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Das Innere eines Bierhauses. Verschiedene Gäste an Tischen. Der Schuster. Der Spengler. Ein Fremder. Der Wirt. Der Kellner. Seitwärts eine Kredenz mit Zimenten. Rückwärts hängt ein Kastel von schwarzem Papier, worauf transparent zu lesen ist: Heut spielt der berühmte Harfenist Nachtigall. Kurze passende Musik zur Verwandlung.
Chor.
Herrlich, prächtig, delikat
Sind die Speisen in der Tat,
Und der einzge Fehler ist,
Daß noch fehlt der Harfenist.
Sagt uns doch, Herr Wirt, einmal,
Wo bleibt denn der Nachtigall?
Mehrere Gäste.
Aber was ist denn das, Herr Wirt?
Wirt.
Ich bitt Sie, meine Herren, sind S' nur nicht bös, daß der Harfenist noch nicht da ist. Mit den Menschen ists nicht zum Aushalten.
Schuster.
Wenn er nur nicht so grob wär mit den Gästen.
Spengler.
Nein, das ist just recht, da hat man was z' lachen über ihn, er hat gute Einfälle, und so wahr!
Schuster.
Den Herrn hat er neulich ein Esel gheißen, das war ein guter Gedanken.
Wirt.
Ja, es ist wahr, er ist der zweite Narrendattel, ich habe eine Menge Gäst wegen ihm, den Leuten gfallt seine Grobheit, aber er übernimmt sich, ich hab ihms schon gsagt, wie er noch wem beleidigt, muß er ausbleiben.
Fremder.
Ist das der Harfenist, der gestern gsungen hat? der kann ja gar nichts, da wird jetzt ein andrer kommen von Linz, den werden S' hören. He Kellner, eine Portion Schafköpfel.
Kellner.
Gleich, Euer Gnaden. Der Nachtigall kommt.
Alle.
Nu endlich einmal.
Vorige. Nachtigall, karikiert gekleidet, mit der Harfe, kommt.
Nachtigall.
Lied |
Nichts Schöners auf der ganzen Welt Als wie ein Harfenist, Wenn er nur seinen Gästen gfällt Und allweil lustig ist. Trinkt er sich auch ein Räuschel an, Dann singt er erst recht frisch, Und wenn er nimmer singen kann, So fallt er untern Tisch. Er hat nur für sein Harfen Gfühl, |
Wirt.
Aber warum denn gar so spat, Herr Nachtigall?
Nachtigall.
Ich bitt um Verzeihung, ich hab Kopfweh ghabt, ich hab mich angschlagn. Ich hab gestern einen Rausch ghabt. Und unser Hausmeister, wenn man um zwölf Uhr anläut, so macht er erst um eins auf, und da hab ich mich derweil ans Tor angelehnt und hab eingschlafen, auf einmal macht er gäh auf, und ich lieg nach aller Längst beim Tor drinn. Ihm schlag ich nieder, und mich schlag ich auf.
Schuster.
Weil Er halt wieder ein Rausch ghabt hat. Jetzt nur anfangen.
Nachtigall.
Gleich. Hansel, mein Kolophoni zun Halsschmieren.
Kellner.
Weiß schon. (Beiseite.) Das sind sechs Maß Bier.
Nachtigall.
Und das Zinnteller, zum Einsammeln.
Fremder.
Kellner!
Nachtigall.
Aha, bist schon da, Vogel, heut setzt es was.
Fremder.
Wann krieg ich denn einmal meinen Schafskopf?
Nachtigall.
Nu, so gebts den Herrn sein Schafskopf, laßts die Leut nicht so lang ohne Kopf dasitzen.
(Kellner bringt das Schafköpfel.)
Wirt.
Er fangt schon wieder an. Herr Nachtigall, ich rat Ihms.
Nachtigall.
Herr Wirt, mit den gibts ein Streit. Ich kenn ihn, er will mich ums Brot bringen.
Wirt.
Untersteh Er sich.
Nachtigall.
Nutzt nichts, ich bin ein streitbarer Mann, gstritten wird.
Wirt.
Wenn Er mir ein Gast beleidigt –
Nachtigall.
Er ist kein Gast, ich werd ihms schon sagen, warum.
Schuster.
Anfangen einmal und a bissel was Neues singen.
Nachtigall.
Allemal. (Singt und spielt Harfe.)
Lied |
Der Heurige ist ja ein Göttergetränk, Er wirft oft die schönsten Leut unter die Bänk, Und wer bei der Nacht will die Sonn scheinen sehn, Der darf nur recht spot noch zum Heurigen gehn. Drum, Brüderln, ich rat engs, zum Heurigen gehts! Der Heurige gibt einem Menschen erst Lust, Der Heurige kennt keine Parteilichkeit nicht, Und wollts nicht viel zahlen, so macht es nur fein |
Fremder (lacht laut).
Das ist nicht zum Anhören. Kellner, zahlen!
Nachtigall.
Ah! (Hört plötzlich auf.) Oh, heut kommst mir nicht aus. (Nimmt den Sammelteller und geht damit herum.) Haben Sie die Güte, meine Herren. (Zu dem Fremden.) Sie, ich bitt untertänig.
Fremder.
Was gibts? Er hat ja noch nichts gsungen.
Nachtigall.
Ich hab ja just aufghört.
Schuster.
Ja, aber der Herr hat schon eher aufghört, eh der Herr angfangt hat.
Nachtigall.
Das geht mich nichts an, er hat gestern zwei Lieder bestellt und hat nichts zahlt.
Fremder.
Impertinent.
Nachtigall.
Sie sind impertinent.
Fremder.
Fahr Er mir nicht auf.
Nachtigall.
Fahren Sie mir nicht ab.
Fremder.
Just nicht. Kellner, zahlen!
Nachtigall.
Nichts Kellner zahlen, Harfenisten zahlen.
Schuster.
Ruhig, der Herr hat Recht. Wer wird eh zahlen, eh man was hört? Ich trag als Schuster die War ins Haus und krieg oft kein Geld, viel weniger vorhinein.
Nachtigall.
Warum ist der Herr ein Schuster worden? Den Herrn sein War treten die Leut mit Füßen. Aber ich leid das nicht, das ist ein verkleider Harfenist von Linz, der will mich ausstechen.
Fremder.
Das ist erlogen. (Wirft ihm ein Stückel Geld hin.) Da hat Er, und jetzt marsch.
Nachtigall.
Nichts marsch, halt! wird kommandiert. Da haben Sie Ihre zwei Groschen, mit denen kaufen Sie mir die Grobheiten nicht ab, die ich Ihnen heut noch antun will. Über meine Stimme haben sie gschimpft, Sie haben gsagt, ich heiß deswegen Nachtigall, weil die Leut immer ein Gall haben, wenn ich auf die Nacht sing.
Fremder.
Kerl, ich nimm mein spanisches Rohr und –
Nachtigall.
Was – für deutschen Gesang wollen Sie spanische Schläg hergeben? Wenn Sie ein gschickter Harfenist sein, so lassen Sie ein paar tüchtige Triller heraus, aber Sie sind ein Sänger der Vorzeit, der in der jetzigen nichts mehr kann.
Fremder.
Meine Herren, nehmen Sie sich um mich an, ich bin ein Reisender.
Nachtigall.
Und ich bin ein Rasender, und wenn Sie noch so weit gereist sind, in meinen Augen sind Sie doch nicht weit her.
Wirt.
Jetzt sei der Herr still, oder ich red aus einen andern Ton.
Nachtigall.
So stimmen Sie einen an, ich red einmal aus den F.
Wirt.
Und ich sag drauf G. (Zeigt auf die Tür.)
Nachtigall.
Was G? Solche Buchstaben stoßen Sie aus? A, jetzt muß ich als Harfenist andre Saiten aufziehen.
Schuster.
So, jetzt geht er übern Wirt auch.
Wirt.
Ich verbiet Ihm mein Haus ganz.
Nachtigall.
Ganz? Das können Sie nicht, weil Sie noch die Hälfte darauf schuldig sein. Übrigens sind Sie in meinen Augen ein braver Mann, aber Ihr Bier ist nichts nutz.
Wirt.
Weil Er Seine Grobheiten nicht aufgibt, so geh er gleich.
Nachtigall.
Weil ich meine Grobheiten nicht auf gib, so bleib ich gleich. Allen Respekt vor meine verehrten Gäst', aber meine Herren, ich fordere Sie bei Ihrer Ehr auf, können Sie mir etwas Höfliches nachsagen?
Alle.
Nein, das ist wahr.
Nachtigall.
Sehen Sie. Nur eine Stimme. Ich bin ein gerader Mann, ich laß mich kerzengrad bei der Tür hinauswerfen, ich geh doch wieder herein, ich weiß schon warum, aber zwei Leirer in einen Wirtshaus tun nicht gut. Das ist ein Harfenist, der muß hinaus.
Alle.
Er muß hinaus.
Nachtigall.
Ich will sehen, wer mich aus den Haus bringt.
(Donnerschlag. Nacht. Vipria aus der Versenkung.)
Vipria (stark).
Ich!
Nachtigall.
O Jegerl, der Mon-Mon!
(Beide versinken. Alles in Staunen.)
Chor.
O Spektakel, welch Gebraus,
Es erbebt das ganze Haus,
Gütger Himmel, steh uns bei,
Das ist Satans Hexerei.
(Heftiger Donnerschlag, ein Blitzstrahl fährt schief über die Hinterwand und spaltet sie, so daß die untere Hälfte eine Art Dreieck bildet, der obere Teil stürzt ein, und man sieht in lichter Ferne ganz im kleinen den Wolkenwagen mit Nachtigall und Vipria schweben. Während es vorne finster bleibt, ist der Hintergrund mit griechischem Feuer beleuchtet.)
Weh, weh, wir sind verloren,
Seht, die Hexe und der Schuft
Fliegen pfeilschnell durch die Luft.
(Die Kortine fällt. Ende des ersten Aufzuges.)