Friedrich von Raumer
Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit, Band 2
Friedrich von Raumer

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Fünftes Hauptstück.

Seit dem Jahre 1148 waren nur einzelne durch innere Neigung angetriebene Schaaren von Pilgern nach Palästina gewandert, alle Bemühungen der morgenländischen Fürsten und der Päpste, einen neuen großen Kreuzzug zu bewirken, aber ohne Erfolg geblieben. Denn der unglückliche Ausgang des zweiten Kreuzzuges unter Konrad III und Ludwig« VII, die Undankbarkeit der syrischen Fürsten und die Erschöpfung des Abendlandes durch den Verlust so vieler Menschen, schreckte von jedem ähnlichen Unternehmen ab. Hiezu kam, daß die Könige von Sicilien mit Hofränken kämpfen mußten, England und Frankreich sich unter einander bekriegten, des Kaisers Macht gegen den aufstrebenden Sinn Italiens und die päpstlichen Ansprüche gerichtet war, der Norden zu fern lag, und endlich Spanien sich kaum der näheren Feinde erwehren konnte. Nicht minder schlug die, besonders von den Päpsten gehegte Hoffnung, einige türkische Fürsten z. B. den Sultan von Ikonium für das Christenthum zu gewinnenAlexander III versuchte es 1169.  Math. Paris 79.  Concil. XIII, 92., durchaus fehl; und man muß 408 {1187} sich bei all diesen Verhältnissen eher wundern, daß der schmale christliche Küstenstaat so lange den Asiaten widerstand, als daß endlich Jerusalem einer so gewaltigen Übermacht erlag. Die Nachricht von der Eroberung dieser heiligen Stadt, weckte aber das gleichgültiger gewordene Abendland wie ein furchtbarer Donnerschlag. Reue und Gewissensangst, Zorn und Verzweiflung, Furcht und Hoffnung und Kriegsmuth, kurz Gemüthsbewegungen und Leidenschaften aller Art durchkreuzten sich und erzeugten Erscheinungen, wie man sie nur neunzig Jahre vorher beim Antritte des ersten Kreuzzuges gesehen hatte. Papst Urban III erlag dem SchmerzeNach einigen erfuhr Urban die Einnahme von Jerusalem nicht mehr; doch ist dies nicht unmöglich, wenn er den 19ten Oktober starb, wie Pagi c. 12 annimmt. Sonst finden sich Abweichungen über seinen Todestag: 30sten September, Chr. Cavense 926.  Festo Lucae den 18ten Oktober, Guil. Asmor. 74. den 20sten Oktober, Roger Hoved. 636.  Alberic. 373 373 schreibt festo Luciae wahrscheinlich für Lucae. Auf jeden Fall erfuhr Urban die Niederlage bei Hittin, und starb aus Schmerz.  Bromton 1147.  Vita Pontif. 477.  Bonon hist. misc., daß solch Unglück in seinen Tagen einträte, während die Regierung Urbans II durch die Gründung des jerusalemischen Staates sey verherrlicht worden. Gregor VIIIGregor Morra aus Benevent.  Aldimari 392.  Corner 777.  Suis vehemens castigaror, Pipin 13.  Heinrich Abt von Clairvaux lehnte die päpstliche Würde ab und ward Legat für Deutschland und Frankreich. Belgic. chr. magn. 222.  Gregorius a minus discretis putatus est per nimiam abstinentiam cerebro delirare, Guil. Neubr. III, 21.  Martin. Fuld. 1697.  Concil. XIII, 661.  Bullar. magn. I, 48. sein Nachfolger, ein Mann von strengen Sitten, bezeigte den größten Eifer für die Befreiung des Morgenlandes und erließ Schreiben an alle Christen:

»Ihr hörtet, welch schreckliches Gericht des Herrn über Jerusalem erging; ein Gericht welches uns so betäubt, so 409 {1187} in den tiefsten Schmerz versenkt hat, daß wir kaum wissen, was zu sagen, was zu thun sey und mit dem Propheten ausrufen möchten: ach daß meine Augen Thränenquellen wären, daß ich Tag und Nacht beweinen möchte die Erschlagenen in meinem Volke!Hemingford II, 36.  Ieremias IX, 1. Aber nicht bloß die Bewohner jenes Landes sündigten, sondern auch wir: denn überall ist Streit und Ärgerniß zwischen Königen, Fürsten und Städten; es ist, wie die Schrift sagtHosea IV, 1., keine Treue, keine Liebe, kein Wort Gottes im Lande, sondern Gotteslästern, Lügen, Morden, Stehlen und Ehebrechen hat überhand genommen und es kommt eine Blutschuld nach der andern. Dennoch sollen wir im Kummer nicht verzagen oder gar in Zweifel gerathen, als könne Gott, der im gerechten Zorn über die Menge der Sünden uns hart bestrafte, nicht durch Demuth und innige Reue versöhnt werden. Darauf also wendet eure Herzen und gebt, der Vergänglichkeit alles Irdischen eingedenk, eure Güter dem Herrn, von dem ihr sie empfingt; ja gebt ihm euch selbst! Was ihr sonst verlieren müßtet, wird euch dadurch erhalten und in himmlischen Vorrathshäusern niedergelegt, wo es der Rost nicht angreift und die Würmer nicht fressen. Nehmt also den Augenblick der Gnade wahr, errettet das Land wo der Brunnquell des Glaubens entsprang und vergeßt, wo der Himmel zu gewinnen ist, alle geringeren Zwecke!«

Gregor VIII erlebte den Erfolg dieser Bemühungen nichtVitae Pontif. 478.  Klemens III ein Römer, erwählt am 19ten December, früher hieß er Paulus und war Bischof von Präneste. Sigonius und Baronius c. 20 zu 1187.  Chron. Pisan. 191.  Alberic. zu 1188.  Bosov. annal.  Cassin. monach.  Morrona I, 151 über Gregors Grabmahl.: denn kaum war es ihm gelungen die Einwohner von Genua und Pisa auszusöhnen und dem Kreuzzuge geneigt zu machen, so starb er in der letzten Stadt. Sein 410 {1187} Nachfolger Klemens III beharrte indeß auf demselben Wege, und die Wirkung der Kreuzpredigten wurde noch dadurch erhöht, daß der Erzbischof Jorik von Tyrus und andere Gesandte und Flüchtlinge überall umherzogen, und die Unfälle der morgenländischen Christen aufs lebhafteste schildertenHist. des Templiers I, 161..

Zuvörderst eilten alle Templer und Johanniter, die sich in Europa aufhielten, ihrer Pflicht gemäß nach AsienVitae pontif. 478.  Dandolo 313.  Sismondi II, 264.  Pisan. monum. 976.  Marin. III, 261.; gleichzeitig rüsteten die italienischen Handelsstädte und König Wilhelm von Sicilien (der während seiner Kriege mit den Byzantinern viele Kreuzfahrer durch Überredung oder Gewalt vom Zuge abgehalten und gegen die Griechen gebraucht hatte) hielt sich nicht für unschuldig an dem Verluste des heiligen LandesWilh. Tyr. 625.  Pipin. 41.  Alberic. 369., und sandte deshalb noch eher als die übrigen eine Hülfsflotte unter Margarits Anführung nach Asien. Und so wuchs steigend die Bewegung nach allen Seiten, und neben Bußen, Gebeten, Klagegesängen und Fasten traf man die allgemeinsten, die umfassendsten Vorbereitungen zu neuen ZügenBelgic. chr. magn. 193.  Fere cunctae nominis christiani Provinciae, ad maturandum iter propositum, immensis apparatis studiisque favebant.  Guil. Neubr. III, 24.. Bald fragte man nicht mehr, wer mitgehe, sondern wer zurückbleibe? Und die Zurückbleibenden wurden als feige und weibisch verlacht und verspottetVisiauf I, 17., während Mütter ihre Söhne, Weiber ihre Männer befeuerten und klagten: daß die Schwäche ihres Geschlechtes sie von Heldenthaten zurückhalte. Kaum schien es der Reizmittel zu bedürfen, welche die Kirche aus der Fülle ihrer Macht den Pilgern bewilligte: Ablaß, Befreiung von Zinszahlungen, Schutz für die Güter der Abwesenden u. a. m.

411 {1188} Von entscheidender Wichtigkeit war es dagegen, welchen Entschluß Kaiser FriedrichIm December 1187 hatte Friedrich zwischen Ivois und Mosum (Mousson?) eine Zusammenkunft mit dem Könige von Frankreich, wo wahrscheinlich auch schon vom Kreuzzuge die Rede war. Gisleb. 387. in diesem Augenblick ergreifen werde: denn bei allem Eifer der Deutschen für die Befreiung des heiligen Landes, wollten doch nur wenige das Kreuz auf die bloße Aufforderung päpstlicher Gesandten wirklich annehmen. Mehre folgten schon den Ermahnungen einheimischer deutscher Bischöfe; das gesammte Volk gerieth aber erst in Bewegung, als Friedrich in der Fastenzeit des Jahres 1188 auf einem großen Reichstage in Mainz das Kreuz aus den Händen des Kardinalbischofs Heinrich von Albano und des Bischofs von Würzburg empfingArnold. Lubec. III, 27.  Vitriac. hist. hier. 1120.  Hist. hier. 1155.  Sanut. 195.  Godofr mon. und Clarav. chron. zu 1187.  Chron. Saxo.  Aquic. auctar.  Austr. chron.  Erfurt. chron. S. Petrin. zu 1188.  Gobelin 273.  Ludwig. reliq. II, 451.. Den Vorschlag, bloß seine Söhne nach dem Morgenlande abzusendenVinisauf I, 18., wies der Kaiser als unpassend zurück: denn er habe, obgleich im siebenundsechszigsten Jahre des Alters, noch Kraft genug sich, wie es sein Beruf erheische, an die Spitze der Christenheit zu stellen. Auch ging ihm dadurch nur ein älterer Wunsch in Erfüllung. Als er sich nämlich, bald nach der unglücklichen Schlacht von Legnano, wie gewöhnlich etwas vorlesen ließ und die Reihe Alexanders des Großen Geschichte traf, rief er aus: »Glückseliger Alexander, der du Italien nicht sahest! Glücklicher wäre auch ich, wenn ich nach Asien gezogen wäreRicobaldi istor. imper. 372.

Dem Beispiele des großen Kaisers folgend empfingen itzt das Kreuz: Herzog Friedrich von Schwaben, sein Sohn, die Herzöge Bertold von Meran und Ottokar von 412 {1188} Steiermark, Pfalzgraf Ludwig V von ThüringenArchiv für Süddeutschl. II, 253.  Corner 785.  Alberic. zu 1188.  Lambert. addit. zu 1188.  Histor. brevis 1351.  Ecelino Balbo nahm auch Theil am Kreuzzuge.  Verci Ecel. I, 50.  Desgl. die Grafen von Geldern und Holland.  Wilh. Egmond. 473.  Viele Pilger nennt das Gedicht von Landgraf Ludwig von Thüringen v. 1160 u. f., der Markgraf Hermann von Baden, der Erzbischof von Trier, die Bischöfe von Münster, Meißen, Lüttich, Würzburg, Passau, Osnabrück, Verden, Basel, Straßburg, viele Grafen und Edle, endlich in allen Theilen Deutschlands unzähliges Volk. Der Kaiser verfuhr bei dieser wichtigen Unternehmung, wie immer, mit Vorsicht, Besonnenheit und Nachdruck; vor allem aber lag ihm daran, daß in seiner Abwesenheit der Friede im Reiche nicht unterbrochen werde. Deshalb zerstörte er viele RaubschlösserGodofr. monach. zu 1188.  Raubschlösser de quibus rapinae vel telonea injusta fiebant., besonders an der Weser, und schlichtete Streitigkeiten zwischen dem Bischofe von Utrecht und dem Grafen von GeldernAquic. auct. und Chron. mont. sereni zu 1183., dem Grafen Balduin von Hennegau und dem Grafen von Namur, dem Markgrafen Otto von Meißen und seinem Sohne Albert u. s. w. Wichtiger noch waren die Verhältnisse zum Erzbischofe Philipp von Köln und zu Heinrich dem LöwenÜber den frühern Hergang siehe Buch IV, S. 313.. Jener war auf zwei Ladungen nicht erschienen, und veranlaßte den Kaiser zu der Klage: »er werde in seinem hohen Alter nochmals gezwungen werden einen Theil seines Reiches feindlich zu überziehen« –; aber der bevorstehende Kreuzzug machte beide Theile nachgiebiger. Philipp stellte sich auf dem Reichstage von MainzGodofr. monach. zu 1188. Philipp war auch in England gewesen und hatte mit seinem alten Feinde, Heinrich dem Löwen, Verbindungen angeknüpft.  Patje 150. und schwur, daß er nicht zum Schimpf des Kaisers ausgeblieben sey, oder Juden und Kaufleute hart behandelt habe; die widerspenstigen Bürger von Köln zahlten eine 413 {1188} beträchtliche Geldbuße, und mußten zum Zeichen ihrer Unterwerfung einen Theil des Grabens ausfüllen und die Stadtmauer niederreißen. Doch wurde die unverzügliche Herstellung des Zerstörten nachgelassen.

Heinrich der Löwe, welcher mit des Kaisers Erlaubniß schon im Jahre 1185 nach Deutschland zurückgekehrt war, hatte sich im ganzen zwar ruhig gehalten, aber doch den Verdacht erweckt, daß er Mißhelligkeiten mit Dänemark und dem Papste befördereArnold. Lubec. III, 28.  Corner 767. 775.  Math. Paris 99. Mathilde Heinrichs Gemahlinn blieb in Deutschland und starb in demselben Jahre. Stederb. chr. 867.  Der Papst hatte sich auf Bitten des Königs von England in Verona für Heinrich verwandt.  Bened. Petrob. 417, zu 1184., und Streit mit seinem Nachfolger, dem Herzoge Bernhard von Sachsen, vielmehr herbeiführe als vermeide. Aus Besorgniß, daß er während des Kaisers Abwesenheit in Deutschland größere Unruhen erregen werde, ließ ihm dieser unter drei Vorschlägen die Wahl: »er möge sich entweder mit einer theilweisen Herstellung seines früheren Zustandes und den väterlichen Gütern begnügen; oder auf des Kaisers Kosten dem Zuge beiwohnen und nach der Rückkehr vollständigere Entschädigung empfangen; oder eidlich versprechen, das Reich mit seinen Söhnen auf drei Jahre zu meiden.« Heinrich wollte nun weder in die Minderung seines Standes willigen, noch in seinem hohen Alter und in abhängigern Verhältnissen dem Zuge beiwohnen: mithin blieb ihm nur die Annahme des letzten Vorschlages übrig, auf welchen des Kaisers mächtiger Wille vielleicht auch am bestimmtesten hingedeutet hatte. – Allen Fehden und aller Ungebühr sollte ferner ein merkwürdiges und strenges Gesetz über den Landfrieden vorbeugenUrsp. chron. 301.  Mehr davon in den Alterthümern., welches man im November 1188 auf dem 414 Reichstage in Nürnberg erließ; endlich kehrte König Heinrich aus Italien nach Deutschland zurück, und übernahm während der Abwesenheit seines Vaters die Vollziehung jener Gesetze und die Verwaltung des Reiches.

Unterdeß waren Gesandte mit angemessenen Aufträgen abgeschickt worden an den König von Ungern, den griechischen Kaiser, den Sultan Kilidsch Arslan II von Ikonium und an Saladin. König Bela von Ungern bewilligte friedlichen Durchzug und den Verkauf von Lebensmitteln nach bestimmten PreisenOrdinasse, quod centum equorum pabula marca emantur, similiter quatuor boves praestantes una marca, et caetera in hunc modum.  Godofr. mon. zu 1188.; so z. B. für eine Mark Silber Futter auf hundert Pferde, für dieselbe Summe vier gute Ochsen u. s. w. Johannes Dukas kam als Gesandter des Kaisers Isaak Angelus nach Nürnberg und schloß einen Vertrag ab, wonach die Griechen ebenfalls einen friedlichen Durchzug erlaubtenNicetae Isaac. Angel. II, 257.  Bosov. ann. zu 1189., und sich zur Lieferung von Obst, Gemüse, Heu, Stroh, und von allen nicht benannten Gegenständen anheischig machten, sofern sie irgend in der Gegend zu haben wären. Gleich günstige Versprechungen überbrachten die Gesandten des Beherrschers von Servien; und der Sultan von Ikonium äußerte gegen Friedrichs Abgeordneten, Gottfried von Wiesenbach: »er werde nach seiner alten Anhänglichkeit den Kaiser auf jede Weise unterstützen, und freue sich ihn persönlich kennen zu lernen.« – Aufrichtiger freute sich Friedrich, als von allen Seiten diese günstigen Berichte eingingen; nur die Antwort SaladinsFridericus glorificans deum, quod a regibus quos vix unquam nominari audierat, tauti haberetur.  Godofr. mon. zu 1188. war nicht so wie man sie wünschte, wohl aber so wie man sie erwarten mußte. Der Kaiser hatte es für unwürdig gehalten, ihn ohne vorherige Erklärung mit Krieg zu überziehen, und forderte in den, vom Grafen Heinrich von 415 {1188} Dietz dem Sultan übergebenen Schreiben: Genugthuung wegen der getödteten Christen, Herausgabe des heiligen Kreuzes und aller über die Franken gemachten Eroberungen. Diesem harten Begehren hatte man, um zu schrecken, drohende Erinnerungen an den Umfang des alten römischen Reiches, an Krassus und Antonius beigefügt, und eine prahlerische Aufzählung aller von dem deutschen Reiche abhängigen, oder dazu gehörigen VölkerstämmeVinisauf I, 18.  Math. Paris 102.  Histor. hieros. 1157.  Goggeshale 577.  Radulph. a Diceto imag. 640. Im einzelnen sind diese Schreiben vielleicht verfälscht, im ganzen ist um so weniger Grund sie zu verwerfen, da in dem was Saladins Namen an der Spitze trägt, dessen Titel vollkommen richtig verzeichnet sind. und Länder angehängt. Saladin antwortete: »er achte Friedrich und wünsche den Frieden, aber nur auf billige Bedingungen könne er die Hand dazu bieten. Man schreibe ihm drohend: im Falle der geringsten Weigerung solle dieser oder jener König, dieser oder jener Herzog, Markgraf, Bischof u. s. w. gegen ihn ziehen; aber leicht würde er, – wenn ihm anders ein solches Verfahren nicht mißfiele –, seinerseits eine noch weit größere Zahl von abhängigen Fürsten aufzählen können. Der Kaiser möge bedenken, daß es weniger Christen gäbe als Saracenen, und daß nicht große Landstrecken und unsichere Meere die Macht der letzten trennten und schnelle Hülfsleistung verhinderten. Dennoch wolle er, gegen Erneuerung des Friedens, Tyrus, Tripolis und Antiochien, welche Städte die Christen noch besäßen, nicht angreifen, allen Gefangenen die Freiheit schenken, alle vor dem ersten Kreuzzuge schon vorhandene Klöster und geistliche Güter herausgeben, und endlich den freien Zutritt zum heiligen Grabe und die Anstellung einiger Geistlichen bewilligen.«

Weil aber Saladin wohl wußte, daß diese Anerbietungen den beschlossenen Kreuzzug nicht aufhalten würden, so bereitete er sich zum Kriege und wandte sich an die 416 {1188} Griechen; welche dafür, daß ihnen die christlichen Kirchen in Palästina eingeräumt werden sollten, die Errichtung einer Moschee in Konstantinopel erlaubten und versprachen, die Kreuzfahrer wo möglich zurückzutreibenBohadin 130.  Math. Paris. 104.  Innoc. III, epist. XIII, 184.. So suchten die Byzantiner um diese Zeit ihre Rettung stets im Verderben der Nachbarn und in zweideutiger Staatskunst; nicht in Erneuung und Verstärkung ihrer eigenen Kräfte.

Nach langer und ernstlicher ÜberlegungHistor. hieros. 1158.  Bosov. ann.  Austriac. chron.  Godofr. mon. zu 1188.  Man nahm wohl auf Richards und Philipp Augusts Seezug Rücksicht. Auch segelten Deutsche gegen die Mauern in Spanien; aber die dortigen Christen trieben sie zurück, fürchtend daß sie den Leichnam des heiligen Jakob von Compostella stehlen wollten. Hierauf steuerten sie nach Afrika, eroberten die Stadt Albeir, tödteten die Bewohner und machten große Beute.  Godofr. mon. zu 1189. beschloß Kaiser Friedrich, mit Rücksicht auf die gleichzeitig anzutretenden Pilgerfahrten der Könige von Frankreich und England: der Kreuzzug soll beim Mangel an Schiffen für eine so große Anzahl von Menschen nicht zu Wasser, sondern zu Lande angetreten werden; keiner darf vor dem, auf das Frühjahr 1189 festgesetzten Aufbruch hinwegeilen, weil dies die Kräfte schwächt und die Ordnung verringert; jeder der das Kreuz nimmt, muß die Kosten des Zuges auf zwei Jahre bestreiten können. Damit aber diese Beschränkung nicht die Zahl der Theilnehmer übermäßig herabsetztOtto S. Blas. c. 31.  Vitae Pontif. 478.  Chron. mon. ser. zu 1188., entrichten die Zurückbleibenden den Zehnten von ihren Gütern zur Unterstützung des Unternehmens.

Mit dem Anfange des Mais 1189 versammelten sich die Pilger aus allen Theilen Deutschlands bei Regensburg. Man zählte, die Bürger, Geistlichen, Knechte und 417 {1189} Fußgänger ungerechnet, an 20,000 RitterGislibert. 398.. Alle zogen die Donau hinab und vereinigten sich in Wien mit einigen Abtheilungen, die, des Harrens ungeduldig, schon auf andern Wegen vorausgeeilt waren. Hier erfolgte eine neue Säuberung der Pilger: man wies an 1500 Untaugliche, Diebe und Huren zurück, und wiederholte das Verbot, Hunde und Jagdvögel mitzunehmenGuil. Neubrig. III, 21.. Nachdem Herzog Leopold VI von Österreich seinen Kaiser ehrenvoll empfangen, für die Herbeischaffung von Lebensmitteln gesorgt und manchen beschenkt hatte, fuhr Friedrich die Donau hinab; das Heer folgte zu Lande und es fehlte nicht an Wägen zur Fortschaffung der Kranken und Ermüdeten. Bei Preßburg, auf der Gränze von Ungern, sammelten sich die Kreuzfahrer zum zweiten Male: es war bis dahin kein Unfug begangen worden, und nur die Einwohner des Städtchens Mauthausenv. Hormayr Werke III, 247. an der Donau hatten, durch das Erpressen von Zöllen, einen gewaltsamen Widerstand der Pilger herbeigeführt. Um ähnlichen Ereignissen vorzubeugen, entwarf der Kaiser mit seinen Räthen hier neue Gesetze über die Mannszucht und den Frieden, deren strenge, unausbleibliche Vollziehung Schrecken und Gehorsam herbeiführte: denn selbst zwei Edle aus dem Elsaß wurden bald nachher bei Belgrad hingerichtet, weit sie den Frieden gebrochen hatten.

In Gran empfing König Bela mit seiner Gemahlinn den Kaiser aufs feierlichste, und gab ihm zu Ehren manche Feste und Jagden an den Ufern der Donau. Noch größer wurde die Einigkeit und das Zutrauen, als Herzog Friedrich von Schwaben sich mit einer Tochter Belas verlobteFriderici exped. asiat. 506.  Hist. hieros. 1159.  Arnold. Lubec. III, 29. und viele Ungern, so wie früher schon Böhmen, freundlich in das Heer aufgenommen wurden. Dies hatte, durch fruchtbare Gegenden vorausziehend und reichlich mit Lebensmitteln versorgt, die Drau erreicht und mußte sich, 418 {1189} weil das Durchwaten des Flusses unmöglich erschien, langsam auf Schiffen übersetzen lassen. Bei dem verfallenen Sirmium vorüber kam man nach Belgrad, dann zur Morawa, und überließ hier dem Könige von Ungern die, von Regensburg aus mitgenommenen Schiffe. Das Heer zog in vier Abtheilungen getheilt südwärts: die erste bestand aus Ungern und Böhmen, die zweite und dritte wurde vom Herzoge Friedrich und drei Bischöfen, die letzte aber vom Kaiser selbst geführt.

Mit dem Eintritt in die Süddonauländer erfolgten Angriffe der hier wohnenden Bulgaren: sie tödteten manchen Pilger mit ihren Pfeilen, spießten einzelne Gefangene und wurden erst geschreckt, als Kaiser Friedrich streng das Wiedervergeltungsrecht ausüben und eine ihrer Städte Brundusium zerstören ließ. Auf die Griechen fiel wegen dieser Feindseligkeiten zunächst kein VerdachtChron. mont. sereni und Godofr. l. c.  Reichersb. chron., weil man sehr gut wußte, daß die eingewanderten Stämme ihnen nicht gehorchten; als aber Gefangene bekannten, daß man die Bulgaren allerdings von Konstantinopel aus angereizt habe, entstand Argwohn, welcher noch höher stieg. da die Fürsten von Servien und Raczna dem Kaiser bei Nizza persönlich aufwarteten, für Lebensmittel sorgten und zugleich ihre treuen Dienste gegen die stets ränkevollen Griechen anboten. Friedrich aber antwortete besonnen, der Zeit und den Umständen gemäß: »er sey nicht gekommen Christen feindlich anzugreifen, sondern werde nur Gewalt mit Gewalt zurücktreiben.« Damit aber solchen Übeln vorgebeugt und alle Gründe des Zwistes beseitigt würden, hatte er schon früher den Bischof von Münster, die Grafen von Nassau und DietzDer Sohn des Grafen von Dietz, dessen 1177 bei der Versöhnung Friedrichs und Alexanders in Venedig Erwähnung geschieht.  Wenk hess. Gesch. I, 539. und seinen Kämmerer Markward mit einer ansehnlichen Begleitung nach Konstantinopel vorausgeschickt.

419 Dort regierte bis zum Jahre 1180 Kaiser EmanuelNicet. Chon. Emanuel.  Wilken hist. Comn.  Es ist nothwendig zu besserem Verständnisse, diese Übersicht der byzantinischen Geschichte einzuschalten., ein Mann der sich mehr durch körperliche Kräfte als durch geistige Anlagen auszeichnete, und dessen Leben nicht frei war von manchen Widersprüchen und seltsamem Wechsel des Glücks wie des Benehmens. Der Staat brauchte damals viel, und viel ward auch zu unnützen Ausgaben streng beigetrieben; der Einfluß der Geistlichen und Verschnittenen stand sich unnatürlich und nachtheilig gegenüber. Alter Stolz, unausführbare Ansprüche auf das ganze römische Reich, Sonderung von allen umgebenden Staaten in Hinsicht auf Sprache, Kirche und Bildungsweise, waren die Hauptursachen, daß die Byzantiner nirgends Freunde sahen oder gewannen, und sich nach allen Richtungen schwächten. Trat man auch bisweilen auf eine verständige Weise durch Heirathen in Berührung mit dem Abendlande, so wurde doch das Vertrauen durch zweideutiges Benehmen in der Regel sehr bald wieder gemindert; ja einige Male, wie z. B. bei der frevelhaften Behandlung der venetianischen KaufleuteBuch IV, Seite 229., gänzlich untergraben.

Emanuels Sohn und Nachfolger, Alexius II, war noch ein Kind. Während nun dessen Halbschwester Maria, sein Vetter und Vormund Alexius nebst mehren Großen ehrsüchtig und eigennützig unter einander haderten, erhob sich, allen gefährlich, Andronikus der Komnene, der Sohn von dem Oheime Kaiser Emanuels. Die Natur hatte diesem Andronikus Tapferkeit, Schönheit und die herrlichsten Anlagen verliehenNicetae Alexius II.  Wilh. Tyr. 1019, 1024.  Dandolo 313.  Aquic. auctar. zu 1184.  Sicardi chron. 609.  Robert. de Monte zu 1182.; dennoch versank er durch innere Gesetzlosigkeit ganz in Laster und Gräuel. Schon Kaiser Emanuel hatte 420 {1180 bis 1185} ihn deshalb verhaften lassen; aber er entkam, und seine Geistesgegenwart und Verschlagenheit führten ihn durch die mannigfachsten Gefahren und die sonderbarsten Abenteuer glücklich hindurch. Aus seiner Verbannung im Pontus eilte er itzt unter dem Vorwande herbei: er habe früher beschworen alles anzuzeigen und zu verhindern, was dem Reiche nachtheilig sey; und durch seine Vorzüge, geschickten Reden und treuherzigen Versprechungen täuschte er anfangs alle Menschen. Bald nachher aber griff er zu den Waffen, ließ Alexius den besiegten Vormund blenden, den jungen Kaiser nach heuchlerischen Ehrenbezeigungen erdrosseln und dessen Mutter Maria, die schöne Tochter Raimunds von Antiochien, ersticken. Angeberei, Verrath und Grausamkeit waren seitdem an der Tagesordnung, und besonders hart wurden die Lateiner verfolgt, weil der Vormund Alexius des zweiten sie zu sehr begünstigt und von ihnen Beistand erhalten habe. Das von den Geistlichen aufgereizte Volk ermordete die Unbesorgten, – selbst Kranke in den Krankenhäusern nicht ausgenommen –, raubte oder verbrannte ihre Güter und behandelte diejenigen als Sklaven, welche der ersten Wuth entgangen waren. Hieraus entstand natürlich ein KriegRadulph. a Diceto imag. 628.  Cassin. monach. und Chron. fossae novae zu 1185.  Tankred, der nachherige König, und der Admiral Margaritone befehligten.  Giannone XIII, 2.  Marin. III, 255-265., in welchem die Flotten König Wilhelms von Sicilien fast alle griechischen Küstenstädte mit nicht geringerer Grausamkeit und unter bitterem Hohne ausplünderten, und im Sommer 1185 selbst Thessalonich und Amphipolis eroberten. Unfälle dieser Art erhöhten den Argwohn des Andronikus, und er wollte, unter mehren, zunächst seinen Verwandten Isaak verhaften und wahrscheinlich hinrichten lassen. Dies befürchtend tödtete aber Isaak den Beauftragten und floh in eine Kirche, wo sich theilnehmend immer mehr und mehr Volk um ihn versammelte und ihn 421 {1185 bis 1189} endlich am 12ten September 1185 zum Kaiser erhob. Andronikus ward auf der Flucht ergriffen und mit entsetzlichem Hohn und furchtbarer Grausamkeit behandelt: er wurde geschlagen, getreten, in den Koth geworfen, bei den Haaren umhergezogen; man hieb ihm eine Hand ab, riß ihm ein Auge aus und hing ihn endlich, anderer Frevel nicht zu gedenken, bei den Beinen auf. Wie die Herrscher, so das Volk! Doch blieb Andronikus gefaßt bis zum Tode.

Der neue Kaiser Isaak, aus dem Geschlechte der Angeli, blieb in Konstantinopel; während sein Feldherr Branas die, zu unvorsichtig und in einzelnen Abtheilungen vordringenden NormannenDie Griechen lockten die Normannen listig vorwärts, als wäre ihnen ihr Beistand gegen Andronikus willkommen.  W. Tyr. cont. 624. am siebenten November 1185 bei Demetritza am Strymon besiegte und nicht wenige gefangen nahm. Diese Gefangenen ließ der Kaiser in schlechten Gefängnissen fast vor Hunger sterben, und vergebens stellte König Wilhelm vorNicet. Andronic. I, 190.  Isaac. Angel. I, 229-231, 257.: »nur in der Wuth der Schlacht sey das Tödten der Feinde zu entschuldigen; keineswegs aber dürfe man Christen, die in offenem Kriege gefangen worden, auf solche Weise umbringen!« Selbst Branas, der Besieger der Normannen, genoß nicht lange seines Ruhms, sondern ward, als er vom Kaiser abfiel, bezwungen und hingerichtet; wobei Isaak seine Freude sehr unedel zeigte, indem er dessen Haupt auf einer Schüssel bei einem Gastmahle hereintragen, dann an den Boden werfen und mit den Füßen umherstoßen ließ. Neben solcher Grausamkeit fand sich, wie so oft, charakterlose Unentschlossenheit, und unter Schwelgereien suchte man zu vergessen, welche Noth und Verwirrung und Gesetzlosigkeit überall herrschte! In dieser Lage war also das griechische Reich, als Friedrich I mit dem Kreuzheere erschien.

Sowohl der Kaiser IsaakDie Griechen hatten Saladin von Friedrichs Kreuzzuge benachrichtigt.  Schahabeddin 613., als die von ihm zur 422 {1189} Leitung des Zuges an Friedrich abgeschickten Bevollmächtigten, nahmen sich wankelmüthig, zweideutig und gaben den Pilgern Grund zu gerechten Klagen. So hatte man mit Vorsatz nicht hinreichend für Lebensmittel gesorgt, die Wege verderbt, die engen Pässe besetzt und vermauert und diejenigen Pilger feindlich behandelt, welche sich, Nahrung suchend, vom großen Heere entfernten. Nach langem Dulden erstürmte endlich Herzog Friedrich einen, von den Griechen besetzten, Paß mit Gewalt und erbeutete große Vorräthe. – Um dieselbe Zeit traf die Nachricht aus Konstantinopel ein, daß Isaak die deutschen Gesandten nach einem kurzen höflichen Empfange gegen alle Sitte ins Gefängniß geworfen habe, und zur Rechtfertigung dieses Verfahrens führte ein griechischer Abgeordneter an: die Verhandlungen mit dem Beherrscher von Servien erschienen um so verdächtiger, da die Könige von Frankreich und EnglandIn Bezug auf die Könige von Frankreich und England war dies gewiß eine Lüge. – Brandiz in confinibus Bulgariae.  Corner 786, wohl dasselbe wie Brundusium. und der Herzog von Brandiz geäußert hätten, Friedrich wolle das griechische Reich zerstören und seinem Sohne die Krone aufsetzen; auch sey der verheerende Zug der Pilger ein offenbarer Bruch der heiligsten Versprechungen. Nur wenn man Geißeln stelle und die Hälfte der, von den Saracenen zu erobernden Länder den Griechen abtrete, könne ein freier Durchzug verstattet werden.« – So sprachen die Griechen, im Fall eines gänzlichen Bruches mit den Kreuzfahrern auf türkische Hülfe rechnend; Kaiser Friedrich aber, der keineswegs geneigt war in Europa seine Kräfte zu erschöpfen, oder seine gefangenen Gesandten in Lebensgefahr zu bringen, gab zur Antwort: »gegen das griechische Reich hege er keine feindlichen Absichten und wolle gern die frühern Verträge halten; ja, sobald man seine Gesandten auf freien Fuß stelle, werde er sich zu allem bereit finden lassen, was nicht mit der Ehre Gottes und des Reiches streite.«

423 {1189} Während nun diese Botschaften hin und zurückgingen, erreichten die Deutschen PhilippopolisAm 25sten August 1189.  Innoc. III. epist. II, 210.  Frider. exped. asiat. 510.  Arnold. Lubec. III, 31.  Otto S. Blas. 31. und blieben vor den Thoren, bis große Regengüsse sie zwangen sich, nach einer Vertheilung griechischer Bevollmächtigter, in die Häuser einzulagern. Aber die meisten Einwohner hatten sich geflüchtet, und obgleich im Anfange der Überfluß von Lebensmitteln so groß war, daß man ein Huhn des Wohlgeschmackes wegen für acht Ochsen eintauschte, so raubten und plünderten doch einige aus Übermuth, weshalb die Zufuhr aufhörte und Mangel entstand. Erst als Kaiser Friedrich die Übelthäter zwang alles Geraubte zurückzugeben und einige hinrichten ließ, welche auf dem Markte geplündert hatten, kamen die beruhigten Handelsleute wiederum zur Stadt. Hätte Isaak so bestimmt den Frieden gewollt, wie der deutsche Kaiser, es wäre seinem Reiche doppelt vortheilhaft gewesen: aber auf den Grund der Wahrsagungen eines Mönches Dositheus, glaubte er noch immer, Friedrich wolle ihn verdrängen, und nahm desungeachtet nach allen Seiten nur halbe Maaßregeln. So schickte er die deutschen Gesandten zurück, welche Friedrich voll Freuden und mit den Worten empfingReichersberg. chron. zu 1189.: »ich danke Gott, daß ich meine Söhne wiedergefunden habe!« Anstatt aber die, hiedurch erzeugte günstige Stimmung zu benutzen, ließ Isaak Schreiben überreichen deren Fassung und Inhalt von neuem beleidigen mußte. Während er sich nämlich lächerlich übertriebene Titel beilegteDer Titel lautete: Isachius a Deo constitutus imperator, sacratissimus, excellentissimus, potentissimus, moderator Romanorum, Angelus totius orbis, haeres coronae magni Constantini, dilecto fratri imperii sui, maximo principi Alemanniae.  Frid. exped. asiat. 510.Se post deum esse dominum Dominantium.Godofr. monach. zu 1189., nannte er Friedrich nur den ersten Fürsten Deutschlands und verlangte, daß dieser ihn, für freien Handel und 424 {1189} friedlichen Durchzug, als höheren Lehnsherrn anerkenne. Friedrich gab die Schreiben zurück und bemerkte: »Isaak mag sich Kaiser der Romanier, er darf sich aber nicht Kaiser der Römer nennen. Daß er die deutschen Gesandten befreite, ist zwar gut: allein ich kann den Herzog von Schwaben und die außerdem verlangten sechs Geißeln erst dann stellen, wenn die Griechen dagegen andere von der höchsten Würdigkeit ausliefern. Übrigens vertraue ich Christo, für den ich streite, und meinen Gefährten, daß ich nie nöthig haben werde solche Bedingungen einzugehn, wie sie Isaak Angelus vorzuschlagen gewagt hat.«

Ungeachtet dieser Erklärung dachte man in Konstantinopel noch immer an Krieg, und der Patriarch predigte in Gegenwart vieler LateinerSchreiben Kaiser Friedrichs in Martene coll. ampl. I, 909.: daß ein Grieche, der zehn Griechen umgebracht habe, und nun hundert Kreuzfahrer erschlage, bei Gott Vergebung seiner Sünden erlange!«

Über alle diese Streitigkeiten mit den Griechen schrieb der Kaiser klagend an seinen Sohn, den König Heinrich, und fügte hinzu: »bemühe dich, daß Venedig, Genua und Pisa zum nächsten Frühjahre Schiffe gen Konstantinopel senden, damit man diese Stadt, wenn sich Kaiser Isaak nicht in allem Billigen nachgiebig zeigt, zu Wasser und zu Lande bestürmen und einnehmen kann. Treib alle noch rückständigen Gelder bei, und sende sie über Venedig nach Tyrus. Laß, weil nicht eigene Macht, sondern Gott die Könige errettet, überall für das Kreuzheer in den Kirchen beten.«

Friedrich, welcher in der Hoffnung auf eine baldige und vollständige Einigung mit dem Kaiser Isaak, seinem Heere Ruhetage vergönnt hatte, brach endlich, des Zögerns überdrüssig, auf und erreichte am 22sten November Adrianopel, während sein Sohn Herzog Friedrich einige andere Städte mit Gewalt nahm und die sich widersetzenden Griechen überall zurückschlug. Hierüber erschrocken verstattete 425 {1189} endlich Isaak den friedlichen Fortzug der Pilger; weil diese aber erst mit dem Frühjahre nach Asien übersetzen sollten, so kam jener nochmals auf seine alten Grillen zurück und glaubte unter andern: Kaiser Friedrich werde (wie Dositheus geweissagt habe) vor Ostern sterben. Ferner behandelte er die deutschen Gesandten ungebührlich, als wären sie seine Unterthanen und ließ sie, ob sich gleich Bischöfe und Grafen darunter befanden, nicht niedersitzen. Diese Unhöflichkeit bestrafte Friedrich dadurch, daß er gegen die an ihn geschickten griechischen Gesandten den Schein übergroßer Höflichkeit annahm und deren Bediente und Stallknechte mit ihnen auf ganz gleichem Fuße behandelte, zum Zeichen, daß zwischen ihnen allen kein wahrer innerer Unterschied vorhanden sey. Als aber dennoch einer der Gesandten Friedrich nur als Schutzherren der StadtAdvocatum urbis Romae.  Belgic. chron. magn. 198.  Nicet. Isaac. Angelus II, 262.  Append. ad Radev. ib. epist.  Histor. hieros. 1159. Rom bezeichnete und hinzufügte: »er müsse dem heiligen Kaiser Isaak Angelus als seinem Oberen, und um so mehr gehorchen, da er mit den Pilgern wie in einem Netze gefangen sey,« – so gab ihm Friedrich mit schreckender Würde zur Antwort: »durch Wahl der Fürsten und des Papstes Bestätigung bin ich Kaiser, nenne mich aber, meiner Sünden eingedenk, nicht einen Heiligen. Für jetzt hat uns Gottes Gnade die Regierung und Herrschaft auch im griechischen Reiche so weit gegeben, als wir deren zu unserem großen Zwecke bedürfen und die Netze, mit denen ihr prahlt, werden wir zerreißen gleich Spinneweben.« Ob nun gleich Friedrich hiedurch nochmals in ein feindliches Verhältniß zu den Griechen trat, so hielt er doch fortdauernd die strengste Mannszucht, und selbst fleischliche Vergehen wurden mit Ruthenpeitschen auf bloßer Haut und beschimpfendem Ausstellen bestraft.

Während des Winters lagen die Kreuzfahrer zerstreut zwischen Philadelphia und Konstantinopel; allmählich zog sie 426 {1190} Friedrich aber immer näher an die Hauptstadt hinan, ließ die Befestigungen von Philadelphia zerstören und gab den Gesandten der Königinn Sibylle von Jerusalem und des walachischen Fürsten Kalopetros Gehör. Jene behaupteten (obgleich ohne weitere Beweise), die Griechen wären gesonnen alle Kreuzfahrer durch Wein und Mehl zu vergiften, und Kalopetros versprach ein Hülfsheer von 40,000 Mann, wenn Friedrich, der römische Kaiser, sich auch die griechische Krone aufsetzen wolle. Noch einmal wies der besonnene Held, um seiner ursprünglichen Zwecke willen, diese einladenden Anträge zurück; aber schwerlich hätte er sich länger allen Launen der Griechen unterworfen: da überzeugte sich Isaak endlich von der dringenden Nothwendigkeit, die Pilger schnell durch seine Staaten hindurchzuführen und einen neuen Frieden zu schließen. Dieser, in der Sophienkirche feierlich beschworne, Friede setzte fest: »der griechische Kaiser entschädigt die gefangenen deutschen Gesandten nach Friedrichs weiterer Bestimmung; er trägt und erläßt allen durch Rauben, Zerstören der Städte, Erschlagen der Menschen u. s. w. angerichteten Schaden; sorgt, daß überall die nöthigen Lebensmittel zum Ankaufe vorgefunden werden, und stellt bei Kalipolis hinlängliche Schiffe zur Überfahrt nach Asien.« Beide Theile machten sich nunmehr wechselseitige GeschenkeDandolo 314.: Isaak gab vierundzwanzig Geißeln und verlobte seine Tochter mit Philipp, dem Sohne Kaiser Friedrichs.

Sieben Tage dauerte bei Kalipolis das Überschiffen, vom 23sten bis zum 29sten März des Jahres 1190. Man zählte 82,000 PilgerVinisauf I, 22.  Manche Angaben der Zahl sind viel höher; z. B. bis 50,000 Reiter, oder Ritter, oder Geharnischte (milites) und 100,000 kriegsfähige Männer.  Tageno und Frider. exped. asiat.  Godofr. mon. zu 1189 hat 300,000 Mann, darunter 15,000 electorum militum. 140,000 Reiter und die Zahl des Fußvolkes kennt nur Gott!  Dschihannüma Gesch. der Seldschuken, darunter sieben Bischöfe, einen Erzbischof, zwei Herzöge, neunzehn Grafen, drei 427 {1190} Markgrafen u. s. w. Friedrich selbst verweilte am europäischen Ufer, bis er sich überzeugt hatte, daß keiner von den seinen zurückblieb; dann rief er, Asien betretend, aus: »lieben Brüder, seyd getrost und voll Vertrauen, das ganze Land ist in unsern Händen.« Hierauf wurde das Heer neu geordnet und abgetheilt: Herzog Friedrich von Schwaben führte den Vortrab, das Gepäck stellte man in die Mitte und brachte es, der bergigen Gegenden wegen von Wagen auf Lastthiere; der Kaiser deckte den Nachzug. Dennoch beunruhigten griechische Räuber, unbekümmert um die Versprechungen ihres Kaisers, die Pilger auf mancherlei Weise; wogegen diese aus Futtermangel nicht selten die grüne Saat abschnitten, und dadurch natürlich den Zorn der Einwohner erregten. So kam man unter Scharmützeln bis nach Philadelphia in Lydien und betrat bei Laodicea das türkische Gebiet.

Die Gesandten des seldschukischen Sultans Kilidsch Arslan von IkoniumFrider. exped. asiat. 515.  Histor. hier. 1160.  Bohadin 121.  Nach Godofr. mon. mußte Isaak auf Friedrichs Verlangen die Gesandten des Sultans von Ikonium frei lassen., welche den Kaiser schon in Europa begleitet, vor den Nachstellungen der Griechen gewarnt und viel von der Freundschaft der Türken geredet hatten, waren aller Bemühungen ungeachtet nicht im Stande gewesen, die Kreuzfahrer von Asien abzuhalten und verdoppelten itzt, nach einem tiefer angelegten Plane, ihre Versprechungen. Friedrich verbot deshalb jede Gewaltthat, jede Plünderung in den Staaten des Sultans; und die Kreuzfahrer wurden in Laodicea wirklich so zuvorkommend aufgenommen und so reichlich mit Lebensmitteln versorgt, daß der Kaiser ausrief: »hätten sich die griechischen Christen auf diese Weise gezeigt, kein Blut wäre vergossen und unser großer Zweck schon erreicht worden.« Wenn aber auch die Türken insgeheim damit umgingen, die Christen zu vertilgen, so verfuhren sie doch hiebei keineswegs so thöricht, als 428 {1190} die Griechen: sie hatten zu diesem Unternehmen dringendere Veranlassungen und viel größere Kräfte.

Im Vertrauen auf jene zuvorkommende Behandlung der Einwohner und die Fruchtbarkeit des Landes, zogen die Pilger rasch vorwärts, ohne sich hinreichend mit Lebensmitteln zu versorgenWenige hatten sich panes mellitos bereitet und vorsorglich mitgenommen.  Corner 787.  Otto S. Blas. 31.. Bald aber kamen sie in wüste, wasserlose Gegenden und die Noth nahm um so schneller überhand, weil alle Lebensmittel in abgelegene feste Plätze gebracht waren. Zudem umschwärmten beutelustige Türken das Heer Tag und Nacht und griffen bald die Vordersten, bald die Hintersten, überall die Vereinzelten an, konnten aber sehr selten zum Stehn und zum Kampfe gebracht werden. Nur einmal, als sie beim Aufbruche der Christen übereilt in das Lager drangen, fielen sie in einen Hinterhalt und wurden nachdrücklich geschlagen. Indeß schreckte dieser Unfall die anderen keineswegs von ähnlichen Versuchen ab und Friedrich, der zeither jeden Angriff vermieden hatte um nicht bundbrüchig zu erscheinen, beschwerte sich laut gegen die Gesandten des Sultans über das Verfahren der Türken. Diese entschuldigten ihren Herrn damit: daß er außer Stande sey alle die wilden, unstäten türkischen Stämme zu bändigen, deren Raublust oft ihn selbst treffe und deren Bestrafung ihm also gewiß willkommen seyn werde.

Einstweilen beruhigt, zog nun das Heer Nikopolis vorüber und gelangte durch unfruchtbare Gegenden in ein enges Thal. Am Ende desselben erhob sich ein Berg, welchen Herzog Friedrich mit dem Vorderzuge rasch hinanzog, während das Gepäck und der Kaiser mit dem Nachzuge zurückblieb. Hiedurch entstand in der Mitte eine Lücke, in welche die Türken eindrangen und zugleich das ganze Heer umringten. Aber der Kaiser führte mit der größten Anstrengung die Pilger den Berg hinanGodofr. mon. zu diesem Jahre.  Vinisauf I, 23.  Alles dies geschah im Monat Mai.  Append. ad Radev.  Hist. hier. 1160.; der Herzog eilte, 429 {1190} obgleich ihm ein Stein mehre Zähne ausschlug, seinem Vater zu Hülfe und die Türken wurden zurückgetrieben: jedoch erst nach einem harten Kampfe, weil selbst die verwundeten und zu Boden gestürzten noch Steine und Erdschollen auf die Christen warfen.

Zweifelhaft blieb es itzt, welchen Weg man einschlagen solle: denn die Hauptstraße war von den Türken so viel als möglich verderbt worden, und zur rechten zeigten sich undurchdringliche Wüsten; da führte endlich ein gefangener Türke das Heer links über die Berge in eine fruchtbare Ebene. Aber bei dem Hinabsteigen von dem steilen Gebirge verlor man wiederum viele Pferde und Gepäck, und die Ebene gewährte nicht die gehofften Erfrischungen, weil die leicht berittenen Türken alle Zufuhr abschnitten und nicht das mindeste ohne Gefecht zu gewinnen war. Nie hatten die Pilger Ruhe, zu allen Stunden des Tages und der Nacht wurden sie, bald durch Kriegsgeschrei, bald durch den Schall der Trompeten aufgeschreckt, und in sechs Wochen konnten sie die Rüstung nicht ablegen. Außerdem brach ein solcher Mangel ein, daß man sogar Pferdefleisch aß und Pferdeblut trank. Aber ungeachtet dieser schrecklichen Lage hielt Friedrich strenge Mannszucht und bestrafte, selbst nach dem Zeugnisse seiner FeindeSchreiben eines Befehlshabers an Saladin, bei Bohadin 121., jeden Frevel und jede Unzucht an den Geringeren, jeden Mißbrauch der anvertrauten Gewalt an den Vornehmen. So strenge Mittel kamen indeß nur gegen wenige zur Anwendung; im allgemeinen zeigten die Pilger in Noth und Gefahr eine fast unglaubliche Geduld und Ausdauer. Einzelne, welche verzweifelnd zu den Türken übergingenFrider. exped. asiat. 518-522. und dem Christenthume entsagten, galten für keinen wahren Verlust und der unverzagte Kaiser sprach: »wie konnten wir in solcher Gesellschaft glücklich seyn? Die Flucht jener Gottlosen ist eine erwünschte Reinigung des Heeres!«

430 {1190} Um diese Zeit baten die Gesandten des Sultans, daß sie, von einem deutschen Ritter begleitet, den Befehlshaber der umherschweifenden Türken aufsuchen dürften, damit sie ihn wo möglich durch Rath und Drohungen von weiterer Belästigung der Pilger abhalten möchten. Gern bewilligte der Kaiser ihr Gesuch, aber weder die Gesandten noch ihr Begleiter kehrten zurück, und es hieß, sie würden mit Gewalt von den Türken gefangen gehalten. Bald nachher offenbarte sich indeß der Verrath: am 14ten Mai 1190 erblickte man das Heer des Sultans von Ikonium, welches sich mit den umherschweifenden Türken vereint hatte und nach der geringsten Angabe 300,000 Mann stark warDiese Zahl hat Tegeno; 400,000 append. ad. Tadev.; 500,000 Frider. exped. asiat.  Gewiß sind alle übertrieben.. Welch eine schreckliche Aussicht bei der Minderzahl und der körperlichen Ermattung der Christen! Deshalb wandten sich alle Gedanken zum Himmel und der Bischof von Würzburg ermahnte die Versammelten: »sie sollten Hoffnung und Vertrauen nicht schwinden lassen und an das tröstliche Beispiel der heiligen Märtyrer gedenken; dann werde Gottes Geist und Hülfe allen nahe seyn.« Auch Friedrich sprach mit der Kraft und Festigkeit welche ihn nie verließ, und erinnerte: »daß nur der Tapfere auf Rettung hoffen könne, jeder aber der die Gefahr fliehe, darin umkommen müsse.« – Da stimmten alle einmüthig den deutschen Kriegsgesang an und kehrten, jedes Leiden vergessend, in ihre Zelte zu einer nur kärglichen Mahlzeit zurück. Mit dem Anbruche des Tages vertheilten die Bischöfe den Leib des Herren und schnell trat dann das Heer in Schlachtordnung.

Der feindliche Feldherr und Schwiegersohn des Sultans, MelechDschihannüma nennt Hotbeddin, den Sohn des Sultans, als Feldherrn., wollte sogleich angreifen; aber einer seiner angesehnsten Rathgeber brachte den Arm eines Türken in die Versammlung, welcher, trotz des starken Harnisches, von 431 {1190} einem Pilger abgehauen war, und sprach: »Herr, mit Männern welche so großen Muth und so gewaltige Waffen haben, ist nicht gut in der Nähe kämpfen; wir werden eher durch Zögern, Aushungern, Beunruhigen ihrer Meister werden, als durch eine offene Schlacht.« Viele stimmten dieser Ansicht bei, aber Melech vertraute der Überzahl seiner Mannschaft und drang auf eine schnelle Entscheidung. Sie ward ihm zu Theil: denn mit solcher Gewalt durchbrachen die Christen alle Reihen der Türken, daß 10,000 von diesen auf dem Platze blieben, die übrigen nach Ikonium flohen und Melech selbst, der mit dem Pferde gestürzt war, kaum sein Leben rettete. – Aber so großen Ruhm dieser Sieg auch den Pilgern brachte, so wenig wurde dadurch ihre äußere Lage gebessert: denn als beim Einbruche der Nacht kein Feind mehr zu sehen war und alle sich wieder um ihre Feldzeichen gesammelt hatten, befanden sie sich in einer öden, wasserlosen Gegend, Lebensmittel fehlten gänzlich, und den entsetzlichen Durst löschten manche mit dem Blute getödteter Pferde, oder nagten an ausgerissenen Rasenschollen. Erst am folgenden Tage erreichte man eine sumpfige Stelle und fand schlechtes Wasser und Gras für die Pferde. Ohne Salz und Gewürz gekochtes Esels- und Pferdefleisch galt für eine schätzbare Labung, und weil es durchaus an Holz fehlte, so machte man Feuer von Sätteln und alten Kleidern.

Über alle diese Umstände wohl unterrichtet erschien Melech und sprach zum Kaiser: »wenn ihr 300 Zentner Goldes, oder für jeden Kreuzfahrer ein Goldstück bezahlt, so sollt ihr Frieden haben und Lebensmittel erhalten;« Friedrich aber antworteteArnold. Lubec. III, 33.: »es ist nicht Sitte in unserm Reiche, noch Sitte bei den Kriegern des Kreuzes, sich mit Gelde einen Weg zu eröffnen. Mit dem Schwerte werden wir uns Bahn brechen, unter dem Beistande unseres Herrn Jesu Christi. Wenn dir aber als Lösung für alle Christen, zur Vertheilung an alle Türken, ein einziger 432 Byzantiner genügt, so will ich Befehl geben ihn dir auszuzahlen.« – Erzürnt sprach der hierauf abreisende Türke: »wenn ich in der Nacht nicht zurückkehre, so erwartet um die dritte Stunde den Angriff des ganzen Heeres.«

Manche ergriff itzt die höchste Besorgniß, sie nannten den ungebeugten Sinn des Kaisers nutzlose Halsstarrigkeit, sie drangen darauf sich rechts zu wenden und, unbekümmert um die Türken und das feste Ikonium, in höchster Eil nach den christlichen Landschaften zu ziehen. Andere hingegen stellten vor: man könne, bei dem Mangel an Lebensmitteln und den rings umherschweifenden Türken, die zu entfernten christlichen Besitzungen nicht erreichen, und der Noth ganz allein durch die Eroberung des, mit allen Vorräthen versehenen Ikonium ein Ende machen. Friedrichs Ausspruch entschied für diese Ansicht, er gelobte öffentlich dem um Hülfe angeflehten heiligen Georg eine Kirche zu erbauen, und befahl mit fester, ruhiger Haltung: »morgen schlagen wir, unter Gottes Beistand, das Lager auf in den Gärten des Sultans und finden daselbst Erfrischungen in Überfluß. Niemand aber darf bei schwerer Strafe vor dem vollständigen Siege plündern, Verwundete verbinden, oder sich irgend einer Zögerung verdächtig machen.«

Melech kehrte nicht zurück und mit dem Anbruche des Tages sahen die Pilger, wie sie von den Türken in einem Halbkreise umringt waren. Aber das Geschrei derselben blieb, weil sie jeden ernsten Kampf vermieden, an diesem Tage furchtbarer als ihre WaffenGodofr. monach., und am Abend erreichten die Christen wirklich des Sultans Gärten und fanden in denselben Gras, Wasser und manche Lebensmittel. Kein Feind ließ sich sehen, aber ein entsetzliches Gewitter und übermäßige Regengüsse störten die Ruhe der Nacht. Mit dem Anbruche des Tages erschienen türkische Gesandte und boten den Frieden, ungewiß ob aus 433 {1190} aufrichtiger Neigung, oder nur um Zeit zu gewinnen. Der Kaiser erwiederte: »zuvörderst müsse sein Gesandter, welchen die flüchtigen Boten des Sultans mitgenommen hätten, aus der Gefangenschaft befreit werden; dann möchten verständige Männer die Bedingungen gemeinsam entwerfen.« Friedrichs Gesandter kehrte hierauf zurück und verkündete, der Sultan wolle die Hauptstadt übergeben. Weil aber 60,000 Türken die Christen mittlerweile immer enger einschlossen, so fürchteten diese, daß man die verrätherische Absicht hege, sie während der glühenden Hitze des Mittags anzugreifen. Deshalb sonderte der Kaiser schnell das Heer in zwei Abtheilungen: er selbst wandte sich wider jene äußeren Feinde; Herzog Friedrich und Graf Florenz von Holland zogen gen IkoniumEs sollen nur 500 Pferde im deutschen Heere gewesen seyn. – Ikonium, so groß wie Köln, lag in einer fruchtbaren Ebene. Gärten und Weinberge wurden durch Bäche bewässert, welche von den abendlichen Bergen herabströmten und sich dann in einen See vereinigten. Die Stadt ist noch jetzt bedeutend, hat Gräben und Mauern und zwölf durch Thürme geschützte Thore.  Append. ad Radev.  Otter. voyage I, 60.  Kinneir I, 331.; in der Mitte blieben die Kranken, die Priester und das Gepäck.

Von allen Seiten drangen itzt die Türken auf die Pilger ein, und die Größe der Gefahr preßte selbst dem standhaften Kaiser den Wunsch ab: »er wolle gern jede andere Noth ertragen, wenn nur das Heer ungefährdet in Antiochien wäre.« Als aber die seinen wirklich anfingen zu weichen, rief der Greis mit lauter Stimme und durch seinen Heldenmuth wunderbar verjüngt: »warum zögert ihr? Weshalb seyd ihr niedergeschlagen? Gottlob daß die Feinde endlich eine Schlacht wagen! Um den Himmel mit eurem Blute zu gewinnen, verließet ihr das Vaterland; jetzt ist die rechte Zeit, folgt mir, Christus siegt, Christus herrscht!« Mit diesen Worten sprengte Friedrich in die Feinde, es folgten ihm seine Mannen und in demselben Augenblicke gewahrte man die christlichen Fahnen auf den 434 {1190} Thürmen von Ikonium. Anfangs war nämlich Herzog FriedrichNicet. chron. a. h. a. durch die Menge der Feinde und durch die, hinter den Gartenmauern verborgenen Scharfschützen zurückgedrängt worden, dann ermunterte er kräftig die seinen; Fußgänger stiegen auf die Rücken der Pferde, man erklimmte die Gartenmauern und sprengte gleichzeitig ein Thor der Stadt. Auf allen Seiten flohen nunmehr die Türken, aber an 10,000 sollen an diesem Tage umgekommen seyn.

Mit großer Freude empfing der siegende Kaiser seinen siegenden Sohn, und die erbeuteten Vorräthe an Lebensmitteln und an Gelde verwandelten den bisherigen Mangel in Reichthum. Besonders fand man viel Gold und Silber in Melechs Hause: es war der Brautschatz, welchen der Sultan seiner Tochter mitgegeben und das Geld, welches Saladin, einer Angabe nach, überschickt hatte, um Söldner gegen die Kreuzfahrer zu werben. Der Sultan selbst, welcher anfangs den Gefechten von einem Thurme zusah, hatte sich, bei wachsender Gefahr, mit den Vornehmsten und mit vielen Kostbarkeiten in die, auf einem Berge belegene Burg gerettet, bat aber, weil er nicht hoffen konnte sich hier lange zu halten, nach dreien Tagen um Frieden, mit der EntschuldigungArnold. Lubec. III, 33.  Anon. Saxo 114.: daß er als ein alter Mann gegen seine eigene Neigung von den jüngeren zum Kriege beredet worden sey. Friedrich antwortete: »einem Kaiser darf die Milde nie fehlen; gegen Stellung von Geißeln, sicheres Geleit und Darreichung hinlänglicher Lebensmittel soll jede Feindseligkeit aufhören.«

Ungeachtet ihrer Siege waren die Kreuzfahrer bei weitem nicht so zahlreich als die Türken, und wünschten auf alle Weise ihren Hauptzweck zu beschleunigen: dies trug ohne Zweifel dazu bei, daß nur billiges verlangt wurde. Auch nahm der Sultan sogleich die Bedingungen an und 435 sandte dem Kaiser, so wie Melech dem Herzoge Friedrich große Geschenke. Das christliche Heer lagerte, um den Ausdünstungen der Leichname zu entgehn, einstweilen ausserhalb der Stadt in schönen Gärten, versorgte sich dann reichlich mit jedem Bedarf, und brach endlich gestärkt nach den südlichern Gegenden auf. Zwar beunruhigten umherschweifende Türken bisweilen noch die Pilger, und einige Erdstöße erschreckten einmal in der Nacht; zwar konnte man nicht ohne Anstrengung und manchen Verlust über die hohen Bergrücken klimmen: aber endlich erblickte man das tröstliche Zeichen des Kreuzes an den Wegen, über Pyrgos und Laranda hatte man die Besitzungen des christlich armenischen Fürsten LeoAlberic. 390 sagt: Fridericus regem coronavit in Armenia Gideonem (Leonem?).  Cf. App. ad Radev. und Godofr. monach. erreicht, welcher für Lebensmittel sorgte und den Kaiser bis Seleucia am Kalykadnus oder Seleph begleitete.

Alle Feinde waren nun bezwungen, der Weg nach Syrien frei und offen, nahe das ersehnte Ziel und Saladin so in Sorgen, daß er durch Gesandte aufs höflichste anbotBelgic. chron. magn. 198.: »der Kaiser und die Fürsten möchten selbst entscheiden, was er rechtmäßig besäße.« Von Tag zu Tage wuchs Friedrichs Ruhm, und alle seine früheren Thaten wurden durch diesen großen Zug überstrahlt und verklärt: denn während sein früheres Bemühen die gewaltige Herrschaft des Papstes zu brechen und die Christenheit von dieser angeblichen Sklaverei zu befreien, vielen keineswegs über Vorwürfe erhaben dünkte; so erschien dagegen sein jetziger Zweck das Christenthum in dem Lande herzustellen, wo es seinen heiligen Ursprung genommen hatte, des unbedingten Lobpreisens würdig und die ächte Krone seines thatenreichen Lebens.

Am 10ten Junius 1190 brach das Heer von Seleucia auf. Herzog Friedrich führte den Vortrab über den Kalykadnus, das Gepäck folgte und der Kaiser befand sich 436 {1190} beim Hintertreffen. Weil aber die Brücke über jenen Strom nur schmal war, so ging der Zug sehr langsam vorwärts, auch traten Zögerungen und Hindernisse anderer Art ein. Deshalb beschloß der Kaiser, dem aus mehren Gründen daran lag schnell zu seinem Sohne zu kommen, er wolle den Fluß durchschwimmen. Zwar warnten ihn einige der seinen, er möge sich nicht dem unbekannten Wasser anvertrauen: allein furchtlos, wie immer, sprengte er mit dem Pferde in den Strom. Der Greis hatte aber nicht mehr so viel jugendliche Kraft, als jugendlichen Muth: die Wellen ergriffen ihn gewaltig und rissen ihn fort, und als man endlich zu Hülfe kam und ihn aufs Land brachte, war er bereits entseeltFriedrich sey beim Baden ertrunken, erzählen mit geringen Abweichungen: Frid. exped. asiatica 526, Radulph. Mediol. 1195, Otto S. Blas. 35, Arnold. Lubec. III, 34, Bernard. Thesaur. 804, Sicardi chron. 611, Godofr. monach., Oliv. Schol. hist. reg. 1391, Append. ad Radev., Corner 788, Michaud II, 339 nach armenischen Berichten, Abulfeda zu 1190. – Er habe sich beim Schwimmen an einen großen Stein gestoßen und sey durch Ermattung ertrunken: Chron. ex libr. Pantal. 31.  Tageno sagt bloß, Friedrich sey plötzlich gestorben.  In fluvio Seleph equo decidens submersus.  Radulph. a Diceto imag. 656.  Dies bietet schon den Übergang zu den andern Nachrichten. Transeuntes ad quendam fluvium, quem propter asperitatem viae terrestris imperator transvadare cupiebat, sed equo non satis confisus, contra voluntatem omnium qui secum aderant, misit se in fluvium volens natando transire. Aliquamdiu vero natans victus ab impetu in medio flumine mersus est.  Chron. mont. sereni zu 1190. Die in den Text aufgenommene Erzählung bestätigen dagegen: Coggesh. chron. angl. 814, Hemingford II, 50 und Guil. Neubrig. IV, 1, 3, welcher indeß auch der andern Erzählung vom Baden erwähnt. Am bestimmtesten aber sprechen dafür Historia hier. 1162 und Vinisauf I, 24; sie erklären die Erzählung vom Baden geradezu für unwahr und dem Charakter des Kaisers ganz unangemessen. Darum bin ich ihnen gefolgt. Nach Schahabeddin 629 trieb das Wasser Friedrich fort, bis er mit dem Kopfe an einem Baume hängen blieb. Vergl. Harenbergs Abhandlung über Friedrichs Tod. Hannöversche nützl. Samml. Jahr 1757. Stück 87. S. 1370. Daß Friedrich bei Tarsus im Cydnus ertrunken, beruht auf einer Verwechselung dieses Flusses mit dem Kalykadnus.  Strabo XIV, 461.  Mannert VI. 2, 79.  Kinneir I, 316.  Manche fanden darinn einen Trost, daß der Kaiser wenigstens auf christlichem Boden gestorben sey.  Vinisauf l. c.. Die Bestürzung, der Jammer, die 437 {1190} Verzweiflung überstieg jedes Maaß: nach Friedrich wandten sich alle Gemüther, wie die Pflanzen nach der Sonne; der Kaiser, der Feldherr, der Vater sey verloren, nun könne, so klagten alle, ihnen kein Glück mehr aufblühenSiehe den Klagebrief Petri Blesensis No. 172.!

Zwar huldigte man dem Herzoge Friedrich von Schwaben, und ohne erheblichen Unglücksfall führte er das Heer bis Antiochien; aber die strenge Ordnung wich, und nach langem Mangel übernahmen sich so viele in den reichlich dargebotenen Lebensmitteln, daß itzt mehr an Krankheiten starbenDer verehrte Bischof Gottfried von Würzburg starb auch in Antiochien.  Corner 788.  Arnold. Lubec. III, 34., als auf dem ganzen Zuge durch das Schwert umgekommen waren. Andere kehrten, uneingedenk des noch nicht erfüllten Gelübdes, zu Schiffe in ihre Heimath zurück, oder zerstreuten sich nach mancherlei Richtungen, oder verkauften aus Geldmangel ihre Waffen; und nur der geringe, zum Fechten taugliche Überrest folgte dem Herzoge nach Tyrus. Hier begrub man in feierlicher Trauer Kaiser Friedrichs GebeineViscera et cerebrum et carnem suam aqua coctam et ab ossibus separatam sepelierunt in civitate Antiochiae.  Roger Hover. 651 und eben so Bromton 1165. Die Gebeine in Tyrus Sicardi chr. 612, Dandolo 314; wofür die Histor. hier. 1162 irrig Jerusalem setzt. Über die Sage, daß Friedrich I im Untersberge bei Salzburg Hof halte, und bald Waffengeklirr bald Gottesdienst zu hören sey, siehe Koch Sternfelds Geschichte von Berchtesgaden 75, und vereinte sich dann mit den Christen vor Akkon. Herzog Friedrich kämpfte tapfer und stiftete den Orden der deutschen Ritter; dann erlag er am 20sten JanuarHerzog Friedrich starb den 12ten (Schahabeddin 641) oder den 22sten mens Dsulhassiae, Bohadin 157.  Godofr. monach. erzählt vom Herzoge: Decumbenti, quum a Physicis esset suggestum, posse curari eum, si rebus Veneris uti vellet, respondit: malle se mori quam in peregrinatione divina corpus suum per libidinem maculare. Auf dem Rückwege kam unter andern Graf Witikind von Waldek um. Waldec. chr. 810. – Vom deutschen Orden wird anderwärts noch gesprochen werden. 1191 ebenfalls den Krankheiten, und die 438 {1190} Überbleibsel des so großen deutschen Heeres verschwinden seitdem in der Geschichte der Belagerer von AkkonNach Abulfeda und Ibn Alatsyr 510 kamen nur etwa 1000 nach Akkon, und auf der Rückfahrt nach Europa scheiterten ihre Schiffe, daß alle ertranken. Nach dem Gedichte über Ludwig von Thüringen scheint indeß die Zahl der Deutschen vor Akkon größer gewesen zu seyn..

So endete der dritte, mit den frohesten Hoffnungen begonnene, mit seltener Klugheit geführte Kreuzzug. Bei längerem Leben des großen Kaisers wäre er gewiß nicht in diesem Maaße vereitelt worden; indeß erschienen die unausweichbaren Schwierigkeiten, welche in dem Unternehmen selbst lagen, seitdem bedeutender und abschreckender als je zuvor.

 


 


 << zurück weiter >>