Plautus
Der Großsprecher (Miles gloriosus)
Plautus

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Dritter Act.

Erste Scene.

Palästrio (aus dem Hause tretend). Dann Pleusides und Periplectomenes, die zuerst noch innerhalb der Thüre zurückbleiben.

Palästrio. Haltet euch doch nur ein Weilchen noch im Hause, Pleusides;
Laßt mich erst ein wenig umschau'n, ob kein Hinterhalt uns droht,
Wenn wir Rathsversammlung halten. Eines sichern Orts bedarf's,
Wo der Feind aus unserm Rathe keine Beute sich erschnappt.
Denn der wohlberathne Rath ist schlimmberathen, wenn der Feind
Ihn sich dienstbar macht, und was dem Feinde nüzt, das schadet mir.
Und ein wohlberathner Rath wird manchmal heimlich weggeschnappt,
Wenn man nicht mit schlauer Vorsicht zur Berathung wählt den Ort.
Wenn dem Feind von deinem Plane Kunde ward, so fesselt er
Dir mit deinem Plan die Zunge, bindet dir die Hände fest,
Und dasselbe, was du ihm zu thun gedachtest, thut er dir.
Späh' ich denn, ob nicht ein Weidmann, hier versteckt, links oder rechts,
Mit geöhrten Jägernezen»Mit geöhrten Jägernezen«, d. i. mit den Ohren, die, wie Jägerneze, zum Fange gerüstet sind. unsern Plan wegschnappen will.
    (er sieht sich überall um)
Menschenleer, so weit ich seh'n kann, bis zur lezten Gasse hin,
Ist der Ort. Nun will ich rufen. Kommt heraus, ihr Herren, kommt!

Periplectomenes. Siehe da, uns, dir gehorsam!

Palästrio.                                                           Ueber Gute herrscht sich's leicht.
Doch ich möchte wissen, ob es bei dem Plane bleiben soll,
Den wir drinnen abgeredet.

Periplectomenes.                       Bess'res finden läßt sich nicht.

Palästrio. (zu Pleusides)
Und was meinst du?

Pleusides.                       Sollte mir mißfallen, was euch wohlgefällt?
Welcher Mensch denn wäre so mein Mann, wie du?

Periplectomenes.                                                             Gar fein gesagt!

Palästrio. Also steht's ihm wohl.

Pleusides.                                     Doch Eines martert mich Unseligen,
Und zerreißt mir Leib und Seele.

Periplectomenes.                                 Sage mir: was quält dich so?

Pleusides.Daß ich dir in deinem Alter solche Knabenstreiche noch
Aufzubürden mich erdreiste, daß ich, was für deinen Sinn
Nicht geziemt, von dir verlange, daß du mir hülfreiche Hand
Reichst in meinem Liebeshandel und mit Eifer Dinge thust,
Die ein Mann von deinem Alter eher flieh'n als hegen muß.
Solches deinen grauen Haaren aufzubürden, schäm' ich mich.

Periplectomenes. Freund, du liebst auf neue Weise. Wenn dir graut, so was zu thun,
Liebst du gar nicht, nein, du bist nur Schatten eines Liebenden.

Pleusides. Konnt' ich so dein Alter plagen meiner Liebe wegen?

Periplectomenes.                                                                           Was
Willst du denn? So nahe, glaubst du, steh' ich schon dem AcheronAcheron, der bekannte Fluß der Unterwelt, der oft auch für die Unterwelt selber steht. ?
Schein' ich dir so reif zur Bahre, schon so alt und abgelebt?
Bin ich doch erst vierundfünfzig Jahre nur auf dieser Welt,
Sehe noch hell aus den Augen, bin gelenk mit Hand und Fuß.

Palästrio. Trägt der Herr auch weiße Haare, doch sein Kopf ist jugendlich;
Ungebrochen lebt in ihm des Geistes angeborne Kraft.

Pleusides. Ich erkenne wohl, es ist so, wie du sagst, Palästrio;
Denn des Mannes lautre Güte macht ihn ganz zum Jünglinge.

Periplectomenes. Freund, in deiner Liebesnoth, je mehr du prüfst, je besser auch
Lernst du meine Güte kennen.

Pleusides.                                       Braucht es da der Proben mehr?

Periplectomenes. Suche nicht an fremden Orten, was du bei dir selbst erfuhrst;
Denn wer selber nicht geliebt hat, kennt den Sinn Verliebter nicht.
Mir auch steckt ein bischen Liebessaft und Kraft im Leibe noch;
Noch ist nicht mein Herz vertrocknet gegen Lust und Fröhlichkeit;
Finde noch an heitern Scherzen Freude, bin gesellig froh
Am Gelag, und falle Niemand bei der Tafel dreist in's Wort.
Daß ich andern Gästen Unlust schaffe, davor hüt' ich mich,
Weiß in Alle mich zu schicken, rede wohl zu seiner Zeit
Auch ein Wörtchen mit, und schweige wieder, wenn ein Andrer spricht,
Spucke nicht und räuspre nicht und geifre nicht; kurz, Ephesus
Nenn' ich meine Heimat, nicht Apulien, nicht AnimulaAnimula, ein Städtchen in Apulien. Die Apulier standen in dem Rufe der Rohheit und Plumpheit. .

Pleusides. Selt'ner Alter, wenn er auch das Gute selbst übt, das er nennt!
Ja, die Liebesgöttin säugt' ihn selbst an ihrem Busen auf.

Periplectomenes. Mehr mit Thaten als mit Worten zeig' ich dir, wie fein ich bin.
Nicht Gesez und Statsgeschichten handl' ich lärmend ab bei Tisch,
Kose nie bei'm Mahle mit dem Liebchen eines Anderen,
Nehme nie die besten Stücke, schiebe nie den Becher vor,
Fange nie, vom Wein befeuert, Händel an bei'm Gastgebot.
Ist mir Einer dort zuwider, geh' ich heim und rede nichts.
Frohen Sinn und Liebeslust und Scherze treib' ich gern am Mahl.

Pleusides. Deine ganze Sinnesweise neigt sich hin zur feinsten Art.
Gib mir noch drei solche Männer, ich wäge sie mit Gold dir auf.

Palästrio. Keinen Zweiten wirst du finden, der in seinem Alter steht,
Der in 'Allem so gefällig und dem Freund so freundlich ist.

Periplectomenes. Selbst bekennen sollst du mir's, daß ich an Sinn ein Jüngling bin:
So in allen Dingen will ich helfend dir zur Seite steh'n.
Brauchst du einen finstern Anwalt, barsch und hizig? Komm zu mir.
Oder einen sanften? Ich bin sanfter, als die stumme See;
Leiser lispeln meine Lüftchen, als der Wind aus Westen weht.
Auch verwandl' ich mich vor dir bald in den angenehmsten Gast,
Bald in einen Hauptschmarozer, einen ausgelernten Koch,
Und der weichste Stuzer dreht sich nicht so schön im Tanz wie ich.

Palästrio. (zu Pleusides)
Bleibt dir was zu diesen Künsten auf der Welt zu wünschen noch?

Pleusides. Daß ich ihm in gleichem Maße danken könnt' um sein Verdienst
Und dir selbst; ich weiß ja, welche Noth ich euch bereitete,
    (zu Periplectomenes gewendet)
Daß ich dir so vieles koste, thut mir weh.

Periplectomenes.                                             Du bist ein Thor.
Was man auf ein schlechtes Weib, auf einen Feind verwendet, das
Ist verthan; bei'm wackern Gaste, bei den Freunden ist's Gewinn.
Was man Göttern opfert, ist dem Weisen eine Segenssaat.
Froh den Gastfreund aufzunehmen, gönnte mir der Götter Huld.
Iß und trink' und laß dir wohlsein, und belaste dich mit Lust
Frei mein Haus, frei bin ich selbst, frei (wünsch' ich) lebe man bei mir!
Durch der Götter Gnade, die mir großen Reichthums Fülle lieh,
Könnt' ich wohl ein reiches Weib aus einem hohen Hause frei'n;
Doch ich will mir eine Widerbellerin nicht zieh'n in's Haus.

Pleusides. Freund, warum nicht? Kinder sind doch immer eine süße Last.

Periplectomenes. Aber wahrlich, frei zu bleiben, acht' ich doch viel süßer noch.

Palästrio. Du verstehst es, Andre weise zu berathen und dich selbst.

Periplectomenes. Eine wackre, brave Frau, wenn eine je ward heimgeführt,
Wo vermag ich die zu finden? Oder soll ich eine frei'n,
Welche nie sagt: »kaufe Wolle, Männchen, daß ich dir daraus
Einen weichen, warmen Mantel machen kann, ein tüchtig Wams,
Daß dich's nicht den Winter friert!« Das hörst du nie von einer Frau.
Nein, bevor die Hähne krähen, weckt sie schon dich aus dem Schlaf:
»Gib mir, Mann, für meine Mutter«, sagt sie, »was zum NeuenjahrAm Neuenjahr, dem ersten März, mit welchem die älteren Römer das Jahr begannen, opferten die Ehefrauen der Juno, und Freundinnen und Verwandte sandten einander Geschenke zu. ;
Gib mir Köche, gib mir Bäcker; gib mir auf der Pallas Fest
Für die kluge Frau, die Zaub'rin, Traum- und Zeichendeuterin!Der weibliche Aberglaube hatte an solchen Festen einen ganzen Hofstaat von klugen Frauen, Zauberinnen, Traumauslegerinnen und Zeichendeuterinnen um sich. – Das Fest der Pallas (Minerva), quinquatria genannt, wurde gleichfalls im März gefeiert.
Eine Schand' ist's, nichts zu schicken. Was sie für Gesichter macht!
Auch die Frau muß ich bedenken, die das Kind entsündigt hatAm neunten Tage nach der Geburt pflegte man den Knaben ihre Vornamen zu geben, (bei den Mädchen geschah es einen Tag früher,) wobei gewisse heilige Handlungen vorgenommen wurden. Eine derselben war, daß man die Kinder reinigte oder mit den Göttern versöhnte. Danz. .
Lange grollt uns schon die Wartfrau, daß sie nichts von uns bekam.
Auch die Wehfrau ließ mir sagen, daß ich sie zu karg bedacht.
Willst du nichts der Amme schicken, so die Sklavenkinder säugt?«
Dies und andres Ungemach, das eine Frau mir bringt in's Haus,
Schreckt mich ab, ein Weib zu nehmen, das mir solche Reden führt,

Palästrio. Traun, der Himmel ist dir gnädig; denn verlorest du einmal
Deine Freiheit, kommst du nicht leicht wieder in den alten Stand.

Pleusides. Aber ruhmvoll ist es, wenn ein Mann von Reichthum und Geschlecht
Kinder aufzieht, seinem Stamm ein bleibend Denkmal und sich selbst.

Periplectomenes. Wenn ich viel Verwandte habe, was bedarf's der Kinder da?
Wie ich bin, so leb' ich glücklich, lebe ganz nach meinem Sinn.
Sterb' ich einst, fällt mein Vermögen meinen Anverwandten zu.
Diese sind bei mir zu Tische, pflegen mich, seh'n stets nach mir,
Was ich will, sind schon vor Tag da, fragen, wie ich schlief die Nacht.
Sie, ja sie sind meine Kinder, schicken mir Geschenke zu.
Opfern sie, dann krieg' ich einen größern Antheil, als sie selbstWas von den Opferthieren übrig blieb, ward unter die Priester und den Opfernden vertheilt, der davon entweder ein Gastmahl veranstaltete, oder an Verwandte und Freunde verschenkte. ,
Ziehen mich zum Opfermahle, laden mich zum leckern Schmaus.
Der bedünkt sich völlig elend, der das Mind'ste mir geschickt.
In die Wette schenken sie; ich murmle dann in mich hinein:
»Die verlangt nach meinem Gelde; darum füttern, schenken sie.«

Palästrio. Sie betreiben's fein und listig; aber du siehst doch hindurch;
Zwill- und Drillingskinder hast du, wenn du dich so glücklich fühlst.

Periplectomenes. Hätt' ich die, die Kinder machten wahrlich mir viel Herzeleid.
Dann zerquält' ich mich beständig, ging' einmal ein Fieber um;
Oder wenn mir einer trunken oder wo vom Pferde fiel,
Stürb' ich fast vor lauter Sorge, daß er Hals und Beine brach.

Palästrio. Solch ein Mann ist seines Reichthums, eines langen Lebens werth,
Der sein Gut zusammenhält und glücklich lebt, der Freunde Lust.

Pleusides. Theurer Freund! So wahr die Götter leben, wär' es besser, traun,
Hätt' ein Gott das Maß des Lebens nicht für Alle gleich bestimmt,
Wie man auch den Preis der Waare stets nach ihrer Güte schäzt,
Und die schlechte, weil sie schlecht ist, dem Besizer schlecht bezahlt.
Hätten doch die Götter auch der Menschen Leben so bestellt,
Einem Manne wackern Sinnes langes Leben zugetheilt,
Und dem ruchlos schlechten alsbald ausgelöscht des Lebens Licht!
Wenn's die Gottheit also fügte, gäb' es minder schlechtes Volk,
Schelmen übten ihre Streiche minder frech, und billiger
Kaufte, was von wackern Leuten bliebe, seinen Unterhalt.

Periplectomenes. Wer mit Schmäh'n und Tadel angeht wider das, was Götter thun,
Ist ein Thor, einfältig, albern. Aber nun genug davon!
Denn ich will einkaufen gehen, daß ich dich, mein Gast, wie dir's
Ziemt und mir, in meinem Hause gut und fein bewirthen kann.

Pleusides. Mich beschämt es wahrlich, wie viel Kosten ich dir schon gemacht.
Denn ein Gast ist nimmerdar so gerngeseh'n bei Freunden auch,
Daß er nicht beschwerlich fiele, bleibt er auch drei Tage nur.
Sezt er gar zehn volle Tage sich im Freundeshause fest,
Murrt das Hausgesinde sicher, wenn's der Herr auch leiden mag.

Periplectomenes. Diener nur, die mich bedienen, nahm ich mir, mein Freund, in's Haus,
Solche nicht, die mir befehlen, denen ich gehorsam bin.
Widert ihnen, was mir ansteht, fahr' ich doch nach meinem Sinn.
Auch Verhaßtes müssen sie bei Strafe thun, wenn ungern auch.
Nun zum Markte, wie ich sagte!

Pleusides.                                           Wenn du's denn nicht anders thust,
Kaufe mäßig, nicht zu kostbar, ein; für mich ist Alles gut.

Periplectomenes. Daß du doch das abgedroschne alte Lied nicht lassen kannst!
Denn du sprichst wahrhaftig jezt, wie die gemeinsten Leute, Freund.
Diese sagen wohl, sich lagernd an den schon gedeckten Tisch:
»Was bedurft' es unsertwegen denn so viel Unkosten, Freund?
Hercules! Du bist verrückt! Zehn Menschen hätten da genug.«
Was man ihretwegen einkauft, tadeln sie, und essen's doch.

Palästrio. Ja, so macht man's. (bei Seite)
                                        Wie geschickt und fein er Alles sich gemerkt!

Periplectomenes. Doch die Leute sagen niemals, steht der Tisch auch noch so voll:
»Weg damit! Nimm fort die Schüssel! Laß den Schinken! Mir genügt.
Laß die Würstchen weiter tragen; dieser Meeraal schmeckt auch kalt.
Geh, trag' ab!« Das hörst du nie von ihnen; nein, mit halbem Leib
Stürzen sie, nach etwas langend, gierig auf die Tafel her.

Palästrio. Wie ein Guter böse Sitten schildert!

Periplectomenes.                                               Nicht das Hundertste,
Was ich sagen könnte, sagt' ich; hätt' ich Zeit, ich sagte mehr.

Palästrio. Nun vor Allem müssen wir besprechen, was geschehen soll.
Beide merkt euch, was ich sage. Dich, Periplectomenes,
Brauch' ich nun: ersonnen hab' ich eine lustige Gaunerei,
Wie der Hauptmann troz der langen MähneVon den Locken des Hauptmanns war schon 1, 64. die Rede. glatt geschoren wird,
Und wie der hier zum Besize der Comasion gelangt,
Um mit ihr davon zu laufen.

Periplectomenes.                         Theile mir dein Plänchen mit.

Palästrio. Gib mir erst den Ring an deinem Finger.

Periplectomenes.                                                     Und was soll's damit?

Palästrio. Hab' ich ihn, dann geb' ich euch von meinem Plane Rechenschaft.

Periplectomenes. Nimm, gebrauch' ihn.

Palästrio.                                                 Nimm dafür den schlauen Plan, den ich entwarf.

Periplectomenes. Nun, wir stehen beide mit geräumten Ohren dir zu Dienst.

Palästrio. Mein Soldat ist solch ein Frauenjäger, daß zu keiner Zeit
Seines Gleichen weder war noch kommen wird.

Periplectomenes.                                                         Das glaub' ich dir.

Palästrio. Brüstet er sich doch, er wäre schöner selbst als ParisParis, der Sohn des Priamos, ist seiner Schönheit wegen schon aus Homer bekannt. war;
Prahlt er doch, ihm laufen alle Weiber nach in Ephesus.

Pleusides. Was bedarf's da vieler Worte? Weiß ich doch, du redest wahr.

Periplectomenes. Und auch ich weiß, daß es also sich verhält, Palästrio;
Ziehe du denn deine Red' in's Kurze, wie dir's möglich ist.

Palästrio. Weißt du mir kein Mädchen aufzufinden, reizend von Gestalt,
Das an Leib und Seele voll von Schwänken und von Pfiffen ist?

Periplectomenes. Eine freigeborenen Standes, oder nicht?

Palästrio.                                                                             Das gilt mir gleich;
Eine nur, die lebt vom Handwerk, die den Leib vom Leib ernährt,
Deren Brust recht wizig ist – Herz sag' ich nicht, das hat sie nicht.

Periplectomenes. Eine schon gewasch'ne»Eine schon gewaschene« bezeichnet eine, die schon ein Wochenbett durchgemacht hat, weil auf eine Niederkunft viele Bäder zu folgen pflegten. willst du?

Palästrio.                                                                         Saftig sei sie, nicht zu feist,
Und so jugendlich, so reizend, als du sie nur finden kannst.

Periplectomenes. Nun, da hab' ich meine Clientin, eine junge Buhlerin.
Doch wozu soll diese dienen?

Palästrio.                                       Führe sie zu dir in's Haus,
Bringe sie sofort hieher, ganz angethan nach Frauenart,
Mit geschmücktem Haupt, mit Locken und mit HaubeDie Frauen in Rom unterschieden sich von den unvermählten Frauenzimmern vornehmlich auch durch den Kopfpuz. Ihre Haare waren geflochten und mit einer Haube bedeckt. . Schärf' ihr ein,
Daß sie sich als deine Frau anstelle.

Periplectomenes.                                     Wo soll das hinaus?

Palästrio. Wirst es hören. Hat sie eine Magd?

Periplectomenes.                                             Ein recht verschlagnes Ding.

Palästrio. Auch die brauch' ich. Schärfe nun dem Mädchen ein, wie ihrer Magd,
Daß sie sich als deine Frau und ganz verliebt in meinen Herrn
Stellen soll, als habe sie durch ihre Zofe diesen Ring,
Um dem Hauptmann ihn zu geben, mir geschickt als Mittelsmann.

Periplectomenes. Schrei mich nur nicht taub; ich höre schon.

Palästrio.                                                                                   So geb' ich ihm den Ring
Ungesäumt als ein Geschenk von deiner Frau, (so sag' ich ihm,)
Um bei ihm sie einzuführen. Ist er doch, der Näscher, gleich
Bei der Hand, er sinnt den langen Tag auf nichts als Buhlerei.

Periplectomenes. Bätest du die Sonne selbst, sie triebe nicht zwei Mädchen auf,
Die dazu geschickter wären, als die Zwei. Drum sei getrost!
    (er geht ab.)

Palästrio. Eile gilt es jezt und Vorsicht. Höre du nun, Pleusides.

Pleusides. Bin zu Diensten.

Palästrio.                             Merke dieses: wenn mein Herr nach Hause kommt,
Darfst du nicht Comasion sie nennen.

Pleusides.                                                   Wie denn?

Palästrio.                                                                     Nenne sie
Holdchen.

Pleusides.         Wie wir's neulich abgeredet.

Palästrio.                                                         Stille, geh hinein!

Pleusides. Will daran gedenken. Doch was dient es mir? Ich werde doch –

Palästrio. Das erfährst du, wenn es nöthig ist; indessen schweige nur.
Spiele dann auch deine Rolle, wie sich der um dich bemüht.

Pleusides. Geh' ich denn hinein!

Palästrio.                                     Und ordne nüchtern, was ich dir befahl.
    (Pleusides geht in das Haus desPeriplectomenes.)

Zweite Scene.

Palästrio. Bald darauf Lucrio.

Palästrio. Was wirr' ich Alles! Welch Getriebe reg' ich auf!
Dem Söldner reiß' ich heute noch sein Liebchen weg,
Wenn nur mein Herr zum Kampfe wohl geordnet ist.
Doch – ruf' ich den! He, wenn du Zeit hast, Sceledrus,
Komm vor die Hausthür! Ich Palästrio rufe dich.

Lucrio. Der Sceledrus hat nicht Zeit.

Palästrio.                                           Warum?

Lucrio.                                                             Er schluckt im Schlaf.

Palästrio. Wie? Was? Er schluckt?

Lucrio.                                             Ich wollte sagen – schnarcht; indeß
Das Schlucken und das Schnarchen kommt auf Eins hinaus.

Palästrio. He!
So schläft der Sceledrus drinnen?

Lucrio.                                                 Seine Nase nicht;
Die lärmt gewaltig. Sie vertiefte sich in's Glas;
Als Kellner, hat er Nardenwein ein Faß gezapft.

Palästrio. He! Bist du nicht sein Unterkellner, Galgenbrand?

Lucrio. Was willst du? Sprich!

Palästrio.                                   Wie kam ihn denn das Schlafen an?

Lucrio. Ich denke, mit den Augen.

Palästrio.                                       Schuft, das frag' ich nicht.
Komm her. Du bist des Todes, wenn du nicht gestehst.
Du holtest ihm den Wein?

Lucrio.                                     Ich nicht.

Palästrio.                                                 Du läugnest noch?

Lucrio. Ja freilich; er verbot mir's ja zu sagen. Und
Ich habe nicht vier Nösel in den Krug gethan,
Noch hat ihn der zum Frühmahl glühendGewürzte Weine, besonders Nardenwein, d. i. Wein, mit Narden oder Nardengeist gemischt, waren bei den Alten sehr beliebt. ausgezecht.

Palästrio. Du trankest nicht?

Lucrio.                                 Ich sei des Todes, wenn ich trank,
Ja, wenn ich's konnte!

Palästrio.                           Wie denn das?

Lucrio.                                                       Ich schlürfte nur.
's war mir zu glühend, brannte mir die Kehle durch.

Palästrio. Wir trinken Kräzer, Andre dann besaufen sichAuch Glühwein, warmen Wein, liebten die Alten, und es gab eigene Laden, worin derselbe bereitet und verkauft wurde. .
Gar feinen Kellnern wurde doch der Wein vertraut!

Lucrio. Du thätst gewiß dasselbe, wär' er dir vertraut;
Nun bist du neidisch, weil du nicht mitzechen kannst.

Palästrio. He! Hat er früher nie gezapft? Antworte, Kerl!
Und daß du's wissest, so bedeut' ich dir hiemit:
Ich martre dich zu Tode, wenn du lügst, Halunk!

Lucrio. So? Daß du mich verriethest, als hätt' ich's gesagt,
Und daß sie dann mich würfen aus der Kellermast,
Daß du dir einen andern Knecht zum Zapfen wählst?

Palästrio. Das thu' ich niemals; rede nur getrost zu mir.

Lucrio. Ihn sah ich nie Wein holen; nein, so war das Ding.:
Er hieß es mir, und ich – ich holte dann den Wein.

Palästrio. Du Loser hast die Fässer auf den Kopf gestellt?

Lucrio. Bei Gott, die Fässer waren nicht so wackelig.
Doch war ein Plaz im Keller, klein, gar schlüpferig.
Dort, nahe bei den Fässern, stand ein großer Krug;
Der füllte wohl des Tages oft zehnmal sich an;
Ich sah ihn voll und wieder leer; er schwelgte fort
Und soff sich voll; die Fässer nickten und wackelten.

Palästrio. Geh, geh hinein! Ihr, seh' ich, habt ein Saufgelag
Im Keller. Nun, ich hole gleich den Herrn vom Markt.

Lucrio. Ich bin des Todes! Kommt er heim und hört den Streich,
Von dem ich nichts ihm sagte, schlägt der Herr mich todt.
Die Schläge spar' ich mir für heut und laufe fort.
    (an die Zuschauer)
Ach, sagt ihm nichts; bei eurer Treue bitt' ich euch!
    (will gehen.)

Palästrio. Wohin du?

Lucrio.                       Bin wohin geschickt; bin bald zurück.

Palästrio. Wer schickte dich?

Lucrio.                                     Comasion.

Palästrio.                                                   Komm gleich zurück.

Lucrio. Und wenn es Prügelsuppe gibt, nimm du für mich,
Indeß ich wegbin, meinen Antheil in Empfang.
    (geht ab.)

Palästrio. Ich merke nun, was unsre Freundin ausgeheckt.
Indeß der schnarcht, schickt sie den Unterwächter fort,
Daß sie von hier hinüberschleichen kann. Wie fein!
Doch sieh, da bringt der Alte schon, wie ich's gewünscht,
Ein gar zu nettes Mädchen. Zeus hilft uns, bei Gott!
Wie sittsam ist sie ausgeschmückt! Gar nicht verbuhlt!
Wie herrlich uns doch Alles aus den Händen geht!

Dritte Scene.

Periplectomenes mit Acrotelis und Phidippe. Palästrio.

Periplectomenes. Ich habe dir, Acrotelis, und dir zugleich, Phidippe,
Die ganze Sache schon zu Haus erklärt. Wenn ihr das Schelmstück
Nicht ganz begriffen, will ich's euch von neuem deutlich machen;
Doch wenn ihr's recht verstanden, laßt uns über Andres sprechen.

Acrotelis. Das wäre doch höchst abgeschmackt, der Gipfel aller Thorheit,
Nähm' ich ein fremdes Werk auf mich, verhieße dir zu helfen,
Und hätte doch nicht Schick genug noch List in dieser Werkstatt.

Periplectomenes. Nun! Mahnen ist doch immer gut.

Acrotelis.                                                                   Ein Mädchen – mich zu mahnen?
Ich weiß nicht, was das helfen soll. Wie? Hab' ich dir denn immer,
Nachdem mein Ohr den langen Salm von deinem Wort getrunken,
Umsonst erklärt, wie dein Soldat zerhobelt werden könne?

Periplectomenes. Kein Mensch ist klug genug allein. Schon Viele, sah ich, schoßen
Am Land des guten Raths vorbei, bevor sie's aufgefunden.

Acrotelis. Soll eine Frau ein Schelmenstück mit Trug und List vollführen,
Ist ihr Gedächtniß ewig und kennt weder Maß noch Ende.
Doch gilt es, etwas Löbliches, was Gutes auszurichten,
Vergessen sie's den Augenblick, und ihr Gedächtniß schwindet.

Periplectomenes. Drum wird mir eben bange, weil ihr Beides heute thun sollt;
Was ihr dem Söldner Böses thut, das dient zu meinem Nuzen.

Acrotelis. Wenn nur von uns nicht wissentlich was Gutes soll geschehenDer Sinn ist nach Köpke: ich und Andere müssen mit dem schlechtesten Getränke unseren Durst löschen, und diese haben Wein zum Uebermaß. ,
Sei unbesorgt. Schlecht zeigt sich ja kein Mädchen, und enthält sich
Des Schlechten immer, stößt sie noch auf Schlecht're, denn sie selbst istIch lese: dum ne scientes quid bonum. .

Periplectomenes. So ziemt es euch. Kommt mit!
    (er will mit beiden Mädchen fortgehen.)

Palästrio. (für sich)                                               Was säum' ich noch, sie anzugehen?
    (zu Periplectomenes)
Ich freue mich, dich wohl zu seh'n. Schön aufgepuzt erscheinst du.

Periplectomenes. Erwünscht, gelegen kommst du mir, Palästrio. Da sind sie,
Die du verlangtest, angethan, wie du's bestelltest.

Palästrio.                                                                       Herrlich!
Sei mir gegrüßt, Acrotelis!

Acrotelis. (zu Periplectomenes)   Wer ist der Mensch, o Himmel!
Der mich so wohlbekannt begrüßt?

Periplectomenes.                                   Der hier ist unser Meister.

Acrotelis. Willkommen, Meister!

Palästrio.                                     Sei gegrüßt! Doch sage mir, ob der dich
Mit Regeln recht befrachtet hat.

Periplectomenes.                             Wohl zugestuzt sind beide.

Palästrio. Ich möchte doch auch wissen, wie; sonst macht ihr eine Dummheit.

Periplectomenes. Wie du's befahlst. Ich habe nichts dazu gethan von Meinem.

Acrotelis. Du willst, wir sollen deinen Herrn, den Hauptmann, prellen?

Palästrio.                                                                                                   Richtig!

Acrotelis. Dein Plan ist fein und schlau, geschickt und artig ausgesonnen.

Palästrio. Da mußt du dich als dessen Frau (auf Periplectomenes deutend)
                                                              anstellen.

Acrotelis.                                                                     Soll geschehen.

Palästrio. Als hätt'st du dich in meinen Herrn verliebt, den Hauptmann.

Acrotelis.                                                                                                 Richtig.

Palästrio. Als sei's durch mich als Mittelsmann und deine Magd gegangen.

Acrotelis. An dir verdarb wohl ein Prophet: du sagst, was künftig sein wird.

Palästrio. Als hätte deine Magd den Ring von dir an mich zu bringen,
Daß ich in deinem Namen ihn dem Hauptmann gebe.

Acrotelis.                                                                           Recht so.

Periplectomenes. Wozu bedarf's des Redens, da sie's weiß?

Acrotelis.                                                                                 Es ist so besser.
Denn, mein Patron, bedenke nur: wenn ein geschickter Meister
Einmal den Kiel recht nach der Schnur gezimmert und gefügt hat,
Dann ist es leicht, das Schiff zu bau'n auf wohlgelegtem Grunde.
Nun, unser Kiel ist gut und fest gegründet und gezimmert,
Und tüchtige Zimmerleute sind von dir und mir zugegen.
Wenn uns der Herr nicht sizen läßt, der uns das Bauholz liefert,
So kenn' ich unsres Geistes Kraft: bald läuft das Schiff vom Stapel.

Palästrio. Du kennst den Hauptmann, meinen Herrn? Nicht wahr?

Acrotelis.                                                                                         Wie kannst du fragen?
Ich kennte nicht des Volkes Spott? Den Prahler mit den Locken,
Den Salbenhengst, den Buhler?

Palästrio.                                         Kennt er dich?

Acrotelis.                                                                 Er sah mich niemals.
Wie sollt' er wissen, wer ich bin?

Palästrio.                                             Das ist ja gar zu niedlich.
So wird es um so leichter geh'n.

Acrotelis.                                           Du schaffe mir den Mann nur;
Für's Andre laß mich sorgen. Wenn ich ihn nicht tüchtig prelle,
Dann wälz' auf mich die ganze Schuld.

Palästrio.                                                     So tretet denn im Haus ein,
Und treibt mit Klugheit euer Werk.

Acrotelis.                                               Sei deßhalb unbekümmert.

Palästrio. Die führe nun hinein, Periplectomenes; ich werd' ihn
Jezt auf dem Markte treffen, bring' ihm deinen Ring, und sag' ihm,
Er rühre her von deiner Frau, die recht in ihn verliebt sei.
Die (auf Phidippe deutend)
        schicke dann zu uns, sobald wir heim vom Markte kommen,
Als hätt' ich Heimliches mit ihr.

Periplectomenes.                               Schon gut! Sei unbekümmert.

Palästrio. Nein, kümmert ihr euch nur: ich will ihn wohlbeladen bringen.

Periplectomenes. Zieh' hin im Glücke; mach' es gut! (an Acrotelis gewendet)
                                                                            Doch, bring' ich das zu Stande,
Daß wir des Hauptmanns Mädchen heut noch unser'm Gast verschaffen,
Und er sich einschifft nach Athen – gelingt uns dieser Anschlag,
Wie soll ich dirs' dann lohnen?

Acrotelis.                                         Ob uns auch das Mädchen mithilft?

Palästrio. Recht fein und schlau.

Acrotelis.                                     Ich bin gewiß, dann werden wir's vollbringen.
Sobald wir unsre Schelmerei'n einmal beisammen haben,
Dann ist mir gar nicht bange, daß uns fremde List belistet.

Periplectomenes. Laßt uns hineingeh'n, daß wir wohlbedächtig uns berathen,
Um nicht zu schwanken, wenn der Hauptmann kommt.

Acrotelis. (zu Palästrio.)                                                       Du, Freund, verweil' ihn,
Daß wir genau und listig, was geschehen muß, vollführen.


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