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Sport und Spiel

Der Sport hat sich in unserm Dasein eine so große Rolle erobert, daß es ein Fehler wäre, wenn man ihn ganz umgehen wollte; denn gerade der Sport mit seinen erhöhten Anforderungen an Körper und Geist, mit seinen Bestrebungen, Rekordleistungen zu erreichen, kann leicht dazu verführen die guten Sitten außer acht zu lassen. Ich sage ausdrücklich »kann«, möchte dem aber gleich entgegenhalten: beim vornehmen Menschen darf er es nie.

Ich denke hier gar nicht daran über das Für und Wider des Sportes zu reden. Das würde dem Rahmen dieses Buches gänzlich zuwiderlaufen; außerdem besteht kein Zweifel, daß ein mit Maß und Ziel betriebener Sport gesund ist für Geist und Körper.

Auch die einzelnen Arten jedes Sportes, ihre Ziele und Zwecke sind so gänzlich verschieden, daß es müßig wäre, nur ein Wort darüber zu verlieren.

Es mag sich jede Dame den ihr zusagenden Sport nach ihrem eigenen Geschmack – und wohl auch nach ihrem Geldbeutel – aussuchen. Wir können wohl teuere und billige, aber nicht vornehme und unvornehme Sportsarten unterscheiden. Jede Art ist vornehm, wenn sie nur vornehm betrieben wird; das sei die Richtschnur.

Wer sich an einem Sport beteiligt, soll es nur dort tun, wo es wirklich »fair« zugeht. Leider haben wir noch kein deutsches Wort, das uns den Ausdruck »fair« ersetzt; denn mit »anständig« oder »ehrlich« ist hier nicht das Richtige ausgedrückt.

Es kann jemand bei einem Wettbewerb den Sieg erringen, ohne daß er sich irgendwie gegen die bestehenden Sportgesetze vergangen hat; aber es kann dabei sein Spiel doch so gewesen sein, daß jeder wirklich anständige Sportsmann es innerlich als »unfair« verurteilen wird, und das ist ein schlimmer Vorwurf. Lieber verzichten Sie auf jeden Sieg als auch nur den Verdacht eines solchen Vorwurfs auf sich zu laden!

Durchaus unvornehm ist es, lediglich in Rekorden und Zahlen seinen Stolz zu suchen; diese müssen vielmehr auf einwandfreie Art erreicht sein.

Wer sich irgend einem Sport hingibt, der erkundige sich rechtzeitig bei einem Fachmann, welche offiziellen und inoffiziellen Richtlinien dabei zu befolgen sind; denn letztere sind es gerade, von denen oft die vornehme Ausführung abhängt.

Ich warne jede Dame, die in Sportskreisen verkehrt, hier über die einschlägigen Fragen das große Wort führen zu wollen, wenn sie diese nicht ganz genau beherrscht; denn man kann sich dabei fürchterlich blamieren. Gerade beim Sport spricht der Fachmann wohl im entsprechenden Kreise hin und wieder über die von ihm gemachten Erfahrungen, aber doch verhältnismäßig selten und nur, wenn eine Anregung dazu gegeben ist. Man wird es aber fast nie finden, daß er sich mit seinen Leistungen brüstet oder anderen sein Urteil aufzwingt; er hat es eben nicht nötig. Der Anfänger dagegen sucht oft nur zu gern das Gespräch auf seinen Sport zu bringen, und was ihm an wirklicher Erfahrung mangelt, sucht er durch scheinbar kluge Reden zu übertünchen; die kleinsten Erfolge werden ins Unwahrscheinlichste vergrößert und er ahnt nicht, wie lächerlich er sich dadurch macht.

Auf eine Eigenart des Sportes möchte ich noch hinweisen. Er bringt es leicht mit sich, daß bei seiner Ausübung unwillkürlich die Standesunterschiede sich verwischen; denn es wird eben nur die sportliche Leistung bewertet. Auch Damen gegenüber kann dabei der Herr nicht immer den Höflichen spielen. Achten Sie aber darauf, daß dies sich nicht über das Spiel oder die einzelnen Übungen hinaus ausdehnt, und wenn es danach ein Herr an der Ihnen schuldigen Höflichkeit fehlen läßt, weisen Sie ihn ruhig und bestimmt in seine Schranken zurück!

Bitte entgegnen Sie nicht: »Wir Damen wollen das gar nicht mehr, wir wollen den Herren gleichgestellt sein.« Gewiß mag die eine oder andere Dame so denken; dann lasse man sie ruhig gewähren! Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber sonst ist die Ehrfurcht vor den Damen in der guten Gesellschaft noch zum Glück etwas so Selbstverständliches, daß es gar keines Wortes darüber bedarf, und jede von Ihnen hat die Aufgabe dahin zu trachten, daß es so bleiben möge. Es wirft auch leicht auf die betreffende Dame selbst ein schlechtes Licht, wenn die Herren gerade ihr gegenüber es an der nötigen Höflichkeit fehlen lassen. Eine vornehme Dame muß es verstehen so auf ihre Umgebung einzuwirken, daß kein Herr sich getraut ihr gegenüber einen ungeziemenden Ton anzuschlagen. Tut er es trotzdem, dann hat er eben keinen Anspruch auf Vornehmheit und wird sich von selbst richten.

(Über Anzug beim Sport siehe Kapitel »Kleidung«.)

Ein kurzes Wort sei hier noch gesagt über das Hasard- und Kartenspiel.

Das Hasardspiel ist bei uns in Deutschland überhaupt polizeilich verboten, so daß ich mich nicht weiter damit befassen will. Aber auch bei den harmlosesten Spielen kann man es leider erleben, daß Damen, die sonst sich in jeder Beziehung beherrschen, so in Leidenschaft geraten, daß sie jede Haltung verlieren. Meine verehrte Leserin, wenn Sie von sich befürchten müßten, daß Sie der Spielteufel in dieser Weise packt, dann gebe ich Ihnen den guten Rat: lassen Sie das Spielen lieber ganz sein! Schon beim Herrn wirkt so etwas häßlich, wie vielmehr bei einer Dame!

Wenn Sie im Verlieren sind, so lassen Sie nie die anderen Ihren Ärger merken; denn darin offenbart sich ein Mangel an Erziehung. Wer es nicht versteht mit Gleichmut zu verlieren, lasse das Spielen lieber bleiben!

Daß peinlichste Ehrlichkeit auch bei kleinsten Einsätzen erforderlich ist, bedarf wohl keiner Erwähnung.


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