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3.

Eine Woche ungefähr nach diesem Feste besuchte der Forstinspector Lüders den Amtsrath in Geschäften. Der Forstinspector stand an der Spitze der Forstschreiberei und des Kassenwesens, der Amtsrath machte zu Zeiten bedeutende Holzankäufe und er war ein viel zu praktischer Oekonom, um nicht schon um dessentwegen es zu bedauern, daß die Freundschaft seines Vetters kühler geworden war. Der heitere, lebenslustige Lüders wurde aber auch als vortrefflicher Gesellschafter überall gern empfangen. Es war eine Ehre für die geselligen Kreise in Königswalde, wenn der Herr Forstinspector dabei nicht fehlte, denn er war der beste Tänzer, der Liebling der Damen, der Mann der Mode und des guten Geschmacks.

Doch in nicht geringerem Grade stand sein Ruf bei den Herren fest, die ihn bewunderten und nebenbei fürchteten, denn kühner, gewandter, klüger und ausgezeichneter in allen Eigenschaften, die einen jungen Mann in einer Stadt wie Königswalde zieren können, war keiner. Schön und kräftig von Gestalt, galt er zugleich als sehr gebildet. Er spielte auf dem Klavier Märsche und Tänze, sang Lieder zur Guitarre, blies das Waldhorn meisterhaft und konnte über die verschiedensten Dinge sprechen, lachen und angenehm oder derb spotten und witzeln.

Er konnte überhaupt Alles, was er wollte. Er konnte mit Männern gewaltig trinken und wilde Gelage halten, übermüthig und leichtsinnig sein, den Frauen aber bescheiden und höflich entgegentreten, wenn er meinte, daß dies nöthig sei, um sie zu gewinnen; es war daher für die ganze Geselligkeit ein Verlust, daß Lüders seit längerer Zeit wenig mehr in den Gesellschaften sich blicken ließ.

Ueber die Ursachen seiner Zurückgezogenheit gab es verschiedene Meinungen. Die Einen vermutheten, daß Fräulein Rosa von Bruchen daran schuld sei, die Anderen, daß die Eifersucht der Amtsräthin ihn verscheucht habe. Die Cousine, der er im letzten Winter noch ganz besonders seine Huldigungen darbrachte, sprach sehr übel von ihm und konnte ihn wohl bewogen haben, sie möglichst zu vermeiden; Rosa von Bruchen mochte aber eben sowohl dazu beitragen, denn es war bekannt genug, daß er zuweilen mit ihr sang, sie am Klavier begleitete, auch sonst ins Forsthaus geladen wurde und mit dem Fräulein Spazierritte machte oder jagte und schoß.

Trotz dessen aber glaubten selbst die Damen in Königswalde nicht daran, daß etwas Ernsthaftes im Werke sei, denn dagegen gab es zu viele Gründe, und als jetzt der Forstinspector bei seinem Vetter saß, als sie ihre Geschäfte besprochen und dann den Besuch des Fürsten und die verschiedenen lustigen und ärgerlichen Vorfälle belacht und bestritten hatten, lief das Gespräch bald auch auf persönliche Verhältnisse über.

Der Amtsrath machte Lüders Vorwürfe, daß er alte Freunde vernachlässige und sich kaum mehr bei ihnen blicken lasse.

Aber he! rief er dann lustig drohend, man streichelt dem Fuchs das Fell, wenn man ihm das Küchelchen aus dem Maule nehmen will. Sich Dich vor, Lorenz, daß er Dich nicht in die Finger beißt.

Was sind das für Possen, erwiederte der Forstinspector. Du wirst mir doch nicht zutrauen, daß ich mich in solche Gefahr begebe?

Bah! sagte der Vetter. Furcht hast Du nicht und ein hübsches Vögelchen ist es, aber Du bist nicht der, der dies Nest ausnehmen kann.

Meinst Du?! rief Lüders lachend. Ich sehne mich auch nicht darnach.

Es wäre nichts dagegen zu sagen, fuhr sein Verwandter fort, wenn der Alte anders wäre, wie er ist. Vermögen ist wenig da. Er konnte vor zwei Jahren die zwölftausend Thaler nicht aufbringen, als ihm das Vorwerk Schönlinde zum Kauf angeboten wurde, und seinen hohen Gönner den Fürsten um ein Darlehn oder ein Gnadengeschenk bitten, wie ihm verständige Leute riethen, mochte er nicht. Ich kaufte es also und jetzt ist es das Dreifache werth.

Es ist ein alter Eisenfresser, sagte der Forstinspector.

Nichts ist mit ihm anzufangen, rief der Amtsrath. Eigensinnig ist er wie mein polnischer Schimmel, und was er für recht und gut hält, davon geht er nicht ab, wär's auch noch so unklug.

Alte Leute machen es nicht anders.

Und der Adelstick sitzt doch in ihm, wenn er sich auch noch so geradeaus und einfach anstellt, meinte der Vetter. Meine Frau hat das oft gesagt und Weiber haben eine feine Nase. Wärst Du adlig, würde er Dich anders behandeln, und die hochmüthige Mamsell würde sich Deine Artigkeiten ganz anders gefallen lassen.

Es ist mir einerlei, rief Lorenz. Ich verlange kein Anderer zu sein, als der ich bin.

Sachte, Lorenz! erwiederte der Amtsrath, Du hast wenigstens geglaubt, es könnte etwas werden. Der Alte hat Dich aber aus dem Hause geschafft und das gnädige Fräulein hat Dir gezeigt, wer Du bist. Er mag Dich nicht leiden; wäre es das nicht, würde er Manches für Dich thun können. Statt dessen tadelt er Dich und hudelt Dich. Wären seine Berichte über Dich besser, so würdest Du weiter kommen, das meinen Bürgermeister und Oberprediger, wie wir Alle. Seit der Geschichte vor drei Jahren – na! lassen wir es ruhen – doch seit der Zeit hast Du es bei ihm verdorben.

Des Forstinspectors Gesicht nahm einen finsteren und unruhigen Ausdruck an, seine Augen flammten wild auf, ein zorniges, böses Lachen war auf seinen Lippen. Er schüttelte diese leidenschaftliche Erregtheit aber plötzlich ab, legte sich in den Stuhl zurück, trank sein Glas aus und sagte gelassen:

Laßt sie klatschen, sie können nicht anders. Ich weiß, was wahr ist, weiß wie der Forstmeister über mich denkt, und daß ich sein Günstling nicht bin, hat er mir selbst deutlich genug gesagt, doch das ist seine Sache, er ist mein Vorgesetzter. Ich bemühe mich mein Amt pünktlich und getreulich zu verwalten, mag er über mich berichten was er Lust hat; im Uebrigen ist er aufrichtig und ehrlich. Was aber meine Gesinnung oder Neigung zu dem gnädigen Fräulein anbelangt, so ist das Geschwätz zum Lachen. Als ob ein junger Mann nicht einer jungen Dame höflich und artig begegnen soll, die er täglich sieht; als ob ich nicht eben dadurch auch Gelegenheit hätte, sie näher kennen zu lernen! Bin ich etwa so blödsinnig und einfältig, um von mir wie von einem Narren zu sprechen? Ich und dies stolze Fräulein wir stehen uns sehr fern. Was sollte ich mit dem Püppchen thun?! Ist das eine Frau für mich? könnte mir je solche Thorheit einfallen? – Hoho! rief er belustigt, was giebt es in Königswalde für gescheute Leute und was denken sie von dem dummen Lorenz Lüders! – Nein, mein lieber Vetter, sei sicher, so viel Verstand habe ich mir dennoch gespart, um über eure Weisheit herzlich zu lachen. – Es giebt andere Gründe, die mich bewogen haben etwas einsamer und stiller zu leben, sagte er nachdenkend, indem er nach der Seitenthür horchte, die leise knarrte. Es war nothwendig mich zurückzuziehen, um Menschen, die ich ehre und liebe, nicht so boshafter Verläumdung auszusetzen, wie diese über mich hergefallen ist. Ich kann es ertragen und kann schweigen.

Lieber Lorenz, erwiederte der Amtsrath mit so vieler dankbarer Rührung, wie ihm aufzubringen möglich war, Du wirst uns immer willkommen sein. Laß sie reden, was sie wollen. Ich habe es immer gesagt, Lorenz ist wild, aber das Herz hat er auf dem rechten Fleck, und habe Dich vertheidigt, wenn –

Hier schwieg der Amtsrath, denn es öffnete sich die Thür und die Frau Amtsräthin trat herein: allem Vermuthen nach hatte sie schon lange gehorcht und wollte jetzt ihren Mann nicht weiter beichten lassen. – Die Bekenntnisse des Forstinspectors hatten jedoch sichtlich gute Wirkung gethan; sie war freundlich und nahm die bescheidenen und höflichen Begrüßungen und Fragen ihres vormaligen Verehrers wohlgefällig auf.

Nach einiger Zeit saßen sie beisammen und Lüders mußte über die Anwesenheit des Fürsten berichten, was er wußte. Er erzählte, was er gesehen und gehört hatte, bestätigte, daß der hohe Herr das Fräulein beim Abschied auf die Stirn geküßt und zweimal wiederholt habe, daß, wenn sie etwas wünsche, was er gewähren könne, sie sich an ihn wenden möge, und schilderte dann überhaupt den festlichen Tag und die Theilnehmer desselben in allerlei Färbungen.

Es war wohl herauszuhören, daß er dabei der halbversöhnten feindlichen Macht zu gefallen suchte, denn er mischte die Farben nach ihrem Geschmacke und ließ es nicht an kleinen Spöttereien fehlen, welche besonders Rosa von Bruchen nicht verschonten; aber er behauptete dabei doch mehr Form und Mäßigung, als diese sonst ihm eigen waren, und beobachtete eine achtungsvolle Zurückhaltung gegen die hübsche Cousine, welche diese erfreuen und zur vollen Vergebung geneigt machen mußte.

Ha! sagte der Amtsrath endlich, das muß ja jetzt ein lustiges Leben im Forsthause sein, nachdem der Bergwerksdirector aus Mexico, wie sie ihn in Königswalde nennen, täglich hinaus läuft und alle Taschen voll Diamanten mitbringt.

Er wird für Röschen nächstens einen Kranz daraus machen lassen, rief die Amtsräthin spöttisch, indem sie den Forstmeister ansah. Ich habe so etwas gehört.

Wohl möglich, antwortete dieser, es ist ein feiner, unterrichteter junger Herr. In seinem Fache soll er große Kenntnisse besitzen; gewöhnlich spricht er wenig, doch was er sagt, ist sehr verständig und bedacht.

Sie loben ihn ja über alle Maßen! sagte die hübsche Frau. Sind Sie denn nicht neidisch, Lorenz?

Neidisch? Weshalb?

Ei, sagte sie spitzig, sie sollen ja Alle ganz bezaubert von dem liebenswürdigen Bergwerksdirector sein und Fräulein Rosa ihn nicht von ihrer Seite lassen.

Um dessentwegen kann ich ihm nur Glück wünschen, erwiederte er. Aber spricht man wirklich in der Stadt davon?

Gewiß, der alte Major hat es selbst erzählt, daß sein Neffe besonderes Wohlgefallen an dem herzigen Röschen habe und daß nichts Lieberes auf der ganzen Welt ihm geschehen könnte, als wenn die Beiden ein Paar würden.

O! meinte der Forstinspector, das wäre allerdings sehr paßlich. Er schweigsam und ernsthaft, sie übermüthig und lebhaft, das gleicht sich aus.

Und er soll reich sein, sagte die Cousine.

Um so besser also, antwortete er. Dem Reichthum widersteht kein Frauenherz.

Das ist abscheulich geurtheilt! rief die hübsche Frau. Aber was halten Sie von dem Gewerbe?

Ich glaube, daß einiges Wahre daran ist, obwohl ich, ehrlich gestanden, mich bis jetzt nicht darum gekümmert habe. Von jetzt ab will ich aufmerksamer sein, und will Ihnen darüber berichten, wenn ich wieder komme. Eines nur macht mich zweifelhaft. Der zärtliche Großpapa wird dies Schoßkindchen doch nicht so weit fortgeben; sie, die an Nichtsthun und Luxus gewöhnt ist, wird in kein wildes Land gehen wollen.

Er braucht ja nicht fortzugehen, fiel die Amtsräthin ein. Im Uebrigen aber, wenn eine Frau liebt und einem Manne angehören will, opfert sie Alles.

Da haben Sie Recht, sagte Lorenz Lüders, indem er seine feurigen Augen zu ihr aufschlug, daß sie den Blick kaum ertragen konnte, das mag sich auch hier bewähren, und so möge denn der Herr Bergwerksdirector seinen Schatz vor allem Unheil behüten.

Er nahm Abschied und versprach bald wieder zu kommen. Die Aussöhnung war zu Aller Zufriedenheit erfolgt und unwillkürlich rötheten sich die Wangen der hübschen Frau höher, als Lorenz draußen zu Pferde saß und noch einmal hereingrüßte. Stolz und stattlich saß er auf dem bäumenden Gaul. Der prächtige Bart legte sich braun und weich um fein männliches Gesicht, und seine Augen, die sonst so übermüthig blitzten, hatten heut etwas Düsteres, Schwermüthiges und Bittendes.

Der Forstinspector hatte mit verschiedenen Förstern zu sprechen und die Holzläger zu besichtigen, welche nächstens zum Verkauf kommen sollten. Mehrere Stunden lang ritt er daher in den großen Revieren auf und ab und die Abendsonne schien schon roth durch die hohen Föhren, als er endlich an den Heimweg dachte. Anfangs trabte er scharf durch die öden Waldwege, nach und nach aber ließ er sein Pferd langsamer gehen und hing seinen Gedanken nach, die nicht immer erfreulich sein mochten.

Zuweilen lachte er laut und heftig auf, zuweilen verfinsterte sich sein Gesicht und ein Ausdruck wilder Leidenschaft und ingrimmigen Hohns veränderte seine Züge. Dann wieder saß er den Kopf gesenkt und rechnete, oder überlegte, bis er auffuhr, mit seiner Peitsche durch den Mückenschwarm hieb, der über seinem Haupte schwebend ihn begleitete, und mit einem gellenden Halloh! das flüchtige Roß in Galopp setzte. Aber es dauerte nicht lange, so verfiel er in neue Betrachtungen und einzelne Worte und Sätze heftig ausstoßend überließ er sich allerlei angenehmen und unangenehmen Phantasiebildern; denn bald sah er heiter umher und schien voll Glück und Uebermuth, bald drückte er die Stirn zusammen und ballte schüttelnd seine Faust. –

Er hatte viel gesprochen, hatte mancherlei getrunken, sein Blut war erhitzt, es klopfte in allen Pulsen; so merkte er lange nicht darauf, daß er, statt an der ersten Stelle von dem eingeschlagenen Wege abzubiegen, geradeaus weiter ritt und endlich durch ein dichtes Gehölz auf eine Lichtung gelangte. Erst als er diese erreicht hatte, sah er umher und erkannte seinen Irrthum. Er hielt das Pferd an und schien zu überlegen, ob er umkehren solle; dann richteten sich seine Augen auf einen Waldhügel und sie blieben an diesem hängen, während ein langsames, lautloses Lachen über sein Gesicht lief.

Auf dem Hügel stand eine einsame, mächtige Eiche, deren phantastische, knorrige Aeste von dem rothen Sonnenlicht magisch beleuchtet waren. Der alte Baum war größtentheils kahl, nur ein Theil seines gewaltigen Gezweiges wickelte sich in dichten grünen Blätterschmuck, der wie ein dunkler Gürtel unter der flammenden Sonne lag. So stand er südwärts über den Hügel gestreckt, der Stamm klaffend aufgerissen, die Rinde abgesprengt von Blitzstrahlen oder von der zürnenden Vernichtung, der er trotzte, und rund umher lag kahles, falbes Land. Daneben zog ein Graben hin, gefüllt mit schwarzem Wasser, umwuchert von wilden Ranken und hohem Schilf; hartes, dürres Gras häufte sich zwischen den Sandstellen in Büscheln zusammen, und jenseits des Weges wucherte eine dichte Waldleiste junger Tannen und Birkenaufschuß.

Als der Forstinspector einige Minuten lang rund umhergeschaut hatte, rief er laut vor sich aus:

Hier bin ich lange nicht gewesen! Wie bin ich denn hierher gekommen?

Das Gewissen hat es gethan, sagte eine Stimme hinter ihm. Das Gewissen! das thut's!

Der Forstinspector schrak zusammen, als er diese Antwort hörte. Er hatte die Gegenwart eines Menschen nicht vermuthet; der Platz war öde, weit ab von jeder Wohnung, aber die Stimme schien ihm Grauen oder Furcht zu machen, Er that einen Griff, als suche er nach einer Waffe, zugleich warf er sein Pferd herum, um den Gegenstand seines Unwillens zu entdecken.

Er hatte nicht lange danach zu suchen. Unter dem tief hängenden Geblätter einer jungen Birke saß ein Weib, vor sich einen Korb mit Binsen und gelben Wasserblumen, aus welchen sie kleine Besen band, wie diese Kinder zu ihren Spielen gern haben. Zu ihren beiden Seiten aber kauerten, hier ein Knabe, dort ein Mädchen, die sich ängstlicher an ihre Mutter drückten, als der große, wildblickende Mann sein Schaum werfendes Thier näher heran trieb.

Die Frau hörte auf zu arbeiten, doch sie rührte sich nicht und zeigte weder Bangen noch Unruhe. Aus ihrem kurzen rothen Rocke streckte sie die nackten Füße vor, ohne die Hufen des Pferdes zu besorgen. Ihr hartes, knochiges und vom Sonnenbrand ausgedörrtes Gesicht sah mit trotzigen Augen zu dem Forstbeamten auf, und ihre breiten Lippen öffneten sich und zeigten die langen, scharfen Zähne eines Wolfs, als hätte sie Lust ihn zu zerreißen.

Mit den beiden zerlumpten und schmutzigen Kindern, die ihren Hals umschlangen und ohne Zweifel die Binsen und Blumen aus dem Bruchlande und Graben geholt hatten, bildete sie eine Gruppe, der es nicht an malerischer und ergreifender Wirkung fehlte. Das Weib mit ihren sehnigen Armen und dem zottigen, strohfarbenen Haar sah aus wie eine Hexe, die eine fürchterliche Verwünschung aussprechen will, und vor ihr hielt Lorenz Lüders, seine Stirn im äußersten Grimm zusammengezogen, seine Augen voll Wuth und sein Arm mit der Peitsche so drohend ausgestreckt, als wolle er ihr ein Leid anthun.

Was machst Du hier? schrie er endlich mit aller Kraft auf sie ein.

Ihr seht's, antwortete das Weib ohne eine Miene zu verändern.

Diebsgesindel! sagte Lorenz seine Zähne zusammenpressend. Wenn es nichts weiter rauben kann, nimmt es Binsen und Blumen.

So weit sind wir gekommen. So weit habt Ihr uns gebracht, erwiederte sie.

Schweig still, Du Satan! rief er ihr zu. An den Galgen mit Dir und Deiner Brut!

Er beugte sich nieder und das Pferd streifte die Blätter. Die beiden Kinder flohen jammernd zur Seite, das Weib aber sprang auf ihre Füße und ihre Hand ausstreckend sagte sie mit ihrer harten Stimme:

Dahin seht! Die Eiche seht an! Da steht er und wartet, bis er Euch holt!

Ein Schlag mit der Peitsche über Kopf und Nacken war die Antwort des erbitterten Mannes, kaum aber war dies geschehen, als sie einen brüllenden Schrei ausstieß und, beide Arme zum Himmel erhebend, so entsetzlich ihr Gesicht verzerrte, daß das Pferd sich vor der drohenden Gestalt mit den flatternden Haaren hoch aufbäumte, zurücksprang, sich im Kreise drehte und mit seinem Reiter dann in tollem Lauf unaufhaltsam davonrannte.

Die Frau lief zwanzig oder dreißig Schritte ihm nach, dann blieb sie stehen.

Mörder! verfluchter Mörder! schrie sie hinter ihm her, fliehe so weit Du willst, er holt Dich doch ein, er holt Dich doch!

Und ihren Flüchen und Verwünschungen folgte ein wildes, hohnvolles Gelächter, das von Wald und Hügel widerhallte.

Es dunkelte, als der Forstinspector seine Wohnung erreichte. Sein Rock war arg zerrissen, – am Kopf hatte er eine blutige Schramme, auch sein Pferd sah übel zugerichtet aus.

Der Bursche, der ihm diente, stierte ihn erschrocken an.

Du lieber Gott! rief er, was ist Ihnen geschehen?!

Nichts, Du Maulaffe! antwortete Lüders, die Bestie ist mit mir durchgegangen. Wasch ihr die Beine und den Rücken mit Branntwein und mach kein Reden davon. Mir ist nichts widerfahren.



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