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Die Flucht in das Unglück.


Ulfeld hatte an die Stelle des Vigil de Cassette seinen zweiten Stallmeister, Daranda, erhoben; aber Cassette war mit dem Wagen und dem kleinen Sarge noch nicht vom Kirchhofe zurück, wohin er sein todtgeborenes Kind zur Strafe fahren müssen, als schwedische Soldaten Ulfeld's ganzes, großes Haus besetzten, und vor jede Thür eine Wache stellten. Eleonore kam hastig zu ihrem Manne und wollte ihn fragen: Was hast Du verbrochen? – Aber, ihn schonender, frug sie nur: Was ist aufs Neue geschehen?

Es scheint, wir sind gefangen gesetzt; erwiederte er ruhig und mit halber, gedämpfter Stimme, so daß sie ihn kaum vernahm; und dieß Mal habe Ich es verdient, und Du nicht, wie immer, Eleonore! Der König Carl Gustav hatte mich eingeladen, wieder am Kriege gegen Deinen Bruder Friedrich Theil zu nehmen – aber nicht am Frieden vielleicht, so wie vor! Er hatte mich beleidigt – ich hab' es ihm also abgeschlagen; und er hat sich für meine Dienste bedankt, das heißt, mich entlassen – und Ich lasse ihn; obgleich seine Heldenseele jetzt einen Ausweg gefunden hat, wie ihm die Eroberung und Vernichtung Dänemarks nicht schaden soll – er hat Seeland an Wrangel geschenkt!

An Wrangel? den unersättlich ehrgeizigen, tapfersten Mann! rief Eleonore.

Und leise fuhr Ulfeld fort: Und daß ihm wiederum Wrangel nicht schaden soll, wird er Copenhagen zerstören, so wie ich Euch damals gesagt, als ich verrückt sein sollte! Sperling hat mir es wohl vertraut. Denn er läßt sich in Alles ein, um es auszuforschen. Jetzt aber hat er unsern treuen Gesandten Beuningen schnell nach der niederländischen Flotte getrieben, die im Ansegeln ist, Deinem Bruder zum Entsatz!

Das danke Dir Gott doch tausend Mal! Siehst Du endlich ein, wie wir stehn, wer wir sind; sprach Eleonore.

Laß das gut sein, getreue Schwester; versetzte er lächelnd. Erst fallen dem König Carl Gustav die Glieder vom Leibe! Solchen Riesen, oder großen Maschinen zum Hauen und Stechen und Morden und Länderzerschneiden und Völkerverschlingen, muß man, wie Polyphemen, das Auge ausbrennen, die Vernunft; oder, wie Simson, die Haare – die Menge, die Kraft abschneiden, und nicht mehr wachsen lassen, dann sind sie selber Nichts, wie sie von selber Nichts waren, und malen dann artig die Mühle. Du kennst mich! Wer mich der Freiheit beraubt, der thut wohl, mich auch todt zu machen – Du kannst überzeugt sein, warum! Dein Bruder Friedrich – der mich auch schon der Freiheit beraubt – wird Copenhagen durch das Volk retten. Und ich habe mit Willen den Fehler gemacht, im Frieden ihm seinen Antheil des Herzogthums Schleswig, als erb- und eigenthümlich, zuzugestehen; nur um ihn zu reizen, auch nach der Unabhängigkeit in seinem Reiche zu streben, was ihm aber Carl Gustav, als eine Friedensbedingung, verboten hat. Aber der französische Gesandte Terlon sagt öffentlich: Dänemarks Unglück komme allein von meiner Capitulation, die den König zur Null macht und die Königin zu Nullnull. Wird sie das sein wollen? Der Weiber Fehler ist Herrschsucht. Carl Gustav hat, auf Hannibal's Rath, den Fehler gemacht, daß er beim neuen Ausbruch des Krieges dem Volke gesagt: er komme nur, den König von den Kränkungen und Widerspenstigkeiten des Adels zu befreien und ihm zur Demüthigung der adlichen Lehnleute zu helfen. Denn Hannibal hat sich von dem Schweden fangen lassen, als er zum Schein aus Copenhagen gegangen, um sein Weib, Deine Schwester, von dem unsichern Landgute in die sichere Stadt zu holen. Dein Bruder Friedrich hat den Bürgern adliche Aemter, allerhand Kram, und jedem Bauer versprochen, ihn frei zu machen, wenn er das Reich und die Stadt vertheidigen hilft. Und, du, guter Himmel, der Alles sieht und hört, wie weit kann man das Volk, das eine so lange Nase von hier bis Paris hat, verlocken und führen, wenn man ihm nur verspricht, sein Elend abzunehmen. Ich glaube, die Menschheit kröche auf dem Bauche nach Jerusalem, zum Grabe Christi, der es ihnen zuerst versprochen! Darum strömt das Volk jetzt, den König zu vertheidigen. Indessen Dein Bruder ist brav, und wird sein Versprechen auch halten. Er ist kein gemeiner König. Wird er aber es halten und ausführen wollen, dann stürzt er erst in die Asche des Landes. So fährt denn Dein Bruder auch aus der Haut – oder aus seinen Gliedern, den Ländern; und jetzt ist ihm schon heimlich gerathen, zu fliehen, dadurch, daß Wrangel alle Auswege nach Holland, Lübeck und Norwegen versperrt und laut erklärt: Warum! Ist Friedrich fort und Carl Gustav geschlagen – Wer wird dann König? Oder entflieht Dein Bruder nicht, dann stürzt er in das Grab – der Unabhängigkeit, das stets offene Grab! Und Ich begrabe ihn! Dazu, verzeihe, Du redliche Schwester, dazu muß ich hinüber, ich muß,.... denn er hat mich einmal der Freiheit beraubt; das duldet kein Edelmann, und mir ist es der Tod!

Schon unter diesen Worten entkleidete er sich, um sich zu Bett zu legen, ob es gleich erst dunkel geworden war, und sprach mit noch schwächerer Stimme als zuvor: Und damit Du Alles weißt, arme Eleonore – mich hat vor Schreck über die Gefangensetzung der Schlag gerührt und mir die Zunge gelähmt!

Sie that einen Schrei und wollte schon fort und nach Hülfe eilen – da lachte er ihr hinterdrein. Warum will ich wohl stumm sein? Du kluge Frau; frug er sie.... Damit ich nicht reden kann, gewiß. – Ich bin zu aufrichtig und rede mich um den Hals. – Aber noch gewisser darum, Du sollst für mich reden, Du, liebe Seele, mich vertheidigen, wenn die schwedischen Männer kommen, mich zu verhören. Also ich kann nicht reden, aber hören; sagst Du ihnen. Essen und trinken kann ich wie sonst, und noch lieber recht Gutes; das sag' ich der Hausfrau! denn merke: gefangen und schlechte Kost, und kein Bett, kein Weib, keinen Most, das ist schon mehr, wie gehangen; singt Sperling. Bedaure mich recht! Habe rechtes Mitleid mit mir! Auch wollen wir heimlich und treulich schwatzen von künftigen Zeiten.

Da ward das ganze Zimmer hell. Ein Nordschein war es nicht, denn die Gluth war nach Süden zu. Ein brennendes Schiff hätte so breit nicht den Himmel geröthet. Sie traten an's Fenster. Die Meereswogen im Sund, die ein sausender Nordwind durch seine Pforte hereintrieb, schienen ein breiter, ganz unabsehlicher brennender Strom, den der feuerspeiende Berg Hekla, der Krabla oder beide zugleich aussandten. Die ziehenden Wolken waren der Rauch aus dem brennenden Meerstrom, und die Sterne die wehenden Funken. Jenseit des Sundes aber, über oder vor Copenhagen, quoll solche Gluth, solche rothe Gicht auf, als sollten zehn Bollmonde dort in ihrem Purpur aufgehn. Donner fernen Geschützes erscholl wie Murren der Natur über das Unglück, das hier in Malmoë so still, dort so laut und schrecklich jetzt waltete – und Eleonore betete für ihren Bruder, den König Friedrich, das Kirchengebet.

 

Corfitz löste ihr die Hände auseinander. Dein Bruder brennt nicht! sprach er. Das ist nicht die Friedrichsburg! das ist nicht Landeskrona; das hat schon Wrangel genommen; das sind nur alle Dörfer auf dem Eiland Amager; – Copenhagens Milch-, Butter- und Käse-Kuh verbrennt und brüllt; die Wasserröhren sind schon zerhauen. Sei ruhig! Copenhagen bleibt stehen; denn Hannibal hat dem Schweden gerathen, nicht, wie er wirklich wollte, sogleich mitten in der Stadt zu landen, die Hauptstadt nicht gleich zu stürmen ... damit sie sich erst recht befestige, während er Landeskrona sich aufsetzen wolle. Die niederländische Flotte kommt jetzt, und deßwegen flieht Carl Gustav schnell von Amager und ist vielleicht jetzt eben schon in den Händen des Major von der Beck, der sich von ihm hat fangen lassen, nur um den Schwedenkönig selber zu fangen. Was Du siehst, ist also weiter nichts, als ein Unsinn! Da siehe Dich satt! So sieht ein falscher, alberner Rath aus! Eine Königsnoth!

Aber warum bist Du nun gefangen? frug Eleonore, schon sehr wehmüthig über ihres Bruders Unglück. Und wie jene Sturmfluth die vielen Menschen ersäuft, so sah sie jetzt im Geiste die guten, fleißigen Bewohner von Amager verbrennen und in die Flammen jagen.

Das Beste zuletzt; antwortete Ulfeld. Deines Bruders Kukuks- und Sperlingssohn Ulrich hatte ich hier im Dienst des Königs Carl Gustav, dem ihn Dein Bruder aus königlicher Liebe anvertraut, damit er einst seinen Lehrmeister schlagen lerne, die Einkünfte von Lindholm und Borringkloster und 4000 Thaler Rente aus dem Zolle von Malmoë verschafft. Er ist fort, hinüber, den Vater zu retten. Das schreibt man in Schweden mir zu. Aber den Aufstand hier in Schonen wird mir Ulrich bei Deinem Bruder mit Recht auf mein neues, gutes Guthaben schreiben, damit ich geachtet bin, wenn ich hinüber komme! Gefürchtet bin ich schon und nicht mehr geächtet. Carl Gustav hat seine neuen Unterthanen beinahe zu Tode geplagt durch Lieferungen von Menschen und Geld, wie er Dänemark durch Erfüllung der Friedensbedingungen auf der Folter gemartert, damit es über den jetzigen Todesstoß nicht einmal mehr schreien könnte. Und der Adel wollte ihm auch ohne Schwertstreich die Thore von Copenhagen öffnen. Jetzt sind die im Frieden abgerissenen Unterthanen verzweifelt! Aber wisse: unseren Aufstand hier in Malmoë hat Oluf Clausen an Carl Gustav verrathen! Wir aber den Verräther! Denn Oluf ist in Copenhagen in vier Theile getheilt und auf's Rad gelegt. Dennoch hat Jens Koford den schwedischen Obristen Prinzenskiold gefangen und die ganze Insel Bornholm dem König Friedrich, merke wohl, erb- und eigenthümlich übergeben! Jetzt gehe schlafen, und lerne Deine Rede!

Eleonore hörte aus Allem mit Schrecken: Ihr Bruder ward in's Unglück gestürzt und durch wen? durch ihren Mann! Oder ihr Mann ward in's Unglück gestürzt und durch wen? durch ihren Bruder! Sie theilte diese Angst nicht in zwei verschiedene Hälften, sondern sie empfand sie ganz, weil Einer den Andern verderben konnte. Ihr Herz war zerrissen. Sie fiel ihrem Mann um den Hals, um sich selbst vor sich an ihm zu verbergen und in den Küssen, die sie ihm gab, nur ihre Liebe zu fühlen. Er drückte sie an sich, er nannte sie sein liebes, sein bestes, sein einziges Weib. Und sie wußte, das war sie; sie glaubte, das sie es ihm sei; und so nahm sie still gute Nacht. Also gut essen! rief er ihr nach.

 

So las sie denn befohlenermaßen in ihres Mannes Leibbuche, dem Kochbuch, dem Trost-, Lust- und Irrgarten der Weiber, selber der ärmsten. Dann las sie im Bette noch in den Götter- und Heldengeschichten der Edda, um das Leben in der Mährchenwelt unterzutauchen, zu färben und mild darin zu machen, wie eine herbe Weintraube hinter Glase, oder gegen jene hohe Welt, die ihre für gar nichts zu halten und ganz zu vergessen. Wie aber ihr Zimmer eine große camera obscura der furchtbaren, leuchtenden Scene nah über dem Meere war, so ward ihre Seele eine noch größere camera clara, als sie entschlafen war. Anfangs schlief sie nur so besorgt und oberflächlich, wie Jemand, der während dem Heranziehen eines Gewitters nicht schlafen will und kann. Aber sie vermochte sich, wie ein müder Schwimmer, nicht auf der Oberfläche zu halten und sank in die Tiefe des Weltmeers. Sie träumte. Sie befand sich in einem unübersehbar großen und breiten und langem Saal mit einer Krystalldecke. Aber sie wußte, der tiefe Saal war der Sund, und die rosenrothe Krystalldecke war das von dem darauf liegenden Feuerglanze durchschimmerte Meer. Mit dem Saal stand vermittelst eines erleuchteten, prachtvollen Ganges eine große, erleuchtete Grotte in Verbindung, deren offene Pantheonkuppel der Hekla war, und zu der feurigen Kuppel herein stiegen Hochzeitgäste, feurige Riesen; und zu dem Trichter des Mahlstromes herab wirbelten Meerfrauen und Meerjungfrauen von riesiger Größe, und kamen, geführt von dem Meerweib Isbrand, das Christian's IV. Geburt verkündigt hatte, und versammelten sich Alle an einem großen Denkstein oder Altar von blendender Marmorweiße, daran ihr Vater Christian als Priester stand; aber gleichsam zum Zeichen, daß er König auf Erden gewesen und die Krone getragen, war ihm nur, wie als Brandmal, ein weißer, haarloser Ring um die Stirn und den Hinterkopf eingebrannt, und er fühlte mit der Hand sich manchmal noch, wie vor Schmerz, an die alte Wunde aus dem Kampfe des Lebens. Des Vaters Riesengestalt hätte sie nicht erkannt, aber sie erkannte sein theures Gesicht, das blaß, wie ein Mond, schimmerte, und erkannte die wieder nun erst recht großen, braunen Augen, die beide voll Liebe auf ihr ruhten und mit ihrem Blicke sie nahe in seinen Kreis zogen. Sie selber sah sich an und bestaunte sich; denn sie war groß, wie eine Ceder, und der Liebe und Güte und Treue wegen, die sie jetzt voll und froh empfand, glaubte sie, ein Engel zu sein, und frug den Vater: Vater! Bin ich ein Engel?

Dummheiten! sprach der Vater lächelnd. Du bist ein Weib! Schaue in Deine Gestalt hinein.

Und sie war durchsichtig ... und sah in ihr großes Gebild hinein – und sah ein unbeschreibliches Wesen stehen, das in ihr wohnte und das sie selbst doch war. Und sie zitterte vor Wonne und Seligkeit. Denn etwas ganz Unvermuthetes, Hohes und Heiliges war das Wesen. Wie der feste, volle Kern eines großen, süßen, zartgelben und rothwangigen Pfirsiches, das des Pfirsiches Wesen ist und sein Bild in holdem Schlaf umschließt, so erschien ihr jenes Wesen eines Weibes der Kern der Natur und ihr Bild.

Das ist ein Weib! sagte ihr Vater. Die kleinen Dinger da droben, die in Glaskasten von Pferden sich rädern lassen, Steifröcke wie Tonnen an, und Hauben wie Storchnester auf, die wissen gar nicht, was in ihnen steckt! Ja, sie wissen nicht einmal, daß sie wirkliche Seejungfern und Meerweiber sind, und – wie Wallfische, die ihre Jungen und Mädchen säugen – auch wirklich im Meere wohnen, weil das Luftmeer etwas dünner ist, als das Wassermeer, darinnen sie freilich ertrinken, wie die Wallfischfrau wiederum in ihrem dünnen Meere absteht. Ich habe Dich droben verlobt, als ich noch das goldene Halseisen um den Kopf trug – heut' – doch was sag' ich – in Ewigkeit will ich Dich trauen! Hier steht Dein Bräutigam!

Sie blickte hin, und sah einen Riesen in so furchtbarer Gestalt vor sich stehen und erkannte an seinem Gesicht doch ihren Ulfeld, so daß sie mit Schrecken rief: Das ist der Teufel!

Dummheiten! sprach der Vater lächelnd. Das ist ein Mann. Schaue nur durch seinen Harnisch hinein!

Und er war durchsichtig, wie von gegossenem Diamant – und sie sah darin ein unbeschreibliches Wesen stehen, das in ihm wohnte, und das er doch selbst war. Und sie zitterte wieder vor Wonne und Seligkeit. Denn etwas ganz Unvermuthetes, Hohes und Heiliges war das Wesen.

Das ist ein Mann! sagte ihr Vater. Nun siehe Dich endlich einmal satt! Ich möchte Deinen Anblick allen Jungfrauen und Weibern gönnen, wenn sie ihn ertrügen; aber sie wollen nur große Puppen, Brotdrescher, Sklaven und Lastthiere. Du aber wisse auch, was ein Mann ist. Ich rede nur in Deinen Bildern, damit Du es verstehest. Der Mann ist der Gott und der Teufel zugleich, in einer hohen, schönen Gestalt – nur in einer kleinen, armseligen Welt, besonders von Frauen. Der Mann ist bloß schön, wie alle Pfauhähne, Löwen, Haushähne, Goldammer und alles Männliche in der Natur; oder alles Weibliche ist doch nur so schön, wie Weiber, Pfauhühner, Löwinnen, und was sonst Weib heißt. Dafür aber ist die Frau auch die Liebe und Güte; und der Mann ist die Kraft und der Willen. Weil der Gott in dem Mann ist, ist er mehr, als alle Engel, ja, den Teufel auch übertrifft er, überwindet er, und stürzt ihn in die Hölle, schon lebendig noch, und noch lebendig tritt er schon neben den Gott, denn Der lebt in ihm. Aber meine liebe, liebe Tochter: Darum hat auch der Himmel und die Engel und Du, das Weib, keine Gewalt über den Mann. Denn der Mann ist frei wie der Gott und schafft sich die Welt, seine Welt, die dann sein ist, der Er nicht gehört, nicht gehorcht. Darum fesselt ihn Nichts. Aber, was er auch thue – er versinkt nicht in die Hölle – Hela heißt der Tod! – Hélas, hätt' ich auf Erden gesagt! Oder läßt er sich auch, wie ein badender Knabe, ein Mal in die Schrecken der Tiefe am Mühlrad hinab, so bleibt er nicht drunten, sondern kommt lachend empor. Du aber, als Weib, sollst Dein Leben an ihm dadurch gewinnen und haben, daß Du ahnen lernest – eine lange, lebenslange Ahnung, wie ein Seufzer von der Wiege bis in's Grab – daß der Mann frei ist, und darum nur frei geboren und darum über alle Furcht und Schrecken erhaben ... und durch ihn sollst Du ahnen, was Freiheit ist – was die Liebe nicht weiß. Also sollst Du das göttliche Leben ahnen und in der Ahnung es leben. Wisse, auch ich war ein alter Gott, frei, und frei geboren – und wie elend war ich! Und war doch ein König! Wäre der edle Achilleus heut' etwa ein kaiserlicher Corporal mit Zopf und Stock ... oder wohl gar ein moskowitischer Feldmarschall ... Tochter bedenke! Die Freien, die Göttlichen hier in der Zeit! Und sind nicht Alle frei geboren und werden neugeborene Menschen? Siehe Deinen freigeborenen Mann an, den Riesen! Ungebeugt! Soll Der sich beugen? Soll Der weinen? Willst Du das? Soll Der feig weichen? Oder weißt Du Ihn glücklicher, wenn er zerschmettert wird – da er doch nur sich selber zerschmettert. Du weißt. Du willst Ihn so glücklich. Denn wenn ein Riese fällt, fällt ein Riese, kein Wurm. Die Feigheit, die Unterthänigkeit, Schweigen und Furcht macht zu Zwergen. Soll er bereuen und kriechen? Kriechen macht zur Schlange. Dann wäre auch Er eine Schlange! Kein Mann! Kein halber Mensch. Denn der Mann, so hoch er ist, ist nur der halbe Mensch. Und Mann und Weib sind erst der ganze Mensch – denn der Mann reißt die Hälfte seines Wesens an sich, die da Liebe heißt, Bewunderung, Gehorsam; der Mann wäre ohne das Weib nur in sonnenloser, kalter Finsternis. Nun also, liebe und weine! Du Weib! Sei stolz; das ist das höchste Gebot für die Frau. Vergieb ihm nicht – wenn er Dich beleidigt hat, sondern liebe und weine! Sogar Untreue, Verrath und Mord an dem Kinde vergieb ihm nicht – denn Du erniedrigest Dich, Du erniedrigest ihn – aber liebe und weine! Denn schon längst darf er Dich als Weib nicht mehr annehmen, wie die Königin Christina hier droben daneben sonst im Lande keinen Mann, aus höchster Ehrfurcht vor dem Manne. So ist er kühl gegen Dich, aus höchster, keuschester Ehrfurcht vor dem Weibe, aus höchster kindlichster Ehrfurcht vor der Liebe, und aus heiligster Scheu vor der Mutter! O, wie göttlich ist doch Alles; reines Gewähren und reines Verweigern! Wie heldengroß in der Tiefe Du selber hier drunten bist Du, die da oben mit blasser Wange umhergeht und verborgen etwas aus den Augen tropfen läßt, was die Menschen Thränen heißen. Und denke nicht, denn Du sagst es mir und Niemand: daß Dein Mann Dich satt hat, Dich lange schon vernachlässigt! Soll er noch des Nachts heimlich zu Dir im Schlosse die Treppe hinauf schleichen – da Du in seinem Hause alle Tage wohnst. Soll Der Dich noch immerfort ansehen, da er jedes Haar in Deinen Augenbrauen auswendig weiß. Seid Ihr nicht in neue, schöne Säle der Tage geschifft? Schifft Ihr nicht immerfort heimlich in andere später gelegene Hallen der Jahre. Hat er nicht Sorge? Hat er nicht Mühe? Und fühlt er bei allem nicht Dich, nicht die Kinder. Sieht er nicht Euch vor sich stehen, auch wenn er Euch nicht sieht in seiner Kammer. Athmet er, lebt er, stirbt er nicht allmälig für Dich und die Kinder, während sie jubeln und springen, und Du ihrer Freude zusiehst – und seiner indessen ja auch nicht gedenkst! Sollst Du ihm schön sein, wie am Brauttag? Siehst Du nicht selber Dein Wangenroth, wie abgestreifte Mandelblüthen auf Blumen ... auf Deiner Kinder Wangen liegen? Weine nicht vor Beschämung, meine Riesin! Ich will Dich billig, ich will Dich gerecht, Stolz in die Seele! – und es giebt nur Spreu und Wind in der Welt. Der Stolze bleibt selbst an der Himmelsbrücke vor dem Himmel liegen, und schaut nicht einmal hinüber, wenn er fühlt: er verdient nicht hinein. Denn höre, höre und merke: Das Gefühl, das ihm sagt: Du verdienst nicht hinein, ist schon der Himmel! Es ist der Gott, der es sagt, den er hat, der er ist, der höchste, reinste, vollkommenste Gott. Kehre das Wort Dir um, und wohne getrost in dem Himmel, wenn der Gott Dir sagt: Du verdienst ihn! Gehe im Himmel, auch wenn Du dann in Blut und Thränen watest. Jetzt also trau' ich Euch! ... Sei ein Mann! ... Sei ein Weib! – So sprach er zu Sohn und Tochter und legte ihre großen Hände in einander.

Jetzt wünschten ihr Alle, Riesen und Meerweiber, Glück und schenkten ihr wunderliche Gaben. Dann saßen sie lange an einer runden Tafel, aßen und tranken und erzählten Geschichten, die ihr so erschrecklich vorkamen, daß sie vor Furcht die Augen zumachte, dann bei Tische einzuschlafen glaubte – während aber ihr Traum zu wirklichem, dunkelm Schlaf ward.

Sie erwachte gekräftigt, und sah sinnend aus ihrem Fenster am Morgen auf die Meeresfläche hinab und lächelte. Aber um ihren Mann, als Mann, nicht ganz zu vergessen, ließ sie sich heimlich blos sein Gesicht, ihm ganz ähnlich, wie auf ein tischtuchgroßes Schweißtuch der heiligen Veronica so riesengroß malen, wie sie ihn im Traume gesehn. Sie las in wunderbaren Büchern, fand im Venusinus ein Mittel, um immer, auch getrennt, mit ihrem Manne geheim verbunden zu bleiben, bat ihn um zwölf Tropfen Blut, stach sich ein Herz auf den Arm, tränkte das Herz damit und war nun ruhiger, selbst als Wrangel vor ihren Augen die Seeschlacht schlug, und jeder Schuß an ihrer Küste verdonnerte. Auch ihr Mann sah dem größten Schauspiel der Erde zu, wobei – wie es den Augen erschien – wunderbar große, fabelhafte, wüthende See-Enten und See-Gänse mit weißem Bauche, schwarzem Leibe und grauen Flügeln sich grimmig zu Tode bissen und selber todt sich auf die Seite legten und, immer noch Feuer ausspeiend, versanken, oder flügellahm umhertrieben. Denn ihr Kampf schien den Preis der Inseln zu gelten, welche von beiden Raçen hier horsten, dorfgroße Nester erbauen, riesengroße Eier legen und wieder solche tolle Ungeheuer, mit schrecklicher Stimme begabt, ausbrüten und herrschen sollte über Frösche und Pygmäen im Lande. Diese grimmigen Riesenvögel, schwimmende Scorpione, fliegende Meerspinnen und segelnde Leinewand-Nautilus-Flotte Der Papier-Nautilus, das Naturvorbild der Schiffe, ist bekannt. Leinwand-Nautilus soll die Niederländer bezeichnen. hatte ihr Mann vor Allem hieher gezaubert! Und sie empfand zum ersten Mal Furcht vor ihm, vor dem Wort, vor solchen Männern, die da Staatsmänner heißen, und dachte an ihren Traum. Sie empfand Schmerz, und that nicht groß damit; sie entsagte ihm – so wie sie ihn sonst sich vorgestellt und gewollt, und war nicht eitel auf ihn oder sich; sie ahnete seinen und ihren Untergang, und ihre Brust erfüllte ein süßes Gefühl und Stille. Ihre überquellende Güte segnete all ihr Geschick, auch ihren Mann; wie sie selber voll Zuversicht war, tröstete sie ihren Mann, und die Liebe, die wie ein Sonnenlicht aus ihren Augen hervorbrach, färbte und schmückte sich rings die Welt, und auch ihr Mann stand ihr in hellem, freundlichem Sonnenschein. Sie bedurfte ihrer Stärke, denn sie ward nun, von ihrem Manne getrennt, bewacht. Der See- und Landheld Wrangel war vor Gram gestorben, daß er die Seeschlacht verloren, weil er mit seinem großen Leinwand-Nautilus allein und voraus sieben andere große, schwimmende Wasser-Scorpione angefallen, die seinen Nautilus flügellahm und zerbissen in den Hafen von Kronenburg geschickt, wodurch die andern der Seinen ohne ihr Haupt gewesen. Der König Carl Gustav hatte seine Landschlange, die sich um Copenhagen gewickelt hatte, los gewunden, nachdem er am Ende zu spät und vergeblich es stürmen lassen, besonders weil Ulfeld einen Bürger aus Malmoë an den König Friedrich geschickt, um ihm den Sturm zu verrathen. Darauf hatte Carl Gustav noch ein Mal Front gemacht, drei Tage lang Schlacht angeboten und war zur Eroberung Norwegens geeilt, in der Hoffnung, daß Copenhagen, von Brot und Wasser abgeschnitten, an der Verzehrung sterben werde. In Norwegen aber hatte sich die müde Heldenseele des Königs von Schweden auf ein halbes Jahrhundert in die Erde schlafen gelegt, um als Carl XII. mit frischem Leibe aufzustehn. Im Frieden zu Copenhagen hatte sich Ulfeld zum Dank ausbedungen, in Dänemark zu wohnen und seine Stammgüter alle in Besitz zu nehmen – wenn er aus den Händen der Schweden gekommen, die ihn wegen des Aufstandes in Malmoë und gegen sie, überall festhielten, um ihn wo möglich auf's Rad zu bringen, und schon der König Carl Gustav sandte noch Gyldenstierna und Soop, als seine Richter, die ihn aber stumm fanden, mit Aerzten und Arzeneien marterten, Verbrecher als Zeugen gegen ihn stellten, und endlich zulassen mußten, daß Eleonore mit schwerem Herzen vor alle den Männern ihren Mann vertheidigte, gegen ihr Gewissen, gegen ihren Wunsch, daß er los und frei werde, um ihren Bruder zu stürzen – wie er Carl Gustav und Wrangel und Tausende zu Tode gehetzt hatte – oder selber umkam. Diese Richter waren zwar über Vieles, aber noch nicht über das letzte Uebel eines Richters – das Wohlgefallen an einer schönen Frau hinweg, und ein Mann, den Eleonore so weich und treu vertheidigte, der also nicht treulos an ihr und verrätherisch war, konnte ihnen überhaupt kein Verräther scheinen, weil treues Gemüth ja treues Gemüth sei.

Eleonore hatte bei diesem schweren Auftritt doch ein Mal ihren Mann wiedersehen dürfen. Die verwittwete Königin von Schweden, Hedwig Eleonore, las Eleonorens Rede. Ein Weib rührt ein Weib. Ihr Mann hatte ihr den Rath vermacht, mit Allen Feinden Frieden zu schließen, und sie schloß Ulfeld mit ein. Hannibal Sehested aber, dem Ulfeld lange zu mächtig bei voller Kraft und in vollem Glanze gestanden, reisete nach Stockholm, sprach öffentlich für ihn, suchte aber heimlich sein Todesurtheil auszuwirken. Da ihn aber die Königin begnadigte – auf seine öffentliche Bitte – so blieb ihm nichts übrig, als ihren Rath, den Grafen Peter Brahe zu bitten, das Urtheil für jetzt noch geheim zu halten, damit er es selber Ulfelden ankündigen könne, um sich als froher Bote dabei vollständig mit ihm auszusöhnen – aber er eilte nach Copenhagen zurück, ging zu Ulfeld's vertrautem Freunde, dem französischen, überaus klugen Gesandten Terlon und legte ihm vertrauensvoll an sein Herz: daß er ja Ulfeld heimlich anrathe, die Flucht zu ergreifen – weil er zum Tode verurtheilt sei; – und Terlon eilte, seinem Freunde Ulfeld, nach dem nahen Malmoë hinüber, den verderblichen Rath zu ertheilen; und Ulfeld eilte, bestürzt und mit Haß, ihn auszuführen, und, schon seiner weitern Pläne wegen, sich nach Copenhagen zu retten. Durch die Flucht mußte Ulfeld schuldig in Schweden bleiben, daselbst alle seine großen Besitzthümer verlieren, und, wie Sehested wußte und vielleicht einleiten sollte, in Copenhagen mußte Ulfeld bei dem geringsten Wort, das er jetzt gewiß gegen das schleunigst in Gang gebrachte Souveränitätswerk fallen, ja donnern und einschlagen lassen würde, in den Kerker geworfen werden, und sein weiteres Verderben werde seine weitere Wuth ihm über den Kopf ziehn.

Die Flucht war schwer. Ulfeld sann Tag und Nacht auf schon überlistete List. Daranda, der, als sein Diener, zu ihm und zu Eleonoren in's Zimmer durfte, mußte das ganze, weitläuftige Haus untersuchen, ob nicht irgendwo aus dem Kellergeschoß eine Thüre hinaus auf die Straße führe. Daranda fand glücklich hinter altem Geräth eine solche vermauerte Thür. Aber Ulfeld durfte nicht aus seinem Zimmer nach dem Kellereingang, wegen der Wache. Er wollte darum die Seitenwand durchbrechen. In seinem Junggesellenstande auf Reisen hatte er meisterhaft einen Knopf annähen gelernt und so fest, wie niemals ein Schneider. Mit dieser geringen Kunst zimmerte er sich gleichsam aus dem Groben einen Priesterrock, ließ dann die Wache bedeuten, daß er sterbenskrank liege, damit ja Niemand in sein Zimmer komme, durchbrach die Wand mit Seufzen und Stöhnen bei jedem zu lauten Geräusch, das sie machte, um es gleichsam damit wenigstens bei sich zu übertäuben und gut zu machen, ließ Daranda ein Schiffchen im Hafen bestellen und bereit halten, ließ seinem Weibe mit Sorgen glückliche Nachkunft wünschen, entschlich glücklich den Kellern und durchschritt mit priesterlichem Anstand glücklich die Straße, während ihm Kinder zur guten Nacht fromm die Hände küßten. Nun saß er im Boote voll Sorgen die ganze Nacht. Denn Eleonore konnte nicht aus ihrem abgelegenen Kerkerzimmer nach den Kellern. Sie wußte, ihr Mann war fort, sie zwar in Verzweiflung; bis sie am Morgen die Waschfrau holen lassen konnte, deren Kleider sie anzog, und deren Korb sie auf ihre Schultern nahm, und vor dem Spiegel sich belachte und beweinte; denn die Schildwache vor der Thür hatte doch Augen, ein altes Weib von ihr zu unterscheiden. In dieser ihrer Noth kam Daranda und wußte Rath. Er zerpeitschte im Stalle die Hengste, bis sie sich losrissen und im Hofe einen solchen Lärm machten, daß alle 36 Soldaten der Wache hinzu liefen, sie zu bändigen und zu fangen. Aber noch stand der Eine Mann, wie der Creberus der Alceste, schrecklich vor ihrer Thür. Da opferte sie zwei Diamantringe, die ihr Mädchen im Hausflur geschickt verlieren und nun die Wache bitten mußte und erbat, ihr sie suchen zu helfen. Jetzt kam Eleonore als alte Waschfrau mit dem Korbe heraus, bückte sich, half eine Zeit auch suchen, und schlich dann ihrer Wege zur Hauptpforte hinaus – dann ging sie mit immer jüngeren Schritten, immer aufgerichteter und doch immer bedrückter vor der Furcht vor Verfolgern, die Straße hinab nach dem Hafen, warf fröhlich den Korb mit den Linnen in's Meer, sprang hastig in's Schiffchen, und fiel darin jetzt erst vor aller der Angst, auch nach überstandner Gefahr, lang hin auf den Boden, und Ulfeld legte sich neben sie, und so führte das kleine Segel sie glücklich hin über den Sund; während Sprachröhre mit Donnerstimme ihnen nachdröhnten, ja zuletzt auch Schiffchen ihnen nachruderten. Eine Salve von einer ganzen Batterie schüttete ihre Kanonenkugeln schon weit hinter ihnen vergebens in's Meer, wie Kinder Erbsen in's Wasser werfen. Auf dem Holme an's Land gestiegen, traten sie mitten in eine Mordscene. Ein Todter lag da, von schönen, aber verwilderten Gesichtszügen, auffallend dem Könige Christian IV., Eleonorens Vater, ähnlich; seine Hände erschienen hart und arbeitskräftig, seine Kleidung aber war gering, ja schlecht, und hin und wieder zerrissen. – Da lieg', Du saubrer Don Ulrich, sprach ein Brauknecht, der ihn im gemeinsten Kampfe mit einer Maischschaufel erschlagen. Eleonore kam hier wieder in die zu Boden drückende Verlegenheit, ihren Schmerz zu verschweigen und stolz und fremd vorüber gehen zu müssen. Mein Gott, mein Gott! sprach sie zu Ulfeld; das war mein Bruder ...

Der Brauknecht? frug er mit seinem Lächeln.

Pfui! sprach sie. Der Don Ulrich, den mein Vater, der König, und meine Mutter Christina verstoßen und in die Welt geschickt, weil Gott ihn gebildet und die Natur ihn der Mutter geschenkt, da sie noch nicht getraut gewesen. Der arme Bruder! Der Aermste! Aber ich bin doch noch ärmer, ich muß ihn sehen da liegen .. der Mutter und dem Vater zur Strafe! Ach! Wir leiden um Alle! mein Freund! Um die Unsern und um Uns! Wer von allen Menschen hat nicht im ganzen Leben so viel begangen, daß die schwerste Pein nicht noch ein leichter Backenstreich scheint, den ein Vater seinem lieben Knaben nur mit zwei Fingern gibt, die nicht einmal ein rothes Mal nachlassen, und doch weint der Knabe wie außer sich – über die Bedeutung!

Das ist gut! Sehr gut; sprach Doctor Sperling, ohne Gruß und ganz außer Athem, daß ich Sie finde, meine Theuern! Sr. Excellenz Ankunft ist ein Donnerschlag in das Schloß und fährt der Königin gerad in den Magen! Schon acht Tage und Nächte schlafe ich in einem etwas schändlichen Neste im Hafen, um ja der Erste zu sein, der Sie sieht und spricht! Ich weiß von Hannibal, daß Sie kommen, meine Gnädigsten, lieben Seestreicher! Nun gut, sehr gut, daß sie wenigstens glücklich da sind ... erlauben Sie mir nur, vorerst zu bemerken, wohlgebornes Fräulein, daß ich einen Rosenoble gegeben, den armen, fallirten Don Ulrich, doch immer Ew. Gnaden so ungnädig traktirten Herrn Bruder Don Ulrich so ganz dunkel, im schlechtesten Habit der Todten zu begraben. – Aus dem königlichen Schlosse war er als ein Vagabond und Vagamonde herausgeworfen worden, wo er jedoch nicht ein Stück Krone oder Thron begehrt, sondern nur aus seines Herrn Vaters königlicher Küche doch ein Stück Schinkenbein oder Kälberknochen, freilich mit noch etwas daran befindlichem Kalbsbraten, oder nur ein Stück trockenes Brot... denn in der Stadt hat er sich geschämt, zu betteln, der arme Magen! Im Brauhaus hier hat er sich also zum Pfannenfeuer auf die Pritsche gelegt, und sich dann ohne Erlaubniß an einem Krug Würze doch satt getrunken. Er ist also doch satt gestorben! Und Gott hat ihm nun Alles genug gegeben auf immerdar, ihn nicht nur in seine Küche, sondern in den schönen Himmelssaal seines Schlosses genommen, wogegen alle Lust- und Paradeschlösser wahre Hundehütten sind und woraus ihn keine Frau, also auch keine Frau Sophia Amalia mehr mit den Hunden hetzen lassen kann. Das ist gut! Sehr gut! – Dazu weinte er, vor Leid und Freude.

Du meinst also, getreuster Sperling, denn Du meinst aus Grobheit immer mehr als Du aus Höflichkeit sagst, sprach Ulfeld, daß es auch für Uns hier jetzt gar nicht geheuer sei? Laß mich nur erst dem ganzen Adel das ganz große Gastmal gegeben haben! Unsere Wohnung ist doch in Ordnung? Alles eingerichtet, uns zu empfangen?

Leider, leider, leider! Aber Wo? – seufzete Sperling. Wo soll ich anfangen, Alles zu entdecken! Am besten, schnell wieder in's Boot – nach Lübeck, wie Excellenz doch wollten, um sich gut taktisch dem Feind auf die Flanke zu setzen – hier ist Reichstag jetzt, aber der letzte! Der letzte freie Tag in Dänemark, wenn Sie nicht helfen, mächtiger Adelshort! Aber wie sollen, wie können Sie .... denn sehen Sie, es muß heraus – dort kommt schon die Schaar – Excellenz und Wohlgeborenes Fräulein auf die Friedrichsburg zu setzen! Das ist schlimm, sehr schlimm! – Aber ich will doch freie Hände behalten, damit ich von Außen Ihnen beistehen und beikriechen kann! Beisitzen hilft Excellenzen Nichts. Ich sage also flüchtiges Lebewohl auf Wiedersehn! Das ist gut, sehr gut! Aber wann ... aber wo? Nur getrost – das ist gut!

Sperling gab Ulfeld noch einige Bogen mit den allerneusten, wichtigsten Nachrichten aus dem Schlosse, der Stadt und dem Lande, Leonoren einen Knäuel Bindfaden und verlor sich dann unter der Menge.



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