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Der Sohn rächt die Mutter.


Ulfelds jetzige Unternehmung, Dänemark in Brandenburg's Hände zu spielen, oder durch Ermüdung des schon so schrecklich durch ihn verfolgten Königs, der Königin und des Volkes in einer letzten Verwirrung noch selbst den Thron zu besteigen, und halsstarrig seiner Eleonore ihren Titel und ihr Wappen wieder zu schaffen, die ihr mit wenigem Recht und noch weniger Klugheit abgenommen worden, hatte den Hof in die äußerste Furcht versetzt. Die Königin glaubte an die Möglichkeit der Ausführung, aus bösem Gewissen; weil sie ja selbst das äußerste Elend des Volkes zu ihrer eignen, äußersten Erhöhung benutzt, und ihr Bau noch ganz neu und der Mörtel ganz naß war. So setzte sie denn alle Mittel des Reichs in Bewegung, das unversöhnliche Haupt und Herz ihrer Feinde zu fangen, als der Wolf Ulfeld wissend oder unwissend schon umstellt, nun durch Span sich verrieth, von wo aus er durchbrechen wollte, und mit den Netzen sie selber fangen und erwürgen. Denn nachdem er seines Sohnes nicht geschont, seines Weibes Muttergefühl nicht geachtet, war schonungslose Verachtung fremden Blutes von ihm gewiß. Aber als Ulfeld selber durch Sehested als äußerste Rache desselben erfuhr, daß er verrathen sei, schrieb er ihm bloß zurück: warum man nicht dazu verrathen habe, daß er ruhig sein wollen, wenn man – gegen alle frühere und spätere Usanz – einen Fang, ein Land einmal nicht möge. Sein Brief war voller Hohn, und mußte die Königin bei gewiß geforderter Vorlegung auf's Aeußerste beleidigen, denn er schloß mit der Bitte um Antwort darauf: Ob es denn wahr sei, daß eine Aeffin im Schlosse den König – Christian II. – als Kind auf das Dach getragen? und wie man Aeffin und Kind wieder glücklich herunter gebracht?

Ulfeld, der sehr aufrichtig war, hatte aber auch gesagt, daß bloß seine Zurückweisung aller Mißvergnügten bis jetzt den Ausbruch einer Empörung verhindert habe, und daß die aufgebrachte Nation sich unter ein fremdes Reich begeben werde – ohne mit wenig Blutvergießen – und man glaubte ihm. Selbst seine Neider und Feinde zweifelten nicht, daß er nicht Alles, wie schon ein Mal, und dieß Mal noch ernster und schrecklicher in's Werk setzen werde. Die Bestürzung war mit Recht allgemein. Denn auch Schweden rüstete sich, und Ulfeld's Briefwechsel mit dem General Linden war drohend, deßwegen wollte man nicht lange auf Ulfeld's Annäherung oder Nachhausekunft warten, sondern die Leibwache ward aus den treusten Dienern besetzt, man versicherte sich der Festungscommandanten und Festungen und rüstete sich wie zu einem Kriege. Der König schrieb an alle Potentaten, ihm den Landesverräther auszuliefern, und sandte ein Schiff nach den Niederlanden, und das Schiff ließ wieder verkappte Häscher aus, um sich Ulfeld's zu bemächtigen.

Ulfeld aber saß ruhig und sicher in Brügge fort. Selbst als ihm Sperling schrieb, daß er in Copenhagen mit Augen gesehn: wie seine Puppe sei auf den Schloß- und Richtplatz geschleift und enthauptet worden, seinen Leib geviertheilt, seine Gliedmaßen angenagelt, sein Wappen vom Scharfrichter zerbrochen, seine Güter eingezogen, sein Hof eingerissen, eine Schandsäule ihm zu Ehren gesetzt, sein Weib und seine Kinder auf immer verbannt, und auf seinen wahren Kopf eine große Summe gesetzt – selbst dann blieb er noch ruhig in Brügge, und sonderbar, jetzt ohne Haß, ohne Rache dafür, denn als Staatsmann fand er das Alles klug, recht und natürlich und wußte in Gedanken ihnen noch bessern Rath zu geben und lachte sie oft laut aus. Er las mit Lachen die Namen Bielke, Trolle, Rosenkranz und Krag unter seinem Todesurtheil, denn er wußte, daß Unterschreiben die Urkunde des Menschen nicht ändert, wie er überhaupt alles Schriftliche verachtete, als die gefangene Wahrheit, das in Ketten gelegte Leben der Welt. Und mit Lachen las er öffentlicher die Treuversicherungen und Deprecationen des Adels und selber der Geistlichkeit, und hielt sie dadurch für verdammt genug, immer besser zu wissen als zu lehren und immer noch besser zu lehren als zu leben.

Als er aber Gesichter seiner persönlichen Feinde, George Walter's Gesicht vor allen, in der Dämmerung gesehen oder gesehen zu haben aus eigener Rachsucht glaubte, da hielt er sich nicht mehr sicher, ja nirgends sicher, als da, wo er gänzlich verborgen und unbekannt sei – und meinte das Grab nicht damit, weder Himmel noch Hölle, weil er glaubte, in beiden gar sehr bekannt zu sein und in keinem recht wohl empfangen zu werden, der völligen Bekanntschaft wegen. Er dachte deßwegen an Grab und Hölle nicht, aber oft an den Himmel, weil er die tiefsten Seufzer nach seinem Sohne Christian nicht hemmen, nicht unterdrücken konnte und dazu meinte: Ein Vater ist doch auch ein sogenanntes gutes Thier. Wer hätte das von mir gedacht – wie ich nicht an Kinder! Er glaubte den Briefen seiner zwei Söhne in Amsterdam nicht, die sich nicht getrauten, zu ihm zu gehen, so wenig wie er den Töchtern geglaubt, daß die Mutter entflohen wäre, reisete selbst nach Amsterdam, überzeugte sich endlich, und stand eine ganze Stunde am Meerstrande, starrte unverwandt auf die Wellen, ihr nach, und verging und schwand innerlich so klein und so jammervoll zusammen, so daß, wenn der Leib immer die Gestalt annehmen könnte, wie die Seele sich fühlt, er als ein häßlicher Zwerg oder als eine, noch dazu zertretene, Schlange vom Strande sich heim geschleppt hätte. Sein edles, liebendes Weib hatte ihm zeitlebens immer schöne, sanfte Schleier vor die Welt gehangen, ihn immer gemildert, gebändigt, ja fast gezähmt und zum Menschen gemacht, sie selbst hatte sich freundlich, ja rettend ihm treu vor alle Lücken der Hölle gestellt – jetzt war sie selbst wie ein Meerweib dort fern, dort auf ewig hin, von ihm, über die See gewandelt, hatte alle schönen Schleier mitgenommen, sich selbst dicht darein gewickelt, der offene Himmel erschien ihm die offene Hölle, und dennoch so leicht versöhnlich wie er im Grunde des Herzens war, ja ohne Bitte und Wort auch das Aeußerste denen verzieh, die Ihn liebten und Ihm wohlwollten, verzieh er auch Ihr, wollte weinen, schlug sich aber nur vor die Stirn, und schlug, wie über Jolessa's Grab, drei große Kreuze über die murmelnde See und sein Weib. Darauf floh er mit seinen zwei Söhnen und zwei Töchtern, die ihm nachkommen sollten, auf täuschenden Wegen, und mit Verlassung vieler falschen Spuren und falscher Wegweiser für seine Verfolger, geheim in die Schweiz. Seine jüngere Tochter entfloh unterweges, aus Verdruß über ihre Schwester Ellen, um nach England zu ihrer Mutter zu gehen. Ulfeld hatte sich verkleidet, sah nur erst in seinem 58ten Jahre so alt wie 70 Jahre aus, und als seine sehr schöne Tochter Ellen, gleichsam seine junggewordene Eleonore, ihm nachgekommen war, gab er sie – angeblich ihrer Sicherheit wegen —— sehr gern für sein Weib aus. Er selbst ließ sich Jean Anglois nennen, und nannte seinen Sohn Ludwig: Jaques Marais de Corraine, und seinen Leo: Francois Dominique. In Basel hatte er wieder jung zu werden gemeint, weil er es jung und lebensfroh gesehen, jetzt war ihm das alte Basel fatal, und er lag krank danieder, besonders weil ihre Mutter die Söhne gewarnt und gefleht, ja Alle Gebote zu halten, vorzüglich das fünfte, Du sollst nicht tödten, und ganz vorzüglich das vierte: Du sollst deinen Vater ehren. Sich selbst hatte sie nicht erwähnt als Mutter, weil sie im Sinne gehabt, von dem Vater zu fliehen. Die beiden Söhne hatten das dem Vater erzählt, und er hatte nicht Muth, den Gehorsam von ihnen zu fordern, um seinen dreizackigen Blitz zu schleudern. Also Alles sollte so bleiben, Alles vergessen sein, und vergeben scheinen von ihm, der so viel und vielfache Vergebung bedurfte. Eben das war ihm unmöglich. Starb er, so verlosch sein unfehlbarer Plan, den König und die Königin an den Bettelstab zu bringen. Mehr wollte er nicht, er wollte bescheiden sein; und seine schwache Stimme aus wunder Brust verkündigte ihm den baldigen Tod, und es hatte selbst für seine Tochter Ellen, die als seine Pflegerin bei ihm im Zimmer schlief, etwas Furchtbares, wenn er des Nachts sich aufrichtete und gleichsam eine fremde Geisterstimme aus ihm und zu ihm sprach: Mensch, du mußt sterben! – und noch ein Mal noch behender: Mensch, du mußt ...! Das Wort sterben verschwieg er dann, und dachte es nur aus. Desto begieriger war er dann, die letzte Neige des Lebens auszuschlürfen, und wie er außer dem weltlichen Gesetz erklärt und todt war, auch außer dem innern Gesetz wie ein Todter an Seele und Herzen zu leben; so daß ein Freund Terlon's aus diesen Tagen an denselben schrieb: »Berichte hiemit, wie, daß bei drei Monaten sich allhier drei Mannspersonen aufgehalten, vorwendend, daß sie aus England um Leib und Leben geflohen, dürfen ihren Namen nicht recht anmelden, wären aber Etatspersonen, hätten bei sich viele Baarschaften und Kleinodien. Anfangs hat man sie für Factoren gehalten, als aber zuletzt seine Tochter, gleichsam seine Frau, dazu gekommen, sind sie mehr verdächtig geworden. Wie ihm, dem Alten, dann angezeiget worden, daß er die Weibsperson .... oder wieder wegziehen sollte.«

Ulfeld ward aber zur Flucht auch von Basel dadurch bewogen, daß zwei französische Officiere seine Tochter für ein gemeines, ja allgemeines Frauenzimmer gehalten, worauf seine beiden Söhne, Louis und Leo, brave Cavaliers, der Jüngste mit schönen weißen Haaren, Beide lange Personen, die beiden Schmäher ihrer Schwestern im Duell verwundet hatten, und noch einen Gang auf Tod und Leben forderten. Darauf wurden ihnen die Stadtthore geschlossen. Die wüthenden Söhne verriethen unvorsichtig ihren Namen und Stadt, was die beiden jüngeren aber durchaus auf den ältesten Bruder Christian, den Mörder des Generals Fuchs, schoben und ihm Schuld gaben, daß er den Vater verrathen und unter das Henkerbeil bringen wolle. Denn auch Christian, welchem der Vater sogleich befahl, sich Jean Bernard de Gomel zu nennen, war tiefsinnig, schwermüthig und fast verstandlos zum Vater gekommen, um durch des Vaters Bestrafung seiner Mutter und seinen Geschwistern allen des Königs Gnade zu erwerben. Den auf des Vaters Kopf gesetzten Preis wollte er den Armen schenken, aber dem Vater die Strafe nicht für die der Mutter zeitlebens angethane Qual und Schmach und Schande. Daß er ihn selbst elend zum Mörder gemacht, konnte er darum nicht zählen, weil das ihn eben seines Verstandes beraubt, der ihn Stunden, ja Tage verließ. Jetzt, um die Tochter und sich unentdeckt aus der Stadt zu bringen, legte er sich mit ihr auf einen Strohwagen, ließ sich breit und hoch mit Stroh bedecken und entkam so glücklich aus der Stadt nach dem Dorfe Rigen in ein Haus ihres Wirthes. Auch seine drei Söhne Christian, Ludwig und Leo entflohen dahin, weil sie ein Reisender erkannt und genannt hatte, welcher sie vorher in Rom sehr oft gesehn und gesprochen. So war denn der Ruf durch die Stadt erschollen: Ulfeld ist da! und Ulfeld ist fort! Da nun aus Basel durch Monsieur de Basle gesandte Soldaten den Söhnen nachforschten, entflohen sie eilig, ließen den kranken Vater allein mit der Schwester, zerstreuten sich, um auf verschiedenen Wegen nach Lausanne zu fliehen, wohin auch der Vater gedachte, und da man ihm besonders nachstellte, beschwur er seinen hinzu gekommenen Wirth, ihn in ein Schifflein auf dem Rheine nach der österreichischen Stadt Neuburg zu fahren. Die Tochter hatte sich verborgen, vielleicht vor ihm selber, konnte er denken, und er machte sein großes Kreuz hinter ihr. Der gute Wirth fuhr also in kalter Morgenfrühe vor Tage den kranken, blassen, so leidend aussehenden Mann auf einem Schubkarren bis an den Rhein, trug ihn in ein Schifflein und deckte ihn mit seinem Mantel zu, und fuhr ihn längs des mit Bäumen und Büschen bewachsenen Ufers so fort. Ulfeld aber mußte jetzt seiner Mutter Lied gedenken und betete gleichsam so verhüllt:

                   

Könnt' ich, so wie ein Wandersmann,
    Heim – in die Jugend gehn,
Klopft' ich an unsrem Häuschen an,
    Das ich nicht mehr gesehn!

Er schwieg eine Weile gedankenvoll, dachte und empfand vielleicht die Zwischenverse still, während ihm das Frühglöcklein des Klosters wie der Todtenglocke Schrei nachgellte und murmelte dann wieder:

                   

Doch scheint die Sonne früh – so bald,
    Da ist mein Traum dahin.
Ich lieg' auf falbem Laub im Wald,
    Haus, Alles ist dahin!

Der Rasen deckt die Lieben zu,
    Kein Köhlchen glimmt am Heerd –
Sie schlafen – tief, in tiefer Ruh',
    Und auf mir liegt die Erd'!

Und der Wind wehte ihm jetzt bei Sonnenaufgang recht hell und grell den Schrei des frommen Glöckchens nach. Er mußte Luft schöpfen, Licht haben, die Sonne sehen, stand auf und sah die Sonne, die herrliche; die Erde, die kostbare; und das Wasser des heiligen Rheines, das Eis und Schnee gewesen auf den Götterzinnen, den ruhigen, sonnenroth flammenden Alpen vor ihm, nun heiliges Wasser hier, unter und neben ihm, ihn leise und gütig dahin trug. Und die ewig gute Kraft der stillen Natur zog zum letzten Mal in seine Brust. Dann erschrak er plötzlich, und so, daß er in den Rhein springen wollte; denn in einer Lücke des Strauchwerkes am Ufer sah er einen Menschen im Soldatenmantel stehen und, wohl angelegt, ein Gewehr auf ihn halten und harren, bis er in dem Schiffe ihm schußrecht käme. Das empörte Blut zerriß ihm die Brust, quoll aus seinem Munde, und so hörte er kaum den Schuß des Gewehres, das, furchtbar geladen, ihm zwei Kugeln in die Brust schickte – wie ein Brief aus Basel vom 7. März 1664 sagt –; und ob er gleich sich vorher in das Schifflein werfen wollen, so blieb er jetzt aufrecht stehen vor Erstaunen, wollte den Schützen beim Namen rufen, denkt er hatte seinen Sohn, den Mörder, erkannt. Aber er ließ die drohende Faust sinken, und sank nun selbst in das Schifflein. – Nun bin ich Ulfeld! Wirth, Fuhrmann, Mensch! sprach er. Mit meinem Tode bleiben Viele leben, die schon den Tod um mich verdient, weil sie den Mann in mir nicht zu ehren verstanden. Aber die Natur hat sie dem Tode geweiht, wie alle Tyrannen, alle, alle, die Schlechten und Guten, selbst ach, ach, Eleonoren! O Leonore! Leb' wohl! Stirb wohl! Du, Du weißt doch: ich sterbe! Du weinst jetzt um mich! Du kämpfst einen schweren Kampf, – Gott gebe, im Schlafe, im Morgentraum! Doch da steht auch ein Mensch und weint bloß menschliche Thränen. Nun Du! Laß mich auf päpstliche Weise begraben, denn sie, sie lassen selber die Todten nicht fahren und halten sie fest! Einen Trunk Wasser!

Der zitternde Mann schöpfte mit seinem Hütlein frischen Rhein. Ulfeld trank vom Rande, athmete frisch erquickt und starb und war todt.

Der Mann war erst einen Büchsenschuß weit, bis Truga gegenüber geschifft und ruderte jetzt in das Kloster nach Neuburg zurück, klopfte an die Pforte. Die barmherzigen Brüder nahmen den Todten auf, weil der Mann eine kostbare Uhr, 500 Ducaten, Juwelen, Ringe und eine Brieftasche voll verzeichneter Gelder in Banken gefunden und ihnen gab. Sie bestatteten den Todten, wohlgekleidet, mit Pomp, weiheten sein Grab, damit ihn große Potentaten nicht wieder sollten aufgraben lassen und lasen die Messe pro defunctis requiem, requiem aeternam, aus welcher sein Sohn Christian hinweg nach dem schönsten Kloster der Erde oder des Meeres, vielmehr nach dem Kloster St. Michel, auf der Spitze eines aus dem Meere ragenden Felsens, floh, um geistlicher Herr zu werden, Herr seines Geistes, und fortan nur Gott allein zu dienen, und Gott allein zu folgen und alle ungöttliche Ehrfurcht vor Menschen abzulegen. Denn seine zweite That hatte, wie ein kalter Schlag, den Brand der Ersten in seinem Geiste gelöscht, und seine Vernunft zu unendlicher Qual ihm wieder gegeben. Und so verschmähte er jetzt auch für seine That – die er herzlich bereute und Menschen sie je zu gestehen sich schämte – irdischen Nutzen für seine Mutter von einem bloßen Könige einzuhandeln. Ihr neuer Gram über ihn mußte tausend Mal schrecklicher sein, als all' ihr bisheriges oder noch künftiges Leid. Weil er aber, wie er fälschlich gemeint, der Mutter gefolgt, so ward er auch nie ein Verehrer der Mutter Gottes, selbst, aus wunderlicher Eigenheit, nicht Gottes des Vaters – denn der Name Vater war ihm allein nicht göttlich genug, sondern bloß Gottes. Während des Streites der Professoren und Mönche um Ulfeld's Leiche, stahlen aber die andern Brüder den Vater, begruben in finstrer Nacht ihn unter einen Baum im Walde, und sie selber vermochten nach einigen Tagen ihn nicht mehr unter dem frisch darauf gestürmten, raschelnden, falben Laube zu finden, und ihrer verlassenen Schwester zu zeigen, um an seinem Hügel zu beten. Denn sie hatten das Grab der Erde gleich gemacht; und nur die Finsterniß stierte sie an, und der Waldgeist rauschte und regte die Wipfel der aus den Wolken beregneten Bäume, und schüttete Naturthränen zu ihren Thränen und über die weinenden, armen Kinder.



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