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Lebensweisheit

1895

Mit allem Großen ist es wie mit dem Sturm. Der Schwache verflucht ihn mit jedem Atemzug, der Starke stellt sich mit Lust dahin, wo's am heftigsten weht.

1896

Es ist unbeschreiblich, auf was alles die Menschen nicht kommen. In den gewöhnlichsten Verhältnissen.

1905

Alles Festlegen verarmt.

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Dem Steigenden werden Gärten der Schönheit Wüsten der Unbedeutendheit.

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Der Schmerz über das, was wir an der Welt verfehlen und von dem sie gemeiniglich nichts weiß, kommt ihr wieder aus der Reife unseres Charakters.

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Man kann wohl sagen, daß das Geschlecht zwei Drittel aller möglichen Geistigkeit auffrißt.

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Das ist meine allerschlimmste Erfahrung: Der Schmerz macht die meisten Menschen nicht groß, sondern klein.

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Wer Dinge verspottet, an die ein guter Geschmack längst nicht mehr rührt, wird selbst Gegenstand des Spottes, ja der Verachtung.

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Wenn dich die Menschen nicht absichtlich verwunden, so tun sie's gewiß aus Ungeschicklichkeit.

1906

Das Letzte, was wir aneinander erleben, ist schließlich doch das Schmerzlichste. Leide an mir, so spricht selbst noch das Liebste zu uns.

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Wahrheit ist eine Sache des Temperamentes, darum kann man Wahrheit nicht lehren, nur zeugen.

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Alles, im Kleinen und Großen, beruht auf Weitersagen.

1907

Es ist merkwürdig, daß ein mittelmäßiger Mensch oft vollkommen recht haben kann, – und doch nichts damit durchsetzt.

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Mit Jedem wächst auch sein Herold oder sein Henker.

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Wenn du ein Geldstück von Wert bist, so briefwechsle dich nicht zu oft.

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Spannung ist alles und Entladung.

Und höchste Lebensweisheit, seine Spannung immer richtig zu entladen.

1908

Wie sollte man wohl leben, wenn man nicht fortwährend bei sich wie bei den andern hunderterlei Krumm gerade sein ließe.

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Jede gründliche Erfahrung muß mit eignem Leben bezahlt werden – und fremdem.

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Was du andern zufügst, das fügst du dir zu.

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Es gibt in Wahrheit kein letztes Verständnis ohne Liebe.

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Das sind die zwei Blumen des Lebens: Das Schaffen und die Liebe. Und nie wird wohl jemand ergründen, ob Gott sich als Welt schafft um der Liebe willen, oder ob er liebt um des Schaffens willen.

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Es gibt keine ›toten‹ Gegenstände. Jeder Gegenstand ist eine Lebensäußerung, die weiter wirkt und ihre Ansprüche geltend macht wie ein gegenwärtig Lebendiges.

Und je mehr Gegenstände du daher besitzest, desto mehr Ansprüche hast du zu befriedigen. Nicht nur sie dienen uns, sondern auch wir müssen ihnen dienen. Und wir sind oft viel mehr ihre Diener, als sie die unsern.

1909

Geben und Nehmen, ein Gesetz aller Entwickelung.

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Der Weise verzichtet auf alles, worauf sich irgend verzichten läßt; denn er weiß, daß jedes Ding eine Wolke von Unfrieden um sich hat.

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Die Hälfte allen Unglücks – vom gröbsten bis zum feinsten – geht auf Unwissenheit oder Denkfehler zurück, gewollte und ungewollte Ungeistigkeit.

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Lesen-Können, – darauf läuft schließlich alles hinaus.

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Überall dem Selbstverständlichen zum Wort verhelfen – das ist ein großes Geheimnis.

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Jeder muß sich selbst austrinken wie einen Kelch.

1910

Nur durch Schaden werden wir klug – Leitmotiv der ganzen Evolution. Erst durch unzählige, bis ins Unendliche wiederholte leidvolle Erfahrungen lernt sich das Individuum zum Meister über sein Leben empor. Alles ist Schule.

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Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist. Nicht an der Wahrheit liegt es daher, wenn die Menschen noch so voller Unweisheit sind.

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Es gehört mit zum Seltsamsten, was es gibt: Das pure, lautere Gold liegt vor uns, um uns. Aber wir leben mit Blei, Kupfer, Zinn; von Minderem zu schweigen. Wir haben die Wahrheit wie die Sonne über uns und folgen Schatten und Gespenstern.

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Es gibt für Unzählige nur Ein Heilmittel – die Katastrophe.

1911

Von Hundert, die von ›Menge‹, von ›Herde‹ reden, gehören neunundneunzig selbst dazu.

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Vorsicht und Mißtrauen sind gute Dinge, nur sind auch ihnen gegenüber Vorsicht und Mißtrauen nötig. Der geschäftige Clown im Zirkus, der den Teppich ›mit aufrollen hilft‹ – ein Bild, das einem tausendfach aus dem Leben wiederkommt.

1912

Das von selbst Verständliche wird gemeinhin am gründlichsten vergessen und am seltensten getan.

1913

In vielen Fällen wäre der gerade Weg der kürzeste – zum Verderben.

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Was wäre wohl aus der Welt geworden, wenn alle zum Mitschaffen Aufgerufenen immer gleich ›schnurstracks‹ auf ihr Ziel losgegangen wären. Alle Weisheit ist langsam, alles Schaffen ist umständlich.

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Lachen und Lächeln sind Tor und Pforte, durch die viel Gutes in den Menschen hineinhuschen kann.

1914

Nur in Versuchungen immer wieder fallend, erheben wir uns.


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