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Das Wunder der Wundheilung

Eine der gewandtesten, nur selten entlarvten Gauklerinnen ist die Gewohnheit. Sie versteht es, Rätsel, Merkwürdigkeiten und Probleme des Lebens langsam und ganz unkontrollierbar hinwegzueskamotieren, so daß nur wenige von uns hinter ihren Kunststückchen die Möglichkeit eines noch anderen Sachverhalts wittern. Dem Realisten ersetzt die Erfahrung vollkommen die Erklärung. Was man recht oft erlebt, das glaubt man zu begreifen, und Phänomene, die wir angestaunt haben, werden, wie Telephon und Biograph, den Enkeln als die selbstverständlichsten Dinge von der Welt erscheinen. Dem großen Kind, dem Erwachsenen, ergeht es nicht anders: Gewohnheit und Routine nötigen uns eine Brille auf, die in dem Walten der Natur an allen Fragezeichen, an allen noch unbekannten Mächten, allen Märchengestalten, Symbolen und Mystizismen uns vorbeisehen läßt. Es war immer so, ist nun einmal so und wird gewiß so sein: das ist die Suggestionsformel der Erfahrungsweisheit, mit der das träumerisch betrachtende, nachdenkliche, nach Ergründung sehnsüchtige Gemüt in den Bann der »Bedürfnisse des praktischen Lebens« zurückbeschworen wird. Und doch hat jeder in seinem Beruf Kenntnisse von merkwürdigen Dingen, über die er anders zu denken, als es die Tyrannei »allgemeine Ansicht« mit den Fesseln der Gewohnheit erheischt, wohl einen tief verborgenen Trieb verspürt.

So ist für die meisten die Tatsache, daß Wunden heilen, eine naturgegebene und selbstverständliche Eigenschaft des Lebendigen, über die es für die Praxis nur so weit Betrachtungen anzustellen lohnt, als die Forschung Mittel und Wege verheißt, den Ausgleich einer Gewebsdurchtrennung sich möglichst schnell und gründlich vollziehen zu lassen. Die Wundbehandlung interessiert naturgemäß viel mehr, als das Problem der dabei ausgelösten Kräfte: die geheime Spinnstube des Zellstaates. Und doch: jeder, der eine Wunde behandelt, der ihren Zustand prüfend abwägt, sieht unmittelbar dem Wunder aller Wunder ins Auge: dem Entstehen und Vergehen des Lebendigen, der Neugeburt, dem Ersatz des Verlorenen, einem Versuch zur Unsterblichkeit. Wenn er ein bißchen Künstler ist in seinem Anschaun der Natur, wird ihn etwas von der Ehrfurcht berühren, die jeden umweht, der sich den verschlossenen Türen naht, hinter denen ein Geheimnis schlummert. Die Wundheilung ist doch der Vorgang einer ausgleichenden Neugeburt an der Stelle vernichteten Zellebens. Regeneration, Wiedererzeugung lautet das allgemeine Gesetz, von dem die Wundheilung nur eine Teilerscheinung, einen Spezialfall darstellt. Vieles ersetzt sich an unserm Leib immer aufs neue, auch ohne daß es äußerer Gewalt zum Opfer fällt: unsere Fingernägel sind in 4-5, jene der Zehen in 12 Monaten vollständig neu erzeugt, unsere Augenwimpern wechseln in 100-150 Tagen, und nach 4 Wochen wird keine Hautschuppe mehr an meiner Körperoberfläche sein, die heute hier geboren und ans Licht gehoben wurde. Unsere Hornhaut, dieses klare Fensterchen, durch das alles Licht und jeder Schatten in unsere Seele fällt, wird immer neu gefügt vom Rand her und immer neu geputzt vom sanften Schlag der Lider. Den ganzen Körper durchstreifen Millionen wandernder Säemänner, die die weiten Felder und die tiefen Schachte aller organischen Gebilde mit neuen Keimen überschütten. So ist das Wunder des Säens und des Erntens, der Akt des Fruchtens und des Neubildens, des Sterbens und der Wiedergeburt in uns allen immer am Werk. Die winzigen Handlanger dieser ständigen Arbeit bei Tag und bei Nacht am Webstuhl des Organischen sind direkte Abkömmlinge jener Wunderzellen, die eine rätselhafte Kugel formten, aus deren Kapsel das Dasein eines jeden von uns sprang: die Träger der erhabenen Idee der Menschheit. Denn was ist ein befruchteter Keim anders, als die sichtbare Form der Unsterblichkeit, eine Hoffnung, ein Beweis für die Unvernichtbarkeit des Lebendigen, für die kontinuierliche Erhaltung auch der kompliziertesten Kräfte! Diese Keimlinge, die kein Geringerer als der Nestor der Anatomen, der greise Kölliker in Würzburg, als direkte Überbleibsel des befruchteten Eies auffaßte, die sich zu Millionen Individuen, zu weißen Urtierchen, Leukozyten genannt, in unserm Körper vermehrt haben, springen nun überall ein, wo es eine Neuarbeit, eine Reparatur, ja auch nur einen Widerstand, eine Gefahr gibt. Sie kämpfen mit Bakterien, produzieren Heilkörper, sie stillen die Blutungen durch Abscheidung von Gerinnungssaft, sie tragen die Nahrung den fernsten Geweben aus den großen Drüsenarsenalen der Verdauungshäfen zu, sie sind die Lastträger und Transporteure abgeschiedener, unbrauchbarer und fremdartiger Gewebsbestandteile, Arbeiter, die Gerüste aufbauen und Ruinen abtragen, überall gegenwärtig und immer bereit, aus den tausend Millionen Spalten, die das Blutadersystem ihnen offen läßt, hinauszuschlüpfen und nach dem Rechten zu sehen: eine Armee kleiner Hygieniker, Krieger und Friedensförderer zugleich. Wo organisches Leben sich erhält und ersetzt, besteht es und formt es sich neu durch diese direkt von der Zeugung dem neuen Individuum erhaltenen Kraft der Ergänzung des Verbrauchten. Diese Fähigkeit ist merkwürdigerweise für die verschiedenen Pflanzen- und Tierarten eine höchst wechselnde, d.h. der Grad, bis zu dem ein verlorener Teil wieder ersetzt werden kann, scheint in umgekehrtem Verhältnis zur Ausprägung eines erhöhten, individuellen Lebens zu stehen, und je weniger ein Tier- oder Pflanzenexemplar in jedem einzelnen seiner Teile individuelle Variationen und Differenzierungen aufweist, je mehr es nur Artrepräsentant ist, desto weiter geht die Ersatzfähigkeit des Verlorengegangenen. Spinnen und Krebse ersetzen sich mit allen zugehörigen Teilen abgeschnittene Fühler, Beine und Scheren; Schnecken erhalten ganze Teile des Kopfes mit Fühlern und Augen wieder; Fische vermögen die verlorene Schwanzflosse völlig wieder auszubilden. Bei Salamandern und Eidechsen zeigt sich ein Wiederwachsen des ganzen verlorenen Endleibes mit Knochen, Muskeln und selbst einem Teil des Rückenmarks, ja bei jungen Eidechsen führt seitliches Einkerben des Schwanzes zum Hervorwachsen eines zweiten aus der Wunde. Von solchen Vollkommenheiten des Wiederersatzes und einer luxuriierenden Wundheilung über den Bedarf hinaus ist freilich der Mensch leider weit entfernt.

Es ist beinahe, als hätte die Natur es seiner Launenhaftigkeit und Eitelkeit, niemals sich mit dem Gegebenen zu bescheiden, versagt, mehr als einmal die Nase zu wechseln und sich mehrfach schönere Augen einsetzen zu lassen.

Das Tier freilich, frei von Eitelkeit und selbstquälerischem Grübeln über die eigene unzulängliche Schönheit, kann mit diesen hohen Gaben der Wiederbildung abgeschnittener Glieder keinen Mißbrauch treiben.

Ist es aber nicht geradezu das Ideal einer Regenerationskraft, wenn wir erfahren, daß man den Schirm der gelatinösen Meerqualle (Meduse) in beliebig viele Stückchen zerschneiden kann und aus jedem ein ganzes, neues Quallenindividuum hervorwächst, sofern nur an dem Torso ein Stück des Randes erhalten blieb; wenn Plenarien, Infusorien, Süßwasserpolypen, Ringelwürmer die Fähigkeit zeigen, aus zerstückelten Trümmern eines Individuums ebenso viele Söhne und Töchter zu bilden? Man denke an das in diesem Fall glückliche Opfer des berühmten Schwert- und Schwabenstreichs – die zur rechten und zur linken herabgesunkene Türkenhälfte hätte sich nach einiger Zeit als ein Bruderpaar erhoben – wenn auch der menschlichen Neuerzeugung ohne das Zwischenglied einer neuen Mutter so weite Grenzen gesteckt wären! Für uns Warmblüter ist es nun einmal anders angeordnet, jene Kaltblüter können sich also im Notfall auch ohne Liebe fortpflanzen, jeder ihrer Teile enthält in sich alle Keime zum Neuersatz des Ganzen. Da ist der hochorganisierte Mensch so arm: die Narbe, diese rötliche, später grauweiße Marke, dieses Kainszeichen eines Unglücks, einer von außen wirkenden Gewalt, bei Studenten das stolz getragene Merkmal besonderer Heldenhaftigkeit – dieses indifferente Gewebsmaterial ist das einzige, womit im günstigsten Falle die Krone der Schöpfung zum Ausgleich beschädigter oder entfernter Teile dienen kann. Und doch: in dieser Narbe, dieser bindegewebigen Substitution des Zerstörten, in diesem scheinbar so unvollkommenen Surrogat höher organisierten Gewebes stecken so viele merkwürdige, abgelaufene Prozesse, eine solche Fülle bildnerischer und zum Teil problematischer Vorgänge, daß es sich wohl auch für den Nichtfachmann lohnt, einmal einige Blicke auf ihre Entstehung zu werfen. Wohl jeder trägt irgendeine Narbe an sich, deren Geschichte auf einiges Interesse rechnen darf.

Was geschieht, wenn ein scharfer, spitzer, schneidender oder reißender Gegenstand in unsere Körpergewebe dringt? Ob die Stelle der Verletzung oder Durchtrennung die Oberfläche oder die Tiefe betrifft, ob sogenannte edle oder unedle Teile getroffen werden, sofern das Organ kein direkt lebenbeherrschendes ist, wie z.B. einige Teile des oberen Rückenmarks, durch deren Läsion das Leben wie an einem geöffneten Ventil ausströmt, stets werden dabei neben den spezifischen Gebilden des betreffenden Organs diejenigen Netze mitzerrissen, die überall sind: Lymph-, Blutgefäße und das stützende Gerüst, die Bindesubstanz, in die sämtliche höheren Organe, Drüsen, Muskeln, Nerven, Knochen, eingelassen sind. Denn neben dem knöchernen Skelett durchsetzt, hält und stützt unsern Körper ein bindegewebiges Gespinst, in dessen Maschen die eigentlich funktionierenden Substanzen aufgehängt sind. Dieses Maschennetz stellt zugleich die Bahnen dar, auf denen Blutgefäße und Nerven ihre Ströme zu den Zentralorganen hin- und zurückleiten. Diese drei Faktoren werden also überall getroffen, wo die Kontinuität des Gewebes gewaltsam durchbrochen wird, d.h. wo eine Wunde entsteht. Daher blutet sie, daher schmerzt sie, daher klafft sie. Meldet der Schmerz, dieser bissige und sprungbereite Wächter der Gefahr, den Vorgang zum Gehirn, so sucht seinerseits das herausströmende Blut die eingedrungenen Schädlichkeiten abzuschwemmen: Staub, Bakterien, Gifte, zerrissene und gelöste Gewebsfetzen, die der Zersetzung anheimfallen und Kadavergifte produzieren würden, werden so fortgerieselt, und beim Kontakt des Blutes mit der Luft, beim Aufhören der gewohnten Berührung mit der inneren Glasur der Gefäßröhren (dem Endothelium), gerinnt ein Teil und liefert den organischen Kittleim, dessen weiche Masse die Grundlage für die Organisation der späteren Narbe abgibt. Zugleich wandern aus den vielfachen Spalten des Bindegewebes, durch dessen Entspannung die Wunde klafft, jene Keimlinge der Regeneration, die weißen Blutkörperchen aus, die dem zerrissenen und aufgewühlten Mutterboden die neuen Saatkörnchen zutragen. Nun zeugt und keimt es unaufhörlich, Zelle um Zelle des Mutterbodens, die Gefäßhäutchen, die Saftlückenauskleidungen, die Nerven, die Bindegewebszellen, sie produzieren von beiden Seiten des Wundspaltes her ein Chaos sich umschlingender, durchwachsender, mit den Fühlern verschmelzender, junger Brut, die scheinbar regel- und ziellos vorwärtsstrebt gegen das jenseitige Ufer. Die Vorposten beider Seiten berühren sich im Innern des trennenden Gerinnsels. Nirgendwo aber gilt trotz des Durcheinanders aller dieser Zellarten so sehr der Satz omnis cellula e cellula, auf deutsch: Art schlägt sich zu Art, wie hier bei der Wundheilung. Allmählich entwirrt sich das Chaos; was zu Gefäßen gehört, bildet mit Geschwisterzellen einen Hohlraum, der schon angeschlossen an das alte Kanalsystem und schon gefüllt ist mit den roten und weißen Ernährungszwischenhändlern, den Blutkörperchen; das Bindegewebsnetz beider Seiten findet sich zu einem spannkräftigen Spinngewebe zusammen, dessen Elastizität gleichsam wie mit eingelassenen Stricken die Wundränder ständig zur Mitte zusammenzieht, d.h. sie einander nähert; die Nerven senden ihre Fühler kontinuierlich aus und finden sich sicher in dem Wirrwarr übereinandergehäufter Mauersteine zurecht.

Dann reichen sich die Werkmeister beider Seiten endlich die Hände und bilden die Strebepfeiler des neugefügten Lebens. Es legt sich Gefäßkolben an Gefäßkolben, Nervenbündel gegen Nervenbündel, und das immer enger sich maschende Bindegewebsnetz bildet offene Lücken und Kanäle, so daß schon in weniger als zehn Tagen, bei ungestörter Heilung, Blut-, Saftstrom und Nervenleitung und mit ihm Leben und Nahrung ungehindert von einer Seite zur andern durch die Mauerwand des provisorischen Gerinnsels herüber und hinüber rollen. Darüber deckt sich schließlich der Teppich der Hautschuppen, der von seinem Muttergewebe aus im Moment der Vollendung dieses Kabel- und Kanalisierungssystems – wunderbar genug – nicht früher und nicht später, wie auf ein bewußtes Kommando, neugeborene Deckzellen abschiebt und über die noch etwas erhaben rötliche Narbe ausbreitet. Was gibt den Anstoß zu all diesen mit dem Mikroskop mühsam durch die Arbeiten eines Virchow, eines Thiersch, eines Billroth erforschten Keimungs-, Sprossungs- und Reparaturvorgängen? Ist es nicht merkwürdig, zu denken, daß der plötzliche seitliche Hemmungsfortfall, den der Schnitt oder der Riß bedingt, gleichsam ungezählte Spaltlücken hervorquellenden Lebens öffnet und daß von den reich ausströmenden Saatkörnern auch dem winzigsten etwas anhaftet, das wie ein Bewußtsein einer Pflicht, einer Berufstreue, einer bestimmten Rolle im ganzen Staat anmutet? Woher kommt dieser unmittelbar sich äußernde, regulierende, maßhaltende, sich in Reih und Glied stellende, einem idealen Typus, einem vorangegangenen Plan nachbildende Gesamtwille, der aus dem Chaos des Formlosen, aus dem Nebel des scheinbar Wahllosen und Zufälligen höchste Organisationen, wundersamste Funktionen herausbildet? Da drängt sich dem dazu disponierten, sinnenden Betrachter jene Ehrfurcht auf, die im Kleinen wie im Großen Unbegreifbares als einen Teil des Erhabenen nie ohne innere Bewegung anschaut und die dem Naturforscher so leicht verloren geht, obwohl gerade er so vielen Anlässen zu ihr begegnet. So ist auch dem Praktiker der Wundpflege ein immer reges, naives Sichwundern dienlicher, als ein gleichgültiges »Das muß so sein!« Beim allzu kühnen Eindringen in das Allerheiligste menschlicher Gewebe und bei den gewohnten Erfolgen der Chirurgie erstirbt zu leicht das so natürliche Dankgefühl gegen die wunderbaren Hilfsmittel, die uns das ewig um Erhaltung ringende Leben in die Hand gibt; nicht wir sind die Meister, es sind alles Seine hohen Werke!

Daß unsere Kunst es verstanden hat, gerade gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts sich zum Diener dieser Naturkräfte zu machen, ist der Schlüssel zum Verständnis ihrer staunenswerten Erfolge; nicht allein hat sie es gelernt, die Hemmungen eines ungestörten, natürlichen Wundverlaufs (prima intentio naturae) auszuschalten (Antisepsis, Asepsis), indem sie die überall drohende Wundsaftzersetzung verhüten lehrte, die Gesamtheit namentlich der deutschen Chirurgen, allen voran ein v. Langenbeck, Billroth, Thiersch, Mikulicz, Czerny, v. Bergmann, haben die Technik der Benutzung der natürlichen Hilfsquellen wahrhaft erstaunlich gefördert. Hier hat sich der Fleiß und das Genie des Menschen wetteifernd den Wundern der Natur an die Seite gestellt. Gleichsam als hätte eine bewußte Arbeitsteilung Talent und Energie je nach der Individualität vor eine besondere Aufgabe gestellt, so hat jeder der Genannten und viele neben ihnen bestimmte Gebiete der Kunst mit besonderem Glück auszubauen verstanden, v. Bergmann lehrte zahlreiche Vorbedingungen zu erfolgreichen Eingriffen am edelsten Organ, am Gehirn, v. Langenbeck war ein Reformator der plastischen Chirurgie, Mikulicz und Czerny haben mit Billroth gewetteifert, die Chirurgie des Unterleibs technisch zu erschließen, Thiersch, Reverdin und Gluck waren Begründer der künstlichen Gewebsüberpflanzung, und noch neuerdings haben Rehn in Frankfurt und Kümmel in Hamburg gelehrt, daß man selbst Wunden des Herzens und der größten Gefäße zur Heilung zu bringen vermag. So ist denn der plastische Ersatz und die Vereinigung getrennter Gebiete durch die Naht und durch die verklebende und substituierende Narbe fast für jedes Organsystem fruchtbar gewesen, und die glückliche operative Entfernung verlorengegangener Gehirnteile, die Ausschneidung auch größerer Teile von Darm- und Magenstücken, die zweckmäßige Wiedervereinigung und Umschaltung der röhren- und sackförmigen Gebilde des Verdauungskanals sind dem oft rettenden Walten geschulter Chirurgen ebenso zugänglich, wie das Herz, die Lunge, die größten Gefäße, in denen das Leben an seiner Wurzel strömt und atmet. Das alles wäre nicht möglich gewesen ohne ein immer eingehenderes Betrachten der Wunder der Wundheilung, zu denen das bloße Auge nicht ausreichte, sondern sich mit den schärferen Linsen des Mikroskops bewaffnen mußte. So wurden denn von den Meistern der reinen Naturbetrachtung in stillen Werkstätten die Geheimnisse enthüllt, die der Chirurgie in ihrer praktischen Anwendung so ungeheure Erfolge brachten.


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