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Es lebe der Wald Und es leb' das Gejaid
Und der uns das Pulver erfunden.
Gings ledern und stille, das wäre mir leid,
Dem Knall bin ich lieber verbunden,
Es schalle und hall'!
Heut rühren sich fröhliche Stunden!
Herbst! In fahlen gelben Tönen steht das Wort für die meisten Menschen geschrieben. Phantasiebegabten rascheln welke Blätter darüber hin. Schwermütigen grinst wohl gar das häßliche Gespenst des Todes aus der Wölbung des H. Nur einer Torte erscheint es in lustiger Buntschrift wie ein Harlekinsscherz – dem Jäger! Da schlüpft, schleicht, springt und purzelt es in tollem Durcheinander durch, um und über die purpurroten, gelben und grünen Buchstaben, Hirsch und Reh, Fuchs und Hase, Marder und Dachs und sie selbst, die ewig steifen, hochmütigen Philister, verlieren ihre Contenance und kommen ins Wanken und Tanzen vor dem fröhlichen Hussa, Hundegebell, Hörnerschall und Büchsenknall.
Ich kramte gestern lange unter dem Stoß Jagdeinladungen umher, die auf meinem Schreibtisch lagen. Fast jedes Datum war vertreten. Ja, wenn auf der andern Seite nicht ein Turm von Arbeit aufgehäuft wäre, der seine finstern Schatten warf über das so köstlich herbstlich duftende Häufchen!!
Da hieß es sorgfältige Wahl treffen.
Ein bärenhäutiger Germane, der in opernhafter Attitüde sieghaft den Fuß auf einen gefällten Riesenhirsch stemmt und die Einladung zur Hasenjagd in alle Winde bläst – Herr Kommerzienrat S... giebt sich die Ehre –
Weg damit! – Ein kokettes Mädchen in braunen Gamaschen, über welche ein höchst weidmännisches rotes Röckchen gaukelt, ein Flintchen über der Schulter, reicht mir mit verführerischem Lächeln ein Kärtchen – Herr Bankier S... giebt sich die Ehre – weiter!
Ein lustiger Bruder mit gemütlichem Schmerbäuchlein und verhältnismäßig gefülltem Rucksack, aus dessen Oeffnungen gekreuzt wie Rebläuse vier Flaschenhälse herausgucken – das ist schon verlockender! – zur engeren Wahl!
Ein schlichtes Weidmannsheil, eichlaubumkränzt – noch besser!
Die Schrift ist mir bekannt – wie enges Stangenholz, so steif und stachlig; anstatt rasch meine Neugierde zu befriedigen, zerbrach ich mir nach gemeinsamer Sitte einige Minuten den Kopf über den Schreiber, roch sogar zuvor daran – nach Pulver, Blei, Wild, so kam es mir vor, wie ein alter Rucksack – das wäre schon das rechte Parfüm!
Erst nach vergeblicher Anwendung alles Scharfsinns öffnete ich.
»Euer Gnaden! Wenn's Ihnen grad a Freud machen thät, den 14. September an mein Jagdl teilzunehmen, so sind's freundlich dazu eingeladen. Dem Gunterholz und dem Dachsberg gang's an – Sie wissen's schon –, net grad vürnehm, aber a net schlecht, meinat ich. Ein paar Dutzend Hafen, etliche Böck und Füchs so Luader grad genuag. Schnepfen san a da, mein gnädiger Herr Graf aber net, weil er im Bad is, von wegen sein bösen Reißen, wenn Ihnen das nix machen thut, fehlen darf trotzdem nix – Bier hab' i Franziskaner b'stellt.
Euer Gnaden ehrfurchtsvoll
ergebenster gräflicher Förster
Hubmeier.«
Die Wahl war getroffen! Da winkte der Humor, dieses seltene, köstliche Wild!
Ich war bei Graf R... wiederholt zur Jagd geladen und beneidete oft die nicht salonfähige Jagdgesellschaft, deren fröhliches Treiben aus dem idyllischen Försterhaus bis tief in die Nacht hinein gar verführerisch herübertönte in das Schloß, in welchem um zehn Uhr bereits das letzte Licht erlosch.
Um sechs Uhr früh ging der Zug, – eine Stunde Fahrzeit. Wenn man auch abends zuvor alles säuberlich geordnet, bis man »alle seine sieben Zwetschgen«, wie der oft rätselhafte Volksmund spricht, beisammen hat, dauert es doch länger, als man glaubt. Ob die Patronen langen? Man hat oft einen unglaublichen Anlauf. Rasch wird noch ein Dutzend gestopft. – Dann, welches Gewehr? Wer die Wahl, hat auch die Qual! Das hält die Schrote besser zusammen, das andere hat einen besseren Brand – dann die Fourage! Magda hat ein förmliches kaltes Buffet errichtet in meinem Zimmer – und zuletzt dieser entsetzliche Kampf mit dem Objekt, wie der Philosoph Fr. Vischer dieses furchtbare Ringen nennt, mit der sich ewig verwickelnden Hundsleine am Rucksack, dem boshaft sich umkippenden Riemenzeug, den unbotmäßigen Schuhriemen. Kurz, ich kam gerade noch recht. – Dachselgekneif, schallendes Gelächter und eine Rauchwolke, welche zu einem Coupé dritter Klasse herausquoll, ließen mich nicht zweifeln, wo ich einzusteigen hatte.
Unter Geknurr und dem Schmerzensgeheul eines getretenen Dachsels zwängte ich mich in das überfüllte, von Gewehren starrende Coupé, in dem eine augenblickliche, der weidmännischen Abschätzung des neuen Ankömmlings gewidmete Stille eintrat.
»Die Herren fahren wohl nach G... zum Förster Hubmeier?«
»Das is g'wiß, alle zum Hubmeier!« erwiderte ein behäbiger Dicker mir gegenüber, der eben das erste Gansviertel mit einem handfesten Knicker behandelte und dabei mit seinen energischen Armbewegungen seinen langen, schmächtigen Nachbar zwang, sich förmlich in sich selbst zu verkriechen.
Vorstellung war nicht nötig nach dem Jagdcomment, der hier herrschte; außerdem kamen mir die meisten Gesichter bekannt vor, sei es von »Oberländer« oder dem vortrefflichen »Haider« her oder von früheren jagdlichen Zusammentreffen. Daß der alte Hubmeier mit größter Vorsicht seine Stadtgäste wählte, im Feuer erprobte Gesellen, die auch am »Abend«, um den es dem Alten stets am meisten zu thun war, in jeder Beziehung ihren Mann stellten, das wußte ich im voraus. Ich glaubte auch bald die verschiedenen Rollen erraten zu haben, die der Schlaue den einzelnen zugeteilt, als er die Einladungen schrieb.
Mein behäbiges Vis-à-vis mit dem lustig aufgedrehten Schnurrbärtchen über der vollen Lippe und den gutmütig kleinen Aeuglein hatte sich gewiß die Frau Försterin verschrieben, als Herold ihrer berühmten Leberknödel. Der Lange daneben mit seinem Falkenblick unter den buschigen Augenbrauen, der verwetterten lederartigen Haut, ein Büchsenmacher, vom Schießstand her mir bekannt, war wohl für den engsten Fuchsriegel bestimmt. Der blonde Germane dort am Fenster, in wasserdichtem Loden, einen stattlichen Gemsbart auf dem Oberländerhut, hatte das gewisse Schnadahüpflgesicht, und richtig, ich hatte mich nicht verrechnet, neben ihm in der Ecke lehnte eine Zither in grünem Futteral. Ein anderer mit martialischem Schnurrbart, Adlernase, das Hütl schneidig auf der Seite, der sich durch meinen Eintritt in der Erzählung einer ungeheuerlichen Jagdgeschichte nicht stören ließ und jeden Augenblick das linke Auge zudrückte, war wohl ein vortrefflicher Jagdlateiner, während der harmlose Schläfer in der andern Ecke mit den über den Leib gekreuzten Händen, dem nichts weniger als Mordlust hinter den rötlichen Lidern schlummerte, für einen verlorenen Posten im Bogen vortrefflich geeignet schien, welchen Förster Hubmeier nie mit der Versicherung anzuweisen versäumte, daß über den Ruckwechsel nix aufsteht.
Dichter Nebel verzögerte den anbrechenden Tag, die Wetterprognosen begannen. »D'Sonn verdruckt 'hn schon«, meinte der Dicke, eifrig mit seinem Frühstück beschäftigt.
»Zu lauter Wasser«, setzte der Blonde hinzu, während der Büchsenmacher mit fatalistischem Stirnrunzeln behauptete, daß es dem Hubmeier seine Jagden ja immer verregne – und der Jagdlateiner erklärte, gerade der Nebel sei ihm recht, da habe man doch Gelegenheit, sich als Schütze zu zeigen. Als der Büchsenmacher ärgerlich erwiderte, er wisse doch auch, was schießen heißt, gab er wirklich eine tolle Nebelgeschichte, natürlich eigenes Erlebnis, zum besten.
»Herr Niedermeier«, wandte er sich am Schluß bei allgemeiner Glaubenslosigkeit an den Dicken, »Sie kennen mich, habe ich je gelogen?«
»Na, warum soll's net möglich sein? Auf der Jagd lernt man nie aus,« erwiderte dieser, jeder Erregung sichtlich feind. Er hatte eben seinen Schmaus beendet und reichte den Gansknochen dem längst darauf lauernden Dackel zu seinen Füßen.
Da erhob sich unbändiger Lärm. Unter allen Sitzen fletschte es hervor, schwarze, braune Köpfe! Ueber den Dachsel stürzte ein gedrungener Hühnerhund – man zog die Beine, sprang auf die Sitze, schlug mit den Peitschen in den Knäuel. »Waldl, herein!« – »Feldmann, kusch!« Der Büchsenmacher that einen gellenden pfiff, der Schläfer fuhr entsetzt auf, an einen Zusammenstoß denkend. Dann löste sich plötzlich die ganze Verwirrung in fröhlichste Laune und der Sieger klapperte am Boden mit dem Knochen.
Der Vorfall gab Gelegenheit, auf Hundedressur einige interessante Streiflichter zu werfen. Unterdessen hielt der Zug auf unserer Station.
Ein Jagdgehilfe empfing die Gäste, seiner Aussage nach war »grad a Viertelstündl zum Treffen«. Der Dicke hatte recht behalten, die Sonne hatte ihn wirklich verdruckt, den Nebel, ihre siegreichen Strahlen trieben ihr funkelndes Spiel in dem Tau der Stoppelfelder und herbstlichen Wiesen, nur an den Waldsäumen hingen noch da und dort langgestreckte, langsam zerfließende Schleier. Die roten Buchen glühten auf im Frühsonnenschein, die tautriefenden Fichtenboschen blitzten von ungezählten Diamanten an Spinnfäden gereiht, ein köstlicher Weingeruch stieg auf vom gefallenen Laub.
Die Viertelstunde kannte ich; obwohl der lange Büchsenmacher mit Riesenschritten voreilte, währte es doch eine ganze Stunde.
Da stand er da, mitten in der schnurgeraden Landstraße durch den Forst, mit gespreizten Beinen – der Hubmeier! »Ja, Herrgott! Türkenelement! Wo bleibts denn so lang? Treiber, macht's, daß weiter kommt's! Nehmt's d' Hund' an d' Lein und rührt's euch, macht's Maul auf für euer Geld. – Grüß Gott, grüß Gott!« erwiderte er eilig unsere Begrüßung. »Ja, meine Herren,« wandte er sich dann an eine Gruppe, welche sich im Wald gelagert hatte und im eifrigen Gespräch gar keine Miene machte, sich zu erheben – gräfliche Beamte, Verwalter, Forstleute – »jetzt müssens Ihnen schon erheben, wenns mitthun wollen! – Habs Ihnen ja g'schrieben, grad a Privatjagdl,« sagte er eilfertig zu mir.
Die kleinen grauen Augen blitzten thatkräftig, der schneeweiße Kaiserbart leuchtete förmlich aus dem dunkelbraunen verwetterten Antlitz.
Jetzt war er im Amt, das wußte jeder, da hieß es parieren wie ein Hühnerhund und mit jedem Brocken fürlieb nehmen, den er einem hinwarf.
Unter seinem Vorantritt ging es vorwärts, man wagte es kaum zu flüstern, die wütenden Blicke Hubmeiers fürchtend, die jeden, wer er auch sein mochte, unnachsichtlich trafen, der sich gegen sein Reglement verging. Der lange Büchsenmacher wich nicht von seiner Seite.
Eine fast quadratische Fichtendickung, mit einer Seite sich an das offene Feld lehnend, bildete den ersten Trieb.
»Grad a Hafenbögerl, meine Herren, könnt aber a Bock auch anspringen – wer a Geiß schießt, der kennt mi – und a bisl aufpassen auf seinen Nebenschützen, net gar a so umanad spritzen – und d' Hund, meine Herrn, d' Hund – net glei schießen, wenns Haar seg'n.«
Unter diesen unerschöpflichen Mahnungen und Drohungen ging das Anstellen der Schützen vor sich. Mich behielt er zuletzt. »Lassen's sie 's nur amol ordentli ausknalln, es kommt scho no besser.«
Dann gings an die Treiber, die mit Hurra – Dax – Dax, Ratschengeklapper und Hundegekneif in tadelloser Linie vorwärts marschierten. Doch Hubmeier war nie zufrieden, er bemerkte jede kleinste Lücke und jedes Schwanken der Kette.
»Auf was warts' D' denn, Jakl? – weiter auf dem rechten Flügel! – Himmel und alle Nationen! Wart, i werd Dir Schwammerl brocken, Lausbub!« klatsch, klatsch.
Hurra, Dax, Dax – bäng! Der erste Schuß! zehnfach anschwellendes Geheul der Treiber! – Obacht! – Tiro! – bäng – bäng! Ui Dax – Dax – aho! aho! Wau – wau! bäng! Die Hölle ist los – einige vorn abgeblitzte Langohren fallen mir zur Beute – dann ein Signal und der Lärm verstummt – der Trieb ist aus.
Von dem Sammelplatz schallt mir schon Hubmeiers Stimme entgegen: »Sieben Hasen und dreißig Schuß! Net übel! Wenn's so weiter machen wolln –«
Der Renommist mit dem Schnurrbart erklärt ihm vergebens die noch nie dagewesenen Umstände, unter denen er drei Hasen und einen Fuchs gefehlt, während der Büchsenmacher mit einer Berserkermiene wortlos drei Hasen zu den übrigen wirft.
»Weiter – weiter! Jetzt bitt' ich mir a Ruh aus, jetzt kommt der Hauptfuchsbogen«, eiferte Hubmeier, und fort gings lautlos durch den Hochwald. Ein Dackel kläffte noch unverdrossen im verlassenen Bogen. Hubmeier hob drohend im verbissenen Grimme die Faust nach der Richtung und beutelte einen Buben, nur um seinen Zorn auszulassen.
Die Treiber schlichen lautlos fort wie Indianer, das geheimnisvolle »Dicket« lag vor uns, man flüsterte nur noch erstickt.
»Herr Niedermeier, da bleiben's!« wandte sich der Förster an den Dicken, »aber i bitt, net wieder papierln.« Die Backen zum Zerspringen gefüllt, schwor er mit einem Blick völlige Enthaltsamkeit.
Jedem gab er eine gute Mahnung, jedem ließ er ein Stück Hoffnung zurück – Erwartung auf allen Gesichtern.
»Kennen's Ihnen aus?« sagte er pfiffig schmunzelnd, als er mich auf einen idealen Fuchsriegel stellte, wo die Dickung fast die nächste berührte, nur einen schmalen Zwischenraum lassend.
Der Förster war kaum einen Büchsenschuß weit gegangen, da raschelte es schon im dürren Laub. Ich kannte den Takt! Vorsichtig, langsam aufgefahren, daß kein Lichtblitz ihn blendet – da trabt er schon daher auf dem »Riegel« mit dem gewissen verschmitzten Lächeln über sein Abstehlen. – Da kracht der erste Schuß. Im Rauch bricht er zusammen regungslos, die schneeweise Rutenquaste zittert noch. Jetzt beginnt von neuem der lustige Tanz! Der friedliche Wald erzittert von dem Gelärm, und die Jagdlust zieht ein in das Herz.
Die einzelnen Schüsse ganz am Anfang gelten alle Reineke. – Da saust schon ein Abgeprellter durch das Stangenholz – bei meinem Nebenmanne knallt's, ich sehe nur noch ein Aufdrehen der Rute und höre einen derben Fluch der Büchsenmacher war's! Ein Dackel jagt gerade auf mich zu, jeden Augenblick müssen die Boschen sich öffnen – Reh, dem Laute nach, bald vor, bald zurück – jetzt kracht's und knistert's schon dicht vor mir – dann wieder plötzliche Stille – es will die Dickung nicht verlassen – es hofft und zieht den Wind ein, mir unsichtbar, doch der Dackel giebt nicht nach – endlich bricht er durch, den Hals gestreckt, den Aeser heraus, mit glänzenden Lichtern, das braune Gehörn so zurückgelegt, daß ich es kaum erkenne. – Im Rauch überschlägt er sich und über ihn weg in tollem Eifer mit fliegendem Behänge stürzt der kläffende Dackel.
»Tiro! Obacht, a Fuchs! Oho! Oho! Himmeldonner – – da her, Buabn!« der Alte.
»Laßt d' Hund aus, um Gottes willen, d' Hund!« ruft ein Uebereifriger, der wohl einen Hasen angeplänkelt.
Auf allen Seiten knallt es lustig darauf los – der Gipfelpunkt ist erreicht! Hasen laufen kopflos durcheinander, überspringen sich, Rehe sichern und äugen ratlos umher, prallen zurück, wagen den Durchbruch und kehren dann doch wieder in die Gefahr zurück.
Der Bogen gab eine stattliche Strecke, der Dicke schleppte atemlos einen Kapitalbock daher und sogar der harmlose Schläfer schüttelte grimmig ein Häschen, daß der Schweiß umherspritzte. Nur der Renommist mit dem Schnurrbart störte mit einem Kitzbock die gute Laune Hubmeiers; obwohl jener beteuerte, das sei ein Fall, der ihm noch nie vorgekommen, wurde er tüchtig abgekanzelt. Knödelbogen gab es keinen bei Hubmeier; »zuerst d' Jagd, nachher Essen und Trinken«, war sein Wahlspruch. Keinen Augenblick verließ ihn der Ernst, seinen kleinen grauen Augen entging nichts, jeder Befehl, jede Anordnung stimmte – da gab es noch Feldbögen und Filzen, Hasen-, Fuchs- und Schnepfenbögerl.
Um vier Uhr ertönte das Halali. Es war wirklich genug des Mordens und der Wald sehnte sich nach Frieden. Alles eilte mit knurrendem Magen zu dem Versammlungsplatz – – Das war ja nicht mehr der Hubmeier – dieses joviale Gesicht – diese gutmütigen Augen, dieses herzliche Lachen – die qualmende Pfeife.
»So, jetzt sag' i eigentlich erst grüß Gott, meine Herren! Gut haben's Ihre Sach' g'macht – i gratulir' allerseits und wenn i ein oder den andern a bißl scharf anlassen hab' – nix für ungut – net wahr – i bin ja der Hubmeier und d' Frau wird's glei wieder gut machen, denk' i.«
Die Ansprache wurde mit Hallo und allseitig herzlichem Lachen begrüßt, besonders der Passus mit der Frau erweckte in allen sehnsüchtige Gefühle.
Das Schloß lag vor uns, mit seinen geschlossenen Läden nicht sehr anheimelnd, um so mehr das rebenumrankte Försterhaus, aus welchem uns köstlicher Bratenduft, Geschirrgerassel und das himmlische Geräusch des Anzapfens entgegendrang, und an der Schwelle stand auch schon Frau Hubmeier, die stattliche Försterin mit dem behäbigen Lächeln, das Antlitz vom Herdfeuer gerötet, und aus der Küche tönte eine silberhelle Stimme: »Soll i noch ein Dutzend einlegen, Mutter, weil's so lang ausbleiben?«
»Nur einlegen, Reserl – sie schaug'n hübsch hungrig her«, rief die Försterin zurück, »giebt ja ehnder kein Ruh, der Hubmeier!«
Köstliche Erinnerung, Universalmittel für Appetitlosigkeit, diese andächtige Erwartung in der Försterstube, dieser rührende Empfang der blondgezopften Resel mit der ersten Fracht Knödel und Wildbret! Dieser herrliche, von keinem Zwang beeinträchtigte Genuß! Diese feierliche Stille. Und dann der köstliche Anstich, die kaleidoskopartige Schilderung der Erlebnisse, die Lebhaftigkeit der Bilder und draußen vor der Thür die stattliche Strecke, dieses Raubtiervergnügen an dem Anblick des gefällten Wildes, das Wühlen in dem weichen Pelzwerk des Fuchses, das Gewichtlprüfen und Schußerklären!
Ich hatte mich nicht getäuscht in der Rollenverteilung Hubmeiers; die schönste aber hatte er selbst übernommen, die des liebenswürdigen, herzlichen Wirtes, der die Stunden würzt, das blonde blauäugige Reserl und die stattliche Frau Försterin, deren weibliche Würde jede Ausartung männlichen ungebundenen Humors mit feinem Sinn verhinderte.
Und meine Rolle? – »Könntens net über'n Hubmeier sei Jagdl amal a bisl was schreiben?« flüsterte mir der Alte gelegentlich ins Ohr, »so schwarz auf weiß meine Füchs und Rehböck – das wär' a G'spaß!«
»Und Deine Grobheiten«, ergänzte die Försterin, welche die Worte des Alten vernommen, »sonst kennt Dich ja kein Mensch.«
»Und wenn's sein muß, liegt a nix dran«, erwiderte er. »Wer a Jaga ist, wird's begreifen und wer keiner is – no, den geht der Hubmeier überhaupt nix an!«