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{1149} Seit dem unglücklichen Ausgange des zweiten Kreuzzuges, nimmt die Geschichte des christlichen Morgenlandes eine immer traurigere Wendung. Denn in Europa war das Andenken an die Lässigkeit, ja den Verrath der dortigen Fürsten und Ritter viel zu lebhaft, als daß irgend einer sich von neuem für sie hätte aufopfern mögen; und die Türken, welche den syrischen Christen nicht bloß an Zahl, sondern auch an Bildung, Einigkeit und Charakterkraft überlegen waren, spotteten seit den gemachten Erfahrungen über die, ihnen ehemals so fürchterlichen Kreuzzüge.
Unter allen muhamedanischen Fürsten trat jetzt (nach dem Tode des ersten und der Abfindung des dritten Bruders) Nureddin, der Sohn Zenkis, bei weitem als der mächtigste und tüchtigste hervorDeguign. XIII, 1, p. 486. Abulfar. 267. Hist. des Templiers I, 118.. Er war, um zuerst das Äußere zu erwähnen, groß, wohl gewachsen und blond, kleidete sich einfach und trank nie Wein. So verwerflich sein großer Eifer für den Islam auch den Christen erscheinen mußte, so rühmten doch selbst diese an ihm Muth, Thätigkeit und edlen Stolz, und seine Unterthanen bewunderten 320 {1149} außerdem, daß er strenge Gerechtigkeit mit Milde und Mäßigung verbinde. Er baute Kranken-, Armen- und Waisen-Häuser, errichtete Moscheen, stellte die Mauern vieler Städte her, sorgte für Schulen und ehrte die Gelehrten. Vor allem schmückte er seine Hauptstadt Damaskus mit Moscheen, Akademien, Bibliotheken, Spitälern, Bädern und SpringbrunnenHammer Assassinen 152. Ebn-al-Athir in den Notices 576.. Er war sparsam mit Gnadenbezeigungen und so weit entfernt öffentliche Einnahmen zu andern als öffentlichen Zwecken zu verwenden, daß er seinem Weibe jährlich nur etwa zwanzig Goldstücke anwies und auf ihre, deshalb erhobene, Klage zur Antwort gab: »ich besitze nichts, sondern bin nur ein Schatzmeister der Gläubigen, und werde sie deinetwegen nicht betrügen und mir die ewige Verdammniß bereiten.« – Desto freigebiger sorgte er für die Soldaten und äußerte: das Lager wäre ihre einzige Heimath, und an Grundbesitz dürften sie sich nicht ketten.
Raimund von Antiochien erfuhr zuerst, wie gefährlich eine solche, immerdar schlagfertige Macht sey. Auf die Nachricht daß Annab, eine zwischen Apamea und Rugia gelegene Burg, unzureichend mit Lebensmitteln versorgt worden, begann Nureddin die Belagerung, hob sie jedoch wieder auf, als die Christen zum Entsatze herbeieilten. Ungeachtet dieses glücklichen Erfolges behauptete Raimund: »unser sind zu wenige, wir müssen weiter ziehen und eine sicherere Stelle zum Lager auswählen,« – wogegen seine überdreisten Begleiter erwiederten: »Berge, Wald und Sumpf schützen uns von allen Seiten, also wäre der Aufbruch thöricht und nur Zeichen der Furcht.« Hierauf gab Raimund zwar nach, fügte indeß, durch die Worte gereizt, hinzu: »ein Tapferer vermeidet keine Gefahr, aber nur ein Tollkühner sucht sie auf. Bald wird sich zeigen, ob die Tollkühnen stets die Tapfersten bleiben: denn ich fürchte, daß unsere itzige Zuversicht uns gegen keinen Feind schützen und Nureddin uns einschließen wird, wie eine Heerde in einen Stall.« – Seine 321 {1149} Ahnung betrog ihn nicht: denn kaum hatte der vorsichtige Türke erfahren, daß den wenigen Christen keine Verstärkung folge, so umzingelte er sie von allen Seiten mit größerer Macht, und siegte am 29sten Junius 1149Wilh. Tyr. 915 setzt die Schlacht auf den 29sten Junius 1143, Robert. de Monte auf den ersten August 1149; auch Abulfeda und Abulfaradsch 256 stimmen für dies Jahr; Trivet hat 1150. Siehe noch Cinnamus 54. Math. Paris 59. Dandolo 283. Michaud II, 216. Wilken III, 2, 3. – Berathungen in Frankreich über etwa zu leistende Hülfe. Petri Venerab. epist. VI, 18, 19. in dem ungleichen Kampfe. Raimund fiel tapfer fechtend, während die meisten seiner Begleiter ihn feige verließen; Harem, Apamea und mehre andere Burgen gingen verloren, über das unbeschützte Land drang Nureddin bis zur Küste und wusch, zum Zeichen seines Glückes und seiner Herrschaft, die Hände im Meere.
Raimund hinterließ zwei unmündige Söhne und zwei unmündige Töchter, über welche seine Wittwe Konstanze und der Patriarch Aimerich die Vormundschaft führten, und mit Nureddin, gegen große Aufopferungen, einen Scheinfrieden schlossen.
Gern würde Graf Joscelin von Edessa, der in so heftiger als unverständiger Feindschaft mit Raimund gelebt hatte, {1150} dessen Tod und die neu entstehenden Zwistigkeiten für sich benutzt haben, wenn nicht nach kurzem Glücke größeres Unglück über ihn und seine Besitzungen eingebrochen wäre. Nureddins Schwager, Sultan Masud, bedrängte ihn nämlich zuerst in Turbessel so sehr, daß er alle saracenische Gefangenen und zwölf Rüstungen ausliefern mußte. Dann gelang es zwar dem Grafen, – vielleicht mit Hülfe der, zum Entsatz von Hasart aus Jerusalem angekommenen Mannschaft –, Nureddin zu schlagen und seine Waffenrüstung zu erbeuten, welche er drohend an Masud sandte: allein auf dem Wege nach Jerusalem ward Joscelin im Mai 1150 von Turkomannen, die Nureddin in einen Hinterhalt gelegt hatte, gefangen und nie wieder aus der Haft 322 {1150} entlassenEr starb 1158. Wilken III, 2, 1.. Leicht eroberte Nureddin einen Theil der von Joscelins Weibe nur schwach vertheidigten Besitzungen, und wurde von weiteren Fortschritten nur durch die Angelegenheiten des inneren Asiens abgehaltenAbulfeda zu 1151. Abulfar. 256..
Glücklicher und ruhiger als die beiden nördlichen, äußerst geschwächten Staaten der Christen, war eine Zeit lang das Königreich Jerusalem: denn Nureddins Macht zeigte sich hier minder wirksamRobert. de Monte zu 1149. Trivet zu 1150., und von dem neu befestigten Gaza aus vereitelten die Templer alle Angriffe der Askaloniten und Ägypter. Bald aber erhob sich auch hier innerer Zwist. Die Königinn Melisenda hatte das Reich bisher mit männlichem Sinne verwaltet und Manasse, ihren Vetter, zum Reichsfeldherrn und ersten Beamten ernannt. Als dieser jedoch hiedurch stolz ward und die Edeln auf manche Weise beleidigte, so hielt Ehrfurcht vor der Königinn die Unzufriedenen nur kurze Zeit im Zaume; dann warfen sie die Augen auf ihren Sohn, den mittlerweile herangewachsenen Balduin.
Dieser war ein schöner Jüngling voll Muth und Verstand, der bereits mancherlei Kenntnisse, vor allem in der Geschichte und den Landesgesetzen, erworben hatte und das Erlernte, vermöge seines glücklichen Gedächtnisses, treu bewahrte. Überall zeigte er sich heiter und herablassend, ohne jedoch um geselliger Vergnügungen willen die Geschäfte zu vernachlässigen, oder das Leben mit lustigen Gesellen dem Umgange mit gebildeten Männern vorzuziehen. Diese guten Eigenschaften ließen bald vergessen, daß er in der Jugend oft Würfel spielte, und erst nach seiner Verheirathung keusch lebte.
Jene Mißvergnügten sprachen itzt zu Balduin: »du darfst Manasse, der deine Mutter dir abgeneigt macht, nicht länger dulden; auch ist es überhaupt Zeit dich aller 323 {1150} Weiberherrschaft zu entziehen und selbst die Regierung zu übernehmen: denn Vormundschaft findet nur statt über Geistesunmündige, denen du dich freiwillig nicht beizählen darfst.« Durch solche Reden bewogen, verlangte Balduin am Osterfeste 1151, daß er zum Könige gekrönt werde; worauf der Patriarch und einige andere besonnene Männer ihn, um offenen Zwist zu verhindern, dringend baten, er möge seine Mutter auch fernerhin als Mitregentinn anerkennen. Dieser Vorschlag stimmte so wenig mit Balduins Planen überein, daß er scheinbar jetzt von jeder Forderung abstand, am folgenden Tage aber, ohne Melisenden befragt zu haben, gekröntLaureatus. Wilh. Tyr. 918. auftrat und, durch den Grafen Ivo von Soissons und andere Vornehme unterstützt, eine Theilung des Reiches verlangte. {1152} Sie kam dahin zu Stande, daß er nach eigener Wahl Tyrus, Akkon und die Seeküste erhielt, Jerusalem und Neapolis hingegen seiner Mutter verblieb. Dieser mittlere Ausweg mißfiel jedoch beiden Theilen und schwächte auch in der That die, ohnehin geringen Kräfte des Reiches noch mehr: deshalb kam es zu einer neuen offenen FehdeRegina justo familiarius ad inimicos dei se habente, filius - - insurgit. Robert. de Monte zu 1152. Guil. Nang. erzählt, sie habe wahrscheinlich Hildefonsum comitem S. Aegidii vergiftet und seine Kinder, die sich in eine Burg ihres Oheims, des Grafen von Tripolis geflüchtet, den Türken verrathen. zwischen Mutter und Sohn, bis Melisende allen Ansprüchen auf die Herrschaft entsagte und sich mit Neapolis als Wittwensitz begnügte.
Sobald diese Unruhen geendigt waren, begab sich König Balduin nach AntiochienDaß dies nach Balduins Thronbesteigung war, sagt Wilh. Tyr. 919, doch begleitete ihn niemand aus dem früheren Antheil Melisendens. und fand daselbst Gesandte des griechischen Kaisers, welche der Gräfinn von Edessa, gegen Einräumung ihrer noch übrigen Städte und Schlösser, eine bedeutende jährliche Rente anboten. Getheilt waren die Meinungen, ob man jenen Antrag in der großen 324 {1152} Bedrängniß annehmen, oder ob man ihn verwerfen solle. Balduin stimmte für das erste: denn die Gräfinn könne den Sultanen von Aleppo und Ikonium unmöglich in jener, vierzehn Tagereisen von Jerusalem entfernten Gegend widerstehen, auch müsse man die an Zahl sich täglich mindernden Christen an einer Stelle zu doppelt kräftigem Widerstande sammeln. Im Fall es nun den Griechen gelänge jene Landschaften zu behaupten, so gewönnen die Kreuzfahrer dadurch einen Vortheil, der ihnen durch ihre eigene Macht unerreichbar wäre. – Aus diesen Gründen übergab man den Griechen alle zur Grafschaft Edessa gehörigeWieviel dies war, bleibt ungewiß. Wilh. Tyr. 920, Abulfeda III, 257., von den Türken noch nicht eroberte Orte; ein großer Theil der Einwohner zog aber mit Habe und Gut aus, um sich in den Besitzungen der abendländischen Christen niederzulassen. Kaum hatte sich dieser Zug in Bewegung gesetzt, so erschien das Heer des hievon wohl unterrichteten Nureddin; doch erreichten die Christen glücklich Aintab, eine schützende Burg. Am folgenden Tage stellte man die Unbewaffneten, die Weiber, Kinder und das Gepäck in die Mitte, der König führte das Vordertreffen, Raimund von Tripolis und Henfried der Kronfeldherr deckten den Nachzug. Ungeachtet dieser zweckmäßigen Vorkehrung wären die Christen vielleicht den unablässigen Angriffen ihrer Feinde erlegenAbulfeda erwähnt zu 1152 eines großen Sieges Nureddins über die Franken. Es ist vielleicht dieser., wenn diese nicht endlich aus Mangel an Lebensmitteln hätten zurückbleiben müssen. – Auf diese Weise kam also der Überrest der Grafschaft EdessaMan sprach noch immer von der Grafschaft Edessa, obgleich die Hauptstadt längst verloren war. Sanutus 189. an die Griechen, welche sie aber binnen Jahresfrist schon wieder an Nureddin verloren, und nie ist seitdem christliche Herrschaft in diesen Gegenden hergestellt worden.
325 {1152} König Balduin III ging von Antiochien nach Tripolis zum Grafen Raimund, welcher mit seiner Gemahlinn Hodierna, der Tante des Königs, in Zwist lebte. Ungeachtet aller Bemühungen desselben und seiner Mutter, der Königinn Melisende, kam keine Aussöhnung zu Stande; vielmehr beschloß Hodierna ihrer Schwester nach Neapolis zu folgen. Als aber Raimund den Abreisenden das Geleite gab, ward er nahe bei den Mauern der Stadt von Assassinen ermordet. Hiedurch in Wuth gesetzt, tödtete das Volk ohne Untersuchung alle Personen, deren fremde Kleidung oder Bildung als irgend verdächtig auffiel. Hodierna übernahm die Vormundschaft für ihren erst zwölfjährigen Sohn, Raimund III.
Neue Schreckensnachrichten anderer Art folgten diesem Unglücke. Während nämlich der größte Theil der jerusalemischen Macht bei Neapolis stand, um diesen offenen Ort zu schützen, drangen türkische, von den Nachkommen Ortoks angeführte Schaaren mit größter Schnelligkeit bis zur Hauptstadt und lagerten sich auf dem ÖlbergeDie Vorfahren der Angreifenden besaßen laut Wilh. Tyr. 922 Jerusalem vor der fränkischen Eroberung, mithin waren es Ortokiden. Sonst könnte man auch den Namen Hiaroquin, welchen jener Schriftsteller nennt, von Jaruk ableiten, der sich in der Gegend von Aleppo aufzuhalten pflegte, und von dem die jarukidischen Türken ihren Namen erhalten haben. Abulfeda zu 1169. Vergl. Wilken III, 2, 18.. Es galt diesmal Habe und Gut, Herrschaft und Leben. Deshalb eilten die Christen in zorniger Begeisterung herbei und schlugen am 23sten November 1152Oliv. Schol. reg. 1375. Dandolo zu 1152, p. 285. auf der Straße zwischen Jericho und Jerusalem ihre Feinde so vollständig, daß angeblich 5000 von ihnen ums Leben kamen.
Im neuen Vertrauen auf einen so großen unerwarteten Erfolg, und wohl unterrichtet von den inneren Unruhen Ägyptens, faßten die Christen im Januar 1153 den Beschluß Askalon zu belagern, von wo aus die Fatimiden 326 {1153} ihnen so oft Gefahr und Unglück bereitet hatten. – Askalon, so berichten die Geschichtschreiber, hatte die Gestalt eines Halbkreises, dessen Durchmesser zum Meere und dessen Umfang zum festen Lande gekehrt war. Das Land hob sich allmählich über die Meeresfläche und wurde von Erdwällen geschützt, auf denen doppelte Mauern von großer Stärke und viele Thürme von ansehnlicher Höhe standenWilh. Tyr. 924. Vitriac. hist. hier. 1070. Abulfarag. 257. Huil. Neubrig. I, 21.. Vier Thore, nach den vier Weltgegenden gerichtet, führten gen Jerusalem, Gaza, Joppe und zum Meere, welches jedoch hier keinen Hafen bildet, sondern ein sandiges und jedem Sturme ausgesetztes Ufer zeigt. Bloß gegen Mitternacht finden sich einige anmuthige Thäler, sonst erscheint die ganze Gegend unfruchtbar; kein Fluß berührt sie, keine Quelle entspringt innerhalb der Mauern, und die Brunnen und Behälter liefern nur kärgliches Trinkwasser. Mit Lebensmitteln hingegen, Waffen und Mannschaft war die Stadt itzt so reichlich versehen, daß die Zahl der Belagerten die der Belagerer um die Hälfte überstieg. Auch blieb die Einschließung von der Landseite, und durch Gerhard aus Sidon von der Meerseite, zwei Monate lang ohne allen Erfolg, bis der König befahl: daß alle, um die Zeit des OsterfestesOstern 1153 den 19ten April. in großer Zahl anlangende Kreuzfahrer und Pilger, nicht in ihre Heimath zurückkehren sollten, ohne bei der Belagerung Hülfe geleistet zu haben. Hiedurch mehrte sich nicht allein die Landmacht, sondern auch die Seemacht; aus den Masten der Schiffe und aus andern großen Bäumen erbauten die Christen Wurfzeug und einen hohen Thurm, der, als man ihn den Mauern näherte, über dieselben hinausragte. In diesem Augenblicke der, für die Bewohner aufs höchste gesteigerten Gefahr, erschien aber eine ägyptische Hülfsflotte; Gerhard mußte vor ihrer Übermacht entfliehen, Lebensmittel, Waffen und Mannschaft wurden ungehindert 327 {1153} ausgeschifft, und die Belagerten wandten sich von der Vertheidigung zu Angriffen.
Um dieselbe Zeit traf im christlichen Lager die traurige Nachricht ein, daß Nureddin Paneas, eine christliche Grenzstadt, belagere. Deßungeachtet schien es keinem gerathen, von Askalon hinwegzuziehen und sich durch übereilten Wechsel der Maaßregeln zu schwächen. Auch widerstand Paneas mit Erfolg und die Askaloniten wurden besonders durch die Besatzung jenes Thurmes von neuem hart bedrängt. Deshalb häuften sie an dieser Stelle eine große Menge Holz, warfen dasselbe, nachdem es mit Pech, Öl und andern Brennstoffen begossen war, über die Mauer und zündeten es an. Gewiß wäre der Belagerungsthurm sogleich in Flammen aufgegangen, hätte sich nicht plötzlich ein heftiger Morgenwind erhoben und die Glut zur Stadtmauer hingetrieben. Die ganze Nacht wehte der Wind und dauerte der Brand, bis endlich die Mauer, aufgelöset durch die ungeheure Hitze niederstürzte und hiedurch ein Eingang in die Stadt geöffnet war. Schleunig besetzte ihn der Großmeister der Tempelherren, Bernhard von Tremelai, ließ aber nur die seinen hindurch, damit ihnen in der mit Gewalt eroberten Stadt die beste Beute zu Theil werdeWilh. Tyr. 927. Dandolo 285. Robert. de Monte zu 1153. Die Histoire des Templiers I, 62, leugnet aus inneren Gründen die Beschuldigungen gegen die Tempelherren, und in der That mag das Unglück hauptsächlich daher entstanden seyn, daß die Bewohner sich vom ersten Schrecken bald erholten.. Sobald die Bewohner bemerkten, daß nur so wenige von dem christlichen Heere eingedrungen waren, faßten sie neuen Muth, erschlugen den Großmeister mit allen seinen Begleitern und versperrten jene Öffnung in solcher Schnelligkeit mit Balken, Steinen und Erde, daß sich die Christen gegen alle Erwartung in dem Augenblicke besiegt sahen, wo sie die Stadt schon als ihr Eigenthum betrachteten.
Nach diesem selbst verschuldeten Unfalle entstand Zwiespalt, ob man die Belagerung aufheben, oder fortsetzen solle. 328 {1153} Jenes verlangten die meisten weltlichen Häupter, und selbst Balduin neigte sich zu dieser Ansicht; auf Erneuerung des Kampfes bestanden hingegen der Patriarch, der Erzbischof von Tyrus, der Großmeister der Johanniter und einige andere. Endlich überwog die letzte Meinung. Am folgenden Tage kam es demnach zu einem neuen heftigen Gefechte außerhalb der Stadt, in welchem die Christen Sieger blieben und bis zu den Mauern vordrangen. In demselben Augenblicke ward ein ungeheurer Balken, welchen vierzig Saracenen herbeitrugen, von einem aus christlichen Wurfzeuge geschleuderten Steine mit solcher Heftigkeit getroffen, daß alle Träger zu Boden stürzten und von der Last zerschmettert wurden. Dies Unglück erzeugte mehr Schrecken und Verzweiflung, als mancher größere Verlust: die Askaloniten schickten nach gehaltenem Rathe Gesandten an König Balduin und boten ihm gegen freien Abzug die Übergabe der Stadt. Gern bewilligten die Christen, welche einen so schnellen und glücklichen Erfolg nicht erwartet hatten, das Verlangte, und gaben den Bewohnern und ihren Gütern sicheres Geleit bis Elarisch. Bald nachher aber wurden diese Unglücklichen von einem türkischen Emir, der ihnen selbst für Geld lange gedient hatte, treulos geplündert und kamen großentheils in der Wüste ums Leben. Balduin übergab die am 19ten August 1153Wilh. Tyr. 929 setzt die Einnahme auf den 12ten August 1154; Alberic. 323, Afflig auctar. dagegen auf das Ende des Augusts 1153, und Pagi reducirt richtig c. 9 auf den 19ten August dieses Jahrs. cf. Mathaeus Paris 65. Wilken III, 2, 27. besetzte Stadt seinem Bruder, dem Grafen Amalrich von Joppe und der Patriarch ernannte einen besondern Bischof; später ward jedoch Askalon, zufolge eines päpstlichen Ausspruches, wieder zu dem Sprengel von Bethlehem gelegt.
Mit dem Verluste jener wichtigen Stadt war den Fatimiden der Eingang in Syrien verschlossen1153 nach Abulfeda, oder 1155 nach Guil. Nang. plünderte eine sicilische Flotte Tunis, und 1156 schlossen nach dem Chron. Norm. 993 die Ägypter Askalon einen Monat lang von der Seeseite ein., und wegen 329 {1153} innerer Unruhen konnten sie an eine Wiedereroberung gar nicht denken. Abbas hatte durch Ermordung seines Stiefvaters Sallar das Vezierat gewonnen und herrschte im Namen des schwachen Chalifen Daffer, bis dieser, ungeduldig über die strenge Abhängigkeit, ihm Nachstellungen bereitete. Schnell aber entschloß sich der hievon unterrichtete Abbas dem Chalifen zuvorzukommen, bat ihn zu Tische und ließ ihn nebst seiner Begleitung im Jahre 1154 ermorden. Hierauf eilte er in den Palast, beschuldigte die Brüder des Chalifen der Frevelthat und erhob nach deren Hinrichtung den fünfjährigen Sohn Daffers, Fajetz Abu'l Kasem auf den Thron. Bei der Ungewißheit über den wahren Zusammenhang der Ereignisse, und durch die raschen Maaßregeln des Veziers eingeschreckt, schwiegen und gehorchten alle; dann aber kehrte den Soldaten, der Dienerschaft und dem Volke die Besinnung zurück, und während Ibn Razis Saleh aus Thebais mit feindlichen Absichten anrückte, entstand ein Aufruhr in Kairo, wo sich Abbas beim Stürmen seines Hauses nur dadurch rettete, daß er Gold, Silber, reiche Kleider und andere Kostbarkeiten unter die Menge werfen ließ, und während der hieraus folgenden Verwirrung entkam. Sobald dies kund wurde, setzte man ihm nach: aber tapferer Widerstand und ähnliche List retteten ihn mehre Male, bis er sich auf der Gränze zwischen Syrien und Ägypten für geborgen hielt; da drangen unerwartet die Franken hervor, erschlugen ihn und fingen seinen Sohn Nasireddin. Anfangs ließ man diesen, das Heil seiner Seele bedenkend, im Christenthum unterrichten; dann überwog der Reiz irdischen Gutes, und er wurde für 60,000 Goldstücke an Saleh ausgeliefert, der ihn hinrichten ließ, und zur Befestigung seiner Gewalt auch gegen andere vornehme Ägypter grausam verfuhr.
Leider fehlte es unter den Christen nicht minder an Ordnung und Einigkeit. Schon vor diesen Begebenheiten hatte nämlich Konstanze von Antiochien den Worten nach ihr Fürstenthum dem Schutze des griechischen Kaisers 330 {1154} übergeben, die Hand des schon bejahrten Cäsar Johann RogerÜber diesen Roger siehe Dufresne zu Cinnamus 142. – Oliv. Schol. hist. reg. 1375. Wilh. Tyr. 931. aber eben so, wie die Hand mancher anderen sehr ehrenwerthen Männer, ausgeschlagen. Endlich heirathete sie, zum Anstoß aller Besonnenen, Rainalden von Chatillon ihren Beischläfer, einen Kriegsmann, welcher mehr durch seine Schönheit als durch sein Herkommen ausgezeichnetDoch nennt Alberic. zu 1169 Rainald multis probitatibus famosum, wenn man nicht vielmehr improbitatibus lesen muß. und von einer Heftigkeit war, die ihn nie zu einer würdevollen Haltung kommen ließ. König Balduin willigte in jene Ehe, weil er sie nicht verhindern konnte; Aimerich aber der Patriarch von Antiochien, welcher hiedurch die, bisher mit Konstanzen getheilte Macht verlor, sprach verächtlich von Rainald und verweigerte ihm jede Unterstützung mit Geld. Da ließ der neue Fürst den, wenigstens durch Alter und Stand ehrwürdigen Mann gefangen nehmen, sein Haupt mit Honig bestreichen, und schutzlos den Strahlen der brennenden Sonne und den empfindlichen Stichen zahlloses Ungeziefers aussetzen. Erst nach einer dringenden Verwendung König Balduins und nachdem Aimerich, der Marter erliegend, seine Schätze ausgeliefert hatte, gab ihm Rainald nicht allein die Freiheit wieder, sondern ging auch, den Schein der Höflichkeit und Demuth annehmend, neben dem Pferde des Patriarchen her und führte es durch die ganze Stadt. Doch traute dieser keineswegs der Gesinnung eines solchen Tyrannen, sondern verließ Antiochien und wanderte nach Jerusalem.
Um sich nun wenigstens von einer Seite gegen manche Feinde zu sichern, suchte Rainald, nach dem Beispiele Konstanzens, die Belehnung des Kaisers Emanuel und griff TorosCinnamus 55, 80, 82., einen vornehmen Armenier an, der die Griechen aus Cilicien verdrängt hatte. Nach Besiegung desselben 331 {1155} zögerte aber der Kaiser mit jener Belehnung; weshalb Rainald, den überdies der höchste Geldmangel drückte, einen verwerflichen und grausamen Plünderungszug gegen das friedliche Cypern unternahm, wo ihn Johann, Emanuels Neffe und Michael Branas der Befehlshaber der Insel, anfangs zwar schlugen, dann aber zu weit verfolgten und im erneuten Kampfe von ihm gefangen wurden. Emanuel konnte sich itzt, wegen des Krieges wider die Normannen, nicht rächen, und Rainald verschwendete sehr schnell in Antiochien die frevelhaft gewonnenen Schätze.
Mit noch weit größerem Unrecht erwarb sich König Balduin, welchen Schulden drückten, im Jahre 1157 eine reiche Beute. Arabern und Turkomannen war durch einen feierlichen Vertrag erlaubt worden, ihre Heerden in den Wäldern um Paneas zu weiden. Hier überfiel der König die Arglosen, und wenige nur retteten Leben und Güter durch die Schnelligkeit ihrer PferdeWilh. Tyr. 940. Vitriac. hist. hier. 1115. Deguign. XIII, 1, 494. Histoire des Templiers I, 74.. Aus diesem Raubzuge entstanden neue Fehden mit Nureddin, welche um so unglücklicher geführt wurden, als das Recht auf dessen Seite stand, und auch seine Macht seit der Besitznahme von DamaskusEr gewann Damaskus durch heimliche Einverständnisse. Ibn Alatsyr in Michaud VII, 414. (im Jahre 1154) sehr zugenommen hatte.
Erst die Ankunft des Grafen Dietrich von FlandernDietrich hatte 400 milites und andere Kriegsbedürfnisse bei sich. Der erste Angriff auf Cäsarea fiel gegen das Ende des Jahres 1157, die Einnahme Anfang 1158, Theodorichs Rückkehr 1159. Alberic. 330. Chron. Norm. 993. Robert. de Monte zu 1157–1159. Afflig. auctar. Trivet zu 1157 u. 1158. Pagi zu 1157, c. 9. 1158 traten auch der Bischof von Halberstadt und Markgraf Albert mit vielen Mannen den Kreuzzug an. Chron. montis sereni verstärkte die Kräfte der Christen so sehr, daß sie um das Ende des Jahres 1157 auf neue Unternehmungen denken und Cäsarea am Orontes umlagern konnten. Die 332 {1157} Einwohner dieser Stadt, mehr des Handels als des Krieges kundig und keineswegs auf eine lange Belagerung vorbereitet. waren im Begriffe sich zu ergeben, als unter den Christen Streit entstand, weil Balduin die Stadt seinem Schwager dem Grafen Dietrich überlassen wollte, Rainald hingegen behauptete, sie gehöre ursprünglich zu seinem Gebiete. Hierüber wurde die Belagerung erst lässiger betrieben, dann sogar aufgehoben; und nur in Folge einer neuen Aussöhnung eroberte man den größten Theil des, sonst zu Antiochien gehörigen Landes, selbst Hareng und Cäsarea. {1158} Die letzte Stadt wurde geschleift, weil man nicht glaubte, sie in so großer Entfernung von den übrigen Besitzungen erhalten zu können; auch brach Nureddin, sobald er von einer schweren Krankheit wieder hergestellt war, von neuem hervor und kriegte zwar nicht mit entscheidendem Glücke, aber doch so, daß die Christen sich nicht auf dem linken Ufer des Jordans behaupten konnten.
Diese Fehden hatte ein, für beide Theile gleich verderbliches Erdbeben unterbrochen, welches im August 1157Abulfeda zu 1157. Amalrici regis epist. ad Ludov. VII, ep. 346, 355. Hama, Emesa, Cäsarea und mehre Städte zerstörte, in Antiochien und Tripolis den größten Schaden that und sehr vielen Menschen das Leben kostete. Im nächsten Jahre ward jedoch die Aufmerksamkeit schon wieder nach einem andern Punkte gerichtet.
{1158} Sobald Kaiser Emanuel den Krieg mit den Normannen beendet hatteÜber den Krieg Emanuels mit den Normannen siehe Buch IV, Seite 69., unternahm und vollführte er einen Zug gegen Cilicien mit solcher Schnelligkeit und solcher Umsicht, daß das ganze Land fast ohne Widerstand in seine Gewalt kam und Toros hülflos in die Gebirge fliehen mußte. Dieselbe Gefahr stand itzt dem Fürsten Rainald wegen seiner frevelhaften Plünderung Cyperns bevor, 333 {1159} weshalb er, von Frechheit schnell zu Kriecherei übergehend, in das griechische Lager bei Mamistra eilte. Mit bloßem Haupte und bloßen Füßen, die Ärmel aufgestreift und einen Strick um den Hals gebunden, fiel er vor Emanuel nieder und überreichte ihm, als seinem Beherrscher, ein entblößtes Schwert. Demungeachtet erhielt er nicht sogleich Verzeihung, und noch weniger die gesuchte Belehnung: denn der Patriarch hatte, im Angedenken der erlittenen Schmach, den Kaiser gegen Rainald eingenommen und König Balduin, welcher Emanuels Nichte Maria geheirathet hatteMaria hatte eine reiche Ausstattung bekommen, und Akkon war ihr dagegen als Wittwensitz verschrieben. Wilh. Tyr. 947. Emanuel sah eigentlich Balduins Ankunft nicht gern, da er ihn nicht begünstigen wollte; doch bewirkte der König für die Antiochier eine Minderung der Zahl ihrer Hülfsmannschaft., eilte ebenfalls herbei, um Antiochien für sich zu gewinnen. Der Kaiser sandte diesem vornehme Männer, selbst seine Neffen entgegen: aber so ehrenvoll der Empfang auch war, nahmen es die Griechen doch sehr übel, daß Balduin an einer Stelle abzusteigen wagte, wo dies, nach dem Hofgebrauche, nur dem Kaiser zustand. Auch hatte Emanuel, dem es unräthlich schien Antiochien mit Jerusalem zu vereinigen, jene Stadt bereits unter der Bedingung an Rainald überlassen, daß er seinen Befehlen gehorche, Hülfsmannschaft stelle und der Patriarch künftig in Konstantinopel ernannt werde.
Nach einer so bestimmten Anerkenntniß der Abhängigkeit, mußten die Antiochier den Kaiser feierlich in ihre Stadt einholen; wobei es jedoch allen sehr mißfiel, daß Rainald und viele Edle, neben Emanuel, der zu Pferde saß, einhergingen, König Balduin nur in der Ferne folgte und die Gewalt aller Behörden, während der Anwesenheit des neuen Lehnsherren, ein Ende nahm. Man hoffte indeß, der Kaiser werde binnen kurzem mit Heeresmacht gegen Nureddin aufbrechen und die alten Besitzungen der Christen wieder erobern: da bot dieser klüglich die Freilassung von mehren tausend christlichen Gefangenen und versprach den Griechen 334 {1159} Hülfe in ihren asiatischen Kriegen. Gern ergriff Emanuel, dem ungünstige Nachrichten aus den abendlichen Landschaften seines Reiches hinterbracht wurden, diesen ehrenvollen Vorwand einem Kriege zu entsagen, der schwerlich wäre mit Glück geführt worden und zog, ohne daß ihn die Seldschuken von Ikonium beunruhigtenNureddin ließ an 6000 Christen frei, auch den Großmeister der Templer. Der günstige Friede mit dem Sultan von Ikonium kam 1162 zu Stande. Cinnamus 82-94. Nicetas 72 sagt, die Türken hätten den Kaiser auf dem Rückwege von Antiochien viel Schaden gethan., durch Pamphylien und Lykaonien nach dem vordern Asien zurück.
So wurde die Abhängigkeit der morgenländischen Christen von den Griechen größer, ohne daß sie an Unabhängigkeit von den Türken gewannen: denn nur weil Nureddin mit dem Sultane von Ikonium in Fehde gerieth, {1160} konnte Balduin Plünderungszüge gen Damaskus unternehmen, Geld erpressen und einen Waffenstillstand erzwingen; als aber Rainald von Antiochien bald nachher ein ähnliches Unternehmen gegen Edessa wagte, ward er im November 1160 von MadschheddinMageddin, Madschdeddin (Ruhm der Religion) Nureddins Milchbruder starb 1169. Abulfeda III, 628. Rainald gefangen den 23sten Nov. 1160, im 18ten Jahre Balduins. Robert. de Monte erzählt dies irrig zu 1163 und auch Deguign. XIII, 1, 500 hat irrig den 24sten Nov. 1162. Höchstens kann zwischen 1160 u. 1161 gezweifelt werden, und da Balduin im Sommer 1161 in Antiochien war, so ist jenes Jahr wohl das richtige., dem Statthalter Aleppos zwischen Kressum und Marasch überfallen, gefangen und den seinen alle Beute abgenommen.
Seitdem sorgte König Balduin für Antiochien und verlobte Maria (die Tochter Konstanzens und Raimunds von Poitou), welche man das schönste Mädchen ihrer Zeit nannte, an den Kaiser Emanuel. {1161} Dessen Gesandter Johann Kontostephanos hatte nämlich zuerst um Melisende, die Schwester des Grafen von Tripolis geworben, welche aber, so oft 335 als sie zu Schiffe ging um abzusegeln, dergestalt erkrankte, daß man sie wieder aufs feste Land bringen mußte. Hierüber bangte dem Brautwerber Johann, er ging in die Kirche und erhielt durch Aufschlagen der Bibel den Ausspruch: »die Hochzeit ist zwar bereitet, aber die Gäste waren es nicht werthMathaeus XXII, 8. Nach der Epist. ad Ludov. VII, 48, 49 war Maria die Tochter Raimunds von Poitou; nach Alberic. zu 1167 zeugte Rainald mit Konstanzen drei Töchter: Maria welche den Kaiser Emanuel heirathete, Agnes die Gemahlinn des Königs von Ungern, und Adelheid die Gemahlinn des Markgrafen von Este. Schon um 1160 schrieb Rainald an den König von Frankreich: er möge die schöne Tochter des Fürsten von Antiochien an einen tüchtigen und mächtigen Mann vermählen, der sich im Morgenlande nicht finde. Cod. epist. Reginae Christ. No. 179, p. 40. Maria wurde nach dem Tode ihres Gemahls, durch den schändlichen Andronikus zum Tode verurtheilt.. Dies deutete er dahin, Melisende sey nicht in rechter Ehe gezeugt, und warb nun mit Erfolg um jene Maria von Antiochien; wogegen der Graf von Tripolis, zornig über den Schimpf und manchen unnützen Aufwand, die Küsten des griechischen Reiches durch Raubschiffe verheeren ließ.
Bei seiner Anwesenheit in Antiochien erkrankte König Balduin III und erhielt von Barak, dem Arzte des Grafen von Tripolis, Pillen, welche statt die Krankheit zu heben, sie plötzlich vermehrten und einen von Fieber begleiteten Durchlauf in Auszehrung verwandelten. {1162} Man gab einem Hunde von jenen Pillen und er starb nach wenigen Tagen; was den Verdacht einer Vergiftung allerdings erhöhte, obgleich es sonst an Gründen und Veranlassungen für dieselbe fehlte. Balduin ließ sich zuerst nach Tripolis, dann nach Berytus bringen, wo er im dreiunddreißigsten Jahre seines Alters, am 10ten Februar 1162 verschiedEpist. regum et princ. in Bong. No. 13. Alberic. zu 1162, desgl. Pagi c. 8. Melisende, Balduins Mutter, war am 13ten September 1161 gestorben. Wilh. Tyr. 950.. Fast keiner 336 {1162} von den Königen Jerusalems wurde so bedauert, wie Balduin III. Selbst Nureddin, den manche aufforderten, er möge die Christen in so großer Verwirrung anfallen, antwortete edelgesinnt: »man muß sie bemitleiden und ihren Schmerz ehren, denn sie verloren einen König, der jetzt auf Erden nicht seines Gleichen hatte.«
Balduins Regierung war nicht frei von kirchlichen Streitigkeiten: die erste fand statt zwischen dem Patriarchen und den Ritterorden, die zweite betraf die zwistige Papstwahl Viktors und Alexanders III.
Von den Päpsten Innocenz II, Anastasius IV und Hadrian IVSchon Paschalis II befreite die Johanniter vom Zehnten. Münter Statuten 474; Innocenz II Urkunde bei Vertot I, 586, die von Anastasius IV von 1154 in Lünigs Reichsarchiv Spicil. eccles., von den Johannitern Urk. 1 und Bullar. roman. I, 39. Hadrians Bestätigung derselben 1155. Pagi c. 7. Sigonius zu 1155, p. 292. Concil. XIII, 7. hatten die Johanniter allmählich im wesentlichen folgende Vorrechte erhalten: »sie dürfen an gebannten Orten jährlich einmal Gottesdienst halten und mit Vorbehalt der Rechte eines Dritten Kirchen und Kirchhöfe gründen. Keiner soll nach abgelegtem Gelübde aus ihrem Orden treten. Jeder Bischof muß Priester- und Altar-Weihen bei ihnen unentgeldlich verrichten und sich des Bannes gegen sie enthalten; sie geben, weil ihre gesammten Güter Gott und den Armen geweiht sind, künftig keinen Zehnten.« – Aber der Patriarch und die Bischöfe wollten diese, ihre herkömmlichen Rechte einseitig sehr verkürzenden Bestimmungen, nicht anerkennen; und die Ritter gingen, stolz auf die neuen Freiheiten, über das gebührende Maaß hinaus. Sie hielten, keines Kirchenbannes achtend, überall Gottesdienst für jedermann, und setzten Geistliche ein und ab, ohne den Bischof zu fragen; sie ließen vor den Thüren der Auferstehungskirche, gleichsam zum Hohne, ungleich 337 {1162} größere und prächtigere Gebäude aufführen, und läuteten mit allen Glocken, wenn der Patriarch zum Volke reden wollte, so daß es unmöglich war vor dem Geräusch auch nur ein Wort zu verstehen. Hierüber kam es zu Thätlichkeiten in der Auferstehungskirche, und noch lange nachher zeigte man die beim Kampfe verschossenen Pfeile zum abschreckenden Beispiel. Endlich gelangte die Sache durch Berufung an den Papst: aber der Patriarch Fulcher, welcher mit mehren Bischöfen nach Rom eilte, richtete nichts ausWilh. Tyr. 936 spricht von Bestechungen; die Hist. des Templiers I, 69 und Vertot I, 122 heben dagegen nur die inneren Gründe hervor., es sey nun daß Hadrian IV oder doch manche Kardinäle durch Geld von den Johannitern gewonnen waren, oder daß man die Unabhängigkeit derselben in Palästina für nothwendig hielt, oder daß es den Päpsten rathsam erschien, die im Abendlande an Reichthum und Macht sehr steigenden Ritterorden auf ihrer Seite zu behalten.
Fulcher überlebte dies Mißgeschick nicht lange, und Aimerich ward Patriarch. Schon vor dessen Erhebung hatte Papst Alexander III, um die morgenländischen Christen gegen Viktor zu gewinnen, den Kardinal Conti nach Palästina geschicktCardella I, 134.. Manche wollten ihm den Eingang in das Land versagen, andere ihn als Bevollmächtigten des Statthalters Christi ehren; des Königs vermittelnde Meinung ging endlich dahin: »man könne in so großer Entfernung die Anrechte beider Päpste nicht beurtheilen und noch weniger, ohne hinlängliche Gründe, für einen Partei nehmen. Überdies bedürfe das Land keines päpstlichen Abgeordneten, der den Kirchen und Klöstern unnütze Kosten verursache; nur als Pilger möge man jenen aufnehmen und ihm den Besuch der heiligen Orte gestatten.« Diese Meinung ward zwar angenommen, doch neigten sich die Bischöfe mehr zu 338 {1162} Viktor, die Orden mehr zu Alexander hin, bis die letzten die Oberhand bekamenWilh. Tyr. 950. Corner 718. Vertot I, 135. Hist. des Templiers I, 79. – Concil. XIII, 285 findet sich ein Schreiben der Kirchenversammlung von Nazareth, welches von einer einstimmigen Anerkennung Alexanders spricht. Es ist wahrscheinlich jünger.; jedoch nicht ohne eigene Belästigung, denn der päpstliche Gesandte lebte und zehrte bei ihnen, als bei seinen Freunden. 339