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Im Vorzimmer des jugoslawischen Innenministers wartete Polizeirat Woyka, dem Ministerium für besondere Verwendung beigegeben. Kurz nach der Anmeldung bat ihn der Minister in sein Arbeitszimmer.
»Sie können sich denken, welche Aufgabe Ihrer wartet.«
»Ein Feldzug gegen die Verschwörer?«
»Ganz recht, und es ist noch etwas Besonderes dabei … In einer halben Stunde erwarte ich einen deutschen Kriminalbeamten, Herrn Kriminalrat Gysander, um dessen Entsendung wir auf diplomatischem Wege gebeten haben. Sie sind Kroat, Herr Woyka?«
»Nein, ich bin in Laibach geboren, also Slowene. Meine Eltern sind aus der Lausitz eingewandert, sie waren Wenden, ich bin also blutmäßig Wende.«
»Sie verstehen gut die deutsche Sprache?«
»In meinem väterlichen Haus wurde meist deutsch gesprochen, außerdem habe ich in Graz studiert.«
»Das ist sehr gut, der deutsche Herr versteht außer etwas russisch keine slawische Sprache. Ich erwarte, daß Sie sich ihm mit Ihrer ganzen Kraft und Erfahrung kameradschaftlich zur Verfügung stellen. Herr Gysander ist als hervorragend begabter Polizeibeamter bekannt, und Sie haften mir für sein Wohlergehen.«
»Ohne ehrliche Kameradschaft ist ein so schwerer und gefährlicher Kampf gar nicht durchzuführen.«
»Der Meinung bin ich auch. Natürlich stehen Ihnen alle Kräfte des Königreiches zu Gebot. Sie sind bevollmächtigt, in meinem Namen zu handeln, also im Namen Seiner Majestät des Königs. Der hohe Herr ist sehr ungehalten, weniger wegen der Verschwörung wir werden mit den kroatischen Stechmücken sehr bald aufräumen als wegen des uferlosen Warenschmuggels, der an der dalmatischen Küste betrieben wird.«
»Und von dem der Trebinjacschmuggel nur eine besondere Abart ist«, warf Woyka ein.
»Wir dürfen uns vor dem Beamten des Großdeutschen Reiches nicht blamieren.«
»Ohne Sorge, Exzellenz, wir werden unser Bestes tun.
»Das habe ich nicht anders erwartet.«
Der Diener trat ein und meldete den deutschen Herrn.
Der Minister begrüßte ihn herzlich in deutscher Sprache:
»Seien Sie uns willkommen, Herr Kriminalrat, ich bedaure, daß Sie unser schönes Land nicht aus einer freundlicheren Veranlassung besuchen.«
»Ich bin im Dienst meines Vaterlandes auf Befehl meiner Vorgesetzten, und das ist die freundlichste Veranlassung, die ich kenne«, antwortete Gysander mit kühler Höflichkeit.
Der Minister wurde um einen Schein förmlicher, als er die Zurückhaltung des deutschen Beamten bemerkte:
»Darf ich Sie mit dem tüchtigsten Polizisten des Königreichs bekannt machen … Herr Polizeirat Woyka, der Ihnen gewissermaßen als Adjutant zur Verfügung steht.«
Die beiden Herren reichten sich die Hände und sahen sich prüfend in die Augen. Die Prüfung schien auf beiden Seiten befriedigt zu haben, denn Gysander wurde etwas aufgeschlossener:
»Ich hoffe, wir werden uns verstehen, Herr Polizeirat.«
Woyka verbeugte sich achtungsvoll.
»Sie werden einen guten Kameraden an Herrn Woyka haben«, fuhr der Minister fort. »Was gedenken Sie zunächst zu tun?«
»Nach dem Grundsatz unseres großen Feldherrn Moltke ›getrennt marschieren und vereint schlagen‹.«
»Dann bitte ich Sie zunächst in Belgrad zu bleiben und sich die Akten anzusehen. Ein junger Beamter wird Ihnen als Dolmetsch beigegeben, indes Herr Woyka voraus ins Kampfgebiet geht … Dann bitte ich Sie und auch Sie, Herr Polizeirat, heute zum Diner meine Gäste zu sein. Wir speisen um fünf Uhr …« Die beiden Herrn verbeugten sich, und der Minister fuhr fort: »Herr Woyka wird Sie ein wenig in die Sehenswürdigkeiten Belgrads einweihen, so können Sie das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden … Ich habe die Ehre meine Herren … Auf Wiedersehen zum Diner.«
Er reichte seinen Gästen die Hand und klingelte dem Diener, sie zu geleiten.
Woyka meinte, als sie in den Wagen des Ministeriums stiegen:
»Vielleicht fahren wir wegen der Akten nach der Polizeidirektion. Sie prüfen, was Sie benötigten, und der Bote kann es Ihnen unter Verschlußmappe nach dem Hotel bringen. Ich kann Sie dann auch mit der Eigenart unserer Sicherheitsbehörden bekanntmachen.«
»Einverstanden, ich habe mich, soweit dies durch Veröffentlichungen möglich war, unterrichtet. Sie sind ja wohl im Umbau des ganzen Polizeiwesens begriffen. Mich interessiert in erster Linie Ihre freiwillige Dorfpolizei, von der hoffe ich die sichersten Nachrichten zu bekommen.«
»Sie ist aber nur im Süden des Landes gut ausgebildet, um dem Räuberwesen entgegenzutreten.«
»Ich dächte, sie bestände auch in Dalmatien, von wo aus anscheinend der Schmuggel über See geht.«
»Er kann auch über das Gebirge in Slawonien getrieben werden.«
»In Dalmatien möchte ich zunächst die Fahndung beginnen.«
»Ich stehe zur Verfügung, werde also nach Dalmatien voraus reisen, indes Sie hier erst die Berichte lesen. Wenn ich nicht irre, ist gestern wieder eine umfangreiche Antwort auf eine Anfrage der Berliner Kriminalpolizei abgegangen.«
»So, das interessiert mich sehr.«
»Wir werden bei der Kriminalabteilung der Polizeidirektion die Akten vorfinden.«
Gysander vertiefte sich in das Aktenmaterial, das ihm ein junger Kriminalbeamter verdeutschte. Und er sah, daß sein Vorgesetzter recht hatte, wenn er seine Aufgabe nicht nur als schwierig, sondern auch als gefährlich bezeichnete. Aus einigen Fällen ging hervor, daß die kroatischen Schmuggler vor keiner Tat zurückschreckten, wenn es sich um ihr eigenes Sein oder Nichtsein handelte. Die Berechtigung des Schmugglergewerbes schien ihnen vollkommen natürlich. Sie sahen darin eine Art Naturrecht, das ihnen der Staat gewaltsam unterbinden wollte. Jedes Mittel dagegen dünkte ihnen Notwehr und erlaubt. Dazu kam der untilgbare Nationalhaß der Kroaten gegen die Serben.
Woyka hatte, während Gysander mit dem Aktenstudium beschäftigt war, seine Abreise sorgfältig vorbereitet. Er hatte sich seinen ersten Gehilfen, den Inspektor Stojan, nach der Wohnung bestellt und ihn angewiesen, einen Paß auf den Namen eines deutschen Kunstmalers Müller zu besorgen. Das ging insofern sehr gut, da er recht talentvolle Aquarelle in seinen Mußestunden malte. Beim Verbrecher, wie beim Polizisten ist es wichtig, gute Papiere zu haben.
Herr Stojan war pünktlich zur Stelle. Er ahmte seinen verehrten Meister in jeder Beziehung nach, sogar im Äußeren, so daß er fast das genaue Abbild Woykas war. Nicht nur trug er den herabhängenden serbischen Schnurrbart, er hatte auch den lauernden Polizeiblick des Meisters angenommen. Nur wenige Jahre jünger, war er seinem Chef treu ergeben, mutig und gehorsam. Er stammte aus Susak und war nach seiner Militärzeit in Wien Schutzmann gewesen, sprach ebenso gut deutsch wie kroatisch und galt als ein fähiger Beamter in der Abteilung.
Die beiden Polizisten sprachen lange und eingehend. Boten kamen und gingen, brachten Pakete und holten Gepäck ab. Der Fernsprecher kam nicht zur Ruhe und endlich kurz vor elf Uhr stieg Woyka mit Stojan in eine Droschke, die in schneller Fahrt nach dem Bahnhof rollte, um den Nachtschnellzug nach Agram zu erreichen, wo er gegen acht Uhr früh ankam.
Von Agram bis Spalato quälte sich die Bahn durch die öde Karstlandschaft. Glühend brannte die Augustsonne auf die kahlen Felsen, an deren Fuß vereinzelte Bäume standen. Elende Hütten klebten an den Berghängen und silberner Kalkstaub legte sich auf alle Dinge. An den wenigen Haltestationen rannten schwitzende Jungen mit dem eintönigen Schrei »Pivo! Pivo!« am Zug entlang, um ihr abgestandenes und bestaubtes Bier an den Mann zu bringen. Blonde schmucke Slowenenmädchen boten Tauben aus und fanden eher Abnehmer als die Pivojungen.
Der Belgrader Geheimpolizist lag schlafend auf dem harten Polster. Er hatte schon eine lange Eisenbahnnacht hinter sich. Sein Schlaf war gesund und tief, er schnarchte sogar ein bißchen. Das Fenster stand offen, der schwarze stinkende Dunst der schlechten serbischen Kohle schlug herein, es störte den Schläfer nicht, denn er war sehr müde.
Erst als der Zug in Ogulin hielt, wurde er wach; Reisende, die von Fiume und Susak kamen, eilten auf den Wagen zu, und einer stieg in das Abteil des Beamten. Der neue Fahrgast sprach mit dem Gepäckträger kroatisch, der ihm Kisten und Koffer durchs Fenster reichte.
Ein Geschäftsreisender wahrscheinlich, der seine Kunden für das Wintergeschäft besuchen will, denkt der Belgrader und legt sich wieder lang, um weiter zu schlafen. Aber der Reisende läßt das nicht zu, er ist umgänglicher Natur und fängt eine Unterhaltung an, der Polizist schüttelt unmutig den Kopf, aber der Neue glaubt, er sei nicht verstanden worden und fragt: »Capisce italiano?« Der andere schüttelt noch unmutiger den Kopf.
»Verstehen nix«, damit schließt er wieder die Augen.
Aber der hartnäckige Gesellschafter fährt unbeeinflußt fort:
»Ah, Sie sain a Daitscher, versteh i gut, hob i doch bei die Kaiserjäger in Wien gedient. Un wohin geht die Rais, wann ma frog'n derf.«
Der Geheime sah die Unmöglichkeit ein, und in richtiger Würdigung eines polizistischen Grundsatzes, daß man von jeder Bekanntschaft Nutzen ziehen könne, gab er seinen Widerstand auf und antwortete: »Nach Spalato.«
»Zum Vergniegen?«
»Nein, Geschäft.«
»Und in wos mochen Sie?«
»In Bildern.«
»Ah, ein Kunsthändler. Werden kain Glick hob'n, die Kroaten sain a arms Volk, die kaufen nur dos Netigste. Ich moch in Textilien, Wiener Stil, olles billig, Baumwolle, grelle Forben. Geschäft is schwer, auf die Inseln kaum wos zu machen, do kaufen die Lait alles von die Pascher.«
Der Geheime horchte auf. Da war man ja an dem entscheidenden Punkt. Jetzt galt es vorsichtig zu sein und mit allen Vorsichtsmaßregeln das gefährliche Gebiet anzupürschen. Erst mal eine Zigarette. Er zog sein Etui aus der Tasche und bot dem Reisenden eine deutsche Marke an.
»Ah, dos ist wos seltenes hier. Hobens do viel von?«
»Nun, ich habe etwas zwischen meiner Wäsche herübergepascht. Die serbischen Zollbeamten sind sehr milde.«
»Besonders gegen die Raichsdaitschen, die hob'ns sehr gern.«
»Wegen der Zigaretten?«
»O main, von wegen dem Geld, dos sie im Land lassen.
Wir hob'n ah fainen Tabak hier, is ober sehr taier, wenn man ihn nicht von die Schmuggler kauft.«
Der Geheime wurde hellhörig:
»Schmuggler, wer glaubt heute noch an Märchen.«
»Hoben's aine Ohnung, Herr …«
»Müller ist mein Name.«
Die Landschaft wurde immer wilder, lange Strecken unendlicher Öde, graue Klippen, verbranntes Gesträuch, karge Blumen und darüber fahler, verdunstender Sonnenschein. Eintönig geht das Stampfen der Maschine, das Rollen der Räder und ihr taktmäßiges Stoßen an den Schienenenden: eine einschläfernde Musik, ein giftfreies Schlafmittel. Der kroatische Reisende erlag zuerst der Macht des lullenden Geräusches, der nachmittäglichen Augusthitze und dem ermüdenden Einerlei der trostlos dürren Landschaft. Seine Augenlider wurden breit und rot, fielen endlich zu und bald verkündete ein leises Röhren, daß er eingeschlafen war.
Ob der Schlaf echt war? Der erfahrene Polizist kannte das Mittel, die Wirklichkeit eines Schlafes von der Verstellung zu unterscheiden. Er nahm seine Pistole aus der Tasche, prüfte die Sicherung, löste den Patronenrahmen aus dem Kolben, staubte ihn umständlich ab, schob ihn wieder an Ort und putzte mit dem Taschentuch an dem Kolben herum, wobei er die Mündung dauernd in der Richtung seines Gegenübers hielt. Er sah, wie dessen Augen leise zuckten, aber er zwang sich zur Unbefangenheit und tat, als ob er nicht das geringste bemerkt hätte.
Donnerwetter, hat der Kerl Nerven, dachte er, das ist sicher ein Großer der Gaunerzunft‚ vielleicht gar der Hauptmann selber. Nun, er wollte noch stärkere Mittel anwenden. Immer die Waffe sorgsam putzend, spannte er den Hahn und richtete harmlos leichtfertig die Mündung gerade auf den Kopf seines Reisegefährten.
Dies Mittel half. Jäh sprang der Mann auf, sein Gesicht trug alle Zeichen des Schreckens.
»Mensch, sains varrickt, mit dem gelodenen Schießeisen ainem vor dem Kopf herum zu hontieren?«
»Keine Aufregung, ich verstehe mit solchen Dingern umzugehen. Es wird langsam Abend und Nacht, da sieht man sich vor in einer so wilden Gegend.«
»Stecken's dos Ding weg, wir sain hier nicht in die olbonischen Berg, Raiber hot's hier kaine. Die Kroaten sain friedliche Lait, die tun kainem nix.«
»Und die Pascher?«
»Ah bah, wenn ma die nicht stört, do sains froh und ganget jedem aus dem Weg.«
Sollte der angebliche Müller jetzt einen Schuß ins Schwarze tun? Aber ja. Was konnte ihm geschehen? Er hatte seine Pistole mit sieben Schuß in der Hand, der andere saß ihm anscheinend unbewaffnet gegenüber und war ein fetter schwächlicher Mann. Also antwortete er:
»Wenn man sie aber stört?«
»Dann wehren sie sich und baißen. Ober wir … Nu wir kaufen ihnen höchstens ein poor Kilo Tabak ob.«
»Da halte ich mit, aber ich kenne das, ein Fremder bekommt selten etwas ab.«
»Wortens nur noch ain Stindchen. Wann wir in die Gegend von Radac kommen, do is Moschinenwechsel, vielleicht finden wir schon auf dem Bohnhof ainen, wo uns Tabak besorgt. Ober es muß sehr haimlich geschehen.«
Der Zug fuhr jetzt durch die grauenhaft wilden Vorberge des Velebit, dessen höchste Gipfel sich fast auf achtzehnhundert Meter erheben. Tief einschneidende Bäche bilden unheimlich düstere Schluchten. Bizarre Felsen starren aus grauem Geröll, Urwald in den Schluchttiefen, Höhlen und Schlupfwinkel, die nur den Hirten und Jägern bekannt und zugänglich sind. Hier haust auf den Hochklippen die Gemse und die zierliche Wildziege, Adler und Geier horsten in diesen unwirtlichen Steintürmen.
Im Velebit ist das Wunderland der Schmuggler. Die zahnartig gegliederte Küste voll von Inseln und Inselchen, die Gelegenheit, schnell in dem dicht herantretenden Bergwald zu verschwinden, machen es den Grenzern fast unmöglich, die Pascher zu fangen. Es würde eine Armee dazu gehören, die tausendtorige Bergwelt zu überwachen oder die Schmuggelware in den weit verstreuten Dörfern und Almhütten aufzufinden.
Um die kahlen hohen Gipfel spielte rot die Abendsonne, der Westwind trug den kühlen Atem der Adria herüber. Müller stand am Fenster und schaute gedankenvoll in die unwirtliche Einöde hinaus. Sein Reisegefährte hatte sich auf dem Polster ausgestreckt und rauchte mit Behagen eine deutsche Zigarette nach der andern.
Als der Zug die Station Radac erreichte, war die Dunkelheit vollständig eingetreten.
Maschinenwechsel auf einem jugoslawischen Bahnhof ist eine große Sache und dauert lange. Beamte und Arbeiter laufen schreiend und mit den Händen wirbelnd durcheinander, und zwischen einem Schwall slawischer Worte hört man plötzlich einen deutschen Ausdruck »Brrrremse«. So klein der Bahnhof ist, er hat doch eine Wirtschaft, in der es immer warmes Essen gibt. Und ein Haarkünstler ist auch da, an dessen Fenster ein Schild prangt, »Bubifrizura«.
Der Geheimpolizist öffnete jetzt das Fenster und lehnte sich hinaus. Er interessierte sich anscheinend ganz außerordentlich für das Gewussel der Menschen auf dem Bahnhof, in Wirklichkeit beobachtete er scharf seinen Reisegefährten, der hier viele Bekannte zu haben schien, denn bald hier, bald da wurde er angesprochen. Händeschütteln, ein paar freundliche Worte herüber und hinüber; sogar der Rotbemützte schien ein guter Freund von ihm zu sein, denn er sprach sehr vertraut mit ihm.
Nun verschwand er in der Wirtschaft, da war es auch für den Geheimen Zeit, den Zug zu verlassen, wenn etwas von Wert zu erkunden möglich war. Langsam stieg Müller aus, langsam schlängelte er sich durch die wirbelnden Menschen und landete an dem Schanktisch der Wirtschaft. Er bestellte sich auf deutsch eine Knackwurst und einen Spezial-Weißwein. Da bemerkte ihn der Reisende und trat auf ihn zu. Leise flüsterte er, es sei einer da, der Tabak habe. Kurz vor Abgang des Zuges werde des Paschers Tochter das Paket ins Abteil reichen, aber nicht vorn, sondern rückseits des Wagens.
Die neue Maschine setzte sich vor, und es wurde zum Einsteigen gerufen. Schleppend nahmen die Fahrgäste ihre Plätze wieder ein. Auch die beiden Reisenden hatten ihren Wagen bestiegen. Der Geheime hielt das Geld bereit und wartete auf das Mädchen mit dem Tabak.
Da, im letzten Augenblick hörte er ein leises Klopfen an dem Fenster auf der dem Bahnhof abgewandten Seite, und es stand eine niedliche Kroatin auf dem Bahnsteig. Das Mädchen kletterte aufs Trittbrett, öffnete die Tür und reichte ihm das Paket hinein.
In diesem Augenblick pfiff die Lokomotive, die Erschütterung vom Lösen der Bremsen ging durch den Zug. Müller gab dem Mädchen das Geld durch die offene Tür … da erhielt er einen Stoß, daß er kopfüber aus dem Wagen flog. Die Maschine setzte sich in Bewegung, und ehe der Geheime sich aufgerafft hatte, verschwand der Zug im Dunkel der Nacht.
Aus dem Schatten glitten drei Männer in dalmatinischer Tracht hervor. Sie warfen sich auf den Gestürzten, hoben ihn auf und tauchten schnell in die Finsternis des nahen Waldes. Müller war von dem Sturz so stark benommen, daß er keine Gegenwehr leisten konnte.
*
Fast um die gleiche Nachtstunde stieg auf dem Militärflugplatz in Belgrad ein schnittiger Zweidecker auf, der sofort eine scharf westliche Richtung einschlug. Es war ein französisches Kampfflugzeug, in dem nur der Pilot und ein Beobachter Platz hatten.