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Von Dr. H. Ambronn,
Privatdocent der Botanik in Leipzig.
Die botanischen Sammlungen der Nordexpedition können keineswegs einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Immerhin bieten sie manches Interessante dar, da sie aus einer bis jetzt noch wenig bekannten Gegend stammen. Allerdings wäre gerade aus diesem Grunde eine reichere Ausbeute erwünscht gewesen, doch war eine solche nicht wohl möglich, da die Zeit der Expeditionsmitglieder durch anderweitige Beobachtungen größtenteils in Anspruch genommen wurde und deshalb das Anlegen einer botanischen Sammlung mehr als Nebensache betrachtet werden mußte. Dazu kommt noch, daß sich unter den Mitgliedern kein Botaniker von Fach befand, daß also eine systematische Durchforschung des Gebietes von vornherein kaum erwartet werden konnte. Besonders dieser letztere Umstand hat wohl hauptsächlich dazu beigetragen, daß die Sammlungen so wenig vollständig ausgefallen sind. Es war natürlich, daß von Nicht-Botanikern in erster Linie die durch lebhafte Färbung der Blüthen oder in anderer Hinsicht auffallenderen Formen berücksichtigt wurden, hingegen zahlreiche andere unansehnlichere Pflanzen keine weitere Beachtung sanden. Hieraus erklärt sich sehr leicht, warum in den vorliegenden Sammlungen Vertreter aus den Familien der Gramineen, Cyperaceen und Juncaceen fast gänzlich fehlen, obwohl doch mit Sicherheit angenommen werden darf, daß gerade aus diesen Familien eine größere Anzahl von Arten in jenen Gegenden vorhanden ist.
Größere Ausflüge in das Innere des Landes konnten von den Expeditionsmitgliedern nicht unternommen werden und deshalb ist natürlich das Gebiet, von welchem die gesammelten Pflanzen stammen, ein sehr beschränktes, es umfaßt nur die allernächste Umgebung der Station selbst.
Nur eine Species, Arnica alpina, der nachfolgenden Aufzählung wurde nicht in diesem Gebiete gefunden, sondern von Eskimos aus dem Innern des Landes überbracht.
Die früher ausgesprochene Erwartung, daß die Boas'schen Sammlungen einen besseren Ueberblick über die floristischen Verhältnisse des Baffinlandes gewähren würden, hat sich leider nicht verwirklicht. Allerdings hat der genannte Forscher einige Arten mitgebracht, die sich in den Sammlungen der Nordexpedition nicht vorfinden, aber die Gesammtzahl der Arten ist nur um Weniges höher, da andererseits wieder Manches fehlt, was in der Sammlung von Kingua enthalten ist.
Das Wichtigste, was bisher in der Literatur über die Flora des Basfinlandes und speziell über diejenige des Küstengebietes im Cumberlandsunde bekannt geworden ist, findet sich in den Mittheilungen von Taylor Flowering plants and ferns collected on both sides of Davis Street by J. Taylor. Transactions of bot. Soc. of Edinburgh, vol 7. 1862. und Kumlien. Contributions to the natural history of arctic Amerika etc. Bulletin of the United States National Museum Nr. 15. Am eingehendsten sind die floristischen Verhältnisse sowohl des Cumberlandsundes als auch der Westküste der Davisstraße von dem erstgenannten Forscher untersucht worden, der während mehrerer Jahre die Fahrten schottischer Walfischfänger mitmachte und reichlich Gelegenheit hatte, umfangreichere Sammlungen anzulegen. Kumlien, welcher die Howgate-Expedition begleitete, führt eine bedeutend geringere Anzahl von Arten als Taylor auf; die Bestimmung der von ihm mitgebrachten Pflanzen wurde von Asa Gray ausgeführt. In dem dritten Berichte über die Ergebnisse der Howgate-Expedition findet sich außer der Liste der Phanerogamen und Gefäß-Kryptogamen auch noch eine Aufzählung anderer Kryptogamen. Ob auch von Taylor Moose, Flechten u. s. w. gesammelt worden sind, vermag ich nicht anzugeben, da mir aus der Literatur keine hierauf bezügliche Mittheilung bekannt geworden ist.
In dem Material von Kingua wurden nur einzelne Fragmente von Flechten und Moosen vorgefunden und zwar nur zwischen den Büschen anderer Pflanzen. Die ersteren hat Herr B. Stein in Breslau, soweit es möglich war, bestimmt, die letzteren sind so geringfügig, daß ein sicheres Urtheil über ihre Zugehörigkeit zu einzelnen Arten nicht abgegeben werden kann. Die ziemlich zahlreich vorhandenen Pilze, welche sich auf verdorrten oder vermoderten Blättern u. dergl. vorfanden, wurden von Herrn Dr. H. Winter Inzwischen im Jahre 1887 verstorben. in Leipzig bestimmt. Im Ganzen wurden an Pilzen 17 Arten, darunter zwei neue, sicher bestimmt, außerdem wurden zwei Hutpilze, in Glycerin aufbewahrt, mitgebracht; eine sichere Bestimmung derselben war jedoch nicht möglich. Beiden Herren spreche ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank für die bereitwillige Untersuchung des betreffenden Materials aus. Ebenso bin ich meinem Freunde Dr. F. Kurtz Jetzt Professor der Botanik in Cordoba (Argentinien). in Berlin für mehrfache freundliche Unterstützung bei Bestimmung der Gefäßpflanzen zu Danke verpflichtet.
Von Wichtigkeit wäre es gewesen, wenn seitens der Expeditionsmitglieder dem Sammeln von Treibhölzern, wozu sich jedenfalls oft Gelegenheit darbot, größere Berücksichtigung geschenkt worden wäre. Leider ist nur ein Stück, allerdings von mächtigen Dimensionen, mitgebracht worden; es ist dies ein alter Stamm von mehreren Meter Länge, der bei Cap Mercy aufgefischt wurde. Eine genauere Beschreibung desselben soll weiter unten gegeben werden. Der erwähnte Stamm liegt seit einigen Jahren im Hofe der K. Seewarte.
In der nachfolgenden Aufzählung sind nur diejenigen Formen ausführlicher beschrieben worden, die sich in den Sammlungen der Expedition vorfanden, doch wurde dabei, soweit es erforderlich war, der damit übereinstimmende Theil der Boas'schen Sammlungen berücksichtigt. Eine Aufzählung der den letzteren angehörigen Formen ist mit kurzer Angabe der Fundorte am Schlusse dieses Theils angefügt worden.
Dryas integrifolia Vahl.
»Blühend gegen Ende Juni und Anfang Juli gesammelt, besonders auf kiesigen Bergabhängen an vegetationsarmen Stellen.«
In zahlreichen Exemplaren vorhanden, meist typische Formen mit vollkommen ganzrandigen, sehr schmalen Blättern und herzförmiger Blattbasis; einige Büsche mit etwas breiteren, am Grunde deutlich gezähnten Blättern.
Auch in der Boas'schen Sammlung reichlich vertreten.
Potentilla Vahliana Lehm.
Eine der verbreitesten Pflanzen in der Umgebung von Kingua, weite Strecken aus kahlen trockenen Felspartien überziehend, an Orten, wo andere Blüthenpflanzen fast ganz fehlen und nur Flechten häufig auftreten. Der größere Theil der Flechtenfragmente, die bestimmt werden konnten, fand sich an Exemplaren dieser Potentilla. Blüthezeit von Anfang Mai bis Ende Juni.
Je nach dem mehr oder weniger üppigen Wachsthum ist die Größe der Blätter veränderlich, doch bleibt die äußere Form, sowie die dichte Behaarung im Wesentlichen dieselbe. Die meisten der vorliegenden Exemplare stimmen mit einem im Leipziger Herbarium vorhandenen Orginalexemplar von Vahl aus Grönland vollkommen überein, während einige sich durch die lineare Form der äußeren Kelchblätter, sowie durch die etwas kleineren Blumenblätter der P. emarginata Pursh. nähern, in der Behaarung aber sich von der letzteren Form abweichend verhalten.
In der Boas'schen Sammlung gleichfalls sehr reichlich enthalten.
Chamaenerium latifolium Scop.
Nur drei blühende Exemplare, ohne jede Bezeichnung über Blüthezeit und Standort. Etwa 20 Centimeter hoch mit breit lanzettlichen Blättern und ebenfalls breiten Blumenblättern, die ungefähr doppelt so lang als der Kelch sind. Sie gehören demnach der typischen Form an.
Fehlt bei Boas.
Empetrum nigrum L.
»Ende Mai bis Mitte Juni blühend. Mattenbildend aus trockenem Sandboden, auch trockenen Felsabhängen. Ende Juli mit reifer Beere.«
Die vorliegenden Exemplare haben durchgängig zwitterige Blüthen. (Vergl. II. Deutsche Nordpolfahrt, Leipzig 1874, Bd, II. S. 45.)
Fehlt bei Boas.
Silene acaulis L.
Nur ein einziges kleines Exemplar mit aufgesprungenen Früchten, ohne Bezeichnung des Standortes. Scheint in der nächsten Umgebung von Kingua selten zu sein, da sonst jedenfalls die großen reichblühenden Rasen, wie sie sich in der Boas'schen Sammlung aus anderen Gegenden des Baffinlandes zahlreich vorfinden, aufgefallen sein müßten.
Stellaria longipes Goldie.
Nur wenige Exemplare, ohne jede Bezeichnung.
Es ist eine vollständige kahle Form mit lineal-lanzettlichen Blättern und spitzen Kelchblättern; Blumenblätter etwa anderthalbmal so lang als der Kelch. Die ganze Pflanze hat eine grau-grüne Färbung.
Dieselbe Form ist in der Boas'schen Sammlung bedeutend reichlicher vorhanden.
Gerastium alpinum L. var. lanatum Lindbl.
»Blühend im Juni auf feuchtem Standorte an den Küstenabhängen.«
Blüthen fast stets einzeln, ganze Pflanze dicht behaart und mit Sandkörnchen etc., die an dem langen Haarfilze haften, reichlich bedeckt.
Diese Form scheint sowohl in der nächsten Umgebung von Kingua, sowie auch an den von Boas besuchten Orten sehr häufig vorzukommen, da sie in beiden Sammlungen durch zahlreiche Exemplare vertreten ist.
Draba nivalis Liljebl. (D. muricella Wahlbg.).
Die wenigen vorliegenden Exemplare gehören einer Form an, die wohl am besten zu der obigen Art gerechnet werden kann. Sie stimmen mit zwei Exemplaren überein, welche von Reichel und Henn auf Labrador gesammelt wurden und unter der Bezeichnung D. stellata Jacq. bezw. D. frigida Sauter (Flora 1825) im Leipziger Herbarium sich vorfinden. Auch die Sammlungen der II. deutschen Nordpolexpedition enthalten eine Form aus Ostgrönland, die in Habitus, Behaarung, Blattform mit der von Kingua stammenden die größte Aehnlichkeit zeigt. In der Bearbeitung der ostgrönländischen Pflanzen von Buchenau und Focke ist die Bestimmung unsicher gelassen. Da auch das Originalexemplar von D. altaica Bge. im Leipziger Herbarium mit obigen Formen fast ganz übereinstimmt, so wird sich wohl eine Bemerkung von Nathorst auf jene ostgrönländischen nicht näher bestimmten Exemplare beziehen. Nathorst sagt in seinen »Notizen über die Phanerogamenflora Grönlands im Norden von Melville Bay«, Engler's Botanische Jahrbücher, VI. Bd. 1884 S. 89 Anm. daß nach einer Mittheilung, die ihm von Prof. Th. Fries gemacht worden sei, D. altaica Bge. von der II. deutschen Polarexpedition in Ostgrönland entdeckt worden wäre, sie fehle jedoch in dem Verzeichnisse, welches Buchenau und Focke gegeben haben. Ich führe diese Bemerkung deshalb an, weil ich glaube, daß die aus Spitzbergen vorkommende, von Nathorst als D. altaica bezeichnete Form wohl mit den von Kingua stammenden Exemplaren übereinstimmen dürfte. Auch die von Hooker als D. stellata Jacq. bezeichneten Formen, deren Vorkommen in Grönland von Lange (l. c. S. 42) bezweifelt wird, sowie die oben genannten Exemplare von Labrador und die in der Taylor'schen Aufzählung gleichfalls unter diesem Namen angeführten würden dann wohl hierher zu rechnen sein. Faßt man mit Watson Smithsonian Miscellaneous-Collections No. 258. Washington 1878. Sereno Watson: Bibliographical Index to North-American Botany. unter D. stellata Jacq., D. frigida Sauter, D. muricella Wahlbg., D. nivalis Liljebl und einige andere Formen zusammen, so würde dann D. altaica Bge. dieser Gruppe sehr nahe stehen.
Bei der großen Verwirrung, die in Betreff der Umgrenzung der einzelnen Species dieser Gattung herrscht, ist es allerdings schwierig, ohne Benutzung umfangreichen Vergleichsmaterials ein bestimmtes Urtheil in dieser Beziehung abzugeben. Ich ziehe es deshalb vor, eine etwas ausführlichere Beschreibung der vorliegenden Exemplare zu geben:
Blätter stets ganzrandig schmal elliptisch nach oben etwas verbreitet, dicht besetzt mit Sternhaaren, wodurch dieselben ein graues Aussehen erhalten, andere Haarformen fehlen gänzlich, durchschnittliche Breite 2-4 Millimeter. Blattrosette locker, Schaft unbeblättert oder mit einem kleinen ganzrandigen Blättchen besetzt, welches ebenso wie der Schaft selbst mit Sternhaaren bedeckt ist. Zur Blüthezeit etwa 3–4 (Zentimeter hoch aus der Blattrosette hervorragend, bei der Fruchtreife etwa 5–6 Centimeter lang, Fruchtstand locker, reife Schötchen spärlich mit Sternhaaren besetzt.
Die weiß gefärbten Blumenblätter 1½ – 2mal so lang als der Kelch, seicht ausgerandet, Kelchblätter schmal oval mit gabelartig verzweigten Haaren versehen.
Ein weiteres sehr kümmerlich entwickeltes Exemplar mit nur 1 Centimeter hohem Schafte muß nach Behaarung und Blattform gleichfalls hierher gerechnet werden.
In der Boas'schen Sammlung finden sich von dieser Form zahlreichere und zum Theil auch üppigere Exemplare von anderen Orten des Baffinlandes.
Draba Wahlenbergii Hartm. var. heterotricha Lindbl.
»Ebenso wie die vorige Mitte Juni blühend auf felsigen vegetationsarmen Abhängen gesammelt.«
Blätter dichte Rosetten bildend, mit 1 oder 2 Zähnen versehen, auf der Fläche mit Sternhaaren, am Rande mit langen einfachen Haaren besetzt. Schaft meist einblätterig, seltener nackt, mit Sternhaaren bedeckt, 10–12 Centimeter hoch, in seinem oberen Theile fast kahl. Kelchblätter spärlich behaart.
Anmerkung: Unter den vorliegenden Exemplaren befindet sich eins mit höherem Schafte, dessen Blättchen mit mehreren deutlichen Zähnen besetzt sind; es war dies früher fälschlich als eine Form der D. hirta bestimmt worden und wurde unter dem letzteren Namen auch in einer vorläufigen Mittheilung« Liste der von der deutschen Nordexpedition gesammelten Pflanzen etc. Berichte der Botan. Gesellschaft Bd. II. 1887. aufgeführt.
In der Boas'schen Sammlung findet sich außer dieser Form auch noch die als D. Wahlenbergii var. homotricha Lindbl. (D. fladnizensis Wulf) bezeichnete vor, bei welcher aus den Blättern keine Sternhaare vorkommen.
Papaver nudicaule L.
Diese in den arktischen Gegenden sonst sehr verbreitete Pflanze scheint in der nächsten Umgebung von Kingna nicht so häufig zu sein.
Die vorliegenden wenigen Exemplare stammen aus einem in der Nähe der Station gelegenen Seitenthale »von ganz vegetationsloser Stelle« und wurden Mitte Juni blühend gesammelt. Dieselben sind offenbar nur kümmerlich entwickelt. In der Blattform stimmen sie mit den grönländischen Exemplaren durch ihre langen Blattstiele überein.
Die von Boas an verschiedenen Orten gefundenen Pflanzen sind größtentheils viel üppiger entwickelt.
Saxifraga rivularis L.
Nur ein einziges Exemplar, ohne jede Bezeichnung von Blüthezeit und Fundort. Mit reifen Früchten. Stengel ein- bis dreiblüthig, bis 6 Centimeter hoch, nähert sich im Habitus schon etwas der S. rivularis forma hyperborea Engl., von welcher ein typisches Exemplar sich in der Boas'schen Sammlung findet.
Saxifraga tricuspidata Retz.
Blüthezeit von Ende Juni bis Ende Juli.
»Im Thale nahe der Telephonstation, auch an den Abhängen des Wimpelberges häufig.«
Scheint eine der verbreitetsten Pflanzen des Gebietes zu sein, denn in beiden Sammlungen ist sie in zahlreichen Exemplaren vorhanden.
Die Blattform variirt etwas in der Zähnung des Randes, die bei einigen Exemplaren ganz fehlt, so daß jedes Blatt nur eine starre Spitze besitzt.
Pedicularis lapponica L.
Nur zwei blühende Exemplare, ohne jede Bezeichnung von Standort und Blüthezeit.
Niedrige Pflänzchen mit kleinen, aber ziemlich breiten Blättern. Scheint selten zu sein. Wird weder von Taylor noch von Kumlien angeführt und fehlt auch in der Boas'schen Sammlung.
Pedicularis hirsuta L.
»Am häufigsten am Ufer der kleinen Seen, einige Kilometer landeinwärts, auch an den direkt zum Meeresspiegel absteigenden Abhängen.«
»Im NW.-Seitenthale nahe den Moränen auf feuchtem, fast sumpfigem Grunde zahlreich.«
In der Größe variiren die vorliegenden Exemplare ziemlich bedeutend, während einige kaum 5 Centimeter hoch sind, erreichen andere eine Höhe von 15 Centimeter und darüber.
Diapensia lapponica L.
Häufig auf sandigen oder kiesigen Standorten zwischen Dryas und Potentilla blühend gesammelt Mitte Juni.
In beiden Sammlungen reichlich vorhanden.
Pyrola grandiflora Rad.
Nur wenige Exemplare, ohne jede Bezeichnung; mit großen Blüthen, deren Farbe sich an dem getrockneten Material nicht mehr mit Sicherheit erkennen läßt; wahrscheinlich war sie röthlich grün. Die Höhe des Stengels ist verschieden, ebenso die Anzahl der Blüthen, während ein Exemplar eine reichblüthige dichte Traube besitzt, haben andere einen lockeren Blüthenstand mit einer geringeren Anzahl von Blüthen.
Auch bei Boas nur wenige Exemplare.
Arctostaphylos alpina Spreng.
»An den Abhängen des Wimpelberges und an benachbarten Höhen reichlich vorhanden. Mitte Juni blühend gesammelt.« Mehrere Exemplare haben nur 8 Staubgefäße.
Merkwürdig ist es, daß diese Pflanze bei Kingua so häufig vorkommt, während sie weder von Taylor noch von Kumlien für die von ihnen besuchten Orte angegeben wird; auch in Grönland ist sie selten und erst in neuerer Zeit an wenigen Stellen beobachtet worden (vergl. II. Deutsche Nordpolfahrt Bd. II S. 44 f. und Lange, Consp. Flor. Groenl. S. 86). In dem benachbarten Labrador scheint sie bis jetzt überhaupt nicht gefunden worden zu sein.
Phyllodoce coerulea Gren. et Godr.
»Im Hintergrunde der Nachbarbai als Polster auf großen Steinen, ziemlich häufig, am 7. Juli erst im Aufblühen.« »Ziemlich häufig, besonders am Uferrande der kleinen Gebirgsseen, blühend im Juni und Juli.«
Cassiope tetragona Don.
»Mitte Juni bis Ende Juli blühend, sehr häufig, mattenbildend.« »7. Juli. Blüht schon seit drei Wochen; gemein an feuchten und trockenen Stellen, beherrscht den Charakter der Pflanzendecke.« (Dr. Giese.)
Alle Exemplare mit gelb-weißen Blüthen. In der Boas'schen Sammlung scheinen einige mit rothen Blüthen zu sein, so weit sich dies an getrocknetem Material erkennen läßt.
Anfang Juli blühend, im Hintergrunde der Nachbarbai auf großen Steinen zwischen C. tetragona und Phyllodoce coerulea.
Scheint selten zu sein. Fehlt bei Boas.
Loiseleuria procumbens Desv.
Zahlreiche Exemplare. »Rasen bildend auf dem angeschwemmten sandigen Vorlande, blühend von Anfang Juni bis Mitte Juli.« »Gemein, fast ebenso häufig wie die gelbweiße Erika ( Cassiope tetragona), scheint aber Feuchtigkeit mehr zu meiden.«
Obwohl diese Art bei Kingua zu den verbreitetsten Gewächsen gehört, fehlt sie merkwürdigerweise in der Taylor'schen Aufzählung und ebenso bei Boas.
Ledum palustre L.
»Blühend gegen Ende Juli gesammelt, gemein.«
Stengel niederliegend stark verzweigt, Blätter durchschnittlich 2 bis 3 Millimeter breit, schmal-lineal; scheint demnach zu der Form β. decumbens Ait. zu gehören.
Vaccinium uliginosum L. var. microphyllum Lge.
»14. Juli blühend am Berge nördlich vom Wimpel auf kiesigem, nicht sehr bewachsenen Abhange.«
Mehrere Exemplare vorhanden. Sehr niedrige Sträucher, selten über 20 Centimeter hoch, mit kleinen, fast kreisrunden, vollkommen kahlen Blättern, stimmt ganz mit den von der II. Deutschen Nordpolexpedition gesammelten Exemplaren überein. Diese von Buchenau und Focke als »grönländische Form« bezeichnete Varietät zieht Lange zu V. uliginosum var. pubescens ( Fl. Dan. Taf. 1516), nennt sie aber richtiger var. microphyllum, da die Behaarung weniger charakteristisch ist als die kleine Blattform.
Auch in der Boas'schen Sammlung reichlich vertreten.
Arnica alpina Murr.
»In nächster Nähe der Station und mehrere Kilometer landeinwärts nicht gefunden; wurde Ende Juli von einem Eskimo aus dem Innern des Landes gebracht.«
Blühende Exemplare, mit nur einem Blüthenköpfchen, ganze Pflanze 15-20 Centimeter hoch, meist mit 2-4 Blättern versehen.
Fehlt bei Boas.
Polygonum viviparum L.
»Häufig an steilen kiesigen Abhängen auf dem Wege zum Wimpelberge, blühend gesammelt am 22. Juli.«
Exemplare durchschnittlich 12-15 (Centimeter hoch, meistens Bulbillen tragend. Blätter von sehr verschiedener Breite.
Oxyria digyna Campd.
Nur zwei Exemplare, ohne jede Bezeichnung von Blüthezeit und Standort.
Fehlt bei Boas.
Salix herbacea L.
»Häufig, Ende Mai bis Ende Juni blühend, besonders auf feuchten moorigen Standorten.«
Zahlreiche Exemplare in beiden Sammlungen. In der Blattform ziemlich variirend.
Salix groenlandica Lundström.
Von dieser Art wurden zwei in mehreren Punkten von einander abweichende Formen gesammelt.
Die eine hat lanzettliche, schmale, stets ganzrandige Blätter. Sie würde demnach wohl der S. groenlandica var. angustifolia And. (vergl. Lange, Consp. Flor. Groenl.) zuzurechnen sein.
Es ist nur ein weibliches Exemplar vorhanden, welches keine Bezeichnung über Standort und Blüthezeit trägt.
Die übrigen Exemplare haben meist deutlich gezähnte Blätter von gleichfalls lanzettlicher oder auch mehr ovaler Form, sind aber immer im letzteren Falle etwas zugespitzt. Behaarung fehlt an den Blättern vollständig. Die Kapseln sind rothbraun gefärbt und dicht filzig behaart. Sie haben die Etikette: »Ende Mai blühend auf feuchtem Standort gesammelt.«
Zwei gleichfalls zu dieser Form gehörende Exemplare mit knorrigem niederliegenden Stamme von geringem Durchmesser und schlanken aufrechten Zweigen haben folgende Bezeichnung: »Erste Knospen Ende März (?), Blüthezeit sehr verschieden nach Standort, Mitte April bis Anfang Juni, auf feuchten Abhängen.«
Salix glauca var. ovalifolia And. (vergl. Flor. Dan. Taf. 2981).
Nur ein Exemplar, ohne jede Bezeichnung von Standort und Blüthezeit. In der Boas'schen Sammlung ist diese Form reichlicher vertreten. Von Taylor und Kumlien wird sie nicht angegeben, doch ist es leicht möglich, daß ähnliche Exemplare mit unter S. arctia Pall gerechnet wurden.
Mit der oben citirten Abbildung der Flora Danica stimmt das vorhandene Exemplar in Habitus und Behaarung gut überein. Trotzdem scheint mir die Zurechnung zu dieser Form nicht ganz sicher zu sein; ich gebe deshalb eine etwas ausführlichere Beschreibung:
Blätter mit auf der Unterseite ziemlich stark hervortretenden Nerven, in der Form wechselnd, meist oval und stumpf, seltener elliptisch und etwas zugespitzt, am Rande und auf der Oberseite dicht mit kleinen Haaren, auf der Unterseite, besonders an jungen Blättern, mit langen seidenglänzenden Haaren besetzt. Nebenblätter lanzettlich, fehlen häufig. Rinde der vorjährigen Zweige im getrockneten Zustande dunkelbraun. Deckblätter rothbraun mit langen Haaren dicht besetzt, Kapseln etwas heller gefärbt und filzig behaart. Griffel etwa 2-3 Millimeter lang, die Narben tief zweispaltig, so daß alle Narbenlappen ungefähr gleich lang sind. Die jungen Zweige, besonders die Kätzchen tragenden dicht behaart.
Tofieldia borealis Whlbg.
Nur zwei blühende 4–5 Centimeter hohe Exemplare, ohne Bezeichnung von Standort und Blüthezeit.
Luzula arcuata var confusa Lindeb.
Blätter 3–5 Millimeter breit behaart, schwach rinnenförmig gekrümmt, 2–3 Blüthenköpfchen, Stiele derselben ungleich lang, deutlich bogenförmig gekrümmt, ganze Pflanze 10–12 Centimeter hoch.
Ohne Bezeichnung von Standort und Blüthezeit.
Einige andere Exemplare dürften am besten wohl auch zu dieser Form zu rechnen sein, obwohl sie sich durch fast sitzende Blüthenköpfchen, etwas breitere und weniger behaarte Blätter mehr der L. arctica Blytt. nähern, unter welchem Namen sie deshalb auch in der bereits oben citirten kleinen Mittheilung aufgezählt waren. Ueberhaupt scheint es wohl berechtigt zu sein, L. arctica Blytt., sowie L. confusa Lindeb. nur als zwei verschiedene Formen der Luzula arcuata aufzufassen, zwischen welchen alle Uebergänge vorhanden sind. (Vergl. II. Deutsche Nordpolfahrt Bd. II. S. 49 f.).
Eriophorum angustifolium Roth.
Nur zwei Exemplare, ohne jede Bezeichnung.
In der Boas'schen Sammlung reichlicher vorhanden.
Carex rigida Good.
Nur ein blühendes Exemplar, ohne Bezeichnung von Blüthezeit und Standort.
Das vorliegende Exemplar nähert sich in mehrfacher Hinsicht der Carex hyperborea Drej. Die beiden weiblichen Aehren sind etwa 2½ Centimeter von einander entfernt, die untere mit einem 1,2 Centimeter langen Stiel, die obere fast sitzend, Stiel etwa 3 Millimeter lang. Die untere Bractee ist blattartig entwickelt, die obere sehr kurz mit grüner Spitze, beide mit dunkelbraunen Oehrchen. Der Schaft ist leicht gekrümmt, die etwa gleich langen Blätter etwas nach außen gebogen.
Der vorhandene Ausläufer bogenförmig aufsteigend.
In der Boas'schen Sammlung findet sich eine mehr der typischen C. rigida ähnliche Form.
Hierochloa alpina R. et S.
Zahlreiche Exemplare, ohne jede Bezeichnung.
Auch bei Boas reichlich vertreten, scheint eins der gemeinsten Gräser des Gebietes zu sein.
a) Lycopodiaceen.
Lycopodium Selago L.
Zwei kümmerlich entwickelte kleine Exemplare mit kleinen stark angepreßten Blättern.
Ohne jede Bezeichnung.
Lycopodium annotinum L.
Fructificirende und sterile Exemplare. An ersteren sind die Blätter meist deutlich gezähnt, bei letzteren dagegen fast ganzrandig. Ohne Bezeichnung des Fundortes. Gehören der Form L. annotinum var. alpestre Hartm. an, die wohl mit var. pungens Spring, übereinstimmen dürfte.
Fehlt bei Boas und auch bei Taylor.
b) Filices.
Lastrea fragrans Prel.
Bis jetzt für das Baffinsland nicht angegeben, fehlt auch bei Boas. Reichlich fructificirende Exemplare.
Schleier mit stark zerrissenem, drüsig bewimperten Rande.
»Gesammelt am 22. Juli, im Thale nach der Telephonstation neben Steinbrech ( Saxifraga tricuspidata in Steingeröll« Dr. Giese).
c) Equisetaceen.
Equisetum arvense L.
Fertile Exemplare, 10–12 Centimeter hoch.
»Nur ein Fundort – sandig moorige Mulde in der Nähe der Station.« Sterile Exemplare fehlen.
Das bei Cap Mercy aufgefischte Treibholz ist ein mächtiger Stamm von 4,3 Meter Länge, 0,90–1,30 Meter Umfang, am unteren Ende befinden sich Wurzelreste, unter andern der Ansatz einer starken Seitenwurzel von etwa 80 Centimeter Länge.
Die ganze Beschaffenheit dieses Treibholzes spricht zunächst dafür, daß es sehr lange im Meere gelegen hat und durch mechanische Thätigkeit des Treibeises in seinen äußeren Formen offenbar stark verändert wurde.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß wir es mit einem Naturholze, d. h. nicht mit einem von Menschenhand bearbeiteten Stamme zu thun haben, dafür spricht schon das Vorhandensein der Wurzelpartieen. Nimmt man nun auch an, daß ein Theil der jedenfalls mächtigen Krone schon vorher durch Bruch und dergl. entfernt worden ist, so muß doch durch das lang andauernde Verweilen zwischen Treibeis die weitere Veränderung in der Weise stattgefunden haben, daß alle Theile des Wurzelsystems sowie die ganze obere Partie des Stammes bis auf den noch vorhandenen Stumpf von kaum 4½ Meter Ausdehnung allmählich abgerieben oder auf andere Weise zerstört worden sind.
Das Alter des Stammes läßt sich nicht genau angeben, da wohl zahlreiche Jahresringe auf diese Weise gleichfalls entfernt wurden, die ganze Oberfläche besteht überhaupt aus einer ganz zermalmten teilweise sogar verfilzten Gewebeschicht, ebenso finden sich an zahlreichen Stellen starke Abschilferungen. Obwohl der Stamm durchaus nicht excentrischen Wuchs besitzt, ist doch der Radius auf der einen Seite nahezu um 8 Centimeter geringer als an einer anderen Stelle. Der größte Radius beträgt circa 24 Centimeter und die Zahl der hier befindlichen Jahrringe beläuft sich auf etwa 120. Man wird demnach kaum fehlgehen, wenn man das Gesammtalter des Stammes wohl auf etwa 150 Jahre und vielleicht noch höher schätzt; denn berücksichtigt man, daß an anderen Stellen etwa 30 Jahrringe fehlen, so kann man die Anzahl der im ganzen Umkreise entfernten Jahrringe wohl ebenso hoch annehmen. Nach der mittleren Breite der Jahresringe zu schließen, muß der Baum in einem schon ziemlich rauhen Klima gewachsen sein, aber immerhin wohl noch einige Breitengrade südlich von der Baumgrenze.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt sofort, daß wir es mit einem Nadelholze zu thun haben, welches der Gattung Pinus und zwar der Gruppe Picea angehört. Es finden sich im Holze reichlich Harzgänge in der Regel an der äußeren Partie der Herbstholzzone und die Markstrahlen bestehen aus zweierlei Zellformen, solchen mit behöften und solchen mit einfachen spaltenförmigen Poren. Die eben geschilderten Eigenthümlichkeiten des anatomischen Baues finden sich zwar auch bei den Hölzern der Lärchen-Arten und es wäre von vorneherein sehr wohl die Möglichkeit vorhanden, daß wir ein aus Sibirien stammendes Treibholz vor uns hätten; aber sowohl die gleichmäßige helle Farbe des ganzen Holzkörpers als insbesondere der gänzliche Mangel von stark verdickten Zellen in den an einzelnen Aststellen vorhandenen Rindestückchen sprechen mit Sicherheit dafür, daß das Holz zur Gruppe der Fichten gehört.
Es können nun bei sicherer Entscheidung über die Abstammung drei Arten dieser Gruppe in Betracht kommen, nämlich die gewöhnliche Fichte Pinus Picea Duroi, die sibirische Fichte P. obovata Antoine und schließlich die amerikanische P. alba Ait. Die ersteren beiden sind jedoch auszuschließen, da sie in der Rinde ebenfalls wenn auch anders wie bei den Lärchen gestaltete dickwandige Elemente führen, und es bleibt demnach nur noch die in Nordamerika besonders am Kupferminenfluß sowie an der Hudsonsbai vorkommende P. alba Ait. übrig. Abgesehen vom Baue der Rinde stimmt auch die Structur der Markstrahlen am besten mit dieser Art überein.
Zwar ist es schwierig, die drei Arten auseinander zu halten, doch glaube ich, daß man im Baue der mit behöften Tüpfeln versehenen Randzellen ein ziemlich sicheres Unterscheidungsmerkmal besitzt. Diese Zellen besitzen besonders in den ältesten Jahresringen deutlich zackige Verdickungen, ähnlich denen, wie sie bei den Kiefern vorkommen, nur sind sie bedeutend kleiner. Zwar treten Andeutungen davon auch bei P. Picea und P. obovata auf, aber sie sind bei diesen nur schwierig zu erkennen. Dagegen erreichen sie bei den älteren Jahresringen des vorliegenden Treibholzes oft eine Stärke, daß man fast glaubt eine echte Kiefer vor sich zu haben, wenn nicht in den übrigen Markstrahlenzellen die für diese Gruppe charakteristischen großen Poren fehlten und an ihrer Stelle je 2-4 kleine spaltenförmige Tüpfel nach der benachbarten Tracheïde vorhanden wären.
Es scheint mir demnach keinem Zweifel zu unterliegen, daß das bei Cap Mercy aufgefischte Treibholz amerikanischen Ursprungs ist und von P. alba Ait. abstammt. Ob dasselbe nun aus der Hudsonsbai an deren Küsten diese Art häufig vorkommt, nach Cap Mercy gelangt ist, oder ob es aus einem der ins arctische Meer sich ergießenden Ströme stammt, das läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen. Größere Wahrscheinlichkeit scheint mir die letztere Annahme zu haben und zwar würde in diesem Falle in erster Linie der Kupferminenfluß in Betracht kommen, an dessen Ufern große Wälder von P. alba weit nach Norden gehen. Es ist selbstverständlich, daß durch diesen Stromlauf jährlich dem arctischen Meere eine große Menge Treibholz zugeführt wird, und bedenkt man, daß von jenen Küstengegenden aus eine, wenn auch schwache Strömung zwischen den Inseln des arctisch-amerikanischen Archipels hindurch in die Davisstraße geht, so liegt die Vermuthung nahe, an den Ufern des genannten Flusses den Ursprung unseres Treibholzes zu suchen. Dafür würde auch die oben geschilderte äußere Beschaffenheit des Stammes sprechen, denn es ist klar, daß bei einer solchen ausgedehnten Wanderung zwischen Massen von Treibeis weitgehende Veränderungen in der Form hervorgerufen werden können.