt bedeutend wohler als jemals zuvor. Es scheint mir nur manchmal, als wenn ich nicht zur rechten Zeit geboren wäre. Vielleicht hätt' ich auf die Welt kommen sollen, als es noch nicht so viel Ordnung gab, als man allerlei wagen konnte, was man heute nicht mehr wagen darf.
Johanna. Ach, du bist doch frei, kannst dich rühren.
Felix. Doch nur innerhalb gewisser Grenzen.
Johanna. Weiter wie diese werden sie jedenfalls sein.
Felix um sich blickend, lächelnd. Es ist doch kein Gefängnis . . . Der Garten ist wirklich hübsch geworden. Wie armselig sah's da aus, als wir Kinder waren. – Was ist denn das? Ein Pfirsichspalier! Das macht sich sehr gut.
Johanna. Eine Idee von Doktor Reumann.
Felix. Das hätt' ich mir denken können.
Johanna. Wieso?
Felix. Solche Nützlichkeitseinfälle trau' ich in unserer Familie niemandem so recht zu. Wie steht's denn übrigens mit seinen Aussichten? . . . für die Professur in Graz mein' ich natürlich.
Johanna. Darüber ist mir nichts Näheres bekannt. Sich abwendend.
Felix. Die Mutter hält sich wohl in diesen schönen Tagen viel im Freien auf?
Johanna. Ja.
Felix. Liest du ihr noch manchmal vor? Versuchst du, sie ein wenig zu zerstreuen? aufzuheitern?
Johanna. Als wenn das so leicht wäre.
Felix. Man muß sich eben zusammennehmen, Johanna.
Johanna. Du hast gut reden, Felix.
Felix. Wie meinst du das?
Johanna vor sich hin. Ich weiß nicht, ob du mich verstehen wirst.
Felix lächelnd. Warum sollt' ich dich mit einem Male nicht verstehen können?
Johanna ihn ruhig ansehend. Ich habe sie nicht mehr so lieb, seit sie krank ist.
Felix befremdet. Wie?
Johanna. Nein, es ist unmöglich, daß du es ganz verstehen kannst. Immer weiter rückt sie von uns ab . . . Es ist, wie wenn jeden Tag neue Schleier über sie herabsänken.
Felix. Und was sollte das zu bedeuten haben?
Johanna sieht ihn ruhig an.
Felix. Du glaubst . . . ?
Johanna. Ich täusche mich nicht in diesen Dingen, das weißt du, Felix.
Felix. Ich weiß es? . . .
Johanna. Als die kleine Lilli von Sala sterben mußte, hab' ich es gewußt, – bevor die andern ahnten, daß sie krank würde.
Felix. Du hattest es geträumt – und warst ein Kind.
Johanna. Ich hatte es nicht geträumt. Ich hab' es gewußt. Herb. Ich kann das nicht erklären.
Felix nach einer Pause. Und der Vater – ist er gefaßt?
Johanna. Gefaßt? . . . Denkst du denn, er sieht auch die Schleier sinken?
Felix nach einem leichten Kopfschütteln. Es sind Einbildungen, Johanna, – gewiß. – Aber nun will ich doch . . . Wendet sich dem Hause zu. Der Vater ist noch nicht zu Hause?
Johanna. Nein. Er kommt jetzt gewöhnlich recht spät. Er hat sehr viel in der Akademie zu tun.
Felix. Ich werde sie womöglich nicht aufwecken; ich geb' schon acht. Über die Veranda hinab.
Johanna eine Weile allein, hat sich auf einen Gartensessel gesetzt, die Hände über den Knien ineinander verschlungen. Sala tritt ein. Er ist 45 Jahre alt, sieht aber etwas jünger aus. Schlank, beinahe mager, glatt rasiert. Dunkelblondes, rechts gescheiteltes, nicht zu kurzes Haar, das an den Schläfen zu ergrauen beginnt. Seine Züge sind scharf und energisch, die Augen grau und klar.
Sala. Guten Abend, Fräulein Johanna.
Johanna. Guten Abend, Herr von Sala.
Sala. Man sagt mir, Ihre Frau Mama schlummere ein wenig; so habe ich mir erlaubt, indessen in den Garten zu treten.
Johanna. Felix ist eben angekommen.
Sala. So? Haben sie ihm schon wieder einen Urlaub gegeben? Zu meiner Zeit waren sie bei dem Regiment viel strenger. Allerdings lagen wir damals an der Grenze, in Galizien irgendwo.
Johanna. Das vergess' ich immer, daß Sie das auch mitgemacht haben.
Sala. Ja, es ist schon lange her. Hat auch nur ein paar Jahre gewährt. Aber es war recht schön, wenn ich so zurückdenke.
Johanna. Wie das meiste, was Sie erlebt haben.
Sala. Wie so manches.
Johanna. Wollen Sie sich nicht setzen?
Sala. Danke. Setzt sich auf die Lehne eines Gartenfauteuils. Darf ich? Er nimmt eine Zigarette aus seiner Dose und zündet sie nach einem zustimmenden Nicken Johannas an.
Johanna. Wohnen Sie schon in Ihrer Villa, Herr von Sala?
Sala. Morgen zieh' ich ein.
Johanna. Sie freuen sich wohl sehr darauf?
Sala. Dazu wär' es zu früh.
Johanna. Sind Sie so abergläubisch?
Sala. Wenn's darauf ankommt – o ja. – Aber es ist nicht deshalb. Ich beziehe sie nur vorläufig, nicht definitiv.
Johanna. Warum denn?
Sala. Ich werde auf Reisen gehen – für längere Zeit.
Johanna. So? Sie sind sehr zu beneiden. Das möcht' ich auch können, in der Welt herumfahren, mich um keinen Menschen kümmern müssen.
Sala. Noch immer?
Johanna. Noch immer . . . Wie meinen Sie das?
Sala. Nun, ich erinnere mich, daß Ihnen schon als ganz kleinem Mädchen diese Wanderpläne durch den Sinn gingen. Was wollten Sie nur werden? . . . Tänzerin, glaub' ich. Nicht wahr? Eine sehr berühmte natürlich.
Johanna. Warum sagen Sie das, als ob es so etwas Nichtiges wäre, eine Tänzerin zu sein? Ohne ihn anzusehen. Gerade Sie sollten das nicht, Herr von Sala.
Sala. Warum denn gerade ich nicht?
Johanna blickt ruhig zu ihm auf.
Sala. Ich weiß nicht recht, wie Sie das meinen, Fräulein Johanna . . . oder sollt' ich doch . . . Einfach. Johanna, haben Sie gewußt, daß ich Sie damals sah?
Johanna. Wann?
Sala. Im vorigen Jahre, als Sie auf dem Lande wohnten, und ich einmal in der Mansarde übernachtete. Es war heller Mondschein, und eine Elfe, glaub' ich, schwebte auf der Wiese umher.
Johanna nickt lächelnd.
Sala. Schwebte sie für mich?
Johanna. Ich hab' Sie wohl gesehen, wie Sie hinter dem Vorhang standen.
Sala nach einer kleinen Pause. So werden Sie vor andern Menschen wahrscheinlich doch nie tanzen.
Johanna. Warum? . . . Ich hab' wohl schon. Und Sie haben mir auch damals zugesehen. Es ist freilich lange her. – Es war auf einer griechischen Insel. Viele Männer standen im Kreise um mich her – Sie waren unter ihnen – und ich war eine Sklavin aus Lydien.
Sala. Eine gefangene Prinzessin.
Johanna ernst. Glauben Sie nicht an solche Dinge?
Sala. Wenn Sie es wünschen – gewiß.
Johanna ernst bleibend. Sie sollten alles glauben, woran die andern nicht glauben können.
Sala. Wenn die Stunde dazu kommt, tu ich's wohl.
Johanna. Sehen Sie, – ich für meinen Teil kann mir alles andere eher vorstellen als dies, daß ich nun zum ersten Male auf der Welt sein sollte. Und es gibt Augenblicke, in denen ich mich ganz deutlich an allerlei erinnere.
Sala. Und solch ein Augenblick war damals?
Johanna. Ja, vor einem Jahre, als ich in einer mondhellen Sommernacht über eine Wiese tanzte. Es war gewiß nicht das erstemal, Herr von Sala. Nach einer kleinen Pause, plötzlich in anderm Tone. Wohin reisen Sie eigentlich?
Sala den Ton aufnehmend. Nach Baktrien, Fräulein Johanna.
Johanna. Wohin?
Sala. Nach Baktrien. Das ist ein sehr merkwürdiges Land, und das Merkwürdigste ist, daß es gar nicht mehr existiert. Ich schließe mich nämlich einer Gesellschaft an, die im November dahin abgeht. Sie haben vielleicht in der Zeitung davon gelesen.
Johanna. Nein.
Sala. Es handelt sich um Ausgrabungen an der Stätte, wo vermutlich das alte Ekbatana stand – vor etwa sechstausend Jahren. Das liegt noch vor Ihrer lydischen Zeit, wie Sie sehen.
Johanna. Wann sind Sie denn auf diese Idee gekommen?
Sala. Erst vor wenigen Tagen. Gesprächsweise sozusagen. Graf Ronsky, der Leiter der Sache, hat mir so große Lust dazu gemacht. Es gehörte nicht viel dazu; er kam einer alten Sehnsucht von mir entgegen. Lebhafter. Denken Sie nur, Fräulein Johanna: Mit eigenen Augen sehen, wie solch eine begrabene Stadt allmählich aus der Erde hervortaucht, Haus um Haus, Stein um Stein, Jahrhundert um Jahrhundert. Nein, es war mir nicht bestimmt, dahinzugehen, eh' mir dieser Wunsch erfüllt wird.
Johanna. Warum reden Sie denn vom Sterben?
Sala. Gibt es einen anständigen Menschen, der in irgend einer guten Stunde in tiefster Seele an etwas anderes denkt?
Johanna. Ihnen ist wohl nie ein Wunsch unerfüllt geblieben.
Sala. Keiner . . . ?
Johanna. Ich weiß, daß Sie auch viel Trauriges erlebt haben. Aber manchmal glaub' ich, Sie haben auch das ersehnt.
Sala. Ersehnt . . . ? Genossen, wenn es kam, da mögen Sie wohl recht haben.
Johanna. Wie gut versteh' ich das! Ein Dasein ohne Schmerzen wäre wohl so armselig wie ein Dasein ohne Glück. Pause. Wie lang ist's her?
Sala. Was meinen Sie?
Johanna leise. Daß Frau von Sala gestorben ist.
Sala. Das ist sieben Jahre her, beinahe auf den Tag.
Johanna. Und Lilli . . . im selben Jahre?
Sala. Ja, Lilli starb im Monat drauf. Denken Sie noch manchmal an Lilli, Fräulein Johanna?
Johanna. Recht oft, Herr von Sala. Ich habe seither keine Freundin gehabt. Vor sich hin. Zu ihr müßte man jetzt auch »Fräulein« sagen. Sie war sehr schön. Sie hatte so dunkles blauschillerndes Haar wie Ihre Frau und so klare Augen wie Sie, Herr von Sala. Vor sich hin. »Nun gingt ihr beide, gingt ihr Hand in Hand, die dunkle Straße in ein lichtes Land . . .«
Sala. Was Sie für ein Gedächtnis haben, Johanna.
Johanna. Sieben Jahre ist das vorbei . . . wie sonderbar.
Sala. Warum sonderbar?
Johanna. Sie bauen sich ein Haus und graben versunkene Städte aus und schreiben seltsame Verse, – und Menschen, die Ihnen so viel gewesen sind, liegen schon seit sieben Jahren unter der Erde und verwesen, – und Sie sind beinahe noch jung. Wie unbegreiflich ist das alles!
Sala. Du, der da weiterlebt, laß ab zu weinen, sagt Omar Nameh, geboren zu Bagdad im Jahre 412 der mohammedanischen Zeitrechnung als Sohn eines Kesselflickers. Übrigens kenn' ich einen, der dreiundachtzig Jahre alt ist; er hat zwei Frauen begraben, sieben Kinder, von den Enkeln ganz zu geschweigen, und spielt Klavier in einem schäbigen Praterwirtshaus, während sich auf der Bühne Künstler und Künstlerinnen produzieren in Trikots und fliegenden Röckchen. Und neulich, als die armselige Produktion zu Ende war und man die Laternen auslöschte, spielte er rätselhafterweise auf dem gräulichen Klimperkasten unbeirrt weiter. Und da haben wir ihn eingeladen, Ronsky und ich, sich zu uns zu setzen, und haben mit ihm zu plaudern angefangen. Und nun erzählte er uns, daß das letzte Stück, das er da oben gespielt hatte, seine eigene Komposition war. Wir machten ihm natürlich unsere Komplimente. Und da leuchteten seine Augen, und mit seiner zittrigen Stimme fragte er uns: »Glauben Sie, meine Herren, wird mein Werk Erfolg haben?« Dreiundachtzig Jahre ist er alt und seine Karriere endet in einem kleinen Praterwirtshaus und sein Publikum sind Kindermädchen und Feldwebel, und seine Sehnsucht ist, – daß die ihm Beifall klatschen!
Johanna, Sala, Doktor Reumann .
Doktor Reumann. Guten Abend, Fräulein Johanna. Guten Abend, Herr von Sala. Reicht beiden die Hände. Wie befinden Sie sich?
Sala. Vorzüglich. Man ist Ihnen doch nicht verfallen, wenn man einmal die Ehre gehabt hat, Sie um Rat zu fragen!
Doktor Reumann. Daran hatt' ich selbst schon vergessen. Aber es gibt Leute, die sich dergleichen einbilden. – Mama ruht wohl ein wenig, Fräulein Johanna?
Johanna war durch das kurze Gespräch zwischen dem Arzt und Sala betroffen und betrachtete Sala aufmerksam. Sie wird wohl schon wach sein. Felix ist bei ihr.
Doktor Reumann. Felix . . . ? Man hat doch nicht etwa um ihn telegraphiert?
Johanna. Nein, soviel ich weiß. Wer hätte denn . . . ?
Doktor Reumann. Ich dachte nur. Ihr Papa ist manchmal so ängstlich.
Johanna. Da kommen sie.
Johanna, Sala, Doktor Reumann, Frau Wegrat und Felix von der Veranda her.
Frau Wegrat. Grüß' Sie Gott, lieber Herr Doktor. Was sagen Sie zu der Überraschung?
Freundliches Händedrücken zwischen den Herren.
Frau Wegrat. Guten Abend, Herr von Sala.
Sala. Ich freue mich, gnädige Frau, Sie so wohl zu sehen.
Frau Wegrat. Ja, es geht mir ein wenig besser. Wenn nur die traurige Jahreszeit nicht so nahe wäre.
Sala. Aber gnädige Frau, jetzt kommen ja erst die allerschönsten Tage. Wenn die Wälder rot und gelb schimmern, der goldene Dunst über den Hügeln liegt und der Himmel so fern und blaß ist, als schauerte ihn vor seiner eigenen Unendlichkeit –!
Frau Wegrat. Das möchte man wohl noch einmal sehen.
Doktor Reumann vorwurfsvoll. Gnädige Frau –
Frau Wegrat. Verzeihen Sie, es kommen einem manchmal solche Gedanken. Heiterer. Wenn ich nur wenigstens wüßte, wie lange mir mein guter Doktor noch erhalten bleibt.
Doktor Reumann. In dieser Hinsicht kann ich Sie beruhigen, gnädige Frau: Ich bleibe in Wien.
Frau Wegrat. Wie? Ist die Sache schon entschieden?
Doktor Reumann. Ja.
Felix. Ist also richtig ein anderer nach Graz berufen worden?
Doktor Reumann. Das nicht. Aber der andere, dem die Stelle so gut wie sicher war, hat sich auf einer Bergtour den Hals gebrochen.
Felix. Da wären doch jetzt Ihre Chancen die allerbesten? Wer außer Ihnen käme denn noch in Betracht?
Doktor Reumann. Meine Chancen wären jetzt gewiß nicht übel. Aber ich habe es vorgezogen, zu verzichten.
Frau Wegrat. Wie?
Doktor Reumann. Ich nehme eine Berufung nicht an.
Frau Wegrat. Sind Sie so abergläubisch?
Felix. Sind Sie so stolz?
Doktor Reumann. Keines von beiden. Aber der Gedanke, irgend einen Vorteil dem Malheur eines andern zu verdanken, wäre mir außerordentlich peinlich. Meine halbe Existenz wäre mir vergällt. Sie sehen, das ist weder Aberglaube noch Stolz, es ist ganz gemeine, kleinliche Eitelkeit.
Sala. Das ist raffiniert, Herr Doktor.
Frau Wegrat. Ich höre aus alldem nur, daß Sie bleiben. Ja, so niedrig beginnt man zu denken, wenn man krank ist.
Doktor Reumann absichtlich abschweifend. Nun, Felix, wie behagt's Ihnen denn in Ihrer Garnison?
Felix. Sehr gut.
Frau Wegrat. Bist du also ganz zufrieden, mein Kind?
Felix. Ich bin euch sehr dankbar. Dir besonders, Mama.
Frau Wegrat. Warum mir besonders? Die letzte Entscheidung stand ja doch beim Vater.
Doktor Reumann. Ihm wäre es natürlich lieber gewesen, wenn Sie einen friedlicheren Beruf erwählt hätten.
Sala. Es gibt ja heutzutage gar keinen, der friedlicher wäre.
Felix. Da haben Sie recht, Herr von Sala. – Übrigens hab' ich Ihnen Grüße vom Oberstleutnant Schrotting zu überbringen.
Sala. Danke sehr. Denkt denn der noch an mich?
Felix. Nicht er allein. Wir werden ja häufig an Sie erinnert; – bei jeder Mahlzeit. Ihr Porträt hängt ja unter manchen andern von gewesenen Offizieren unseres Regiments im Kasino.
Johanna, Sala, Doktor Reumann, Felix, Frau Wegrat. – Professor Wegrat tritt auf.
Wegrat. Guten Abend. – Wie, Felix, du bist wieder da? Das ist aber eine Überraschung!
Felix. Guten Abend, Papa. Ich habe mir auf zwei Tage Urlaub genommen.
Wegrat. Urlaub . . . Urlaub? Ist's wirklich einer? Oder ist's nicht etwa wieder so ein kleiner Geniestreich?
Felix leicht, nicht verletzt. Ich pflege doch nicht die Unwahrheit zu reden, Vater.
Wegrat auch scherzend. Ich wollte dich nicht beleidigen, Felix. Auch wenn du fahnenflüchtig geworden wärst, die Sehnsucht nach der Mutter dürfte als genügende Entschuldigung gelten.
Frau Wegrat. Die Sehnsucht nach den Eltern!
Wegrat. Natürlich – nach uns allen. Aber da du jetzt etwas leidend bist, bist du die Hauptperson. – Nun, wie geht's, Gabriele? Besser, nicht wahr? Leise, beinahe schüchtern. Meine Liebe . . . Streichelt ihr Stirn und Haare. Liebe . . . Die Luft ist so lind.
Sala. Es ist ein wundervoller Herbst.
Doktor Reumann. Sie kommen jetzt erst aus der Akademie, Herr Professor?
Wegrat. Ja. Ich bin ja jetzt auch Direktor, da gibt's eine ganze Menge zu tun – und nicht immer Amüsantes und Dankbares. Aber wie man behauptet, bin ich dazu geschaffen. Es wird wohl so sein. Lächelnd. Wie irgendwer einmal über mich sagte: Kunstbeamter.
Sala. Seien Sie nur nicht ungerecht gegen sich, Herr Professor.
Frau Wegrat. Wahrscheinlich bist du auch wieder den ganzen langen Weg zu Fuß gegangen?
Wegrat. Ich habe sogar einen kleinen Umweg gemacht – über die Türkenschanze. Ich liebe diesen Weg so sehr. An Abenden wie heute liegt die ganze Stadt unten wie in silbernen Hauch gebadet. – Übrigens hab' ich dir Grüße zu bringen, Gabriele. Ich bin Irene Herms begegnet.
Frau Wegrat. Sie ist in Wien?
Wegrat. Vorübergehend. Sie will dich dieser Tage besuchen.
Sala. Ist sie noch in Hamburg engagiert?
Wegrat. Nein. Sie hat die Bühne verlassen, wie sie mir erzählt, und lebt bei ihrer verheirateten Schwester auf dem Land.
Johanna. Ich habe sie einmal in einem Stück von Ihnen spielen sehen, Herr von Sala.
Sala. Da müssen Sie aber noch ein ganz kleines Mädchen gewesen sein.
Johanna. Sie gab eine spanische Prinzessin.
Sala. Leider. Prinzessinnen waren ihre Sache wahrhaftig nicht. Sie hat ihr Lebtag keine Verse sprechen können.
Doktor Reumann. Und daran denken Sie heute noch, Herr von Sala, daß irgend eine Dame irgend einmal Ihre Verse schlecht gesprochen hat?
Sala. Warum sollt' ich nicht, lieber Doktor? Wenn Sie im Mittelpunkt der Erde wohnten, wüßten Sie, daß alle Dinge gleich schwer sind. Und schwebten Sie im Mittelpunkt der Welt, dann ahnten Sie, daß alle Dinge gleich wichtig sind.
Frau Wegrat. Wie sieht sie denn aus?
Wegrat. Sie ist noch immer recht hübsch.
Sala. Ob sie noch Ähnlichkeit mit ihrem Bild bewahrt hat, das im Museum hängt?
Felix. Was ist das für ein Bild?
Johanna. Es hängt ein Bild von ihr im Museum?
Sala. Sie kennen es gewiß. »Schauspielerin« ist es im Katalog benannt, schlechtweg »Schauspielerin«. Ein junges Weib in einem Harlekinskostüm, darüber eine griechische Toga geworfen, ihr zu Füßen ein Gewirr von Masken. Ganz allein, den starren Blick auf den Zuschauerraum gerichtet, steht sie auf einer leeren, halb dunkeln Bühne, zwischen Kulissen, die nicht zueinander passen. Ein Stück Zimmerwand, ein Stück Wald, ein Stück Burgverließ . . .
Felix. Und der Hintergrund stellt eine Landschaft im Süden vor, mit Palmen und Platanen . . . ?
Sala. Ja. Die halb aufgerollt ist, so daß man weiter rückwärts einen Haufen von Möbeln, Stufen, Bechern, Kronen im hellen Tageslicht schimmern sieht.
Felix. Das ist ja das Bild von Julian Fichtner?
Sala. Freilich.
Felix. Ich wußte gar nicht, daß die Frauengestalt Irene Herms darstellen sollte.
Wegrat. Das sind nun mehr als fünfundzwanzig Jahre, daß er das Bild gemalt hat. Es machte gewaltiges Aufsehen damals. Es war sein erster großer Erfolg. Und heute gibt es vielleicht eine ganze Menge von Leuten, die seinen Namen nicht mehr kennen. – Übrigens hab' ich Irene Herms nach ihm gefragt. Aber seltsam, auch die »ewige Freundin« weiß nicht, wo in der Welt er sich herumtreibt.
Felix. Ich hab' ihn erst vor wenigen Tagen gesprochen.
Wegrat. Wie?! Du hast Julian Fichtner gesehen? Er war in Salzburg? . . . Wann denn?
Felix. Es sind erst drei oder vier Tage her. Er hat mich aufgesucht, und wir haben einen Abend miteinander verbracht.
Frau Wegrat wirft einen Blick auf Doktor Reumann.
Wegrat. Wie geht's ihm denn? Was hat er dir denn erzählt?
Felix. Ein wenig grau ist er geworden, aber sonst schien er mir kaum verändert.
Wegrat. Wie lang mag er jetzt von Wien fort sein? Zwei Jahre, nicht wahr?
Frau Wegrat. Etwas drüber.
Felix. Er hat große Reisen gemacht.
Sala. Ja, gelegentlich erhielt ich eine Karte von ihm.
Wegrat. Wir auch. Aber ich dachte, daß Sie mit ihm in regelmäßiger Korrespondenz stünden.
Sala. Regelmäßig? Nein.
Johanna. Ist er nicht Ihr Freund?
Sala. Freunde hab' ich im allgemeinen nicht. Und wenn ich sie habe, verleugne ich sie.
Johanna. Aber früher sind Sie doch so intim mit ihm gewesen.
Sala. Er doch eigentlich mehr mit mir als ich mit ihm.
Felix. Wie meinen Sie das, Herr von Sala?
Johanna. Ich versteh' das sehr gut. Es geht Ihnen wohl mit den meisten Menschen so.
Sala. Ähnlich zum mindesten.
Johanna. Man merkt das auch an den Sachen, die Sie schreiben.
Sala. Hoff ich. Sonst könnte sie auch wer anderer schreiben.
Wegrat. Sagte er denn nicht, wann er wieder nach Wien kommt?
Felix, Ich glaube bald. Aber sehr bestimmt hat er sich nicht ausgedrückt.
Johanna. Ich möchte Herrn Fichtner gern wiedersehen. Ich habe solche Menschen gern.
Wegrat. Was nennst du »solche Menschen«?
Johanna. Die immer von weit herkommen.
Wegrat. Aber als du ihn kanntest, Johanna, kam er doch meistens ganz aus der Nähe . . . er lebte ja hier.
Johanna. Das ist ja ganz gleichgültig, ob er hier lebte oder anderswo. – Auch wenn er täglich kam, mir war immer, als käm' er von sehr weit.
Wegrat. Nun ja . . .
Felix. Das hab' ich auch manchmal empfunden.
Wegrat. Ist es nicht seltsam, wie er durch die Welt jagt, in den letzten Jahren wenigstens?
Sala. Steckt diese Unruhe nicht seit jeher in ihm? Sie waren ja schon auf der Akademie mit ihm zusammen.
Wegrat. Ja. Und damals mußte man ihn gekannt haben, um ihn wirklich zu kennen. Als junger Mensch hatte er etwas Faszinierendes, Blendendes. Nie hab' ich jemanden gekannt, auf den das Wort »vielversprechend« so zutraf wie auf ihn.
Sala. Nun, er hat doch mancherlei gehalten.
Wegrat. Aber was hätte er alles erreichen können! . . .
Doktor Reumann. Ich glaube, was man hätte erreichen können, das erreicht man auch.
Wegrat. Nicht immer. Julian war gewiß zu Höherem bestimmt. Was ihm gefehlt hat, war die Fähigkeit, sich zu sammeln, der innere Friede. Er konnte sich nirgends dauernd heimisch fühlen; und das Unglück war, daß er sich auch in seinen Arbeiten sozusagen nur vorübergehend aufhielt.
Felix. Er hat mir ein paar Skizzen gezeigt, die er in der letzten Zeit gemacht hat.
Wegrat. Schön?
Felix. Für mich lag etwas Ergreifendes in ihnen.
Frau Wegrat. Warum ergreifend? Was sind's denn für Bilder?
Felix. Landschaften. Sogar meistens ganz heitere Gegenden.
Johanna. Ich habe einmal im Traum eine Frühlingslandschaft gesehen, ganz sonnig und mild, und doch hab' ich über sie weinen müssen.
Sala. Ja, die Traurigkeit steckt in den Dingen oft viel tiefer verborgen, als man ahnt.
Wegrat. Also er arbeitet wieder? Da kann man sich ja vielleicht was besonderes erwarten.
Sala. Bei jemandem, der einmal ein Künstler war, ist man nie vor Überraschungen sicher.
Wegrat. Ja, so ist es, Herr von Sala. Das ist eben der große Unterschied. Bei einem Beamten kann man in dieser Hinsicht ganz ruhig sein. Mit heiterer Selbstironie. Der malt jedes Jahr sein braves Bild für die Ausstellung und kann beim besten Willen nicht anders.
Doktor Reumann. Es ist noch sehr die Frage, wer die Welt und die Kunst weiter bringt: Beamte wie Sie, Herr Professor, oder . . . die sogenannten Genies.
Wegrat. O, es fällt mir gar nicht ein, den Bescheidenen zu spielen. Aber was die Genies anbelangt, von denen wollen wir lieber nicht reden. Das ist eine Welt für sich und außerhalb der Diskussion – wie die Elemente.
Doktor Reumann. Da bin ich allerdings durchaus anderer Ansicht.
Wegrat. Man kann doch nur von den Leuten sprechen, für die es überhaupt Grenzen gibt. Und da find' ich nun freilich: Wer seine Grenzen besser kennt, das ist der bessere Mann. Und in dieser Hinsicht hab' ich gewiß allen Grund, mich hochzuschätzen. – Ist dir denn nicht kühl, Gabriele?
Frau Wegrat. Nein.
Wegrat. Nimm doch das Tuch fester um und laß uns ein wenig Bewegung machen, so weit das hier möglich ist.
Frau Wegrat. O ja, gern. – Bitte, kommen Sie, Doktor, nehmen Sie meinen Arm. Sie haben sich um Ihre Patientin noch gar nicht gekümmert.
Doktor Reumann. Ich stehe zur Verfügung.
Die andern gehen voraus, Johanna mit ihrem Bruder, der Professor mit Sala; Doktor Reumann und Frau Wegrat scheinen sich anzuschließen, bis Frau Wegrat plötzlich stehen bleibt.
Frau Wegrat, Doktor Reumann.
Frau Wegrat. Haben Sie bemerkt, wie seine Augen leuchteten, – Felix' Augen, als man von ihm sprach? Es war eigentümlich.
Doktor Reumann. Menschen von der Art dieses Herrn Fichtner haben gewiß für jüngere Leute etwas Interessantes. Es weht wie ein Duft von Abenteuern um sie.
Frau Wegrat den Kopf schüttelnd. Und er hat ihn besucht . . . Er ist offenbar nach Salzburg nur gefahren, um ihn wiederzusehen. Er fängt wohl an, sich ziemlich verlassen zu fühlen.
Doktor Reumann. Warum sollte man einen jungen Freund nicht besuchen, wenn man zufällig seinen Aufenthaltsort berührt? Daran find' ich nichts Merkwürdiges.
Frau Wegrat. Vielleicht haben Sie recht. Vielleicht hätt' ich die Sache früher geradeso aufgefaßt. Aber jetzt, im Angesicht . . . Nein, Doktor, ich will nicht pathetisch werden.
Doktor Reumann. Gegen das Pathos hab' ich nichts, nur gegen den Unsinn.
Frau Wegrat lächelnd. Ich danke Ihnen. – Immerhin, ich habe Anlaß, über allerlei nachzudenken. Das ist weiter nicht schwer zu nehmen, lieber Freund. Sie wissen ja, ich habe Ihnen alles nur erzählt, um mit einem klugen und guten Menschen über Vergangenes reden zu können; nicht etwa, um von einer Schuld losgesprochen zu werden.
Doktor Reumann. Glücklich machen ist besser als schuldlos sein. Und da Ihnen das beschieden war, haben Sie selbstverständlich alles gutgemacht . . . wenn Sie ein Wort von so phantastischer Albernheit gestatten.
Frau Wegrat. Daß ich Sie so reden höre!
Doktor Reumann. Hab' ich nicht recht?
Frau Wegrat. Als wenn ich nicht ganz gut fühlte, daß gerade Ihnen wir alle, Betrogene und Betrüger, gleich verächtlich sein müssen.
Doktor Reumann. Gerade mir? . . . Was Sie, gnädige Frau, Verachtung nennen, – wenn ich überhaupt etwas davon verspürte – wäre ja doch nichts anderes als maskierter Neid. Oder denken Sie, daß es mir an dem guten Willen fehlte, mein Leben so zu führen, wie ich es die meisten ändern führen sehe? Ich habe nur nicht das Talent dazu. Wenn ich aufrichtig sein soll, gnädige Frau – die Sehnsucht, die am tiefsten in mir steckt, ist die: ein Schurke zu sein, ein Kerl, der heuchelt, verführt, hohnlacht, über Leichen schreitet. Aber ich bin durch Mängel meines Temperaments dazu verurteilt, ein anständiger Mensch zu sein – und, was vielleicht noch schmerzlicher ist, von allen Leuten zu hören, daß ich es bin.
Frau Wegrat hat ihm lächelnd zugehört. Ob Sie uns auch den wahren Grund erzählt haben, der Sie in Wien festhält . . . ?
Doktor Reumann. Gewiß. Ich habe wahrhaftig keinen andern. Ich habe nicht das Recht, einen andern zu haben. Reden wir doch nicht weiter davon.
Frau Wegrat. Sind wir nicht so gute Freunde, daß ich ruhig über alles mit Ihnen sprechen kann? Ich weiß ja, was Sie meinen. Aber ich glaube, es stände in Ihrer Macht, gewisse Illusionen und Träume aus einer Mädchenseele davonzuscheuchen. Für mich wäre es eine rechte Beruhigung, wenn ich Sie hier zurücklassen dürfte, unter diesen Menschen, die mir alle so nahe sind und die doch alle voneinander nichts wissen, kaum ihre Beziehungen zu einander kennen und dazu bestimmt scheinen, auseinander zu flattern, weiß Gott, wohin.
Doktor Reumann. Wir wollen von diesen Dingen reden, wenn es an der Zeit ist, gnädige Frau.
Frau Wegrat. Ich bereue ja nichts. Ich glaube, ich habe nie etwas bereut. Aber ich fühle, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist. Vielleicht ist es nur der seltsame Glanz in den Augen von Felix gewesen, der diese Unruhe über mich gebracht hat. Aber ist es nicht sonderbar, – unheimlich beinahe, zu denken, daß ein Mensch wie er mit offenen Sinnen in der Welt umhergehen und nie erfahren soll, wem er das Licht der Welt verdankt?
Doktor Reumann. Wir wollen keine allgemeinen Sätze aufstellen, gnädige Frau. Damit sind die geradesten Dinge so sehr ins Zittern und Schwanken zu bringen, daß es auch die klarsten Augen zu schwindeln anfängt. Aber ich für meinen Teil finde: Eine Lüge, die sich so stark erwiesen hat, daß sie den Frieden eines Hauses tragen kann, ist mindestens so verehrungswürdig als eine Wahrheit, die nichts anderes vermöchte, als das Bild der Vergangenheit zu zerstören, das Gefühl der Gegenwart zu trüben und die Betrachtung der Zukunft zu verwirren. Er geht weiter mit ihr.
Johanna und Sala.
Johanna. So kommt man immer auf dieselben Stellen. Ihr Garten ist wohl größer, Herr von Sala?
Sala. Mein Garten ist der Wald selbst, – für Leute, die ihre Phantasie nicht durch ein dünnes Gitter behindern lassen.
Johanna. Ihre Villa ist schön geworden.
Sala. Kennen Sie sie denn?
Johanna. Neulich hab' ich sie wiedergesehen, zum ersten Male wieder seit drei Jahren.
Sala. Vor drei Jahren war ja noch nicht einmal der Grundstein gelegt.
Johanna. Für mich ist sie schon damals dagestanden.
Sala. Wie geheimnisvoll . . .
Johanna. Gar nicht. Erinnern Sie sich nur. Wir haben einmal einen Ausflug nach Dornbach gemacht, die Eltern, Felix und ich. Da haben wir Sie und Herrn Fichtner begegnet, und das war gerade an der Stelle, wo Ihr Haus gebaut werden sollte. Und nun sieht alles geradeso aus, wie Sie es damals geschildert haben.
Sala. Wie kommen Sie denn in diese Gegend?
Johanna. Ich gehe jetzt oft allein spazieren, seit Mama krank ist . . .
Sala. Und wann sind Sie denn an meinem Haus vorübergekommen?
Johanna. Das ist nicht lange her . . . Heute.
Sala. Heute?
Johanna. Ja. Ich bin ringsherum gegangen.
Sala. So? Ringsherum? . . . Haben Sie auch die kleine Tür gesehen, die direkt in den Wald hinausführt?
Johanna. Ja. – Aber von dort aus ist das Haus beinahe unsichtbar. Das Laub ist ganz dicht. – Wo mögen denn die römischen Kaiserbüsten sein?
Sala. Die stehen auf Säulen am Eingang einer Allee. Gleich daneben ist eine kleine Marmorbank, und vor der Marmorbank ist ein kleiner Teich angelegt.
Johanna nickt. Wie Sie uns damals erzählten . . . Und das Wasser schimmert grünlichgrau . . . und des Morgens fallen die Schatten der Buchen drüber hin. – Ich weiß. Sie blickt zu ihm auf und lächelt. Beide gehen weiter.
Vorhang.