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Weshalb »Paradoxe«? Weil dieses Buch an die darin behandelten Probleme in voller Unbefangenheit herantritt, unbeirrt von einschüchternden Dekreten der Schule und unbekümmert um herkömmliche Anschauungen. Behauptungen, die für unantastbar gelten, weil man sie nie zur Rede gestellt hat, müssen es sich gefallen lassen, nach ihren Legitimationspapieren gefragt zu werden, und da zeigt es sich oft genug, daß sie keine haben. Gemeinplätze werden gezwungen, den Wahrheitsbeweis anzutreten, und wenn sie ihn nicht führen können, so behütet sie weder Rang noch Stand vor der Verurteilung. Dieses Buch soll hauptsächlich beweisen, daß auch das Selbstverständlichste noch sehr viele Fragen offen läßt und große Verlegenheiten bereitet, sowie, daß es für dieselbe Thatsache die entgegengesetztesten Auffassungen und Erklärungen geben kann, die alle gleich einleuchtend scheinen und wahrscheinlich alle gleich falsch sind. Der Verfasser wird seine Absicht erreicht haben, wenn er den Leser dazu veranlaßt, allen fertigen Formeln gegenüber mißtrauisch, aber auch allen ehrlichen Meinungen gegenüber nachsichtig zu werden. Der überzeugendste Beweis soll noch einen Zweifel übrig lassen, aber auch das unannehmbarste Argument geduldiger Prüfung gewürdigt werden, vor allem aber soll man niemals auf das Recht eigener Entscheidung verzichten, und wäre es zu Gunsten der größten Autorität. Der Verfasser giebt gerne zu, daß diese Regeln zuerst auf ihn angewandt werden. Er verlangt nicht, daß man seine Meinungen teile, nur daß man sie anhöre. Er schmeichelt sich nicht, Lösungen gebracht zu haben, er möchte nur den Leser anregen, selbst nach solchen auszuschauen. Im Streben nach der Wahrheit ist ja nicht das Finden die Hauptsache, sondern das Suchen. Der hat genug gethan, der ehrlich gesucht hat.
Im Mai 1885.
Der Verfasser.