Edward Phillips Oppenheim
Schatten der Vergangenheit
Edward Phillips Oppenheim

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Kapitel 1.
Das Gelbe Haus.

Mit Ausnahme zweier unbedeutender Leute hatten alle bei uns Besuch gemacht. In einem schönen Auto war die Gräfin zwanzig Kilometer weit von Sysington Hall mit ihren beiden etwas bleichsüchtigen Töchtern herübergefahren. Sie äußerten sich begeistert über die letzten schönen Rosen in unserem Garten und über die großen Zedernbäume, die den Rasen beschatteten. Die Holgates von Holgate Brand und Lady Naselton erschienen am selben Nachmittag. Und daraufhin kamen viele andere zu uns, denn diese vornehmen Herrschaften waren tonangebend. Man merkte, daß sie zuerst etwas ängstlich und unsicher waren. Sie fragten zum Beispiel nebenbei, wie wir unseren Namen schrieben. Als mein Vater aber erklärte, daß unser Name mit zwei f geschrieben würde, und gelegentlich darauf anspielte, daß die Ffolliots in Warwickshire mit uns verwandt seien, atmeten sie erleichtert auf, und ihr Verhalten uns gegenüber wurde freundlicher und herzlicher. Wir verkehrten zwar mit unseren Verwandten in Warwickshire nicht, aber trotzdem waren sie unsere Vettern. Es gab Ffolliots, die zur Gesellschaft gehörten, und Ffolliots, die nicht anerkannt waren. Wir zählten zu den ersteren. Man hatte also keinen Fehler gemacht, wenn man seine Karte bei diesem kleinen Landpfarrer und seinen beiden Töchtern abgegeben hatte. Die ersten Besucher gaben einen günstigen Bericht über uns, und danach fanden sich auch alle anderen ein, die noch gezögert hatten. Nur Mr. Bruce Deville von Deville Court, der unser nächster Nachbar war, und Mrs. Fortreß, die im »Gelben Hause« wohnte, erschienen nicht bei uns.

Eines Nachmittags fragte ich Lady Naselton nach den beiden. Sie gehörte zu den ersten, die uns ihren Besuch gemacht hatten, und schien von Anfang an den Wunsch zu haben, mich in die Gesellschaft von Northshire einzuführen. Sie stand in mittleren Jahren, trat elegant und vornehm auf und war eine Dame von Welt. Das Leben auf dem Lande hatte keinen nachteiligen Einfluß auf sie ausgeübt. Sie war schon zum drittenmal bei uns, und es machte mir Freude, mich mit ihr zu unterhalten. Es war ein herrlicher Oktobernachmittag; wir saßen im Garten und tranken Tee. Zwischen hohen Baumgruppen schimmerte das merkwürdige, kleine Haus mit den gelben Wänden durch und brachte mich auf meine Frage. Man konnte es allerdings nur von einem bestimmten Platz aus sehen, und ich saß gerade an dieser Stelle. Als eine kleine Pause in der Unterhaltung eintrat, erkundigte ich mich nach Mrs. Fortreß.

»Übrigens haben uns unsere nächsten Nachbarn noch nicht besucht«, begann ich.

»Wen meinen Sie?« fragte Lady Naselton. »Es leben doch so viele Leute hier in nächster Nähe.«

»Ich meine die Dame, die dort in dem kleinen Haus jenseits der Schonung wohnt. Es hat einmal jemand von ihr gesprochen, gesehen habe ich sie noch nicht. Aber vielleicht irre ich mich auch.«

Lady Naselton erhob die Hände und sah mich interessiert an. Dieses neue Thema schien ihr zu gefallen, denn ihre Haltung war nicht mißzuverstehen. Ich möchte nur wissen, warum selbst die nettesten Damen sich an anstößigen Dingen freuen und gerne darüber sprechen.

»Meine liebe Miß Ffolliot«, rief sie, »haben Sie wirklich noch nichts von ihr gehört? Hat Ihnen noch niemand etwas erzählt?«

Ich tat so, als ob ich ein Gähnen unterdrückte. Ihre Bereitwilligkeit, schlecht von anderen Leuten zu sprechen, war mir unangenehm. Natürlich hätte ich gern etwas über die Frau im Gelben Haus erfahren, aber ich ließ es Lady Naselton nicht merken.

»Bedenken Sie, daß ich erst eine oder zwei Wochen hier wohne«, erwiderte ich. »Ich kann also noch nicht mit der Geschichte unserer Nachbarn vertraut sein.«

Lady Naselton senkte den Blick und wischte ein Krümelchen von ihrem Kleide. Sie fand offenbar großes Vergnügen darin, Geschichten zu erzählen, und versuchte, die Vorfreude solange als möglich auszudehnen.

»Mein liebes Kind, ich möchte Ihnen nicht alles sagen, was die Leute reden«, begann sie langsam. »Aber da Sie hier fremd sind und sich natürlich nicht auskennen, so halte ich es für meine Pflicht, Sie zu warnen. Einzelheiten weiß ich selbst nicht – ich habe nie danach gefragt, aber Mrs. Fortreß wird hier nicht als eine anständige Frau betrachtet, und ihr Ruf ist sehr zweifelhaft.«

»Das klingt aber recht ungewiß!« bemerkte ich etwas ironisch. »Wissen Sie denn nichts Bestimmtes über sie?«

»Ich beschäftige mich nicht gern mit solchen Angelegenheiten«, erwiderte Lady Naselton etwas steif. »Die Meinung der Leute, die besser darüber urteilen können, genügt mir vollkommen.«

»Man muß aber der Sache selbst nachgehen, sonst kann oder soll man nicht urteilen. Sicher nehmen die Leute daran Anstoß, was sie tut, oder was sie nicht tut?«

»Es handelt sich, soviel ich weiß, um ihre Vergangenheit.«

»Ihre Vergangenheit? Ist es denn heutzutage nicht interessant, eine Vergangenheit zu haben?«

Durch diese Frage hatte ich mich sicher bei Lady Naselton nicht beliebt gemacht. Sie setzte ihre Teetasse nieder und sah mich mißbilligend an.

»In gewissen Kreisen mag das ja der Fall sein«, sagte sie streng. »Aber in der Gesellschaft in Northshire kennt man dergleichen nicht. Ich freue mich, das sagen zu können. Und ich bin sehr erstaunt, Miß Ffolliot, daß Sie als Tochter eines Pastors solche Ansichten äußern.«

Tochter eines Pastors! Das vergaß ich immer wieder. Und man erleichtert sich das Leben doch so sehr, wenn man sich seiner Umgebung anpaßt. Ich nahm mich also zusammen.

»Ich habe nur die Frage aufgeworfen. Damit drückte ich doch noch nicht meine eigene Meinung aus. Frauen mit einer schlechten Vergangenheit sind unangenehme Erscheinungen. Es genügt schon, von ihnen zu hören, im wirklichen Leben möchte man ihnen gar nicht begegnen. Wir wollen nicht mehr darüber sprechen, es ist in keiner Weise interessant. Erzählen Sie mir lieber etwas von Mr. Deville!«

Meine letzte Bemerkung war etwas unhöflich, denn ich wußte sehr wohl, daß Lady Naselton darauf brannte, mir den Klatsch über unsere Nachbarin mitzuteilen. Die Frage nach Mr. Deville gab ihr jedoch neue Gelegenheit, ihre Kenntnisse zu zeigen, und sie nahm sofort diesen Vorteil wahr.

»Wenn man von dem einen spricht, kann man leider nicht von dem anderen schweigen«, erwiderte sie vielsagend.

Ich entschloß mich, ihr Vergnügen nicht mehr zu stören, und zog deshalb erstaunt die Augenbrauen hoch.

»Wie schrecklich!« rief ich aus.

Ich sah, daß ich wieder in ihrer Achtung stieg. Sie hatte ja nur erwartet, daß ich auf diese Anspielung eingehen sollte.

»Es ist wirklich eine peinliche Geschichte.« Sie lehnte sich vertraulich zu mir hinüber. »Aber ich freue mich, daß man Bruce Deville weniger tadeln kann als sie.«

»Ist das nicht immer so? Der Frau wird stets die Schuld zugeschoben.«

»Meistens mit Recht!« entgegnete Lady Naselton prompt. »Wenigstens habe ich das oft genug beobachtet, und ich habe etwas mehr Lebenserfahrung als Sie, mein Kind. Im vorliegenden Fall gibt es gar keinen Zweifel. Denken Sie sich, diese Frau ist ihm hierher gefolgt! Während seiner Abwesenheit hat sie sich in diesem Hause, in seiner allernächsten Nähe, einquartiert. Sie hatte in den ersten vier Wochen kaum die nötigsten Möbel. Als er aber zurückkam, wurde das Haus von oben bis unten mit Möbeln aus dem Herrenhaus ausgestattet. Tagelang sind die Wagen hin- und hergefahren. Und halten Sie es für möglich? Sie ist selbst hinübergegangen und hat sich einzelne Stücke ausgesucht! Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Ihr Betragen war geradezu schamlos!«

»Nun erzählen Sie mir aber von Mr. Deville«, unterbrach ich sie schnell. »Ich habe ihn bis jetzt noch nicht gesehen. Wie sieht er denn aus?«

»Bruce Deville«, sagte sie nachdenklich und schwieg dann einen Augenblick. Ein Schatten lag über ihrem Gesicht, und ihr Wesen schien sich plötzlich zu ändern.

»Bruce Deville ist mein Patenkind«, fuhr sie dann fort. »Deshalb betrübt mich sein schlechtes Verhalten um so mehr.«

»Ist er denn wirklich so schrecklich? Gestern sprach jemand von ihm, aber ich hörte immer nur kurze Bemerkungen. Ist er nicht ein wenig seltsam und sehr arm?«

»Arm!« Sie wiederholte dieses Wort mit besonderem Nachdruck, erhob sich und ging zu dem niedrigen Zaun, der unseren Garten einschloß.

»Kommen Sie einmal her, mein Kind.«

Ich trat an ihre Seite und sah über die sonnenbeschienenen Wiesen und das hügelige Gelände. Es war ein herrliches Landschaftsbild. Die Bauernhäuser mit ihren grauen Steinmauern und roten Ziegeldächern und die stattlichen Wirtschaftsgebäude in der Nähe sahen alle wohlgehalten und hübsch aus. Das Land war gut bestellt; bis zum Horizont dehnten sich die reichen, dunkelerdigen Felder mit den gelben Stoppeln.

»Sieht dieser Besitz nach Armut aus?« rief sie.

Ich schüttelte den Kopf.

»Soweit Sie von Osten nach Westen sehen können, gehört jedes Haus und jedes Feld Bruce Deville! Seit Jahrhunderten ist dies alles Eigentum seiner Familie. Fast ein Dutzend Pfarreien gehören zu seinem Gebiet!«

Ich war aufs höchste erstaunt.

»Warum sagt man denn dann, daß er so entsetzlich arm ist? Man hat mir erzählt, daß er nur wenige Räume in dem schönen Herrenhaus benützt und kaum Dienerschaft hält. Er soll ein richtiges Einsiedlerleben führen.«

»Das Gerücht scheint er selbst ausgesprengt zu haben«, erklärte Lady Naselton und ging zu ihrem Stuhl zurück. »Er ist ein ganz merkwürdiger Mensch. Zwölf Jahre war er außer Landes und reiste ohne ein bestimmtes Ziel in der Welt umher. In den entlegensten und seltsamsten Orten hat man ihn gesehen oder von ihm gehört. Dann hat er eine Zeitlang in London gewohnt und ein Vermögen an eine Sängerin, Marie Leparte, verschwendet. Und eines Tages kam er plötzlich zu diesem Herrenhaus zurück, das vorher geschlossen war. Mit einem alten Diener schlug er sein Quartier in einem Zimmer auf. Er verbreitete, daß er ruiniert sei und weder Besuche machen noch annehmen wolle. Und die Leute, die trotzdem zu ihm kamen, behandelte er derart, daß sie den Versuch nicht wiederholten.«

»Wie lange wohnt er denn schon dort?«

»Etwa vier Jahre.«

»Wie sieht er denn aus?«

»Abstoßend – grauenhaft häßlich. Besonders in der letzten Zeit. Er gibt überhaupt nichts mehr auf sein Äußeres. Mein Gärtner würde sich schämen, die Anzüge zu tragen, in denen er herumläuft. Bruce Deville läßt sich in jeder Weise gehen, und ich halte solche Leute für abscheulich!«

»Ich auch«, pflichtete ich ihr bei. »Wirklich ein unangenehmer Nachbar.«

»Das ist noch nicht das Schlimmste«, fuhr sie fort. »Er ist in jeder Weise unmöglich. Er ist brutal in seinem Benehmen und hat gewöhnliche Manieren. Niemand könnte einen Gentleman in ihm vermuten. Er ist grausam und rücksichtslos und treibt sich herum. Die Leute erzählen Dinge von ihm, die ich Ihnen nicht wiederholen möchte. Es ist mir selbst sehr unangenehm, aber es hat keinen Zweck, diese Tatsachen zu verschweigen. Aber kommt dort nicht Mr. Ffolliot? Ich freue mich, daß ich ihn endlich doch persönlich kennenlerne.«

Ich schaute auf und folgte ihrem lächelnden Blick. Mein Vater kam geräuschlos über den weichen, grünen Rasen auf uns zu. Wir beobachteten ihn beide einen Augenblick, und ich sah, daß Lady Naselton ihn mit leisem Erstaunen betrachtete. Mein Vater war nicht im mindesten der Typ eines gewöhnlichen Landgeistlichen; er war groß und schlank, und eine ruhige Würde lag über seinem Wesen. Die feingeschnittenen Züge seines glattrasierten Gesichtes deuteten auf ein reiches geistiges Leben in ihm. Sein Haar war leicht ergraut; er hatte milde, sanfte Augen, und um seinen ausdrucksvollen Mund spielte ein wohlwollender Zug. Eine weiße Krawatte unterbrach allein seine düstere geistliche Tracht.

Ich stellte die beiden vor, und er neigte sich mit einem Lächeln über Lady Naseltons Hand, das stets alle Frauen bezauberte.

»Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen, Lady Naselton«, sagte er höflich. »Meine Tochter hat mir schon viel von Ihrer Liebenswürdigkeit erzählt.«

Lady Naselton machte eine freundliche, konventionelle Bemerkung. Mein Vater wandte sich dann an mich.

»Hast du etwas Tee, Kate? Ich habe einen weiten Spaziergang gemacht und viele Leute besucht – es war ziemlich anstrengend.«

»Es ist noch Tee in der Kanne, aber er ist schon kalt geworden«, entgegnete ich und schlug den Gong. »Mary soll frischen bringen, er wird in ein paar Minuten fertig sein.«

»Sie haben Ihre Arbeit als Pfarrer sofort aufgenommen«, bemerkte Lady Naselton. »Sagt Ihnen diese Gegend zu?«

»Es ist ein entzückender Platz«, antwortete mein Vater bereitwillig. »Wie die Arbeit in der Gemeinde sein wird, kann ich allerdings noch nicht sagen. Das ruhige Leben auf dem Lande ist so ganz anders als das aufreibende Leben in einer Großstadt.«

»Ich glaube, Sie werden hier viel zu tun finden. Das Schulwesen liegt sehr im argen. Mein Mann sagte neulich, daß wohl die Provinzialschulbehörde eingreifen wird, wenn sich die Sache nicht bald ändert.«

»Wir wollen versuchen, das zu verhindern«, erwiderte mein Vater ernst. »Sie müssen natürlich berücksichtigen, daß ich die Stellung hier nur provisorisch verwalte, aber trotzdem werde ich alles tun, was in meinen Kräften steht. Meine jüngere Tochter Alice ist eine große Hilfe für mich in diesen Dingen. Wo ist sie eigentlich?« wandte er sich an mich.

»Im Dorf. Sie wollte nicht zum Tee nach Hause kommen. Sie hat eine alte Frau besucht, um ihr vorzulesen.«

»Alice ist ein gutes Mädchen«, sagte er.

Ich ertrug den stillen Vorwurf ruhig, der in seinen Worten lag. Der Tee war inzwischen gebracht worden, und er nahm etwas zu sich, bevor er wieder sprach.

»Als ich kam, unterhielten Sie sich von einem unangenehmen Nachbarn, soviel ich aus Ihren Worten entnehmen konnte. Darf ich vielleicht fragen, wer es war?«

»Natürlich!« antwortete ich. »Lady Naselton erzählte mir eben von Mr. Bruce Deville.«

Mein Vater setzte seine Tasse plötzlich nieder. Der lange Spaziergang hatte ihn offenbar sehr ermüdet, denn er sah blasser aus als sonst. Er rückte seinen Korbstuhl etwas weiter zurück in den tiefen Schatten einer alten Zeder. Einen Augenblick lang schloß er die Augen halb.

»Mr. Bruce Deville«, wiederholte er leise. »Es ist ein ungewöhnlicher Name.«

»Und auch ein ungewöhnlicher Mann!« bemerkte Lady Naselton trocken. »Er ist ein schwarzes Schaf in der Herde, Mr. Ffolliot. Es wäre ein großer Erfolg, wenn Sie ihn bekehren könnten. Sie sollten einmal versuchen, ihn in die Kirche zu bringen. Das muß man sich vorstellen – Bruce Deville in der Kirche! Ich glaube, die Mauern würden zusammenbrechen, und die Fenster würden einstürzen!«

»Mein Vorgänger verstand sich vielleicht nicht mit ihm«, sagte mein Vater mild. »Ich habe viele solche unangenehme Fälle gekannt, in denen der Patron der Kirche sich nicht mit dem Pfarrer vertragen konnte.«

Lady Naselton schüttelte den Kopf. Sie hatte sich erhoben und reichte ihm die Hand zum Abschied.

»Niemand kann mit Bruce Deville gut stehen. Früher war ich ihm sehr zugetan, aber er hat leider einen schlechten Charakter. Gehen Sie ihm soweit als möglich aus dem Wege. Hören Sie! Hat es nicht eben sechs geschlagen? Ich muß sofort aufbrechen. Kommen Sie recht bald und besuchen Sie mich, Miß Ffolliot. Bringen Sie auch Ihren Vater mit. Ich werde Ihnen den Wagen schicken, wann es Ihnen paßt. Naselton liegt so weit entfernt. Leben Sie wohl.«

Ein schwacher Duft ihres Parfüms lag noch in der Luft, als sie gegangen war. Trotzdem mein Vater sehr müde war, begleitete er sie über den Rasen zu ihrem Wagen. Er blieb noch einige Minuten stehen, nachdem sie eingestiegen war, und sprach zu ihr. Aber er unterhielt sich so leise, daß ich trotz der geringen Entfernung nichts verstehen konnte. Als der Wagen schließlich abgefahren war, und mein Vater zurückkam, war er in Gedanken versunken, und ein Schatten verdüsterte seine Züge. Plötzlich schaute er auf.

»Wenn Lady Naselton die Wahrheit gesagt hat, dann muß unser Nachbar ein schrecklicher Mensch sein.«

Ich nickte.

»Er ist zwar ihr Pate, aber sie hat nur Schlechtes von ihm zu berichten gewußt.«

»Unter diesen Umständen ist es das Beste, ihn zu meiden – besonders für euch beide.« Ein fester Blick aus seinen klaren, grauen Augen traf mich. »Das ist doch auch deine Meinung?«

»Ja – natürlich.«

Aber trotz seines schlechten Rufes – oder vielleicht gerade deswegen – empfand ich bereits ein merkwürdiges Interesse für Mr. Bruce Deville.

 


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