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Liebes Kind, Du mußt dem Grafen Subotin endlich eine entscheidende Antwort geben,« sagte Herr von Tscherbatkin zu seiner Tochter, »seit dem Balle sind mehrere Tage vergangen, und Nicolaj Petrowitsch will nicht länger warten.«
Nataschas liebliches Gesicht sah gar nicht mehr so frisch aus wie gewöhnlich, dunkele Schatten umgaben ihre Augen, die ernst und trübe blickten, ihr frohes Lachen war verstummt, schwere Seelenkämpfe bewegten das junge Geschöpf, seit Subotin um sie geworben hatte. Ihre Eitelkeit fühlte sich durch seine Liebe geschmeichelt, sie beugte sich der dämonischen Leidenschaft, die er ihr entgegenbrachte, aber eine innere Stimme warnte sie davor, seine Frau zu werden. Das Bild Alexanders, ihres Jugendfreundes, tauchte vor ihr auf, sie dachte an seinen Schmerz, wenn er ihre Verlobung erfahren würde. Beide Eltern standen auf der Seite des reichen Freiers, dessen Hülfe sie nicht entbehren konnten. Der sorgenvolle Ausdruck im Antlitz ihrer Mutter schnitt der Tochter ins Herz, sie wußte, daß von ihrem Ja Glück oder Unglück für ihre Familie abhinge.
»Du bist ein armes Mädchen,« fuhr Herr von Tscherbatkin fort, »niemand wird Dich heiraten. Denke an Deine Zukunft, willst Du Bonne oder Gesellschafterin werden? Willst Du in ein fremdes Haus gehen, wo Du Zurücksetzungen entgegennehmen wirst. Wir sind Dir immer gute Eltern gewesen, und können verlangen, daß Du Dich unseren Wünschen fügst. Als Subotins Frau bist Du reich und angesehen und kannst alle Freuden des Lebens genießen.«
Natalia machte eine abwehrende Bewegung, die sagte:
»Das ist mir sehr gleichgültig.«
»Wenn Du Dich nicht bis morgen entschließt, so mußt Du eine Stelle annehmen, ich weiß, daß die alte, grillige Fürstin Lonskoi eine Gesellschafterin sucht. Ich gratuliere Dir; wenn Du bei der Hexe bist, wirst Du tausendmal bereuen, eigensinnig gewesen zu sein.«
Tscherbatkin entfernte sich und ließ seine Tochter allein.
Sie weinte nicht mehr. Ein Zug schmerzlicher Entsagung machte ihr blasses, schönes Gesicht unendlich rührend. Als Natalia am Abend allein in ihrem trauten Stübchen war, schrieb sie folgenden Brief:
»Lieber Sascha, ich muß mich auf Wunsch meiner Eltern mit Nicolaj Petrowitsch verloben, Mama und Papa verlangen es immer dringender von mir, denn es hängt viel für sie von meiner Zusage ab. Papa droht mir, mich aus dem Hause zu weisen, falls ich nicht seinen Willen tue. Ich soll eine Stelle als Gesellschafterin bei einer alten, grilligen Dame annehmen, wenn ich mich nicht bis morgen dazu entschließe, Subotins Braut zu werden.
Was soll ich tun, ich muß gehorchen.
Bitte verzeihen Sie mir, lieber Sascha. Ich weiß, daß ich Ihnen großen Schmerz bereite, das ist für mich sehr bitter – bitterer noch als das, was ich selbst leide.
Vergessen Sie mich, das wird das beste sein,
Gott schütze Sie auf allen Ihren Wegen.
Kraßlo, 4. Juni 1901.
Ihre verzweifelte
Natalia Tscherbatkin.
Eine große Ruhe kam über das Mädchen, nachdem sie diesen Abschiedsbrief geschrieben hatte.
Lange kniete sie vor dem Heiligenbilde in der Ecke ihres Zimmers und betete heiß und andächtig.
Am andern Morgen sagte sie ihren Eltern, daß sie einwillige, Subotins Frau zu werden. Sowohl der Vater wie die Mutter waren überglücklich. Sie küßten ihr gehorsames Kind und waren ihres Lobes voll. Ein Eilbote wurde sofort nach Antonowka geschickt, um den ungeduldig harrenden Bewerber zu benachrichtigen, daß man ihn in Kraßlo erwarte.
Subotin war voller Jubel. Das schöne Mädchen wurde sein, Natascha Wladimirowna wollte sein Weib werden.
»Michail?« rief der Graf, »laß schnell anspannen, den neuen Landauer mit den vier Orlower Schimmeln. Du und Iwan zieht die Galalivree an. Sage dem Gärtner, er solle die schönsten Blumen zu einem Strauße binden, Rosen, Maiglöckchen, Myrten, schnell, schnell.«
»Der Herr Graf fahren wohl nach Kraßlo?« fragte der Diener mit schlauem Lächeln.
Subotin rügte sonst jede Vertraulichkeit seiner Untergebenen, nur Akulina hatte darin eine Ausnahmestellung, aber heute war Nicolaj Petrowitsch zu glücklich, er ließ es hingehen, ja, er klopfte Michail sogar auf die Schulter und rief:
»Erraten, Freundchen. Nun und was glaubst Du wohl, was ich in Kraßlo tun werde?«
»Eine Braut küssen,« entgegnete Michail frech.
»Ha! Ha! Ha! Bist ein Schlaukopf. Na, da hast Du fünf Rubel.«
»Ich danke, lieber Herr,« sagte der Diener kriechend, »der himmlische Vater segne Sie und unsere junge Gräfin.«
Lautlos rollte der schöne Landauer auf seinen Gummirädern über die Landstraße, die von Antonowka nach Kraßlo führte, das feurige Gespann schoß pfeilgeschwind dahin. In tadelloser dunkelgrün- und goldener Livree saßen Kutscher und Diener auf dem Bock.
Subotin lehnte lächelnd in den blauseidenen Kissen. Er war im Frack, und dieser kleidete ihn vorzüglich. Neben ihm lag, in Seidenpapier gewickelt, der wundervolle Strauß, den er seiner Braut brachte. Glückselig blickte der Graf auf den leeren Platz neben sich. Da würde bald seine junge, schöne Gemahlin sitzen, seine Natalia.
Weshalb verfinsterte sich die Stirn Nicolajs plötzlich? Warum tauchte ein anderes Frauengesicht vor ihm auf mit großen, dunklen Augen, die ihn einst mit grenzenloser Liebe angesehen hatten?
»Torheit,« dachte Subotin ärgerlich, »das ist abgetan, es gehört der Vergangenheit an, mit der ich abgeschlossen habe.«
Er holte ein schweres, silbernes Zigarrenetui hervor, das seine verschlungene Chiffre und die Krone trug, und rauchte, um sich zu beruhigen.
Schon auf der Treppe des Hauses empfing Tscherbatkin den Grafen und umarmte ihn herzlich.
»Willkommen, mein lieber Schwiegersohn,« sagte er, »Natalia erwartet Sie im Salon.«
Mit hochklopfendem Herzen folgte Nicolaj dem Voranschreitenden. Auch Frau von Tscherbatkin stand neben ihrer Tochter, sie schien auf sie einzusprechen, verstummte aber beim Eintritte der Männer.
»Da haben Sie unser Kind,« sagte der Vater, »ich hoffe, sie wird Ihnen eine gute Frau werden.«
Die kalte Hand des jungen Mädchens lag in der des Grafen, er küßte die leise bebenden Finger, und die Eltern segneten das Brautpaar, dann entfernten sie sich.
»Natascha,« sagte Subotin bewegt, »so haben Sie endlich mit mir Mitleid gehabt, Sie wollen versuchen, mich zu lieben?«
»Ich will versuchen, Ihnen eine treue, gute Frau zu werden, Nicolaj,« lispelte das junge Mädchen errötend.
Er wollte sie stürmisch an sich ziehen und sie küssen. Seine Arme sanken schlaff herab. Er dachte an die Ballnacht, er sah wieder die Erscheinung des schwarzen Oberst vor sich. Drohend hob der Unheimliche die Hand im Stulphandschuh, – dreimal.
Verwundert blickte Natalia ihren Verlobten an, sein eigentümliches Wesen fiel ihr auf.
»Was fehlt Ihnen?« fragte sie, »Sie sind blaß, ist Ihnen nicht wohl? Setzen sie sich. So, hier ist Wasser, trinken Sie bitte. Ach, und da ist Mamas Riechsalz, das wird Ihnen gut tun.«
Das echt weibliche Bedürfnis, zu helfen, regte sich in dem weichen Herzen Natalias. Wie sie so um ihn bemüht war, erschien sie Subotin doppelt liebenswert.
»Wie gut Sie sind,« sagte er innig.
»Gut?« wiederholte sie verwundert, »ich möchte jedem beibringen, der meiner bedarf, und Sie – Sie sind doch von heute an mein Verlobter.«
Der Graf bedeckte ihre kleinen Hände mit Küssen.
»Ja,« murmelte er, »ich bedarf Ihrer wie kein anderer Mensch, ich bedarf Ihrer Unschuld und Engelsgüte, Ihres Gebetes und Ihrer Fürsprache bei den Heiligen. Verlassen Sie mich nie, mein frommer Engel, mein Sonnenstrahl.«
Ein so inbrünstiges Flehen lag in diesen Worten, daß Natalia sich unwillkürlich davon ergriffen fühlte, sie neigte sich über Subotin und empfing seinen ersten Kuß.
»Ich habe eine Bitte an Sie, erwähnen Sie gegen Ihre Eltern nichts von meiner Schwäche, es wäre mir peinlich,« sagte Nicolaj.
»Ich werde dieses Geheimnis für mich bewahren, obgleich ich sonst jede Heimlichkeit hasse.«
Sie errötete heftig bei diesen Worten. Mußte sie nicht ihrem Verlobten erzählen, daß sie Alexander Kyrillowitsch liebte?
Sie tat es in schlichter ehrlicher Weise.
»Ich habe es vermutet,« sagte Subotin, »aber ich hoffe, Ihre Zuneigung zu gewinnen, ich hoffe es sehnsüchtig und will alles daran setzen. Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit.«
Gerührt blickte Natalia ihn an, noch nie hatte er ihr so gut gefallen.
»Ich habe einen Strich unter die Vergangenheit getan,« sagte sie mutig, »ich danke Ihnen für das, was Sie für die Meinigen tun wollen. Ich achte Sie, das soll der Grundstein jeder Ehe sein.«
Bei diesen Worten fuhr der Graf zusammen, eine düstere Flamme lohte in seinen Augen auf, und er preßte den blonden Kopf seiner Braut an sich, sie durfte ihn nicht ansehen. – –
Die Verlobungskarten wurden herumgeschickt, das frohe Ereignis erregte die Freude der Nachbarn. Man kam nach Kraßlo und gratulierte, Visiten und Einladungen folgten einander. Nur die Fürstin Xenia Dolgoljubow war zurückhaltend. Als Tante Alexander Subotins war sie in das Vertrauen des Leutnants eingeweiht, und der Schmerz des Neffen ging ihr nahe. Nach den Manövern hatte der junge Dragoneroffizier versprochen, seinen Urlaub in Netowischki zuzubringen.
Eines Abends kehrte Nicolaj Petrowitsch von seinem zweiten Gute Ostrokino heim. Er war mehrere Tage in Geschäften abwesend gewesen und voller Sehnsucht, Natalia wiederzusehen.
»Ich fahre noch heute nach Kraßlo,« dachte er.
Es sollte indessen nicht dazu kommen.
Subotin fand in Antonowka die Post vor, sie war eben angekommen.
Michail hatte bereits vorher den Inhalt der Ledertasche scharf gemustert.
»Lauter Geschäftsbriefe,« sagte er, »Zeitungen hält der Graf nicht mehr seit dem Mai. Ah! Hier ist noch ein Privatschreiben, es kommt aus Petersburg, wie der Poststempel sagt. Hm! Von wem kann wohl dieser Brief sein?«
Er wandte das längliche Kuvert neugierig um, es trug ein schwarzes Monogramm und eine Krone.
»Ich muß wissen, wer dem Herrn schreibt, vielleicht erfahre ich etwas, das mir nützen kann,« fuhr der Diener in seinem Selbstgespräche fort. Er öffnete mit erstaunlicher Geschicklichkeit den Umschlag und las:
»Mein lieber, alter Freund, ich bin von meiner Reise um die Welt zurückgekehrt und seit einigen Wochen in Petersburg. Da ich in Moskau Geschäfte habe, möchte ich Dich gern wiedersehen und Dich in Antonowka besuchen. Bitte schreibe mir, ob ich Dir gelegen komme. Ich würde mich sehr freuen, Dich, den ich seit unserer gemeinsamen Schülerzeit kenne, in Deinem eigenen Hause zu begrüßen. Wir haben ja so viele Erinnerungen, die wir auffrischen wollen.
Deine Antwort erwartend, verbleibe ich Dein
Dir treu ergebener Jugendfreund
Sergei Antonowitsch Blokowin.«
Petersburg Nadeschdinskaja 130.
Michail hatte kaum Zeit gehabt, das Kuvert wieder zu verschließen, als er Subotin durch die Kastanien-Allee, die zum Schlosse führte, kommen sah. Schnell schob der Spion den Brief unter die anderen Postsachen, dann eilte er dem Grafen entgegen.
Als Nicolaj Petrowitsch den Brief sah, verfärbte er sich, was Michail schadenfroh bemerkte, denn er war seinem Herrn unter irgend einem Vorwande in das Schreibzimmer gefolgt. Zum Abendessen genoß Subotin fast nichts, er trank wieder eine Flasche Madeira und ließ sich eine zweite in sein Kabinett bringen. Durch das Schlüsselloch beobachtete der frühere Geheimpolizist ihn. Er sah, wie der Graf das Versteck und den geheimnisvollen Koffer öffnete, wie er ihm einen Brief entnahm und ihn aufmerksam studierte. Dann fing er an zu schreiben. Er zerriß mehrere Bogen, die er verbrannte. Offenbar unzufrieden schüttelte Nicolaj Petrowitsch den Kopf. Zuletzt schloß er ein Blatt in einen Umschlag und adressierte, dann verschloß er den Brief im Schreibtisch.
Leise schlich sich Michail davon.
Nach einiger Zeit klingelte Subotin nach dem Diener. Mit einem schnellen Blick sah Michail, daß die Flasche geleert, und der Graf berauscht war.
»Ich – ich will schlafen,« lallte er, »weiß Gott, ich bin todmüde geworden.«
Er gähnte laut. Seine Augen fielen zu, und er sank schwer auf sein Bett.
»Ziehe mir die Stiefel aus,« herrschte Subotin Michail an, »Iwan – soll morgen – morgen um 11 Uhr vorfahren, ich – ich will zu meiner – meiner Braut nach, nach –« er vollendete nicht und schlief ein.
Mit lauernden Blicken beobachtete Michail seinen Herrn. Auf dem Nachttischchen lagen die Schlüssel zum Koffer, nach denen das glühende Verlangen des Spürhundes seit Wochen ging. Schon zuckte es in den Fingern des Dieners, da schlug Subotin noch einmal die Augen auf, er schien sich auf etwas zu besinnen und tastete mit der Hand auf der Marmorplatte umher. Er nahm die beiden Schlüssel und legte sie unter sein Kopfkissen, dann erst schlief er fest ein. Leise schlich Michail in das Nebenzimmer hinaus. Er war entschlossen, heute das Wagnis zu unternehmen, er mußte sich in den Besitz der Schlüssel bringen, um den Wachsabdruck zu erhalten. Mit gespannter Aufmerksamkeit lauschte der schlaue Fuchs auf die Atemzüge des Grafen. Mit mattem Schimmer brannte das Oellämpchen vor dem Heiligenbilde in der Ecke, dem heiligen Nicolaus, der Subotins Schutzpatron war.
Michail entledigte sich seiner Stiefel. Wie eine Katze schlich er näher und näher. Er kauerte auf dem Boden hinter dem Kopfende des hohen Nußholzbettes und horchte.
»Ja, er schläft fest, ich kann es wagen.«
»Verdammt, er liegt gerade auf der Seite, wo die Schlüssel sind,« fuhr Michail ärgerlich fort, »nun ich werde warten.«
Subotin schien böse Träume zu haben, er stöhnte im Schlaf, und einmal schrie er laut auf:
»Die Brücke, – die Brücke!«
Dann ward es still, die Geister des Weines umkreisten den Trunkenen, die Atemzüge wurden regelmäßiger, er schlief fest. Mit weit vorgestrecktem Halse lugte Michail hervor. »Jetzt, er hat seine Lage gewechselt,« sagte sich der Spion. Er kroch dicht an das Bett heran, behutsam streckte er die Hand aus und schob sie unter die Kissen.
Subotin machte eine Bewegung.
»Ich bin verloren, wenn er erwacht,« dachte Michail.
Er fühlte, wie eine Gänsehaut über seinen Körper lief. Regungslos verharrte er in der unbequemen Stellung, der Arm starb ihm ab, in den Fingerspitzen prickelte es wie von hundert Ameisen. Nach etwa einer halben Stunde kehrte sich der Schlafende zur Wand. Die Hand Michails suchte nach den Schlüsseln.
Sie waren nicht unter dem Kopfkissen.
Auf der seidenen Decke lag die Linke des Grafen.
Fast hätte der Diener laut aufgejubelt. In den festgeschlossenen Fingern war das, was er suchte, waren die Kofferschlüssel. Mit unendlicher Geduld, unter lautem Herzklopfen begann Michail die Finger seines Gebieters zu lösen. Sobald Subotin sich bewegte, hielt der Diener inne, um nach einiger Zeit wieder an sein Werk zu gehen. Endlich hatte er erreicht, was er wollte, was ihm noch zu tun übrig blieb, war leicht. Wieder kauerte Michail am Kopfende des Bettes, er zog Wachs aus der Tasche und machte einen genauen Abdruck der Schlüssel, den er sorglich in einem Kästchen verwahrte. Nun legte er die Schlüssel auf die Bettdecke.
»Er wird morgen denken, daß sie seiner Hand entglitten sind,« dachte der Diener.
Im Begriffe das Zimmer zu verlassen, stieß er unvorsichtiger Weise an einen Stuhl. Sofort erwachte Subotin, hob den Kopf und rief:
»Wer ist da?«
Unbeweglich stand Michail im Schatten der offenen Tür, die in das Schreibzimmer führte. Aber der Wein war doch zu stark gewesen, er übermannte den Grafen, schwer sank sein Haupt in die Kissen, und er schlief weiter. Nun schlich sich der Spion hinaus, nun schloß er sachte, sachte die Tür und eilte davon.
Am anderen Tage fuhr Nicolaj Petrowitsch zu seiner Braut, er selbst besorgte den Brief an Blokowin auf der Post.
Als Michail seines Herrn Zimmer aufräumte, schnüffelte er vergeblich in dem Papierkorbe umher, er fand nichts. »Ich Dummkopf,« schalt er sich, »ich hätte doch gestern den Schreibtisch öffnen und die Antwort lesen sollen, er schlief so fest.«
Aus Versehen fiel die Schreibmappe zu Boden. Sie fiel so, daß sie aufgeschlagen dalag. Des Dieners Augen funkelten vor Freude. Auf dem ganz frischen Löschblatt war der ganze Brief abgedrückt. Er trat vor den Spiegel und hielt die Mappe davor. Ziemlich deutlich las er, was Subotin geschrieben hatte:
»Lieber Freund, ich bedauere sehr, Dich nicht in Antonowka empfangen zu können, leider muß ich morgen in Geschäften verreisen. Ich hätte mich aufrichtig gefreut, Dich wiederzusehen, um alte liebe Erinnerungen zu feiern.
Antonowka Juni 1901.
Ganz der Deine
Nicolas Petrowitsch Subotin.«
Michail löste vorsichtig das Löschblatt und steckte es zu sich. Dann räumte er das Zimmer auf.
Er begab sich zu Iwan in den Stall, um mit ihm in die Dorfschenke zu gehen.
Er war mit sich sehr zufrieden und wollte sich einen frohen Tag machen.