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Aus dem Geiste des achtzehnten Jahrhunderts, von wesentlich lyrischen Elementen durchdrungen, entsprangen die staunenswerthesten Erscheinungen des Friedens und des Kriegs, Heroen und Gesetzgeber, Weise und Poeten, Musiker und Bildhauer, hohe und herrliche Menschen. Diese Zeit war ein schöner Dithyrambus auf die Menschheit.
Einem großen und guten Manne, dem geliebtesten der vaterländischen Heroen versuche ich ein Denkmal aufzurichten, – ein Denkmal dankbarer Ehrfurcht, aber auch geschichtlicher Treue und Wahrhaftigkeit. Blinde Bewunderung, sklavische Vergötterung liegen mir ferne; denn ich fühle, daß Wahrheit der einzige Maßstab ist, welcher an wirkliche Größe gelegt werden darf. Der gemachten mag Wohldienerei frommen, die echte wird dadurch erniedrigt. Wo eitle Ansprüche die Untersuchung scheuen und um Schonung bitten, verlangt das Verdienst nur Gerechtigkeit. Wenige, sehr wenige Gestalten der Geschichte haben so geringe Ursache, wie Friedrich Schiller, die tageshelle Beleuchtung zu fürchten. An dieser erlauchten Erscheinung treten die Schatten nur hervor, um deutlicher zu zeigen, wie lauter und mächtig das von ihr ausgehende Licht sei, und auch der strengste Richter wird zuletzt voll Pietät und Rührung diese von Leiden niedergebeugte und dennoch bis ans Ende von himmlischer Begeisterung stralende Stirne bekränzen.
So werde ich, gestützt auf vieljährige, liebevolle Prüfung der Acten, erzählen, wie Schiller gelebt und gestrebt, gelitten und gestritten, was er gewollt und vollbracht hat, wie seine Zeit ihn und wie er seine Zeit bewegte, wie er aus den chaotischen Regionen titanischer Empörung zu den Aetherhöhen reiner und maßvoller Schönheit sich hinaufkämpfte, um dem Genius des Dichters die Würde des Völkerlehrers und Propheten zu vermählen, seine Sendung, die Herzen zu trösten, die Geister zu adeln, die Seelen zu lösen von der »Angst des Irdischen« und vermittelst der Kunst die Menschen zu sittlich-freier Würde zu erziehen, bis zum letzten Hauch erfüllend, – und wie er endlich – ein schönes Wort Göthe's über den großen Freund zu wiederholen – vom Gipfel seines Daseins zu den Seligen emporgestiegen.
Der Künstler, welcher ein historisches Bild malt, hat Sorge zu tragen, daß die Hauptfigur seines Gemäldes klar und bestimmt vom Hintergrunde sich abhebe. Aber des letzteren kann er zur Gesammtwirkung nicht entbehren, und wenn es ihm erlaubt, ja geboten ist, denselben mehr nur skizzenhaft zu halten, so muß er doch darauf achten, keinen wesentlichen Zug zu vernachlässigen, welcher den Zusammenhang des Helden mit seiner Zeit veranschaulichen mag. Ebenso wird der Bildhauer bei Aufrichtung einer geschichtlichen Statue darauf bedacht sein, diese, wo immer möglich, so zu stellen, daß die architektonische Umgebung gleichsam eine historische Folie des Standbildes abgibt.
In Anwendung von diesem auf die Pflicht des Biographen liegt mir zuvörderst ob, die Umrisse des Bildes zu entwerfen, dessen Mittelpunkt Schiller sein wird, oder, mit andern Worten, den Hintergrund zu zeichnen, aus welchem die theure Gestalt plastisch vortreten soll. Große Geister sind freilich die »Zeitgenossen aller Zeiten«, allein ihr Werden und Wirken, ihr Thun und Lassen, ihre Tugenden und Schwächen, ihre Arbeiten und Triumphe, ihr Leid und ihre Lust, ihr ganzes Sein und Gehaben – das Alles kann nur volles Verständniß und volle Würdigung finden, wenn stets im Auge behalten wird, welche Förderung das eigene Zeitalter ihnen angedeihen ließ und welche Hindernisse ihnen dasselbe entgegengestellt hat. Ich werde demnach auf den nächstfolgenden Seiten den kultur- und sittengeschichtlichen Charakter des 18. Jahrhunderts skizziren. Mit diesem Wort ist gesagt, daß es dabei nicht auf Detailschilderung abgesehen sei. Wo aber solche der Leser in dieser Skizze vermissen sollte, darf er sicher sein, daß der hier bloß berührte Gegenstand in den folgenden Abschnitten an passender Stelle seine weitere Ausführung finden werde. Zunächst handelt es sich nur darum, den Hintergrund des Bildes mit flüchtigen Linien zu umschreiben und mit gedämpften Farben zu untermalen.