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Kalidorus. Pseudolus. Ballio.
Kalidorus. Was der sagt, Pseudolus, hörst du's nicht?
Pseudolus. Ich hör's, und merke darauf, Herr.
Kalidorus. Was, räthst du mir, soll ich ihm schicken, damit er nicht mein Mädchen mir ausstellt?
Pseudolus. Da sorge du nicht; sei ruhig gefaßt; ich sorge für mich und für dich schon.
Längst will er mir wohl, ich bin sein Freund; schon alt ist unsre Bekanntschaft.
Zu seinem Geburtstag send' ich ihm heut ein tüchtiges zeitiges Unheil.Ein zeitiges Unheil, d. i. ein Unheil, das bald über ihn hereinbrechen wird.
Kalidorus. Was brauchst du?
Pseudolus. Bekümm're dich nicht um mich.
Kalidorus. Doch –
Pseudolus. Pah!
Kalidorus. Mir bangt.
Pseudolus. Sei standhaft!
Kalidorus. Nicht möglich.
Pseudolus. O mach' es möglich!
Kalidorus. Wie kann ich meine Gefühle beherrschen?
Pseudolus. Erst, eh du dich fügst den Gefühlen, bedenk' im Unglück, was dir ersprießlich.
Kalidorus. Ei was! Wer liebt, muß ewig ein Thor sein, Freund.
Pseudolus. So denkst du noch immer?
Kalidorus. Mein Pseudolus, laß mich thöricht sein.
Pseudolus. Ich lasse dich, gehe von hinnen.
(er will gehen)
Kalidorus. Bleib, bleib doch! Wie du mich willst, so werd' ich sein.
Pseudolus. Jezt bist du vernünftig.
Ballio. (zu seinem Sklaven)
Der Tag verstreicht: ich halte mich auf. He, Bursche, voran!
Kalidorus. Fort geht er:
Gleich ruf' ihn zurück!
Pseudolus. Was eilst du so sehr? Nur langsam!
Kalidorus. Eh er davongeht.
Ballio. Bursch, daß dich der Henker! Du gehst so gemach!
Pseudolus. (laut rufend zu Ballio)
Heutgeborner, Heutgeborner! Höre mich, du Heutgeborner!
Kehr' um! Sieh nach uns her; du bist zwar beschäftigt,
Wir halten dich auf. Bleib! Man spräche dich gerne.
Ballio. Was soll das? Wer kommt mir bei meinen Geschäften
So gar ungelegen?
Pseudolus. Ein Mensch, der dein Glück war.
Ballio. Wer war, der ist todt; wer noch ist, der allein lebt.
Pseudolus. Gar zu stolz, Mensch!
Ballio. Gar zu lästig! (er geht fort)
Kalidorus. Laufe nach, halt' auf den Menschen!
Ballio. Bursche, komm!
Pseudolus. (zu Kalidorus) Wir wollen ihm den Weg vertreten.
(sie treten ihm in den Weg)
Ballio. Daß dich Zeus
Strafe, wer du seist!
Pseudolus. Ja, dich.
Ballio. Doch lieber noch euch beide. Hier,
Bursche, hierher wende dich!
Pseudolus. Ist's nicht gestattet, dich zu sprechen?
Ballio. Mir beliebt's nicht.
Pseudolus. Aber wenn's zu deinem Vortheil wäre?
Ballio. Darf ich
Gehen, oder darf ich nicht? (will fort)
Pseudolus. (hält ihn) Ach! Bleibe.
Ballio. (sich losreißend) Laß mich!
Kalidorus. Ballio,
Höre mich!
Ballio. Taub bin ich –
Kalidorus. Wirklich?
Ballio. Und du schwazest leeres Zeug.
Kalidorus. Ich gab, als ich hatte.
Ballio. Was du gabst, fordr' ich nicht.
Kalidorus. Ich gebe, wann Geld kommt.
Ballio. Dein ist sie, wann Geld kommt..
Kalidorus. Weh! Wie schlecht, wie schlecht hab' ich, ach, verloren,
Was ich dir brachte, Freund, was ich dir gab!
Ballio. Wozu
Machst du jezt Worte noch? Alles ist abgethan.
Bist ein Thor, sprichst umsonst.
Pseudolus. (zu Ballio) Sieh doch nur, wer das ist.
Ballio. Wer er war, weiß ich längst. Wer er ist, weiß er selbst.
(zu dem Sklaven)
Geh du, geh!
Pseudolus. Ballio,
Sieh doch nur Einmal, wenn du kannst, dich um; du thust es nicht umsonst.
Ballio. (schnell zurückkommend)
Bleibe gern um diesen Preis. Denn, opfr' ich auch dem höchsten Zeus,
Halte schon das Eingeweid' in Händen, es zu weih'n, und mir
Zeigt indeß sich ein Gewinn, – ich laufe vom Altare weg.
Pseudolus. Den, so wie die Sachen liegen, fängt man nicht durch Gottesfurcht.
Götter, die man doch vor Allen ehren muß, die sind ihm nichts.
Ballio. Muß ihn angeh'n.
(zu Pseudolus) Sei willkommen, aller Sklaven schlechtester!
Pseudolus. Segnen dich die Götter alle, wie mein Herr es wünscht und ich,
Oder, wenn du's nicht verdientest, mögen sie dir Böses thun!
Ballio. Kalidor, wie lebt man denn?
Kalidorus. Man liebt, und leidet schwere Noth.
Ballio. Hätte Mitleid, könnte Mitleid nur mein Haus erhalten.
Pseudolus. Ei!
Wer du bist, das wissen wir; du brauchst es nicht zu sagen. Doch
Weißt du, was wir wünschen?
Ballio. Daß mir's übel gehe, wünscht ihr wohl.
Pseudolus. Recht gerathen! Doch warum wir dich zurückgerufen –
Ballio. Nun?
Fasse dich nur kurz; ich habe heute noch vollauf zu thun.
Pseudolus. (auf Kalidorus deutend)
Der da schämt sich, daß er die versprochnen zwanzig Silberminen
Für die Freundin am bestimmten Tage dir noch nicht bezahlt.
Ballio. Immer ist es leichter, sich zu schämen, als zu grämen; er
Schämt sich, daß er nicht bezahlt; mich grämt es, daß ich nichts bekam.
Pseudolus. Nun, er schafft's, er zahlt; gedulde dich die nächsten Tage nur!
Denn er fürchtet, daß du sie aus Feindschaft wider ihn verkaufst.
Ballio. Wenn er wollte, konnt' er längst schon mir das Geld bezahlen.
Kalidorus. Wie?
Wenn ich's nun nicht hatte?
Ballio. Liebtest du, so borgtest du das Geld,
Wandtest dich an einen Wechsler, und verdoppeltest den Zins,
Stahlst es deinem Vater.
Pseudolus. Was? Dem Vater stehlen, Erzhalunk?
Gutes kann er, traun, von dir nicht lernen.
Ballio. Das ist Kupplerart.
Kalidorus. Könnt' ich meinem Vater stehlen, der die Vorsicht selber ist?
Aber wenn's auch möglich wäre, wehrte mir's die Pflicht.
Ballio. Ja, ja!
Nimm darum anstatt der Freundin Nachts die Pflicht in deinen Arm.
Aber weil ich sehe, daß die Pflicht dir über Liebe geht, –
Sind denn alle Menschen deine Väter? Kannst du nirgend was
Borgen?
Kalidorus. Selbst der Name »Borgen« ist verschwunden aus der Welt.
Ballio. Hör' einmal: seitdem die Wechsler wohlgenährt aufsteh'n vom Tisch,
Die nur nach dem Ihren greifen, das Geborgte nie zurück
Zahlen, sind sie gegen Fremde klüger, trauen keinem mehr.
Kalidorus. Ach, wie elend bin ich! Nirgends treib' ich einen Dreier auf:
So bereitet Lieb' und Geldnoth mir (o Gram!) den Untergang.
Ballio. Kauf dir Oel auf Borg, verkauf' es dann um baares Geld: so hast
Du gewiß in Kurzem wohl zweihundert Minen baar dafür.
Kalidorus. Wehe mir! Im Wege steht mir das lätorische Gesez: Durch das Lätorische Gesez vom Jahre Roms 490 wurde verordnet, daß kein junger Mensch, der noch nicht fünf und. zwanzig Jahre alt war, einen gesezmäßigen Vertrag sollte eingehen können. Namentlich durfte man Niemanden unter diesem Alter Geld vorstrecken, da man im Uebertretungsfall auf gerichtliche Hülfe zur Wiedererstattung des Geliehenen keinen Anspruch hatte. Vgl. die Anmerkung zum Schiffbruch 5, 7, 25. :
Alle scheu'n sich, mir zu borgen.
Ballio. Das Gesez gilt auch für mich;
Auch ich scheue mich zu borgen.
Pseudolus. Wie? Es sollte dich gereu'n,
Was dir so viel Nuzen brachte?
Ballio. Nur von jenem Liebenden
Halt' ich was, der unablässig gibt und immer wieder gibt.
Hat er nichts mehr in der Tasche, hör' er auch zu lieben auf.
Kalidorus. Fühlst du nicht mit mir Erbarmen?
Ballio. Kommst du doch mit leerer Hand;
Worte klingen nicht. Ich wollte, daß du frisch und lebend wärst.
Pseudolus. Ist er denn schon todt?
Ballio. Mit solchen Reden ist er todt für mich.
Nur so lange lebt ein Buhler, als er sich dem Kuppler beugt.
Willst du mich angehen, dann versilbre stets dein Klagelied.
Was du jezt als Klage vorbringst, daß es dir an Geld gebricht,
Klagst du der Stiefmutter.
Pseudolus. Warst du jemals seines Vaters Weib?
Ballio. Zeus behüte!
Pseudolus. Thu, warum wir dich ersuchen, Ballio.
Wenn du dem (auf seinen Herrn deutend)
nicht trauen solltest, schaff' ich, auf mein Wort, in drei
Tagen, sei's zu Wasser oder Lande, dir dein Geld herbei.
Ballio. Ich dir trauen?
Pseudolus. Und warum nicht?
Ballio. Weil ich dann auch einen Hund
Auf der Flucht an eines Lammes Eingeweide fesseln kann.Der Sinn ist: wenn ich dir traute, so wäre es ebenso, als wenn ich einem flüchtigen hungrigen Hunde die Eingeweide eines Lammes zu hüten gäbe; ich würde von dir so wenig wiederbekommen, wie von dem Hunde.
Kalidorus. Also wird mir's denn vergolten, was ich Gutes that an dir?
Ballio. Was verlangst du denn?
Kalidorus. Du sollst sechs Tage warten, ehe du
Sie verkaufst, und mir den Tod gibst, ihrem Freunde.
Ballio. Sei getrost!
Will sogar sechs Monde warten.
Kalidorus. Ei, du guter, goldner Mann!
Ballio. Willst du, daß ich deine Freude höher noch dir steigere?
Kalidorus. Nun?
Ballio. So wisse, daß dein Mädchen mir nicht mehr verkäuflich ist.
Kalidorus. Nicht?
Ballio. Wahrhaftig nicht!
Kalidorus. (zu Pseudolus) Du, schaffe Rinder mir zum Opfer her
Samt den Schlächtern, daß ich gleich dem höchsten Zeus hier opfere;
Denn der Mann hier ist mir jezt ein größ'rer Gott, als Zeus es ist.
Ballio. Rinderopfer will ich nicht; mit Lämmerfleisch versöhne mich.
Kalidorus. (zu Pseudolus)
Geh! Was säumst du? Hole Lämmer! Hörst du nicht, was Zeus gebeut?
Pseudolus. Bin sogleich zurück; nur muß ich erst vor's GalgenthorVor dem metischen Thore (porta Metia, älterer Name der porta Esquilina), wofür die Uebersezung ein Galgenthor gesezt hat, wurden die Verbrecher hingerichtet, und auch die Nachrichter wohnten daselbst. hinaus.
Kalidorus. Und warum?
Pseudolus. Zwei Schlächter hol' ich mit den SchellenMan hing den Missethätern Schellen oder Klingeln an, wenn sie abgestraft werden sollten, und dies thaten die Henkersknechte. Danz. mir von dort,
Bringe dann zwei dichte Heerden UlmenstäbeDie Stäbe, womit die Sklaven gezüchtigt wurden, waren gewöhnlich aus Ulmenholz. mit zugleich,
Daß es heut zum günst'gen Opfer diesem Zeus genügen mag.
Ballio. Packe dich an's Kreuz!
Pseudolus. Da packt sich hin der kupplerische Zeus.
Ballio. Dir ja kann's nicht frommen, daß ich sterbe.
Pseudolus. Weßhalb?
Ballio. Höre denn:
Weil du, traun, so lang ich lebe, nimmerdar was taugen wirst.
Pseudolus. Dir auch kann's nicht frommen, wenn ich sterbe.
Ballio. Weßhalb?
Pseudolus. Wisse denn:
Weil nach meinem Tode du der größte Schelm im Lande bist.
Kalidorus. (zu Ballio)
Sage mir, ich bitte dich, doch ernstlich, was ich fragen will:
Ist sie dir nicht mehr verkäuflich, meine Liebste, Phönicium?
Ballio. Nein wahrhaftig, ganz gewiß nicht; hab' ich sie doch längst verkauft.
Kalidorus. Wie?
Ballio. Mit allen Eingeweiden, ohne Schmuck, mit Haut und Haar.
Kalidorus. Meine Freundin hättest du verkauft?
Ballio. Um zwanzig Minen, ja.
Kalidorus. Was? Um zwanzig Minen?
Ballio. Oder, wenn du willst, um viermal fünf, –
Einem makedonischen Söldling. Fünfzehn Minen hab' ich schon.
Kalidorus. Was vernehm' ich da?
Ballio. Daß deine Freundin jezt versilbert ist.
Kalidorus. Solches wagtest du?
Ballio. Sie war mein eigen.
Kalidorus. Geh, o Pseudolus,
Hol' ein Schwert.
Pseudolus. Ein Schwert? Wozu denn?
Kalidorus. Ihn zu tödten und mich selbst.
Pseudolus. Lieber tödte dich allein. Denn diesen bringt der Hunger um.
Kalidorus. (zu Ballio)
Hör' einmal, ruchloser Mensch, wie keinen sonst die Erde trägt:
Schwurst du nicht, sie keinem Andern zu verkaufen, außer mir?
Ballio. Ich bekenn's.
Kalidorus. Mit klaren Worten?
Ballio. Und zugleich wohlüberdacht.
Kalidorus. Schurke, du hast falsch geschworen.
Ballio. Und dafür Geld eingesackt.
Ich, der Schurke, kann das Geld jezt nehmen, wie es mir gefällt.
Du, der fromme Sohn aus gutem Hause, du hast keinen Deut.
Kalidorus. (zu Pseudolus)
Stelle dich ihm gegenüber, schilt ihn tüchtig aus.
Pseudolus. Sogleich;
Selbst zum Prätor lief' ich nicht so rasch, um frei zu werden.
Kalidorus. Ja,
Schimpfe, reiß' ihn recht herunter.
Pseudolus. (zu Ballio) Will dich jezt mit meinem Schimpf
Foltern, Schandmensch!
Ballio. Bravo!
Pseudolus. Schurke!
Ballio. Wahr gesprochen!
Pseudolus. Galgenstrick!
Ballio. Ei, warum nicht?
Pseudolus. Gräberdieb!Gräberdieb. Bustirapus (d. i. busta spolians) wurde derjenige genannt, der von dem, was man auf die Gräber der Todten legte, (Brod, Eier, Bohnen u. a. m.) Etwas hinwegnahm.
Ballio. Ganz richtig.
Pseudolus. Hundsfott!
Ballio. Gut gesagt.
Pseudolus. Hauptbetrüger!
Ballio. Ja, der bin ich.
Pseudolus. Vatermörder!
Ballio. Weiter noch.
Pseudolus. Tempelräuber!
Ballio. Allerdings.
Pseudolus. Meineid'ger Wicht'
Ballio. Das alte Lied!
Pseudolus. Rechtsverdreher!
Ballio. Freilich.
Pseudolus. Pest des jungen Volks!
Ballio. Im schlimmsten Sinn.
Pseudolus. Dieb!
Ballio. Ha ha!
Pseudolus. Ausreißer!
Ballio. Tausend!
Pseudolus. Volksbetrüger!
Ballio. Ganz gewiß!
Pseudolus. Ränkeschmid!
Kalidorus. Unreiner Kuppler!
Pseudolus. Aas!
Ballio. Ein schöner Wechselsang!
Kalidorus. Schlugst den Vater, schlugst die Mutter.
Ballio. Ja noch mehr, ich schlug sie todt
Lieber, als ich sie ernährte. Hab' ich da nicht recht gethan?
Pseudolus. (zu Kalidorus)
Unsre Rede fällt in einen hohlen Topf: unnüze Müh!
Ballio. Habt ihr mir noch andre Namen?
Kalidorus. Schäme dich!
Ballio. Nicht wahr? Um dich,
Daß du Liebender so leer bist, leer, wie eine taube Nuß!
Doch wiewohl ihr vieles Ueble wider mich gesprochen habt,
Glaub' ich euch doch meinen Dienst noch thun zu können, wenn er nicht
Heut, am festgesezten Tage, kommt, der Hauptmann, und die fünf
Minen mir entrichtet, die er mir zu zahlen schuldig ist.
Kalidorus. Was ist das?
Ballio. Wenn du das Geld mir bringst, so brech' ich ihm mein Wort.
Dieses ist mein Dienst, und hätt' ich Zeit, ich spräche mehr mit dir.
Ohne Geld, Freund, rufst du mich vergeblich um Erbarmen an.
Das ist mein Entschluß; du magst nun weiter sehen, was du thust.
Kalidorus. Gehst du schon?
Ballio. Ich habe jezt gar viel zu thun.
(geht ab.)
Pseudolus. Und bald noch mehr.
Wenn mich Erd' und Himmel nicht verlassen, hab' ich den im Garn.
Wie der Koch dem Fisch die Gräten, brech' ich ihm die Knochen aus.
Achte nun auf meine Worte, Kalidor.
Kalidorus. Was steht zu Dienst?
Pseudolus. (auf das Haus des Ballio deutend)
Diese Stadt will ich bestürmen; fallen soll sie heute noch!
Hiezu brauch' ich einen Menschen, listig, schlau, verschlagen, klug,
Der Befohl'nes rasch hinausführt, nicht mit wachem Auge schläft.
Kalidorus. Sage mir: was willst du thun?
Pseudolus. Du hörst es schon zu seiner Zeit.
Zweimal sag' ich's nicht; das Stück wird ohnedies schon lang genug.
Kalidorus. Billig ist, was du verlangst.
Pseudolus. Jezt bringe schnell den Menschen her.
Wenige nur von vielen Freunden gibt's, auf die man bauen kann.
Kalidorus. Wohl, ich weiß das.
Pseudolus. Also triff nach beiden Seiten hin die Wahl.
Suche von den Vielen Einen aus, auf den du bauen kannst.
Kalidorus. Gleich erscheint er.
Pseudolus. Gehst du bald? Durch Reden schaffst du dir Verzug.
(Kalidorus ab.)
Pseudolus allein.
Pseudolus. Jezt ist er fort; du, Pseudolus, stehst hier allein.
Was nun beginnen, da du deinen jungen Herrn
Mit süßen Worten abgespeist in vollstem Maß?
Nicht einen Tropfen sichern Rath, auch Silber nicht,
Hab' ich bereit. Unschlüssig schwank' ich, was ich soll.
Ich weiß nicht, wo beginnen, weiß kein sichres Ziel,
Daß ich das Truggewebe fertig weben kann.
Doch wie der Dichter, wenn er sich zum Schreiben sezt,
Aufsucht, was nirgends ist, es endlich doch entdecktEs scheint fast, als habe Plautus hier aus seiner eigenen Seele gesprochen, er, der den Plan seiner Stücke erst während der Arbeit gemacht zu haben scheint. Er will sagen: kein Dichter weiß, wenn er sein Werk beginnt, was am Ende heraus kommen wird. ,
Und, was der Lüge völlig gleicht, wahrscheinlich macht,
So werd' ich jezt ein Dichter. Die jezt nirgends sind,
Die zwanzig Minen, find' ich endlich dennoch auf.
Vor langer Zeit schon hab' ich ihm sie zugesagt;
Ein Nez umwerfen wollt' ich unserm Alten auch;
Dem hat es aber gleich geschwant, Gott weiß es wie.
Doch – meine Stimme muß ich unterdrücken, darf
Kein Wort verlieren; denn da, seh' ich, kommt mein Herr
Mit seinem Nachbar Kallipho zugleich daher.
Aus diesem alten GrabeDie Alten pflegten ihr Geld zur vollen Sicherheit manchmal in die Gräber zu verbergen, da man es für ein großes Verbrechen hielt, die Wohnungen der Todten zu verlezen. Da es aber doch nie an Menschen fehlt, welchen nichts heilig ist, so wurden auch diese geweihten Freistätten manchmal beraubt. Deßwegen nennt Pseudolus den Simo ein altes Grab, wo das Geld gegen allen Raub sicher zu sein scheint, aber doch nicht sicher ist. Danz. will ich heute noch
Die zwanzig Minen graben, um sie seinem Sohn
Zu geben. Hierher tret' ich und belausche sie.
(er tritt auf die Seite.)
Simo. Kallipho. Pseudolus.
Simo. Wenn aus verliebten, liederlichen Söhnen jezt
Man in Athen hier wählen wollt' ein Oberhaupt:
Ich glaube, keiner ginge meinem Sohne vor.
So reden jezt die Leute von nichts Anderem,
Als daß er, um ein Mädchen freizukaufen, Geld
Zu machen suche. Das berichten Andre mir,
Und selbst bemerkt' ich's lange schon, es schwante mir;
Doch ließ ich mir's nicht merken.
Pseudolus. (leise) Weh! Er wittert was.
Nun ist's mit meinem Handel aus, die Sache stockt.
Der Weg, wohin ich auf den Wechselmarkt zu geh'n
Gedachte, der ist überall mir jezt versperrt.
Er hat's gemerkt; die Räuber finden keinen Raub.
Kallipho. Die Horcher und Zuträger unerwies'ner Schuld,
Die ließ' ich hängen alle, ging's nach meinem Sinn,
Die Träger an die Zunge, die Horcher an das Ohr.
Denn was von deinem Sohne dir gemeldet ward,
Er woll' um Geld dich prellen, denn er sei verliebt,
An alledem ist, glaub' ich fast, kein wahres Wort.
Und wenn es auch wahr wäre – jezt ist's Mode so –
Was Wunder? 'S ist was Altes, wenn ein junger Mensch
Sein Liebchen freizukaufen sucht.
Pseudolus. (bei Seite) Der liebe Greis!
Simo. Dies Alte soll er lassen.
Kallipho. Fruchtlos sträubst du dich.
Du hast es doch in deiner Jugend selbst gethan.
Das muß ein wackrer Vater sein, der seinen Sohn
Will besser haben, als er selbst gewesen ist.
Denn was du Geld verschwendet und verthan, da hat
Ein ganzes Volk, vertheilt man's Mann für Mann, genug.
Kein Wunder ist es, wenn der Sohn dem Vater gleicht.
Pseudolus. (etwas lauter)
O Zeus! Wie wenig Menschen sind, wie sich's gehört!
Das heiß' ich einen Vater sein, wie sich's gebührt.
Simo. (sich umsehend)
Wer redet hier? Das ist mein Sklave Pseudolus.
Der hat mir meinen Sohn verführt, der Erzhalunk,
Sein Mentor, sein Lehrmeister! Diesen Menschen will
Ich foltern lassen.
Kallipho. Aber das ist Unverstand,
Den Zorn so offen tragen. Viel gescheidter ist's,
Mit Schmeichelworten ihm zu nah'n und auszuspäh'n,
Ob, was man dir gemeldet, Stich hält oder nicht.
Ein guter Muth in einer übeln Sache macht
Das Uebel wohl zur Hälfte gut.
Simo. Ich folge dir.
Pseudolus. (bei Seite)
Nun, Pseudolus, vernimmst du's? Nun geht's wider dich.
Bereite dich, wie du dem Alten dienen willst.
(er redet den Simo an)
Vor Allem grüß' ich meinen Herrn, wie's billig ist;
Hernach erhält der Nachbar, was noch übrig bleibt.
Simo. Schön Dank! Was machst du?
Pseudolus. Wie du siehst, ich stehe hier.
Simo. Sieh seine Stellung, Kallipho, – ganz königlich!
Kallipho. Recht zuversichtlich steht er da, das mein' ich auch.
Pseudolus. Schuldlosen Sklaven, welche nichts verbrachen, ziemt's
Gar wohl, zumal vor ihren Herren, stolz zu thun.
Kallipho. (zu Pseudolus)
Wir möchten dich um etwas fragen, was wir nur,
So wie im Nebel, hörten und erkundeten.
Simo. (zu Kallipho)
Der wird dich bald abfertigen, daß du sicher meinst,
Mit Sokrates zu reden, nicht mit Pseudolus.
Pseudolus. Wohl! Daß du mich verachtest, sieh, das weiß ich längst;
Auch weiß ich, daß du kein Vertrau'n mir schenkst; du willst
Zum Schelm mich machen; aber ich will ehrlich sein.
Simo. Dein Ohrgehäuse, Pseudolus, laß offen steh'n,
Daß meine Red' einziehen kann, wohin ich will.
Pseudolus. Sprich, was dir einfällt, bin ich gleich auf dich erzürnt.
Simo. Mir, deinem Herrn, zürnst du, der Sklave?
Pseudolus. Dünkt dir das
So wunderbar?
Simo. Wohl, weil ich mich vor deinem Zorn
Nach deiner Rede hüten muß. Du denkst mich wohl
In andrer Art zu klopfen, als ich dir's gethan.
(zu Kallipho)
Was meinst du?
Kallipho. Wie ich glaube, zürnt er dir mit Recht,
Weil du so wenig ihm vertraust.
Simo. Er zürne denn!
Will schon mich hüten, daß er mir nicht schaden kann.
(zu Pseudolus)
Wie, wenn ich dich was fragte?
Pseudolus. Frage, was du willst.
Wahr, wie vom Dreifuß, (wenn ich's weiß,) ist mein Bescheid.
Simo. So höre denn, sei deines Wortes eingedenk.
Sprich: weißt du was von einer Liebschaft meines Sohns
Mit einer Flötenspielerin?
Pseudolus. Weiß nichts davon.
Simo. Und daß er sie freikaufen will?
Pseudolus. Auch das ist falsch.
Simo. Und daß du mich um zwanzig Minen prellen sollst?
Pseudolus. Dich prellen? Ich dich prellen?
Simo. Ja, um meinem Sohn
Das Geld zu geben, daß er sich das Mädchen löst.
Pseudolus. Ich muß bekennen, dieses ist und jenes wahr.
Kallipho. (zu Simo)
Nun, er bekennt ja.
Simo. (zu Kallipho) Hab' ich dir's nicht längst gesagt?
Kallipho. Gewiß.
Simo. (zu Pseudolus) Warum denn hast du mir's verhehlt, warum
Mir, wenn du's wußtest, nicht entdeckt?
Pseudolus. Das hörst du gleich.
Ich wollte nicht das böse Beispiel geben, daß
Ein Sklave bei dem Vater seinen Herrn verklagt.
Simo. Den sollte man kopfüber in die Mühle thun!Böse Sklaven wurden zur Strafe in Mühlen gesperrt, welche sie dann statt der Rosse und Esel treiben mußten.
Kallipho. Was, Simo, was verbrach er denn?
Simo. Nur gar zu viel.
Pseudolus. Halt ein: ich bin mir meiner Sache wohl bewußt.
Ich weiß, ich fehlte, Kallipho.
(zu Simo) Doch höre nun,
Warum ich dir des Sohnes Liebe nicht verrieth.
Für mich, sobald ich schwazte, war die Mühle da.
Simo. Doch wußtest du nicht, daß für dich, auch wenn du schwiegst,
Die Mühle da war?
Pseudolus. Freilich.
Simo. Weßhalb schwiegst du denn?
Pseudolus. Weil jenes Uebel nahe war, dies ferne lag;
Im Zuge war schon jenes, dies litt noch Verzug.
Simo. Was wollt ihr nun beginnen? Denn ihr könnt von mir
Kein Geld entwenden, und zumal weil ich's gemerkt.
Auch mahn' ich Alle, keinen Heller euch zu leih'n.
Pseudolus. Ich werde Niemand bitten, traun, so lang du lebst;
Du wirst das Geld mir geben, Herr, so wahr mich Gott;
Dir will ich's nehmen.
Simo. Du mir nehmen?
Pseudolus. Ganz gewiß.
Simo. Wenn ich's dir gebe, schlage mir die Augen aus.
Pseudolus. Du gibst's: ich sage dir's voraus, damit du dich
Vorsiehst.
Simo. Das weiß ich ganz gewiß: wenn du das Geld
Bekommst, so thust du wahrlich eine Wunderthat.
Pseudolus. Ich thu's.
Simo. Bekommst du's aber nicht?
Pseudolus. So peitsche mich
Mit Ruthen. Doch, wenn mir's gelingt?
Simo. So schwör' ich dir
Bei Zeus, du bleibst dann ungestraft dein Lebenlang.
Pseudolus. Gedenke deines Wortes.
Simo. Wie? Ich sollte mich
Nicht hüten können, da man mir's vorausgesagt?
Pseudolus. Ich sag' es, hüte dich; hüte, sag' ich, hüte dich.
Mit eignen Händen gibst du mir noch heut das Geld.
Kallipho. Fürwahr, ein Mensch zum Malen, hält er anders Wort!
Pseudolus. Als deinen Sklaven nimm mich fort, wenn's nicht geschieht.
Simo. Ein großes Opfer, da du jezt nicht mein gehörst!
Pseudolus. Soll ich noch sagen, was noch mehr euch wundern wird?
Kallipho. Ich möchte das wohl hören; denn gern hör' ich dich.
Simo. Auf, rede; denn ich höre dir gar gerne zu.
Pseudolus. Bevor ich kämpfe diesen Kampf, will ich zuvor
Noch einen andern großen, schweren Kampf besteh'n.
Simo. Und welchen Kampf denn?
Pseudolus. Nun, ich will durch List und Trug,
Durch ausstudirte Kniffe deinen Nachbar hier,
Den Kuppler, fein betrügen um die Flötnerin,
In welche sich dein Sohn verliebt.
Simo. Das nenn' ich stark.
Pseudolus. Und Beides ist heut Abend schon in's Werk gesezt.
Simo. Im Fall du dieses, wie du rühmst, zu Stande bringst,
So bist du wahrlich größer, als AgathoklesDieser Agathokles, der berühmte Tyrann von Syrakus, war der Sohn eines Töpfers, wurde von den Syrakusern zweimal vertrieben, zweimal wieder zum Feldherrn ernannt, und endlich zum König ausgerufen. .
Doch, bringst du's nicht zu Stande, darf ich dann sofort
Dich in die Mühle sperren?
Pseudolus. Nicht auf Einen Tag,
Nein, auf des Lebens ganze Zeit. Doch, führ' ich's aus,
Gibst du das Geld mir, daß ich es dem Kuppler gleich
Mit deinem Willen geben kann?
Kallipho. (zu Simo) Er fordert nur,
Was billig ist: versprich es ihm!
Simo. Doch weißt du, was
Mir eben einfällt, Kallipho? Wie, wenn sie sich
Verstanden hätten beide, mit vereinter List,
Mit wohlgewebten Ränken um die Summe mich
Zu prellen sich bestrebten?
Pseudolus. Wagt' ich solche That,
Dann wär' ich, traun, der frechste Mensch. Ja, Simo, wenn
Wir uns besprochen, oder je den Plan dazu
Gemacht, und je darüber eins geworden sind:
So magst du mich auf meinem ganzen Rücken, wie
Man mit dem Griffel auf ein Buch die Lettern schreibt,
Mit Ulmenstäben zeichnen.
Simo. Gib, wenn dir's gefällt,
Nunmehr das Spiel an.
Pseudolus. (zu Kallipho) Schenke mir doch diesen Tag,
Und gib dich nirgends anders hin an ein Geschäft.
Kallipho. Gerüstet war ich gestern schon, auf's Land zu geh'n.
Pseudolus. So stürze lieber dein Gerüst jezt wieder ein.
Kallipho. Jezt bin ich fest entschlossen, nicht hinwegzugeh'n,
Weil mich gelüstet, Pseudolus, dein Spiel zu schau'n.
Und seh' ich, daß dir dieser das versproch'ne Geld
Nicht gibt, so geb' ich's lieber, eh' es unterbleibt.
Simo. Ich halte Wort.
Pseudolus. Ja bei den Göttern, wenn du mir's
Nicht gibst, mit Ach und Wehe mahn' ich dich daran.
Wohlan, begebt euch nun hinein, das Spiel beginnt,
Und gebt auch mir für meine Schelmereien Raum.
Simo. Es soll gescheh'n.
Kallipho. Wir folgen.
Pseudolus. (zu Kallipho) Doch du mußt dich stets
Zu Hause finden lassen.
Kallipho. Ich verspreche dir's.
Simo. Ich gehe nach dem Markte.
Pseudolus. Komm nur bald zurück.
(Simo und Kallipho gehen ab.)
Pseudolus. (an die Zuschauer)
Euch hab' ich im Verdacht, ihr habt mich im Verdacht,
Daß ich die Heldenthaten all' hier nur verhieß,
Euch zu vergnügen, bis das Stück am Ende sei,
Nicht aber auszuführen, was ich angelobt.
Ich halte Wort, es ist gewiß, so viel ich weiß.
Nur wie ich's machen werde, weiß ich nicht bis jezt:
Doch wird's gescheh'n. Denn wer sich auf der Bühne zeigt,
Muß Neuerfundnes bringen, und in neuer Art.
Und kann er das nicht, räum' er dem, der's kann, den Plaz.
Jezt lüstet mich's, ein wenig wegzugeh'n in's Haus,
Bis ich das Heer von Ränken und von Schelmerei'n
In meinem Kopf hier aufgestellt in Reih' und Glied.
Indessen mag der Flötenspieler euch erfreu'n.