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So nehmt sie hin, die Träume schöner Stunden,
In denen ich vom Rätsel der Natur
Die Lösung in dem Märchenbild gefunden,
In denen mir die Welt ein Märchen nur.
Es war kein Trug! – Fragt selbst den grünen Hain,
Was ich erzählt – in tausend Lauten spricht er's.
Ich gab's in meines Herzens Widerschein,
Und also mußt' es wohl ein Märchen sein:
Ist doch ein Märchen selbst das Herz des Dichters –
Ein Märchen, das der Blüten viel erschlossen,
Das seinen Lenz hat, seine Winterzeit,
Wo mancher Quell geheimnisvoll geflossen,
Dem Bach des Waldes gleich, dem Schmerz geweiht.
Da trat, so wie des Veilchens Knospe bricht,
Geweckt im Lenze von der Sehnsucht Triebe,
Ein sehnsuchtsvolles Rätsel auch ans Licht,
Empfunden tief und doch verstanden nicht:
Des Herzens Frühlingskind – die erste Liebe.
O meines Lebens goldne Märchenblüte!
O meiner Seele holde Frühlingszeit!
Wo mir die Welt im reichsten Schmuck erglühte,
Nur eine trug und doch so voll, so weit;
Wo ich in Andacht stummem Wort geglaubt,
Gebebt, mein süß Geheimnis auszusprechen, –
O flüchtig Glück, wie schnell warst du geraubt!
So schnell das Veilchen beugt sein duftend Haupt,
Noch eh' die Rosen in dem Sturme brechen.
Und wieder wuchs, wie eine wunderbare,
Aus alten Zeiten überbrachte Kund',
Der kecke Zauber der Studentenjahre
Sich fest in meines Herzens Märchengrund.
Wie war die Brust so voll von Freundschaftsdrang,
Das Herz so ungeteilt dahingegeben!
Der Wein, das Lied, der Schläger heller Klang
Und Jugendmut und Jugendhoffnung schlang
Den duft'gen Efeukranz mir da ums Leben.
Mein Heidelberg! O efeugrüne Trümmer,
Auf deren Altan ich so selig stand!
Wie schien die Welt mir ganz im Frühlingsschimmer
So blütenreich, wie rings das weite Land!
Der süße Rausch des Märchens ist entschwebt!
Doch deine grünen Efeuranken schlage,
Erinnerung, vom Freundschaftshauch durchbebt,
Aus meiner Brust in andre neubelebt,
Aus jener Zeit in meine spätesten Tage.
Ein andres Märchen bringt das Herz mir wieder.
Gleichwie der Waldbach, den die Träne nährt,
Hat sich im immer wachen Quell der Lieder
So Luft wie Weh des Herzens ausgeleert.
Und diesen auch wie jenen seht ihr ziehn,
Bald still verborgen unter moos'ger Hülle,
Bald kosend mit den Blumen, die umblühn
Den Strand, bald flüsternd mit des Schilfes Grün,
Bald schäumend frei in übermüt'ger Fülle.
Welch süßes Glück in trübumwölkten Tagen,
Wovon so schwer, wovon so voll das Herz,
Bald in des Liedes Reimen auszuklagen,
Bald abzuschütteln in dem kecken Scherz!
O dieses Doppellebens goldner Trug,
Der mich aus den verdrießlich engen Schranken
Der Wirklichkeit, in frisch erhobnem Flug,
So oft zu andern Welten übertrug,
Weit in die Märchenreiche der Gedanken!
Und von dem Stein erzählt' ich, der am Grunde
Der Heimat liegt, so stumm und unbewegt,
Und doch im Kerne tief die holde Kunde
Von andrer Länder fernen Wundern trägt.
So hat das Herz des Dichters an der Brust
Der lieben Heimat lange stumm gelegen;
Da fühlt es wie ein Märchen unbewußt
Den Wandertrieb, die freie Reiselust,
Das Sehnen in die Ferne laut sich regen.
Da treibt's ihn hin, da führt es ihn ins Weite,
Den Süden grüßt des Herzens froher Schlag.
Doch seiner lieben Bild bleibt ihm zur Seite,
Und in die Ferne zieht das Heimweh nach.
Halb treibt's ihn fort, halb zieht es ihn zurück;
Beglückend Zagen locket zum Verweilen:
Zum Scheiden, ach, zu schön der Augenblick!
So muß des Wanderns frei bewegtes Glück
Des Dichters Herz in Lust und Sehnsucht teilen.
Genug! – der Dichter muß die Blätter schließen,
Mit ihnen auch das Herz! – Der Vorhang fällt.
Des Waldes Wunder ließ er euch umsprießen
Und schaun in seines Busens Märchenwelt.
Euch, die ihr's mit dem Herzschlag eingetauscht,
Euch weiht er immer seiner Märchen Bestes;
Doch die ungläubig lächelnd ihr gelauscht,
Denkt, daß der Wald in Märchen nie gerauscht,
Und was der Dichter euch enthüllt – vergeßt es.