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La Perle de Tolède
Nach spanischer Art
Übersetzt von Arthur Schurig
Erstdruck in der Revue de Paris, Dezember-Heft 1829. Bisher nicht deutsch vorhanden.
Wer kann mir sagen, ist die Sonne schöner im Aufgang oder im Untergang? Wer kann mir sagen, ist der Oliven- oder der Mandelbaum schöner als alle andern Bäume? Wer kann mir sagen, gibt es mehr Helden in Valencia oder in Andalusien? Wer kann mir sagen, wo finde ich die Schönste der Frauen?
Ich weiß es: die Schönste der Frauen ist Aurora von Vargas, die Perle von Toledo.
Der schwarze Tuzani hat sich seine Lanze reichen lassen und seinen Schild. Die Lanze hat er in die rechte Hand genommen. Den Schild sich an den Hals gehängt.
Er geht hinab zum Stall und mustert seine vierzig Stuten, eine nach der andern. Und er spricht: Berja ist die kräftigste. Auf ihrer breiten Kruppe werde ich die Perle von Toledo von dannen führen, oder, bei Allah, Kordova sieht mich niemals wieder!
Er macht sich auf, er reitet, er kommt gen Toledo. Am Tor begegnet ihm ein alter Mann.
Mann mit dem Silberbart, sagt er zu ihm, trage diesen Brief zu Don Guttiera, zu Don Guttiera von Saldana! Wenn er ein Mann ist, so soll er mit mir kämpfen am Brunnen von Almani. Ihm oder mir gehört die Perle von Toledo.
Der alte Mann nimmt den Brief; er bringt ihn hin, und er überreicht ihn dem Ritter von Saldana, wie er Schach spielt mit der Perle von Toledo.
Der Ritter hat den Brief gelesen, er hat die Herausforderung vernommen, und er hat so derb mit der Rechten auf den Tisch geschlagen, daß alle Figuren umgefallen sind.
Sodann erhebt er sich; er läßt sich seine Lanze bringen und sein Leibroß. Und auch die Perle von Toledo hat sich erhoben, zitternd am ganzen Leibe, denn sie weiß, ihr ritterlicher Gemahl reitet zu einem Zweikampf um Leben oder Tod.
Don Guttiera, Don Guttiera von Saldana, bittet sie, bleibt! Spielt weiter mit mir Schach!
Ich mag nicht mehr Schach spielen. Das Lanzenspiel ruft mich an den Brunnen von Almani!
Auroras Tränen vermögen ihn nicht zurückzuhalten, denn nichts hält einen Rittersmann ab, der zum Zweikampf geht.
Da hat die Perle von Toledo ihre Mantilla genommen, sie hat ihr Maultier bestiegen und ist ihm nachgeritten zum Brunnen von Almani.
Rings um den Brunnen war der Rasen rot. Rot auch das Wasser im Brunnen. Aber es war nicht Christenblut, das Rasen und Wasser rötete. Der schwarze Tuzani lag lang auf dem Rücken; Don Guttieras Lanze stak ihm in der Brust. Das Blut floß ihm langsam dahin. Berja, seine Stute, schaute ihn an, weinend, denn sie konnte ihres Herrn Wunde nicht heilen.
Die Perle von Toledo saß ab.
Ritter, habt Mut! sprach sie. Ihr werdet am Leben bleiben, und eine schöne Moriskin wird Euer Weib. Meine Hand versteht die Wunde zu heilen, die mein ritterlicher Gemahl geschlagen.
O, Perle von Toledo, Perle so weiß, Perle so schön, reiß mir aus der Brust die Lanzenspitze! Der kalte Stahl erstarrt mich schier zu Eis.
Arglos nähert sich ihm Aurora; er aber rafft seine letzte Kraft zusammen, ergreift sein Schwert und zersäbelt der Perle von Toledo das schöne Antlitz.