Ludwig Preller
Römische Mythologie
Ludwig Preller

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c. Sieges-, Kriegs- und Friedensgötter.

Victoria.

Diese treue Freundin der Römer begegnet uns gleichfalls in verschiednen Formen, einer einheimischen älteren und der griechischen. Eine ältere Siegesgöttin wurde auf dem Palatin verehrt, vermuthlich eine der sabinischen Vacuna oder Victoria verwandte GöttinDionys. I, 32, Liv. XXIX, 14, vgl. oben S. 360.. Außerdem scheint die zu Rom am Fuße der Velien, wo einst das Haus des Valerius Publicola gestanden hatte, verehrte Vica Pota eine ältere Göttin des obsiegenden Erfolgs gewesen zu sein; wenigstens wird sie in diesem Sinne von Cicero erklärtCic. de Leg. II, 11, 28 a vincendo et potiundo, vgl. Liv. II, 7, Plut. Val. Pobl. 10, Ascon. Cic. Pis. 22 p. 13 Or., wo für aedis Victoriae herzustellen ist Vicae Potae. Bei Seneca Apocol. 9 Diespiter Vicae Potae filius scheint indessen eine Göttin des Erwerbs gemeint zu sein. Arnob. III, 25 erklärt Victa et Potua sanctissimae victui potuique procurant.. Einen andern T. der Victoria weihte der Consul L. Postumius im Samniterkriege, 294 v. Chr. s. Liv. X, 33. Vermuthlich lag er auf dem Capitol, wo die wahre Stätte der Siegesgöttin war und ein für die Verehrung des Iup. Victor bestimmtes Heiligthum wiederholt erwähnt wird (S. 177). Auf dem Capitol wurden auch gewöhnlich die jetzt ganz dem anmuthigen und lebensvollen Vorbilde der Griechen folgenden Victorien aufgestellt, welche bald einheimische Feldherrn bald 610 auswärtige Völker und Könige weihten, darunter die goldne, 220 Pfund schwere, welche der treue und verständige Hiero von Syracus gleich nach der Niederlage von Cannä schickte (S. 208, 391); dahingegen es bei der von Cato gestifteten Capelle der Victoria Virgo unentschieden bleibt, ob sie auf dem Capitol oder auf dem Palatin gelegen (Liv. XXXV, 9). Bald wurden nun auch zur Ehre siegreicher Feldherrn eigne Spiele der Victoria gefeiert, namentlich zum Andenken an Sulla und seinen verhängnißvollen Sieg an der p. Collina, welche Spiele vom 27. Oct. bis zum 1. Nov. dauerten und zum Andenken an Cäsar und den Sieg bei Pharsalus, welche Spiele (ludi Victoriae Caesaris) vom 20. bis 30. Juli gefeiert wurden und mit denen der Venus Genitrix identisch warenVon den Spielen des Sulla s. Vellei. Pat. II, 27, Merkel Ovid Fast. p. XXVII sq, von denen Cäsars Dio XLV, 7, Merkel ib. p. IX, Marquardt Handb. IV, 454. Jene waren 6tägige circenses, von den 11tägigen Spielen Cäsars waren die 4 letzten Tage circenses.. Endlich überstrahlte den Ruhm von allen die von August in die Curia Julia geweihte Victoria. Das Bild stammte aus Tarent, vermuthlich eine vergoldete Bronzestatue von solcher Bildung, wie sie oft auf den Münzen Augusts erscheint, auf der Weltkugel schwebend. August weihte und verehrte sie zum Andenken an den entscheidenden Sieg bei Actium; noch bei seinem Leichenzuge ging sie ihm voran, durch das Triumphalthor hindurch zur langen Ruhe im Märzfelde und zur göttlichen Verklärung im HimmelDio LI, 22, Sueton Octav. 100, Becker Handb. I, 346 ff., vgl. oben S. 572.. Die Curia Iulia verschwand mit der Zeit, aber jene Victoria blieb dem Senate auch in dem neuen, von Domitian in der Gegend von S. Martina erbauten Senatsgebäude; ja sie wurde jetzt zur Schutzgöttin des Senats, als Denkmal der von August begründeten und auf dem alten Götterglauben beruhenden Ordnung der Dinge, daher sich gegen den Ausgang des Heidenthums zwischen der altrömischen und der christlichen Partei ein heftiger Kampf um dieses Bild entspann. Natürlich gab es neben diesen ausgezeichneteren Tempeln, Altären und Bildern der Victoria noch eine große Menge andrer Siegesdenkmäler; war diese Göttin doch wie Fortuna nirgend so heimisch geworden als in dieser letzten Haupt- und Weltstadt des Alterthums, welche den Sieg und das Glück ein für allemal an sich gefesselt zu haben schien. Die Münzen und die Inschriften geben eine reiche Auswahl von Beispielen, 611 wie sie in den Tempeln, an den Triumphbögen, bei den zahlreichen Tropäen, in den Rennbahnen, den Prachtforen der Kaiser zu sehen war, bald nach diesem bald nach jenem Umstande zubenannt, unter den Kaisern gewöhnlich nach den Feldzügen (Victoria Armeniaca, Parthica, Medica u. s. w.), oder nach den einzelnen Siegern und Regierungen, oder im Allgemeinen Victoria AugustaAuch das römische Militär- und Lagerleben hatte seine eigne Religion, in welcher die Victorien, die Tropäen, die Feldzeichen eine hervorragende Bedeutung hatten, s. Tertullian Apolog. 16 sed et Viciorias adoratis, cum in tropaeis cruces (das innere Gestell des feretrum, s. Varro b. Non. Marc. p. 55, vgl. oben S. 177, was der Kirchenvater in seinem Sinne deutet) intestina sint tropaeorum. Religio Romanorum tota castrensis signa veneratur, sigma iurat, sigma omnibus deis praeponit.. Eben so mannichfaltig war ihre Ausrüstung und Darstellung, je nachdem sie bald fahrend abgebildet wurde, was sich auf einen Sieg im Circus bezieht, oder schreitend, schwebend, sitzend, mit einem Tropäon, einem Votivschilde beschäftigt, oder auf der Weltkugel, gewöhnlich mit dem Attribute der Palme. Neben ihr gab es dann aber auch früh eine eigne Kriegsgöttin


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