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III. Der schöpferische Gegensatz zwischen Geist und Stoff (Licht und Finsternis)

Dies ist der erste Versuch, die Psycho-Astrologie systematisch in ihrem ganzen Farbenreichtum so zusammenzustellen, daß ihr Sinn durchscheint. Nur auf diesem Weg wird klar, daß es sich nicht um willkürliche Zusammenstellungen von Eigenschaften unter einem Kennwort handelt. Darum rühmt sich diese Arbeit trotz ihrer Erstmaligkeit keineswegs der Originalität, sondern nur ihrer Wahrhaftigkeit. Sie stützt sich auf die Erfahrungen von Jahrtausenden. Das relativ tiefgründigste, was die moderne Astrologie bisher über die Astro-Psychologie hervorgebracht hat, findet sich bei F. Ch. Barlet, Les Génies planétaires (Librairie Chacornac, Paris). Im Folgenden knüpft mancherlei an diese Untersuchungen an.

Sonne, Löwe.

Die Sonne ist das sichtbare Symbol des Schöpferischen, Göttlichen, das sich in ihr, ehe sich seine Kraft in die Vielheit der schaffenden Wirkung verteilt, in strahlender, feuriger Einheit darstellt. So ist die Sonne zwar die spontane Urkraft, aber noch nicht als Mars im Irdischen verschlackt, sie ist die Schönheit, aber noch nicht als Venus an den Stoff gebunden, sie ist die Urweisheit und Güte, aber noch nicht in Jupiter für die Götter und Menschen verkörpert, sie ist der zeugende Urschoß, aber noch nicht als Mond fruchtbar gemacht zum Gebären der Kreatur, sie ist der Geist, aber noch nicht als Verstand, dem Kampf ums Dasein angepaßt, sie enthält in ihrem Feuer sogar das zerstörende Prinzip, noch nicht als Saturn zu dem äußerlich selbst die Götter bindenden Fatum der Materie erstarrt, ohne welche Begrenzung seiner selbst das Schöpferische nie Geschöpf zu werden vermöchte. Indem nun die Sonne, wie alle anderen Gestirne, ihre Strahlen stets aus einem bestimmten Tierkreiszeichen zur Erde sendet, individualisiert sich das Göttliche. Dadurch, daß sie ihr Licht auf die sie umkreisenden Planeten wirft, überläßt sie diesen von ihrer Kraft zum Zwecke der Differenzierung, und da schließlich durch die unaufhaltsame Bewegung der Planeten und der Erde sich die Winkelbildungen dieser Strahlen (d. h. ihre Aspekte zur Erde) jeden Augenblick ändern, entsteht aus Strahl, Mittel und Bewegung jene aus Dissonanzen (schlechten Aspekten) und Konsonanzen (guten Aspekten) gebildete Sphärenmusik, deren Harmonielehre die Astrologie ist. Ein Horoskop mit seinen Direktionen ist eine Partitur für die in einem bestimmten Augenblick anhebende und mit dem Tod endende Komposition, aber das Eigentümliche der Sphärenmusik ist, daß sie nicht wie menschliche Tonkunst von einem Anfang bis zum Endtakt verläuft, sondern daß von jedem Klang strahlenförmig unendlich viele rhythmische Melodien verlaufen, aber nicht ins Leere, sondern in die Fülle aller anderen Melodien zu einem ewigen Chor verstrickt.

Während nun die Sonne ihre Strahlen den Planeten überläßt, die sie in ihrer Weise differenziert in den Weltraum zurückwerfen, wo auch die Erde von ihnen getroffen wird, bleibt doch die unmittelbare Wirkung ihres Lichtes auf die Erde bei weitem die stärkste. Daher ertönt sie wie ein Orgelpunkt in jeder Komposition eines irdischen Schicksals; in ihrer Modifizierung durch das Tierkreiszeichen, in dem sie gerade erscheint, und mit ihren guten und schlechten Aspekten zu den verschiedenen Planeten bezeichnet sie das Grundwesen eines in einem bestimmten Augenblick geborenen Menschen oder sein transzendentales Selbst.

Gott ist die Selbstheit der Welt. Alles, was sich als Selbst fühlt, erlebt Gott, und wer nur Ich empfindet, ahnt ihn bereits. Damit die Gottheit sich selbst erleben kann, will sie schöpferischer Gott werden. Dazu muß sie sich zuerst einen Widerstand schaffen, die Materie, um ihre Unendlichkeit im Endlichen zu begrenzen. Der Schöpfer bedarf der Materie, denn Schaffen heißt Formen, Gestalten; Form, Gestalt aber bedeutet Umgrenzung. In der Beschränkung zeigt sich der Meister, der Dilettant fließt über. In der Schöpfung begrenzt sich also das bisher Unbegrenzte durch die Materie; Gott spaltet sich in Ja (Schaffen) und Nein (Grenze). Er unterwirft sich wollend dieser ihn selber einengenden Polarität, und in dieser Zweiheit vergißt er zunächst selbst die eigene Einheit. Es bedurfte einer langen Entwicklung der Materie durch das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich, bis ein Organ entstand, welches das Ich fühlen konnte, dieses Organ ist der Mensch; und es bedurfte einer weiteren qualvollen Entwicklung, bis dieses Ich zu dem Göttlichen eine andere Beziehung fand, als die der Furcht oder des Trotzes vor einer Macht außer und über ihm; und weiter waren die historischen Jahrhunderte nötig, bis einzelne, besonders gut geratene Exemplare der Menschheit die Stimme des Göttlichen in sich selber und so die vergessene Einheit im Grunde aller Unterscheidung, also auch des eigenen Ichs, wiederfanden. So steht hinter dem von Geburt und Tod begrenzten Ich ein Selbst, und dieses Selbst ist nichts anderes als sich ihdividualisierenwollende Gottheit, deren Maske (= persona) das Ich der menschlichen Persönlichkeit. Grauenhafte Umwege sind nötig gewesen, ehe solche Erkenntnis im einzelnen möglich war. Besonders furchtbar war zunächst der, auf welchem die Menschen in der zerstörerischen Materie, diesem negativen Pol, den der schöpferische Gott seinem Schaffen als Grenze entgegensetzen mußte, das positiv Göttliche zu finden glaubte, das durch Opfer gesättigt werden könnte, um eine Zeitlang mit seinen Übeltaten zu verschonen. Nicht minder furchtbar als diese Verblendung des Gemütes ist die des Verstandes, die geradezu monumentale Dummheit des sogenannten Atheismus, der das einzig ganz und gar Wirkliche, das Schöpferische, verneint, in das Gebiet der Phantasie verweist und den äußeren Mechanismus, unter dem es in der Natur erscheint, für das Wesen nimmt, so wie die Maske der menschlichen »Persönlichkeit« für das Selbst. Heute ist es nun so, daß sich für die erkennenden Menschen das Göttliche immer mehr aus dem Objekt zurückzieht. Alles, was Objekt ist, ja alles, was im Sinn des Menschlich-Irdischen »ist«, ist Schöpfung, auch der Name, auch das Gefühl, ja, das persönliche Erlebnis Gottes selbst. Und weil eben Gott eigentlich nicht ist, war jene größte menschliche Dummheit des sogenannten Atheismus möglich, als Vorläufer eines tiefsten Gewahrwerdens. Wer dies nicht versteht, dem ist mit Worten nicht zu helfen; und viele werden nicht begreifen, warum die Worte der Dümmsten und die Worte der Weisesten gleich lauten: Gott ist nicht. Es ist derselbe menschliche Irrtum, von zwei Seiten begangen, mit positivem und negativem Vorzeichen: wegen der jedem Menschen evidenten Wirksamkeit Gottes, ihm ein objektives Sein zuzuschreiben, oder aber, weil dieses Sein in der Natur nicht zu finden ist, Gott auch die Wirksamkeit abzusprechen, d. h. ihn zu verleugnen. Die ganze Schöpfung ist also ein tragisches Streben der in der Schöpfung aufgehenden Gottheit, sich in ihrer einheitlichen Selbstheit bewußt zu werden, und das ist ihr bisher nur in so geringem Maße gelungen. Immerhin ist das Organ grundsätzlich geglückt, in dem, falls ein Exemplar gut gerät, Gotterkenntnis möglich ist, und damit ist die Erschaffung des Menschen der Beginn der Erlösung Gottes von der Qual seiner eigenen Schöpfung. »Ich weiß, daß ohne mich Gott nicht ein Nu kann leben.« (Angelus Silesius.) Daher ist jedes Geschöpf berufen. Jeder Kieselstein ist ein Schritt zum Werden des nicht seienden Gottes, aber das Mineralreich ist fallen gelassen worden, der Kristall ist sein Ende, über das es nicht hinaus kann. Auch Pflanzen- und Tierreich sind abgeschlossen; wenigstens ist es unwahrscheinlich, daß die Gattung der Vögel einen göttlichen Phönix hervorbringen werde. Den Vorsprung hatten die Säugetiere, die in dem Menschen das Übertier ausgetragen haben und nun selbst im Animalischen weiterdämmern. Beim Menschen ist zum erstenmal das Ich, und in wenigen Exemplaren sogar das Selbst als bewußte Gestalt geglückt. In diesen beginnt das Göttliche zum erstenmal sich des Seins jenseits vom Werden und Vergehen, und zwar gerade im Gegensatz dazu, bewußt zu werden. Das sind die »Auserwählten«, doch dieser Wahl liegt keine grausame Bevorzugung vor den Verworfenen zugrunde. In jeder Kreatur will der Schöpfer zu sich selbst kommen, aber die meisten Kreaturen mißglücken noch derart, daß es nicht möglich ist, und gerade bei dem Menschen, dem Apparat, wo die Möglichkeit zum Aufnehmen der göttlichen Schwingungen prinzipiell vorhanden ist, kommen in der Ausführung die verhängnisvollsten Mißgriffe vor. Gerade weil der Mensch zum Höchsten fähig ist, nämlich ein reines Gefäß des Göttlichen zu sein, darum ist er dem höllischen Leid verfallen, solange er es nicht ist. Je näher er noch dem Tier steht, desto eher vermag er noch zeitweise in augenblicklicher Lust einen Ersatz zu finden, je näher er dem Durchbruch des göttlichen Bewußtseins ist, desto teuflischer seine Qual, so daß er in verzweifelten Augenblicken die dumpfe Lust des Tierischen zurückrufen möchte, die wir ja alle in der frühen Kindheit noch einmal geschmeckt haben. Niemand kann sagen, wer nur berufen, wer auserwählt ist. Aber allem Anschein nach liegt es so, daß die früheren Reiche (Mineral, Pflanze und Tier) aufgegeben sind. Unter den Menschen scheint es nur noch auf die gelbe und die weiße Rasse anzukommen, und auch bei ihnen nur auf eine gut geratene Minderheit. Diese Gutgeratenheit ist nicht menschlicher Art. Sie kann Krankheit und große Charakterfehler einschließen. Vielleicht sind gerade Schwächen dazu geeignet, das Menschliche schneller ad absurdum zu führen, und was menschlich ins Verderben führt, kann gerade das innere Auge öffnen. Die gute Rasse allein tut es nicht und noch weniger gute Begabung, aber gewisse Rassen-, Herzens- und Geistesmängel verursachen, wenn sie zusammentreffen, allzu große Verhärtungen und allzu haltlose Auflockerungen, die den Durchbruch unmöglich machen dürften. Nicht die trotzigen Verneiner sind die Hoffnungslosen, denn es gibt das Phänomen der Um- und Einkehr, des Pendelschwungs in die andere Richtung; viel schlimmer daran sind die, welche intellektuell alles zugeben können und im Grunde doch unverändert bleiben; weder die zu Heißen, noch die zu Kalten, weder die Hochmütigen, noch die Einfältigen, sondern die Lauen hat Gott ausgespien aus seinem Munde.

Diese Abschweifung war nötig, um zu erklären, was es heißt, daß die Sonne das Göttliche, das Selbst des Menschen in seinem Horoskop bezeichnet. Das Göttliche verteilt sich nicht etwa unter die Kreatur in so und so viele Fragmente. Es ist vielmehr unbewußt in jeder ganz und ungeteilt vorhanden, aber in anderer Gestalt, gewissermaßen anders geschichtet, so wie sich in jeder Begattung; immer wieder das ganze Männliche und das ganze Weibliche einen, aber in immer wieder andersartigen Schnittflächen der entzweiten Substanz.

Die Sonne ist in Feuerzeichen vor allem Kraft, in Luftzeichen Erkenntnis; in Wasserzeichen Gefühl, in Erdzeichen Stoff. In beweglichen Zeichen ist sie der Drang nach vorwärts, in festen Zeichen konzentrierte Kraft, im gewöhnlichen Zeichen wird sie ganz und gar Vibration. Natürlich ist immer die Hauptsache, wer der Herr des Zeichens ist, in dem sie steht. Ist es Merkur, so wird der Verstand, ist es Jupiter, wird die Intuition, ist es Mars, wird der Wille usw. von ihr hauptsächlich getragen, und dies wird nun wiederum gestützt oder gehemmt durch die guten und schlechten Aspekte anderer Planeten. Das Zeichen aber, in dem die Sonne steht, sowie dasjenige, welches sie durch ihr Zeichen Löwe beherrscht, geben die Lebensgebiete an, in denen sich die Sonnenwirkung besonders äußern wird.

Man verfalle nun ja nicht auf die Oberflächlichkeit, aus der guten Stellung der Sonne oder überhaupt aus dem Horoskop ablesen zu wollen, ob jemand zu den Auserwählten gehört. Bekanntlich züchtigt Gott die, welche er lieb hat. Aus der Perspektive der Ewigkeit gelten plus und minus völlig gleich. Das Göttliche kann durchbrechen auf dem Gipfel der Freude wie im Abgrund der Traurigkeit. Wer aber bewußt »den Pfad« sucht, den kann sein Horoskop lehren, welche Pferde er im Stall hat, und wie er sie gebrauchen kann.

An sich bedeutet die Sonne immer die Lebenskraft, die geistige Energie, auch das rein menschliche Selbstbewußtsein, Ruhm, hohe Stellung, hohe öffentliche Ämter, den Thron, Erfolg. Gut aspektiert macht sie ehrlich, loyal, großzügig, wahrhaft, offen, vertrauend, edel, würdig, strahlend, kühn, vornehm, entschlossen, charakterfest, überzeugend, kompetent, intuitiv. Sie ist Zentralwille, die Freiheit gegenüber dem bindenden Schicksal (Saturn), das Erhabene im Gegensatz zum Alltag (Mond).

Eine schlecht bestrahlte Sonne stärkt das Unheil. Im Feld der Feinde macht sie diese mächtig, im Feld der Krankheit nährt sie das Übel. Bringt sie Unglück, dann besonders auf ihrem Gebiet: Unehre statt Ruhm, Mißlingen statt Erfolg. Sie macht hochmütig, despotisch, willkürlich, selbstsüchtig, überheblich.

Von Menschen bedeutet sie den Vater, den Gatten, den Vorgesetzten. Ihr unterstehen Fürsten, Päpste, hohe Würdenträger, Paläste, öffentliche Gebäude, von den Metallen das Gold. Bei allen hier geschilderten Typen ist zu berücksichtigen, daß sie wohl niemals rein vorkommen. Immer kreuzen, verstärken und hemmen sie sich untereinander, aber oft hat einer in einem Menschen das unverkennbare Übergewicht.

Der Löwe ist das Himmelszeichen, in dem die Sonne herrscht, d. h. in dem ihre Wirkung am reinsten zur Geltung kommt. Die körperlichen Eigenschaften, die dieses Zeichen verleiht: voller Körper, starke Knochen, gute Proportionen, rötliche Gesichtsfarbe, kurze, wie vorne abgebrochene Nase, weite Nasenflügel, feine, mehr lange, als runde Ohren, gelbliche Zähne, fleischiges Kinn, ein mittelgroßer, gut geformter Mund, ohne daß eine Lippe vorsteht, die Oberlippe an den Enden etwas sinkend, denn der Edle wird in dieser Welt immer etwas zur Melancholie neigen. Der Löwe stärkt Glaube, Liebe, Wille und ist jeder Vervollkommnung günstig. Er verleiht Lebenskraft und Macht, geistig oder weltlich. Wunsch und Bitte der unter dem Zeichen Man sollte sich auf folgende Ausdrucksweise einigen: man ist unter dem Zeichen geboren, das am Aszendenten steht, in dem Zeichen, worin sich die Sonne befindet. Löwe Geborenen, worunter man, wie bei allen Zeichen, bald die versteht, die in diesem Zeichen die Sonne, bald die, welche es am Aszendenten haben, wirken auf andere mehr oder weniger unwiderstehlich. Bei ihnen findet man nicht selten jene großzügige Naivität, die von Niedrigen oft ausgenutzt wird und von kritischen Köpfen zunächst nicht leicht verstanden wird, es sei denn, sie haben selber etwas davon hinter der Maske ihrer bewußt negativen Haltung. Der innere Mut der Überzeugung der unter diesem Zeichen Stehenden ist größer, als der rein körperliche. Der Löwe sucht den äußeren Kampf nicht, vermeidet ihn vielmehr gern. Unter dem Löwen Geborene sind leicht aufbrausend und meist ebenso leicht versöhnt, nicht nachtragend, aber Feinde alles Gemeinen und darum nicht mehr zugänglich, wenn sie sich von der Niedrigkeit eines andern überzeugt haben. Wenn sie sich rächen, dann nur, solange die erste Aufwallung dauert. Zeit gewinnen, heißt bei ihnen alles gewinnen. Ihr Selbst ist ebenso unverletzbar, wie die äußere Person bisweilen leicht zu erregen. Sie sind zu selbständig, um Cliquen anzugehören, dagegen sind sie oft Führer. Sie besitzen eine große Selbstbeherrschung, handeln aber doch auch immer wieder unter Gefühlseinflüssen, wo sie leichtgläubig die andern überschätzen. Erst die Erfahrung lehrt sie die Niedrigkeit der menschlichen Natur kennen. Ihre Entrüstung gilt dem tatsächlichen Unrecht. Dann strafen sie wie Götter. Sie werden sehr leicht mißverstanden. Immer erscheinen sie hochmütig und überheblich in den Augen derer, die unter ihnen stehen. Sie kennen keinen Neid, weil sie alle inneren und äußeren Werte, auch wenn sie diese selber nicht besitzen, als ihnen verwandt fühlen. Große äußere Verhältnisse erscheinen ihnen selbstverständlich und verwirren sie nicht. Ohne Ungezogenheit mit selbstverständlicher Gebärde nehmen sie den Stuhl, den man vergessen hat, ihnen anzubieten. Sie handeln, ohne um Erlaubnis zu fragen, »car tel est mon plaisir«. Ihre Sinnlichkeit ist stark, aber ihre Ausschweifung nie schmutzig. Sie lieben, ja, überschätzen leicht die eigene Familie. Die ungeheure Gefahr dieses scheinbar vor allen andern bevorzugten Typus liegt gerade in seiner Auszeichnung. Hier ruht das göttliche Selbst am dichtesten unter der Bewußtseinsschwelle. Darum vermag es das Ich so sehr mit Macht auszustatten, aber auch am leichtesten zu blenden. Schlechte Aspekte zur Sonne, die nicht durch gute aufgewogen wurden, vermögen in keinem Typus eher die menschliche Hybris zu erzeugen. Göttliche Gnade und Hilfe wird dann menschlichem Verdienst zugeschrieben. Stolz wird Hochmut, Macht wird Willkür, Selbstheit rücksichtsloser Egoismus, Zurückhaltung wird Feigheit, das Bewußtsein des eigenen Wertes entartet in Arroganz und Prahlerei, die Kraft der Instinkte erschöpft sich in wollüstiger Üppigkeit. Man erkennt hier die Laster der Könige und der Großen. Je höher einer äußerlich oder innerlich steht, desto tiefer kann er stürzen. Dieses Polaritätsverhältnis nennt man in ethischer Anwendung Gerechtigkeit. Dieselben schlechten Aspekte aber, die einem unter dem Löwen Geborenen sein königliches Wesen und Schicksal beschneiden, können ihn, wenn er erkennt, zur Einkehr bewegen, und nun wird gerade für den vollen Durchbruch zu göttlichem Bewußtsein dieselbe Grenze, die seinem »Löwenanteil« nach außen gezogen ist, zum Gewinn. Schlechte Aspekte treffen nur das Menschliche. Sie vermögen die Gestaltung der göttlichen Kraft zu hemmen, nicht diese Kraft selbst. Gerade dadurch aber, daß diese infolge eines schlechten Aspekts an eine Grenze anrennt, hat sie die Freiheit der Rückkehr, nun aber mit dem Gewinn der Selbsterkenntnis, die auch Gott nur durch seinen Abstieg in den Stoff möglich wird. Auch auf diesem Pfad wird der Löwe sich durch Mut, Unabhängigkeit, Festigkeit und Vertrauen auszeichnen.

In Zeiten großer Kulturen sind die Gestalten der Götter in Religion und Kunst lebendig geworden, aber Gestalt ist vergänglich und kann daher nicht letzter Zweck der Schöpfung sein. Die Zeiten, in denen die Gestaltung verwirrt und zerbröckelt, heißen Verfallszeiten. Hier findet man Entartung der Menschen, aber immer zugleich Loslösung der Erkennenden vom Menschen überhaupt, dessen Schönheit verblaßt und darum seine Nichtigkeit durchschauen läßt. So folgen auf Zeiten der Schönheit, in denen ahnungslos Halbgötter auf Erden wandeln, Zeiten der Weisheit, in denen sich die Gottheit im Einzelnen erkennt. Die Schönheit wirkt in die Breite und darum sind die von ihr Geschmückten, die άριοτοι, die Aristokraten, weithin anerkannt, und der Pöbel beugt sich. Schickt sich die Schönheit zu sterben an, dann stürzt sich der Pöbel über ihre Trümmer und beschleunigt ihre Vernichtung. Die Weisheit aber ist ihm nicht zugänglich, sie wirkt in die Tiefe und in demokratischen Zeiten sind die άριοτοι unbekannt, aber ihr Gewinn ist groß: war die Schönheit die größte Vollendung des Göttlichen in der vergänglichen Gestalt, d. h. im Schein, so ist die Erkenntnis sein erster Schritt ins bewußte Sein, und damit beginnt das nicht mehr vergängliche, sondern ewige Reich des Heiligen Geistes. Das Menschliche verfällt demselben Schicksal, dem Mineral, Pflanze und Tier verfallen sind. Was es hervorzubringen vermochte, hat es geliefert: das Organ, durch welches das Göttliche sich in seiner Selbstheit bewußt werden kann. Es zieht sich heute merklich aus der uns bekannten Materie zurück, die es ihrem Mechanismus überläßt, so lange er noch laufen mag, denn noch nirgends ist es verweilt, nachdem seine Aufgabe erfüllt war. Die Menschheit ist ganz offensichtlich aufgegeben. Wem ein sogenanntes günstiges Horoskop das Leben in ihr leicht macht, gerade der ist der Erkenntnis dieser Dinge am wahrscheinlichsten verschlossen. Schlechte Aspekte lassen viel eher erfahren, wieviel die Weltuhr geschlagen hat. Die meisten werden es zwar überhören und mit ihrem Schicksal hadern, da sie den Wink nicht verstehen, der sie in die Geborgenheit des Innern weist. Aber viele möchten verstehen und werden heimlich verstehen, und darum wird vielleicht die Arche größer sein, als es scheint, welche die vom Licht getroffenen Reste der Menschheit zu dem neuen Ararat trägt, wo die leibhaftigen Götter wohnen werden, deren Seligkeit darin besteht, daß sie als erste Geschöpfe wissen, wer sie sind, in welcher Tiefe sie wurzeln, in welche Höhe sie ragen. Auch sie werden im Fleisch wandeln, denn, um zu sein, bedarf die Gottheit des Stoffes, aber Götter sind solche Wesen, deren Materie unter dem Drang des Göttlichen so entwickelt wurde, daß dieses nicht nur ausnahmsweise, wie beim Menschen, sondern immer durchscheint. Es handelt sich nicht länger darum, die Menschheit zu retten, und das ist es wohl, was heute einige Erkennende treibt, Geheimstes, von früheren Wissenden höchstens Angedeutetes laut und zum erstenmal in klarer Sprache auszusprechen, auf die Gefahr hin, daß die Unberufenen an dem ihnen gefährlichen Wissen zerbrechen. Ja, es scheint auf deren schnelle Zerstörung abgesehen. Ihre eigene Niedrigkeit und Verblendung vollzieht selber das. Gericht. Sie haben die Schönheit zerstört, nun stürzen sie sich auf die Erkenntnis, aber deren zugängliche, begriffliche Formen, niedergelegt in zahlloser, heiligen und profanen Büchern, sind ja nicht die Sache selbst, sondern nur Zeichen, die allein in den Auserwählten das in ihnen Vorhandene, aber noch Schlummernde, durch Erhebung ins Bewußtsein wirksam machen können. Es soll keine Tempelgeheimnisse mehr geben, alle Worte und Begriffe sind dem Gleichheit fordernden Pöbel ohne Bedenken auszuliefern, damit er an ihnen umkomme. Aus der Umkehr, die Wiedergeburt bezweckt, wird in seinen Klauen der Selbstmord der Revolution, aus der Liebe, welche das Göttliche meint, die Liebe zur Menschheit, die das Gemeine rechtfertigen will, wenn es nur Menschenantlitz trägt, aus der Freiheit der Besten die Willkür der Schlechtesten. Das Göttliche ist sich selbst heute im Einzelnen so weit bekannt, daß es ohne Gefahr vor die Hunde kommen kann. Mit proteischem Humor kehrt es sich dann sofort in den Hundegott um. Daemon est deus inversus. Entweihung, Profanierung gab es nur, solange Gott noch im Objekt steckte, wo er seines Lebens nie sicher war. Heute ist er gerettet. Behemot und der Dämon, dessen Name ist Legion, sind keine Widersacher mehr, vielmehr erkennt er sich selbst in allen diesen Masken. Ist er nicht in Babylon und Ägypten mit dem Hundskopf erschienen, weil er es selbst noch nicht besser verstand? Heute, wo er alles weiß, ist er Herr aller Formen und kann lächelnd als Maskerade mitmachen, was ihm einmal Ernst und später in seiner christlichen Gestalt Abscheu war.

Wie vorhin gesagt, es gibt keine bewußt Auserwählten. Jede Kreatur ist ein Versuch, und was als Form (durch gute Konstellation) leidlich gelingt, ist vielleicht gerade dem bewußten Durchbruch des Göttlichen verschlossen. Wer sich aber öffnen will, dem vermag seine Nativität zu sagen, wo die Schwierigkeit, wo die Aussicht liegt. Ein ungünstiger Aspekt zur Sonne z.B. kann ihm verraten, wo er durch Leidenschaft (Mars) oder durch kalten Gegendruck (Saturn) fehlt, und falls es ihm gelingt, eine solche Konstellation bewußt anzuschauen (Intuition kommt von intueri = schauen), dann gelingt ihm vielleicht, dem Göttlichen in die Werkstatt zu blicken, wo es sein derzeitiges Ich sich bewegen hieß. Er wird dann dessen glückliche und unglückliche Dynamik als Fatum hinnehmen und eben dadurch eine göttliche Freiheit von und zu diesem Menschlichen gewinnen. Weder wird er es asketisch verneinen, sondern gerade so, wie es ist, bejahen, noch sich mit ihm identifizieren, d.h. glauben, durch Glücksfälle alles gewonnen, durch Unglücksfälle alles verloren zu haben. Vielmehr wird er merken, daß, von innen gesehen, alles stimmt, auch das, was, menschlich angeschaut, entschieden Mangel und Mißgeschick ist. Aber für das, was das Göttliche, d.h. mein Selbst mit diesem in meiner Nativität angezeigten Ich vorhat, gerade dafür sind alle nötigen Mittel vorhanden. Von hier aus wird gar nicht ausschließlich Glück, Erfolg, Reichtum, Gesundheit, Liebe in höchster Vollendung bezweckt, sondern wohl von alledem etwas, aber dazu such noch die Grenze, die dem Ganzen eben meine Art aufprägt, und wer nun von hier aus gerade dies, nämlich sich, auch bewußt will, den bedroht nichts Äußeres mehr, auch kein Gott; dem glückt, was er will, und er ist so ganz nebenher auch menschlich glücklich, eben weil dies nicht mehr Ziel ist. Als Ziel des Strebens muß das Glück mißlingen, denn isoliert ist es geradezu gegen den Willen Gottes. Das haben auch alle Religionen bemerkt und es dem Neid, dem Zorn oder gar der Liebe eines Gottes zugeschrieben, der Besseres mit uns vorhabe (richtig wäre: mit sich vorhabe). Aus den ethischen Auslegungen einer intuitiv stets treffend erkannten Tatsache sind alle diese Moralen, Opfertheorien, Bußübungen u. dgl. entstanden, die innerlich so wenig gefruchtet haben, aber zur Niederhaltung derer noch immer unentbehrlich sind, die nur dann sich im Morden, Stehlen und Verleumden mäßigen, wenn es verboten ist und bestraft wird.

Dem Löwen gegenüber liegt Wassermann, darum ist die Sonne hier in ihrer Vernichtung, d.h. daß sie hier in ihrer Wirkung am meisten gehemmt ist. Dagegen ist ihre Wirkung nächst dem Löwen am meisten dem feurigen Marszeichen Widder verwandt. Darum ist sie hier erhöht, d.h. besonders stark, aber durch den Charakter des Widders (siehe diesen) modifiziert. Dem Widder gegenüber liegt das Venuszeichen Waage. Hier ist daher die Sonne in ihrem Fall, d.h. beeinträchtigt. Nun ist die Sonne ja in ihrem Grunde allen Planeten verwandt, da jeder von ihr sein Licht erhält, und darum ist ihr Einfluß in keinem Zeichen schlecht. In Wassermann und Waage ist er nur geschwächt, und das wird sich vor allem in einer herabgesetzten Lebenskraft äußern (was aber durch einen guten Mond oder Aszendenten oder gute Aspekte mehr oder weniger aufgewogen sein kann). Dagegen verstärkt die Sonne auch hier die Eigenschaften der Zeichen, in denen sie steht, und gibt ihnen Glanz.

Saturn, Steinbock, Wassermann, Uranus.

Gott schuf das Licht (Geist) und die Finsternis (Stoff). Der Gegenpol zur strahlenden Sonne ist der finstere Saturn. In ihr verkörpert sich die, Schöpferkraft, in jenem die von ihr abgetrennte Gegenkraft, der Widerstand, den die Idee braucht, die Materie, der sie ihre Form aufprägt. Das Göttliche vermag – es kann nicht oft genug gesagt werden – ohne Materie nicht zu erscheinen. Es muß zunächst seinen schmerzlichen Gegensatz schaffen, ein Ungöttliches, an dem es sichtbar wird, einen zähen ihm widerstrebenden Rohstoff.

»Und er sprach das Wort: Es werde!
Da erklang ein schmerzlich Ach,
Als das All mit Machtgebärde
In die Wirklichkeiten brach.

Auf tat sich das Licht, so trennte
Scheu sich Finsternis von ihm,
Und sogleich die Elemente
Scheidend auseinanderfliehn.

Rasch, in wilden, wüsten Träumen
Jedes nach der Weite rang,
Starr, in ungemeßnen Räumen
Ohne Sehnsucht, ohne Klang.«

(Goethe, Westöstlicher Diwan.)

Das ist Saturn, der Vater der Hindernisse, über die der Schöpfer immer wieder durch seine Werke triumphiert; aber diese Werke sind nicht ewig gedacht. Über sie triumphiert immer wieder Saturn,, der Vernichter, der alle Formen, als seine Kinder, verschlingt. Bei den Griechen heißt er Chronos = die Zeit (tempus edax rerum), in der die in der Ewigkeit zeitlosen Ideen kurze Dauer gewinnen in Formen, die wieder vergehen. Saturn herrschte vor der heiteren Weisheit des Zeus. Die Alten verehrten in ihm den ältesten der Götter, den Schöpfer der stofflichen Welt, vor dem nichts war. Die; Ewigkeit ist im Gegensatz zu dem populären Glauben nicht Zeit ohne Ende, sondern überhaupt nicht Zeit, weder Dauer noch Nichtdauer. Durch Saturn erscheinen erst Dauer und Vergänglichkeit als die Pole der Zeit im Stoff, und so ist Saturn zugleich der Herr der Vernichtung und des Dauernden, alles Alten, Ehrwürdigen, Geschichtlichen, der chronischen Leiden, der zähen ausdauernden Charaktere, alles Harten, des Mineralreichs, der Kristallisierungsprozesse, der Knochen, der Zähne, der krankhaften Verhärtungen im Körper, der Verkalkung, des Erstarrten, der eigensinnigen, rechthaberischen Naturen, aller langsamen Zerstörungen, der Verwitterung, des Zufalls. Er ist Herr alles Sonnenfremden, des Dunkels, der Traurigkeit, der schweren Melancholien und Depressionen, aber auch der tiefen Betrachtung und Erkenntnis des Weltzusammenhangs. Ein wahrer Philosoph ist ohne einen starken Saturn gar nicht denkbar. Aber Saturn ist auch die Grenze des Lichtes, dessen Wirkung er beschränkt: Borniertheit, Armut, Enge, niedrige Lebensverhältnisse sind je nach Aspekten und Häusern ebenfalls seine Gaben. Man wird nach alledem verstehen, daß die Aspekte zwischen Sonne und Saturn die wichtigsten sind, wenigstens in einem männlichen Horoskop (bei der Frau ist der Mond wichtiger als die Sonne). Nichts vermag die gute Wirkung des Saturn mächtiger hervorzubringen als gute Aspekte mit den Lichtern. Dann wird die Begrenzung des schaffenden Geistes durch den Stoff nicht schmerzlich verspürt. Unbefangenes Zupacken, Furchtlosigkeit, Ausdauer, Fleiß, Unermüdlichkeit und Erfolg sind die Wirkung. Solchen Menschen wird das Leben an sich nicht zum Problem (außer dies geschieht durch andere Konstellationen), ohne daß sie deshalb oberflächlich würden. Dazu gibt Saturn zuviel Ernst. Nie verleiht er seine Gaben mühelos, aber bei guter Aspektierung wird das Leben nicht als schwere Last, sondern wie ein gutsitzender Rucksack getragen. Stehen Saturn und Sonne schlecht, so wird der kosmische Gegensatz der zwei Gestirne zur individuellen Problematik. Hier hängt nun alles davon ab, welches von beiden Gestirnen stärker ist nach Zeichen, Haus und Aspekten, und vor allem welcher Qualität die beiden Gestirne sind, abgesehen von ihrer gegenseitigen Bestrahlung. Ist Saturn stärker, so werden seine Eigenschaften das Licht besiegen, aber nun fragt sich's, ob es dem Zeichen nach ein edler oder gemeiner Saturn ist, und ob er nicht etwa Hilfe von anderen Planeten erhält oder gar auch von solchen, noch Verletzungen empfängt. Je nach diesen Umständen, werden Verzweiflung, Zusammenbruch, Starrsinn von der verhältnismäßig harmlosen Pedanterie bis zum Verbrechen, Egoismus, Herzenskälte, Krankheit (besonders infolge gestörter Blutzirkulation und mangelnder Wärme) die Folge sein. In dem Maß nun, als die Sonne Kraft hat, und Saturn durch ein günstiges Zeichen oder Aspekte gestützt wird, verbessern sich diese Möglichkeiten, und schließlich dient dem Erkennenden ein schlechter Aspekt des Saturn mit einem Licht gerade dazu, die Welttragik als die Polarität von Licht und Finsternis, von unendlichen! Geist und begrenzendem Stoff, besonders tief als sein eigenes Problem zu erfassen und nun aus göttlicher Erkenntnis zu beherrschen, gleichwie es die unter gutem Saturnaspekt Geborenen unbewußt tun. So bestätigt sich das Wort des Meisters Eckehart, daß Leid das schnellste Pferd ist, das zur Erkenntnis führt. Wie sollte auch der hinter das Weltgeheimnis kommen, dem ein zu »günstiges« Geschick es immer wieder verbirgt? Die meisten werden das angenehmer finden und lieber glücklich als auserwählt sein wollen, und sind infolgedessen weder das eine noch das andere.

Die im folgenden aufgezählten Eigenschaften des Saturn sind sehr widerspruchsvoll. Steht er in günstigem Zeichen, besonders im Wassermann oder in der Waage, kehrt er von vornherein seine gute, wenn auch stets ernste, schicksalhafte Seite heraus, denn er bleibt das Fatum, die Grenze. Ungünstige Aspekte werden, wie ungünstige Zeichen, mit Unheil drohen, während günstige einen ihrem Zeichen nach schlechten Saturn mildern. Hier heißt es für den Astrologen kombinieren nach dem Charakter der Zeichen, Felder und aspektierenden Planeten.

Ein guter Saturn macht vorsichtig, geduldig, einfach, exakt, zuverlässig, arbeitsam, verantwortlich, konzentriert, pünktlich, besonnen, sparsam, nachdenklich, gehalten. Er gibt Erfahrung, Kraft, dem Chaos der Dinge zu widerstehen. Er ist das negative Zentrum des Selbstbewußtseins (im Gegensatz zur positiven Selbstheit der Sonne) und darum auch des materiellen Elgoismus. Er macht ernste Gelehrte, Philosophen, Theologen, Mathematiker, Einsiedler, Mönche und beherrscht alle die Berufe, die mit der harten Materie, besonders dem Boden zu tun haben oder im Dunkel arbeiten: Ackerbauer, Metallarbeiter, Töpfer, Bergleute, Kanalarbeiter, im Verein mit Venus (Kunst) die Bildhauer und Architekten. Auch die schmutzigen und unheimlichen Gewerbe beherrscht Saturn: Gerber, Färber, Kaminkehrer, Schuster, Gassenkehrer, die Totengräber, Scharfrichter, Küster, Bettler. Auch ernste Würden, verantwortungsvolle Posten (das Gegenteil von Sinekuren), ja, Reichtum besonders an Grund und Bodenschätzen vermag er zu geben. In höchster Entfaltung ist er der Durchschauer des Scheins der Dinge. Er ist der große Prüfer. Nur was seiner Vernichtungsarbeit entkommt, d. h. was nicht durch die Materie besiegt wird, ist ewig. Er ist der »Hüter der Schwelle«. Erst muß die Lektion des Lebens gelernt, d. h. der Sinn des scheinbar unsinnigen Daseins erkannt sein, ehe er Einlaß gewährt. Dann erst legt er die Maske des Übeltäters gänzlich ab und wird zum Einweiher in die Wahrheit. Ehe der Schein der Materie durchschaut wird, ist Saturn der Vater der Lüge, Feind und Verführer des Wahrheitssuchers. Mephisto überredet Faust (mit Hilfe starker Merkurkünste), sich doch mit dem Endlichen, der Materie, zu begnügen. Saturn ist der Vater aller materialistischen Irrtümer des Kopfes und des Gefühls. Er spiegelt vor, das Leben sei »nichts als« Materie. Er will alles begrenzen, alles relativ machen, so daß er selber, die Materie, die Verneinung, als das absolute erscheint. Hat man aber diese Täuschung durchschaut (und dazu gehört Erfahrung und Leid), dann wird er selber, die Materie und die Zeit, relativ, und besiegt gesteht er die Wahrheit. Die heutige Wissenschaft, welche die Materie in Bewegung auflöst und mit neu entdeckten Strahlen durchdringt, ist auf bestem Wege, ihre saturnische Blendung aufzugeben und sich in das Bereich des Uranus (siehe diesen) zu begeben.

Je ernster die Materie genommen wird, desto mächtiger ist sie. Alles Unheil kommt von ihrer Übermacht. Gehorcht sie, so wird sie furchtbar, sich dem Geist anschmiegender Rohstoff; erlangt sie die Oberhand, dann ist sie Hemmung, Unglück. So bringt Saturn Armut, Knechtschaft, Deklassierung, Mißerfolg, geheime Feindschaften, Entehrung, Gefangenschaft, Verkennung, Tod im Elend, auch durch Fall, Erstickung, Quetschung, Einsturz, Ertrinken, Schiffbruch. Er beherrscht die unterirdischen Orte, Minen, Brunnen, Kloaken, Latrinen und einsame Gegenden wie Friedhöfe, Wüsten. Er gibt den niederen, erdgebundenen Geist, das starre, zu sehr an Konvention oder Doktrin hängende, reaktionäre oder fanatische Denken ohne Freiheit und Vornehmheit. Er macht obskur, verächtlich, erpresserisch, langweilig. Neid, Furcht, Verzweiflung, Trauer, Mißtrauen, Bosheit, Eifersucht, Schwerfälligkeit, schmutzige Sinnlichkeit, Perversität, zerstörende Skepsis, Gefühllosigkeit, Herzenskälte, Ungerechtigkeit, Beschränktheit, Inkompetenz, Unehrlichkeit, Einmischungssucht, Ohnmacht, Impotenz, Unentschlossenheit, Mißlaune, Habsucht, Käuflichkeit, Haß, Unfruchtbarkeit, revolutionären, sowie despotischen Geist, alles dies gibt ein schlechter Saturn in Abhängigkeit von seiner Konstellierung durch Zeichen oder Aspekte, die je nach ihrer Art seine verschiedenen Eigenschaften hervorlocken. Eine ungünstige Venus wird hier zur Obszönität, eine günstige zur Treue, Merkur je nachdem zum Betrug oder zur Erkenntnis, Jupiter zur Heuchelei oder ernsten Frömmigkeit, Mars zur Gewalt oder Selbstbeherrschung führen, aber dies alles immer ausgewogen durch die übrigen Konstellationen eines Horoskops. Ein Aspekt allein genommen sagt dem Astrologen ganz und gar nichts Endgültiges, so wenig wie dem Arzt ein einzelnes Symptom.

Von Menschen beherrscht Saturn die Vorfahren, besonders die Großeltern, überhaupt alte Leute. Äußerlich gibt er tiefliegende Augen, dunkles Haar, schlechte Zähne, ein knochiges, großes Kinn ohne Einschnitt unter der Unterlippe (das Habsburgische Kinn ist typisch saturnisch), hohle Wangen. Von Metallen beherrscht er das Blei, von Farben alle düsteren und schmutzigen.

Im Zeichen Steinbock herrscht Saturn. Als Erdzeichen stellt es sein Element dar, aber als bewegliches Zeichen befreit es ihn aus seiner Starrheit. So ist der Steinbock das wirksamste Medium der saturnischen Substanz. Es ist das Zeichen mühsamer Arbeit, zähen Ehrgeizes nach Macht und Autorität in irdischen Dingen, und bei guter Stellung und Bestrahlung können hohe Stufen erreicht werden. Nicht wenige Staatsmänner haben dies Zeichen im Aszendenten oder M. C. Der letzte Fall ist gefährlicher, da saturnische Einflüsse im X. Feld fast immer auch Sturz bringen. Kommt jedoch einem (infolge seiner Sonne oder seines Aszendenten) unter dem Steinbock Geborenen im X. Feld ein Wohltäter zu Hilfe, so vereinen sich unermüdliches Ausharren und Glück zu den dauerhaftesten Erfolgen; aber man darf nie vergessen, daß Saturn selber die Tiefe ist, die sich freilich erlösen möchte durch die Erkenntnis, daß sie ja nur scheinbar, damit Schöpfung möglich sei, ungöttlich, daß sie in Wahrheit nur der Gegenpol der Höhe, negative Höhe, Licht mit umgekehrtem Vorzeichen ist. Im Zeichen Steinbock jedoch finden wir Saturn noch nicht zu dieser Erkenntnis reif, hier müht er sich noch mit der Kraft der Titanen, die Last des Stoffes mit stofflichen Kräften zu überwinden, was ihm auf diesem Weg ohne Hilfe der lichten Götter nicht gelingen kann. Wird ihm aber diese durch gute Aspekte zuteil, dann steuert der von ihm Beeinflußte die ganze elementare Gewalt des Stoffes zum Werke bei und gewinnt die Tugenden der unermüdlichen Ausdauer und Geduld. Ihn schreckt ja der Stoff nicht, und er erträgt seine, dem Menschen feindlichste, widerwärtigste Form. So besiegt er Härte, Verwirrung, Schmutz und jede »Tücke des Objekts« leichter, als irgendein anderer. Ihn locken gerade die schweren Aufgaben. In der Tiefe ist er Schwerarbeiter, auf der Höhe reizen ihn die mühsamsten Probleme der Wissenschaft. Sein Selbstvertrauen kommt ihm aus dem Bewußtsein seiner Verwandtschaft mit dem Stoff und dessen Hindernissen, wodurch das Leben problematisch wird. Er weiß von vornherein, daß der Mensch nicht zum Vergnügen auf der Welt ist und kann daher die Süßigkeiten des Daseins leichter entbehren, als andere. Bisweilen leuchtet jedoch durch seine Finsternis der Goldblick des Humors. In der Tat, wie lächerlich müssen ihm die Oberflächlichen und Leichtfertigen erscheinen! Sehr oft hat dieser Humor eine zynische Note. Erreicht der unter Steinbock Geborene die Höhe, so liebt er oft sehr den Prunk in seiner Umgebung, aber nicht an seiner Person. Nichts ist dafür charakteristischer als die Haltung Napoleons I., der den Mond im Steinbock hat und den Saturn nicht weit vom M. C. Er selber blieb zeitlebens der unscheinbare, kleine Korporal, aber sein Hof und seine Generäle sollten Glanz entfalten.

Mag der vom Steinbock Beeinflußte erreichen, was er will, ein gewisser Materialismus wird ihm stets anhaften, obwohl er Idealist sein kann, aber auch sein Idealismus wird stets stoffgebunden sein. Diese Bindung ist häufig negativer Natur. Alle wahren Asketen stehen unter Saturn. Ihr Drang, den Stoff zu überwinden, was in Wirklichkeit nur durch das Erschauen seines Sinnes möglich ist, führt sie zu dem Gewaltmittel der Unterdrückung. Die Erotik des reinen Saturniers ist unfrei, entweder gehemmt oder gemein; aber ein guter saturnischer Einschlag in der Erotik gibt Treue, Anhänglichkeit, Opferfähigkeit. Auch die faunische, panische Erotik hat durch ihre Verfallenheit an den Stoff einen saturnischen Einschlag, aber ihr Wesen wird von Venus und Mars bestimmt. Das höchste Symbol des Steinbocks ist der Sämann, der immer wieder, über die Erde gebeugt, ihr den Samen anvertraut und dadurch den Stoff zwingt, alles das zu geben, was er hat. So ist er immer wieder der Zukunft zugewendet und in all seiner Dunkelheit doch auch Optimist, aber ein aussichtsloser, denn eine Erde, auf der ein Bauerngeschlecht auf das andere folgte, immer wieder Samenkörner der Tiefe anvertrauend, die immer wieder dieselbe Frucht trügen, wäre sinnlos. Ziel der Gottheit ist, sich aus der Verstofflichung in ein bewußtes, den Stoff spielend beherrschendes Sein zu erlösen, und dazu macht der Steinbock nur den ersten Schritt. Mehr als die Gipfel der Erde vermag er nicht zu erreichen; auch hier bleiben seine Sohlen an den Staub gebunden. Das niedrigste Symbol des Saturn ist der Geizige, der die Materie gänzlich erstarren läßt, indem er sie auf einen einzigen Stoff, den, der die materiellsten Werte im kleiner, Raum zusammenfaßt, auf das Geld reduziert. Hier ist das Erlösungsbedürfnis Saturns, alle seine emportreibende Kraft erstorben.

Der sinn- und ziellosen Entwicklung hemmungsloser Geister setzt der Steinbocktypus den Wert der geschichtlichen Vergangenheit, der Überlieferung, der Autorität gegenüber, denn Entwicklung ist unmöglich ohne Anknüpfung an sie. So finden wir ihn oft als Freund von Altertümern. In der Kindheit ist er meist schwach und erreicht oft nicht die Reife. Die ersten Jahre sind seine schlechteste Periode. Hat er aber die gefährliche Zeit überwunden, so besitzt er die größte Aussicht auf ein hohes Alter, in dem sein Wesen patriarchalisch wird und den Höhepunkt erreicht. Dann wird er milde und liebt, als Gegensatz zu sich selber, heitere, freundliche Gesellschaft. Wenig kennt er eine Kameradschaft auf gleich und gleich, entweder sucht er Schutz bei Höheren, oder er gewährt ihn Schwächeren. Bei seinen Mitmenschen interessiert ihn bis zur Neugier alles, was Geburt, Ehe, Tod betrifft und zwar von der stofflichen Seite her. Diese Gebundenheit an das Stoffliche gibt natürlich eine große Einseitigkeit, die oft zu zäher, unbelehrbarer Selbsttäuschung über die Prinzipien und den Wert der an sich richtig erkannten Tatsachen führt. Überhaupt ist nirgends die Grenze zwischen guten und schlechten Wirkungen so fließend wie bei Saturn. Der Verehrer der geschichtlichen Überlieferung erstarrt leicht in den Vorurteilen der Konvention, der Ehrgeiz schlägt in ruhelose, lauernde Unzufriedenheit um, das Religiöse wird zur Bigotterie und Aberglaube, Tiefe wird zu Enge, Eifer zu Skrupellosigkeit, Streben zu Servilität erniedrigt, die Fähigkeit zu geduldiger Unterordnung entartet in Sklavensinn, Ordnung in Pedanterie und Kleinigkeitskrämerei, Würde in jene dumme Feierlichkeit, die man recht oft bei kleinen Leuten findet, deren Aufstreben nicht erfolglos gewesen ist.

Die äußere Gestalt des Steinbocktypus ist, falls nicht andere Einflüsse dazukommen, kaum mittelgroß. Sein Bart ist dünn und schlecht gewachsen, oft ist er geißbärtig, Haar und Augen sind dunkel, die Gesichtsfarbe ist blaß, der Blick kalt, die Nase lang, dünn, scharf geschnitten, aufwärtsgerichtet, die Nasenflügel sind eng. Die Ohren sind groß, sitzen tief und stehen etwas ab. Nicht selten sind sie spitz wie bei einem Satyr. Der Mund ist weit und dünn, die Unterlippe steht oft etwas vor. Der Hals ist dünn, die Knie sind schwach, was einen schlechten Gang bewirkt. Die Haut ist trocken und ungenügend durchblutet. Die echte Steinbockgestalt erinnert an einen Gnomen.

War der Steinbock das Nachtfeld des Saturn, so ist das Zeichen Wassermann sein Tagfeld. Hier erreicht Saturn die Höhe der ihn von seiner Erdbefangenheit erlösenden Kenntnis. Der Wassermann ist ein Luftzeichen, aber dynamisch gehört er zur Kategorie fest, und dadurch bleibt der Erlösungsdrang beherrscht, ohne Gefahr, sich ins Leere zu verlieren. Half die Beweglichkeit des Erdzeichens Steinbock dem Saturnier in die Höhe, so hält ihn die Festigkeit des Luftzeichens Wassermann bei all seiner Erkenntnis noch in der Atmosphäre der Erde. Mit Ausnahme der beiden Merkurzeichen Zwillinge und Jungfrau ist der Wassermann das einzige Zeichen, das nicht durch ein Tier dargestellt wird, sondern durch einen Menschen. Der Wassermann ist der Mensch selber in seiner äußersten Entwicklung als Herr des Stoffes; er zeigt die höchste Stufe der Erkenntnis an, die er aus eigener Kraft erreichen kann, die sich aber inhaltlich deckt mit der göttlichen Weisheit des Jupiter. Diese kommt dem mühevoll Emporsteigenden von oben entgegen, während Jupiter sie seinen Kindern mühelos mitgibt. So ist der Wassermann die von den Göttern unabhängige Individualität, aber nicht in prometheischem Aufruhr gegen sie – Prometheus hat vielmehr Züge vom Steinbock –, der ja doch mißglücken muß und in noch härterer Fesselung endigt am kaukasischen Fels. Der Wassermann ist vielmehr der Mensch, der durch das Wissen vom Guten und Bösen den Göttern gleich geworden ist. Er braucht ihnen nicht länger zu trotzen, und sie haben keinen Grund, ihn zu strafen, denn er ist ihres Gesetzes inne geworden und will selber nichts anderes als sie. Kein Gott im brennenden Dornbusch hat ihm dies offenbart, kein priesterlicher Kult, kein äußeres Gesetz, sondern das eigene Innere. Er ist jenseits von Kirche und Ketzerei, nicht katholisch noch protestantisch, nicht Sklave und nicht Empörer, sondern Gott selber, bewußt geworden im Stoff. Non sit alterius, qui suus esse potest. Er pocht nicht auf menschliche Kenntnisse und praktisches Können, nicht auf das Stückwerk der armseligen Wissenschaft, des ichhaften Verstandes, was alles dem Merkur untersteht, sondern er ist der Idee der Welt inne geworden im Schauen der einsamen Meditation, der die Gnade schließlich antworten muß. »Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn.« Nichts ist ihm ferner als Weltverbesserung, die ja immer wieder in den Stoff verstricken, die Täuschung verlängern würde, das Menschliche habe absoluten Wert. Selbstverbesserung ist sein einziges Ziel, und dadurch wird er der wahre Menschenfreund, der Überwinder der eigenen Ichheit im Selbst. Nichts Menschliches wähnt er sich fremd. Was aber von außen gesehen als menschliches Verstehen erscheint, ist von innen Menschenverachtung. Gleich dem Löwen muß sich Wassermann vor der Klippe des Hochmuts hüten, eine Gefahr, die ihm auf keinen Fall erspart bleibt.

So gibt das Zeichen Wassermann hohe Originalität, Erleuchtung, Konzentration und eine Neigung zu Einsamkeit und heiterer Askese ohne unreine Qual, so wie sie Vorbedingung ist zu jedem magischen Werk, ob es nach innen oder außen zielt. Er macht visionär und verleiht häufig eine kombinierte künstlerisch-wissenschaftliche Begabung. Unter dem Wassermann Geborene sind bei guter Konstellierung Wahrheitssucher ohne Schwärmerei, standhaft, gutmütig, liebenswürdig, glücklich und trotz ihrer Liebe zur Einsamkeit keineswegs ungesellig, vielmehr ausgezeichnete Freunde, aber nur von wenigen, auf die sie großen psychischen Einfluß haben. Sie zeigen ein gerechtes, gütiges Verständnis für alle Menschlichkeiten, über die sie oft selbst erhaben sind. Da sie den Stoff nicht fürchten, sind sie oft handfertig. Ihr Grundzug ist geistige Freiheit, die sie aber nur sehr langsam nach vielen Erfahrungen zu entwickeln vermögen. Trotz der großen Faszination, die sie oft ausüben, schauen sie zu tief, um vielen zu gefallen. Sie sind nie populär, den meisten etwas unheimlich, da sie selten verstanden werden. Sie haben keinen »Marktwert«, aber um so mehr »Liebhaberwert«. Oft sind ihnen exklusive Zirkel leicht zugänglich; diejenigen, wo grundsätzlich jeder beitreten kann, stoßen sie instinktiv aus. Ihre Illusionslosigkeit erschreckt und wird für Zynismus genommen. Da ihnen menschliche Ideale nicht viel bedeuten, sind sie oft wenig aktiv, aber nicht aus Trägheit; im Gegenteil: ihr Herr, Saturn, gibt ihnen Ausdauer und Fleiß, wo es ihnen der Mühe wert scheint. Sie sehen in allen menschlichen Bestrebungen stets zugleich den Gegenpol, und das läßt sie erkennen, daß jedes menschliche Wollen, als Programm gefaßt, unrecht hat. Daher erscheinen sie unzuverlässig, als Leute, an die man sich nicht halten kann, »kein Fisch und kein Fleisch«.

Seltener als irgendein Typus kommt der Wassermann zur vollen Entwicklung. Dann aber wird er Herr seines Schicksals, das ihm nicht mehr »passiert«, das er vielmehr erlebt und zwar als Spiegel, als sein eigenes Inneres, von außen angeschaut. Bei ungünstiger Konstellation gehören dem Wassermannnzeichen die gefährlichsten Menschen an, schwarze Magier, d. h. solche, die höhere Kräfte in sich durchbrechen fühlen, denen sie aber weder durch Erkenntnis, noch durch moralische Entwicklung gewachsen sind. Wohl erheben auch sie sich erkennend über den Stoff, aber sie finden nicht den Einklang mit dem Weltgesetz (Jupiter), und so fallen sie um so tiefer zurück. Sie sind es, die der leibhaftige Teufel holt wie den Doktor Faustus im Puppenspiel. Sie wollen mit ihren Kräften die Materie unmittelbar beeinflussen, also nichts Geringeres, als das Naturgesetz aufheben, statt es zu durchschauen und in seinem Sinne zu herrschen. Die Natur aber erlaubt auf die Dauer weder Despoten noch Revolutionäre, sondern macht die zu Machthabern, die ihre Verfassung beschworen haben. Die Laster des Wassermanns sind Hochmut, Einbildung, Sophistik, Betrug, geistige und auch ganz niedere Hochstapelei. Schlechte Wassermanntypen sind leer an Substanz, meinen alles mit Tricks machen zu können, vermögen auch damit eine Zeitlang zu faszinieren und endigen in seelischen Verwirrungen, die den Psychiatern die größten Rätsel aufgeben, da sie nicht wissen, was Besessenheit ist. Bei anderen Typen ist der Materialismus eine mehr oder weniger harmlose Dummheit, beim Wassermanntypus wird er dämonisch. Die meisten der öffentliche Vorstellungen gebenden Hypnotiseure, Magnetiseure, Gedankenleser, Telepathen usw. gehören hierher. Die gesamte Welt des Kino und der von ihm Besessenen dürfte stark unter Wassermann stehen.

Äußerlich verleiht dieser Typus eine Schönheit geistig verfeinerter Art. Er gibt gute Mittelgestalt, ein langes Gesicht, Augen von rätselhafter blauer Tiefe, die man schwer vergißt, blondes oder hellbraunes Haar. Die Größe des Mundes wird oft beim Lächeln sichtbar, das alle Zähne, aber nicht in unschöner Weise das Zahnfleisch entblößt. Das Kinn ist lang, meist fein geschnitten. Im ersten Buch war die Rede von der sogenannten Präzession des Frühlingspunktes, wodurch die Tierkreiszeichen nicht mehr mit den Sternbildern zusammenfallen, nach denen sie heißen. Der erste Grad Widder liegt zurzeit im Sternbild der Fische. Man hat diese Bewegung mit dem Wandel der Religionen in Zusammenhang gebracht. Tatsächlich befindet sich der Frühlingspunkt ungefähr seit Beginn der christlichen Ära in den Fischen. Der Fisch ist das Symbol Christi und ihm gegenüber liegt die »Jungfrau«. In den dem Christentum vorausgehenden 2000 Jahren war der Frühlingspunkt im Zeichen des Widders, des alten jüdischen Osterlammes; ihm gegenüber liegt die Waage, das Symbol Jehovas. Vor der jüdischen liegt die ägyptische Zeit. Der Frühlingspunkt war im Stier, dem gegenüber der Skorpion (die Schlange) liegt. Man erkennt die 2 Symbole des Apiskultes. Die Zwillinge sollen der persischen Dualitätslehre, ihnen gegenüber der Zentaur (Schütze) vermutlich dem alten vorderasiatischen Heidentum entsprechen, dessen Götter Tier- und Menschheit in einer Gestalt umfaßten. Das Mondzeichen Krebs – die Fruchtbarkeit der Materie – entspricht den indischen vielgliedrigen, vielköpfigen, stofflichen Göttern, die sich, gleich dem gegenüberliegenden Zeichen Steinbock, mühsam der Materie entringen. Nun aber liegt dem Löwen gegenüber der Wassermann, in den der Frühlingspunkt im nächsten Jahrtausend tritt. Dann wird vielleicht die Religion des Gottmenschen kommen, auf den schon unsere neuesten Ahnungen hindeuten (während die sogenannten Humanitätsideen nur leblose Abfälle des ersterbenden Christentums sind). Mit dem Wassermann aber wäre der Tierkreis durchlaufen. und der Sinn der Schöpfung erfüllt. Gott hat Sein gewonnen und wandelt im Stoff. Saturn ist also im Wassermann und Steinbock erhöht, denselben Zeichen, in denen Sonne und Mond vernichtet sind. Dagegen ist er vernichtet in den gegenüberliegenden Zeichen Löwe und Krebs, wo die beiden Lichter erhöht sind. Löwe ist ein Feuer-, Krebs ein Wasserzeichen. Auch in den anderen Zeichen dieser beiden Elemente entwickelt Saturn seine üblen Seiten, und zwar gefärbt durch Eigenschaften des betreffenden Zeichens, mit denen er eine Mischung eingeht. Das kann große Kräfte, aber auch große Laster ergeben. In den Feuerzeichen, die stets ein großes Machtbewußtsein verleihen, wird durch Saturn die Macht böse, das Herz verhärtet, in den Wasserzeichen, die eine starke Triebhaftigkeit geben, wird Saturn durch Stoffgebundenheit leicht gemein und zügellos. Die Erde ist sein Element, aber nur das bewegliche Erdzeichen Steinbock ist ihm förderlich. Im festen Erdzeichen Stier begünstigt er zu sehr dessen plumpe stoffliche Schwerfälligkeit und Enge, in der Jungfrau (siehe diese), die ohnehin stark zu Egoismus neigt, alle schlechten Seiten dieses Merkurzeichens. Günstig für ihn sind daher nur die stoffentbundenen Luftzeichen. Dem substanzlosesten aller Zeichen, Zwillinge, gibt er Festigkeit und in dem Venuszeichen Waage ist er erhöht. Hier verliert er, wie Wassermann, alle Schwere, gibt vielmehr diesem beweglichen Luftzeichen ein heilsames Gewicht. Der Waage gegenüber, im Widder, ist Saturn in seinem Fall und verbindet seine schlechten Seiten, aber auch seine Kräfte, mit denen des Mars.

Die Beobachtung zwingt dazu, den kurz vor der französischen Revolution entdeckten Planeten Uranus, von dem schon im ersten Kapitel die Rede war, in Beziehung mit dem Wassermann zu bringen. Die neuere Astrologie erblickt in ihm den Mitherrscher dieses Zeichens neben Saturn. Sein Wesen ist noch nicht annähernd so erforscht, wie das der alten Planeten. Manche nennen ihn die höhere Oktave des Merkur auf einer oberen Erkenntnisstufe. Tatsächlich ist er ein Versteher von Zusammenhängen, die dem ganz und gar menschlichen Merkur nicht zugänglich sind, gleichzeitig hat er eigene Substanzfülle, die diesem abgeht. In der Plötzlichkeit seiner Wirkung gleicht er dem Mars, aber diese ist niemals Episode, sondern immer Schicksalswende, und darum ist er Saturn verwandt. Er zerstört schneller als dieser, baut aber oft auch mit zauberhafter Schnelle wieder auf, und zwar ebenso unverhofft und in den Mitteln überraschend, wie er vernichtet hat. Er ist das neue Leben, das Ruinen zur Voraussetzung hat, das unsterbliche »Stirb und Werde« aller geheimnisvollen Wandlung. So ist jeder Tod nur die Kehrseite eines andern Lebens, und damit führt Uranus bereits über die Grenzen des Menschlichen hinaus. Wer dies noch nicht zu begreifen vermag, für den ist Uranus vorliegend Zerstörer, eine Kombination von Mars- und Saturnwirkungen, für den Verstehenden ist er dagegen ein Erlöser, freilich mit unsanfter Hand. Uranus kann plötzliche Verarmung und plötzlichen Reichtum bringen. Am gefährlichsten ist er als Entfremder im Verhältnis der Geschlechter. Im Haus (Ehe) führt er fast zur Scheidung. Für Frauen ist er besonders fatal. Verunglimpft er die Lichter oder die Venus, so führt er zu Ausschweifung, Verführung, Perversität, Notzucht und dergleichen. Der hochentwickelte Uranier gleicht äußerlich und innerlich dem höheren Wassermanntypus. Er ist eher still, bescheiden, wenig enthusiastisch, aber alles dies aus innerer Freiheit, die über jedem Gesetz, jeder Moral, jeder Konvention, Mode und Partei steht. Ehe jedoch dies alles selbstverständlich geworden ist, macht der Uranier Zeiten der schrullenhaften Exzentrizität durch, in der die meisten stecken bleiben. Man erkennt sie an ihrer Pseudogenialität, die sich in Verachtung der Formen der Gesellschaft äußert, was sie immer wieder zu den Verfolgten stempelt. Das aber gerade betrachten sie als Bestätigung ihres Wertes. Seltener als je ist heute der wirkliche unkonventionelle, unabhängige Mensch, der auch nicht negativ, nämlich durch knabenhafte Empörung, an Konvention und Gesetz gebunden ist, sondern aus wahrer Freiheit dies alles als Spielregel hinnehmen kann, eben weil es ihn innerlich nicht bindet. Vielmehr schließen sich alle diese halbentwickelten Uranier in ketzerische Gruppen zusammen, als Reformer der Religion, der Erziehung, der Ehe, ja der Liebe selbst, der Tracht usw. In der Kunst suchen sie durch Futurismus und Kubismus zu verblüffen, in der Literatur durch einen, die Sätze bald zerhackenden, bald in Wortknäuel ballenden, Tiefe vortäuschenden Stil, während die Echteren im Expressionismus teilweise wirklich in die Nähe von Geheimnissen geraten, die vor ihrer vollen Entdeckung immer wieder von der unberufenen Schar ihres alten Pferchs müder, verwilderter Haustiere durch ihren Unrat zugeschüttet werden. Ein Übermaß an Mist und zu wenig Erde läßt auch die lebenstüchtigen Keime gar zu oft verfaulen. Uranus beherrscht die viel versprechende, nichts haltende Bohème. Man wird nun das Widerspruchsvolle folgender Eigenschaften des Uranus zusammenreimen können: intuitiv, explosiv, vulkanisch, energisch, erwachend, eigensinnig, verbohrt, unberechenbar, hochgeistig, bisexuell, asexuell, rätselhaft, heroisch, schöpferisch, überkritisch, sarkastisch, unordentlich verschroben, blitzhaft, paradox, aphoristisch, im selben Augenblick einen Eindruck oder Gedanken auffassend und reflektierend, bald schwindelhaft hohl, bald überraschend tief.

Seine fraglosesten Erfolge hat der Uranus bis jetzt in den neuen Entdeckungen und Erfindungen zu verzeichnen. Elektrizität, Radioaktivität, Luftschiffahrt, Psychoanalyse stehen unter seiner Wirkung. Ferner ist ihm die handvoll verblüffend unabhängiger Denker zu danken. Dagegen wirkt er im praktischen, politischen Leben vorläufig nur zerstörerisch, als Bolschewismus und Revolution. Widerspruchsvoll wie er ist, bedeutet er zugleich unverhoffte Entwicklung und Rückkehr. In der für erledigt gehaltenen Vergangenheit findet er plötzlich das Ungeahnte, und so sehen wir, daß diese so revolutionäre Zeit gleichzeitig in der Vergangenheit der Ur- und Vorgeschichte sucht, vergessene Kulte und Lehren ausgräbt, kurz, überall anknüpft, außer bei dem Jüngstvergangenen. Erst die polare Zusammenfassung des Zukünftigen mit dem Vergangenen in einem Hirn ergibt jenes Neue, das nur darum wahr ist, weil es sich zugleich als Uralt erweist. Das ist hohe uranische Erkenntnis. Weltkrieg und Revolution dagegen ist Schicksal einer gegen uranische Erkenntnis noch tauben Menschheit. Plötzliche Entfremdungen, Attentate, Katastrophen, Verbannung, blinde Impulse, schwankende Verhältnisse, alles dies bewirkt Uranus im öffentlichen wie im Privatleben. Hans Blüher, dessen Horoskop ich nicht kenne, dürfte ein echter Uranier sein, Inzwischen konnte ich feststellen, daß er die Sonne tatsächlich in den letzten Graden des Wassermanns hat. der sich in seinem Buch über Christus aus früherer, zweifellos stets origineller, geisterfüllter Schrullenhaftigkeit zu tiefsten Erkenntnissen durchgerungen hat. In Feuerzeichen macht Uranus hastig, vorwärtsdrängend, besonders kühn, originell und selbstbewußt, in Luftzeichen feinsinnig, künstlerisch und erkennend, in Erdzeichen hartnäckig, boshaft, treulos, roh, in Wasserzeichen schlecht erzogen, hohl, verschlagen. Trotzdem behaupten viele, er befinde sich im Wasser- und Marszeichen Skorpion in seiner Erhöhung. In der Tat vermag er in diesem besonders originellen Zeichen, das den polaren Weltgegensatz von Gut und Böse so scharf zum Ausdruck bringt, seine Eigenart des Erkennens, aber auch alle Laster dieses Zeichens stark zu entfalten. Daß er in dem gegenüberliegenden festen Erdzeichen Stier in seinem Fall ist, wird leicht einleuchten. Vernichtet wäre er in dem seinem Herrschaftszeichen Wassermann gegenüberliegenden Zeichen Löwe. Davon ist aber nichts zu bemerken. Gerade in diesem festen Feuerzeichen vermag er seine ganze Originalität zu entwickeln, ohne zerstörerisch ins Uferlose zu geraten.


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