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Übersetzt von Julius Zeitler
Erstdruck in der Revue de Paris, Oktober-Heft 1829. Erstdruck dieser Übertragung: im Insel-Verlag [1922] als dritter Druck der Staatlichen Akademie für Buchgewerbe und Graphik zu Leipzig mit acht Radierungen von Karl Miersch; 200 Exemplare, vergriffen.
Der Kapitän Ledoux war ein alter Seebär; er hatte es vom Schiffsjungen bis zum stellvertretenden Steuermann gebracht. Bei Trafalgar (1805) zerschmetterte ihm ein herabfallender Balken die linke Hand. Sie mußte ihm abgenommen werden, worauf man ihn mit gutem Zeugnis des Dienstes entließ. Nichtstun behagte ihm wenig, und wie sich Gelegenheit bot, wieder aufs Wasser zu kommen, nahm er die Stelle des zweiten Offiziers eines Kapers an. Etliche gute Prisen gestatteten ihm, sich Bücher anzuschaffen, so daß er sich zur Ergänzung seiner gründlichen praktischen Fähigkeiten auch mit der Theorie der Seefahrt vertraut machte. Mit der Zeit wurde er Kapitän eines Freibeuters, der drei Geschütze und sechzig Mann Besatzung an Bord führte. Die Küstenfahrer von Jersey haben seine Taten nach Jahren nicht vergessen. Der Friedensschluß (1814) war ein Schlag für ihn. Während des Krieges hatte er ein kleines Vermögen zusammengerafft, das er auf Kosten der Engländer zu vermehren gedachte. Nun sah er sich genötigt, seine Dienste friedlichen Handelsschiffen anzubieten; und da man ihn als Mann von Entschluß und Erfahrung kannte, überließ man ihm ohne weiteres ein Schiff. Der Negerhandel war verboten; somit kam es nicht nur darauf an, die französischen Hafenwächter zu täuschen, was nicht besonders schwierig war, sondern es galt auch, was etwas mehr Wagemut erforderte, den britischen Kreuzern zu entgehen. Kurz, der Kapitän Ledoux ward für die Ebenholzhändler (wie sich die Sklavenhändler selber nannten) eine unbezahlbare Größe.
In starkem Unterschied von der Mehrzahl der Seeleute, die wie er lange Zeit auf untergeordnetem Posten abstumpfenden Dienst erfüllt hatten, hegte er keinerlei Abscheu vor Neuerungen, und das Handwerksschema, das sie nur zu häufig in die höheren Grade mitbringen, war ihm fremd. Kapitän Ledoux war im Gegenteil der erste gewesen, der seinem Reeder die Einrichtung von eisernen Behältern zur Wasseraufnahme und Frischerhaltung vorschlug. Auf seinem Schiffe waren die Handschellen und die Ketten, deren ein Negerfahrzeug bedarf, nach einem neuen Muster gearbeitet und zum Schutz vor dem Verrosten sorgfältig lackiert. Was ihm aber unter den Sklavenhändlern am meisten Ehre eintrug, das war der von ihm geleitete Bau einer besonders für diesen Handel bestimmten Brigg, eines schneidigen Seglers, schmal, lang wie ein Kriegsschiff und demnach imstande, eine sehr große Zahl von Schwarzen aufzunehmen. Er nannte sie die Hoffnung. Die Zwischendeckabteilungen, eng und knapp wie sie waren, ließ er nur drei Fuß vier Zoll (1,08 m) hoch machen, überzeugt, dieses Maß verstatte Negern von vernünftiger Größe, bequem zu sitzen; und wozu sollten sie aufstehen? Wenn sie erst in den Kolonien sind, sagte Ledoux, werden sie übergenug auf den Beinen sein müssen. Die mit dem Rücken an die Schiffswände gelehnten, in zwei gleichlaufenden Reihen hingesetzten Schwarzen ließen zwischen den gegenseitigen Füßen einen Raum frei, der in allen andern Sklavenschiffen als Durchgang diente. Ledoux kam auf den Gedanken, in diesem Zwischenraume weitere Neger zu verfrachten, die im rechten Winkel zu den andern gelagert waren. Auf diese Weise faßte sein Schiff etwa zehn Schwarze mehr als ein andres vom selben Tonnengehalt. Streng genommen hätte man noch mehr unterbringen können; aber Menschlichkeit ist Pflicht, und man muß einem Neger, für eine Überfahrt von sechs Wochen oder mehr, mindestens einen Spielraum von fünf Fuß (1,63 m) in der Länge und zwei (0,65 m) in der Breite zugestehen; denn schließlich, so rechtfertigte Ledoux seinem Reeder gegenüber seine freisinnige Maßregel, im Grunde sind die Neger ebenso Menschen wie die Weißen.
Die Hoffnung stach, wie abergläubische Leute hinterher bemerkten, an einem Freitag von Nantes in See. Den Aufsichtsbeamten, die die Brigg gewissenhaft untersuchten, entgingen sechs große Kisten, gefüllt mit Ketten, Handschellen und jenen Eisen, die man, ich weiß nicht warum, Gerechtigkeitsbarren nennt. Sie zeigten sich auch keineswegs erstaunt über den ungeheuren Wasservorrat, den die Hoffnung mit sich führte, die den Papieren zufolge nur nach dem Senegal ging, um dort Handel mit Holz und Elfenbein zu treiben. Freilich, die Überfahrt ist nicht lang; aber schließlich kann ein Mehr an Vorsichtsmaßregeln nicht schaden. Wenn überraschenderweise Windstille einträte, was täte man da ohne Wasser?
Mit tüchtigem Takelwerk und mit allem wohl versehen, lief also die Hoffnung an einem Freitag aus. Ledoux hätte wohl gern etwas kräftigere Matrosen gehabt; indessen, solange er das Schiff befehligte, hatte er keinen Anlaß gehabt, sich zu beklagen. Die Überfahrt zur afrikanischen Küste ging glücklich und rasch vonstatten. Im Joalt, glaube ich, ward vor Anker gegangen, in einem Augenblick, da die englischen Kreuzer dieser Küstenstrecke keine Aufmerksamkeit schenkten. Alsbald kamen einheimische Händler an Bord. Die Gelegenheit konnte nicht günstiger sein: Tamango, ein berühmter Krieger und Menschenverkäufer, hatte eben eine große Menge Sklaven an die Küste gebracht und entledigte sich ihrer zu billigem Preis; war er doch ein Mann, der Macht und Mittel besaß, den Markt prompt wieder mit Vorrat zu versehen, sobald es an Ware mangelte.
Der Kapitän Ledoux ließ sich ans Land setzen und stattete Tamango seinen Besuch ab. Er fand ihn in einer Strohhütte, die man ihm in aller Eile errichtet hatte, in Gesellschaft seiner beiden Weiber sowie einiger Zwischenhändler und Sklaventreiber. Tamango hatte sich zum Empfange des weißen Kapitäns herausgeputzt. Er war mit einer alten blauen Uniform bekleidet, an der sich noch die Korporalsborden befanden; aber von jeder Achsel hingen je zwei goldne Epauletten, die, am selben Knopf festgemacht, nach vorn und hinten herunterbaumelten. Da er kein Hemd auf dem Leibe trug und da der Rock für einen Mann seiner Größe etwas kurz war, ließ sich zwischen den weißen Umschlägen des Rockes und der Hose aus Guinealeinen ein beträchtlicher Streifen schwarzer Haut sehen, der sich wie ein breiter Gürtel machte. An der Seite hatte er an einem Strick einen großen Kavalleriesäbel hängen, und in der Hand hielt er eine schöne Doppelbüchse von englischer Arbeit. So ausgestattet übertraf der afrikanische Krieger nach seiner Meinung an Eleganz den vollendetsten Stutzer von Paris oder London.
Der Kapitän Ledoux betrachtete ihn eine Weile schweigsam, während Tamango, aufgereckt wie ein Grenadier, der vor einem fremden General vorbeimarschiert, den Eindruck auskostete, den er auf den Weißen hervorzubringen glaubte. Ledoux maß ihn mit prüfendem Kennerblick und wandte sich darauf zu seinem Obersteuermann mit den Worten: Das ist ein Kerl, für den ich wenigstens tausend Taler bekäme, wenn ich ihn gesund und heil nach Martinique brächte.
Sie setzten sich, und ein Matrose, der ein wenig die Sprache der Senegalneger verstand, diente als Dolmetscher. Nachdem die ersten Höflichkeiten ausgetauscht waren, brachte ein Schiffsjunge einen Korb mit Branntweinflaschen herbei. Man trank, und der Kapitän verehrte Tamango, um ihn in gute Laune zu versetzen, ein hübsches kupfernes Pulverhorn, das mit dem Reliefbild Napoleons verziert war. Nachdem das Geschenk mit gebührendem Dank in Empfang genommen war, verließen sie die Hütten, nahmen im Schatten Platz, vor sich die Branntweinflaschen, und Tamango gab das Zeichen, die Sklaven zu bringen, die er zu verkaufen hatte.
Sie erschienen in langem Zuge, die Körper vor Müdigkeit und Furcht gekrümmt. Ein jeder hatte den Hals in einer Gabel von mehr als sechs Fuß Länge stecken, deren zwei Enden im Nacken durch ein Querholz verschlossen waren. Wenn aufgebrochen werden soll, nimmt einer der Treiber den Stiel von der Gabel des ersten Sklaven auf seine Achsel; dieser belädt sich mit der Gabel des ihm Folgenden; der zweite trägt die Gabel des dritten Sklaven und so alle übrigen. Soll haltgemacht werden, so stößt der Führer der Reihe das zugespitzte Ende seines Gabelstieles in die Erde, und der ganze Zug steht. Man sieht leicht ein, daß man nicht auf den Gedanken kommen kann, zu flüchten, wenn man am Hals einen schweren Stock von sechs Fuß Länge trägt.
Bei jedem Sklaven, Mann oder Weib, der an ihm vorbeikam, zuckte der Kapitän die Achseln, fand die Männer dürftig, die Frauen zu alt oder zu jung, und erging sich in Klagen über den Niedergang der schwarzen Rasse. Alles geht zurück, sagte er; früher war das ganz anders. Die Weiber waren fünf Fuß, sechs Zoll hoch, und von den Männern hatten vier allein die Winde einer Fregatte gedreht und den großen Anker hochgezogen . . .
Gleichwohl traf er, während er mäkelte, eine erste Wahl unter den stärksten und schönsten Schwarzen. Was diese anlangte, so ließ er sich herbei, den üblichen Preis zu zahlen; für die übrigen jedoch verlangte er bedeutenden Nachlaß. Tamango seinerseits verteidigte aufs nachhaltigste seine Forderungen, rühmte seine Ware und sprach vom Mangel an Menschenmaterial und von den Gefahren des Handels. Schließlich nannte er einen Gesamtpreis für die Sklaven, mit denen der weiße Kapitän sein Schiff zu befrachten gedachte.
Sobald der Dolmetscher den Antrag Tamangos ins Französische übersetzt hatte, schien Ledoux vor Überraschung und Entrüstung auf den Rücken fallen zu wollen. Unter einigen fürchterlichen Flüchen erhob er sich sodann, wie wenn er jedes weitere Handeln mit einem so unsinnigen Menschen abbrechen wolle. Da hielt ihn Tamango zurück; es gelang ihm jedoch nur mit Mühe, ihn zu bewegen, wieder Platz zu nehmen. Eine frische Flasche wurde geöffnet, und das Feilschen begann von neuem.
Nun war die Reihe an dem Schwarzen, die Anträge des Weißen toll und wahnwitzig zu finden. Sie schrien und stritten lange, indem sie ausgiebig dem Schnaps zusprachen; aber der Branntwein rief bei den beiden Parteien durchaus verschiedene Wirkung hervor. Je mehr der Franzose trank, desto mehr erniedrigte er seine Angebote; je mehr der Afrikaner trank, desto mehr gab er in seinen Forderungen nach. Auf diese Weise erzielte man, wie der Korb geleert war, auch eine Einigung. Schlechte Baumwollzeuge, Schießpulver, Feuersteine, drei Vierteltonnen Branntwein, fünfzig schlecht ausgebesserte Flinten wurden in Tausch gegen hundertsechzig Sklaven gegeben. Um den Handel abzuschließen, schlug der Kapitän in die Hand des mehr als halbbetrunkenen Schwarzen, und sogleich wurden die Sklaven den französischen Matrosen übergeben, die sich beeilten, ihnen ihr hölzernes Joch abzunehmen, um ihnen dafür Halseisen und Handschellen anzulegen: ein trefflicher Beweis für die Überlegenheit der europäischen Zivilisation.
Etwa dreißig Sklaven waren übrig geblieben: Kinder, Greise, schwächliche Weiber. Das Schiff war voll.
Tamango, der nicht wußte, was er mit diesem Ausschuß anfangen sollte, bot dem Kapitän an, sie ihm um eine Flasche Branntwein das Stück abzulassen. Das Angebot war verlockend. Ledoux erinnerte sich, in Nantes bei der Aufführung der Sizilianischen Vesper gesehen zu haben, wie sich eine erkleckliche Anzahl starker und dicker Leute in einen bereits gefüllten Zuschauerraum drängten und dennoch, dank der Nachgiebigkeit des menschlichen Körpers, Platz zum Sitzen gefunden hatte. Er nahm die zwanzig schlanksten von den dreißig Sklaven.
Hierauf verlangte Tamango nur noch ein Glas Branntwein für jeden der zehn übrigen. Ledoux erwog, daß Kinder in öffentlichem Fuhrwerk nur die Hälfte zahlen und auch nur einen halben Platz einnehmen. Er nahm also noch drei Kinder; er erklärte aber zugleich, nun wolle er sich mit keinem einzigen Schwarzen mehr belasten. Als Tamango sah, daß ihm noch sieben Sklaven auf dem Hals blieben, ergriff er seine Büchse und legte auf das zunächst stehende Weib an. Kauf sie! sagte er zu dem Weißen. Oder ich töte sie. Ein kleines Glas Branntwein, oder ich schieße. – Und was zum Teufel soll ich mit ihr anfangen? erwiderte Ledoux. – Tamango gab Feuer, und die Sklavin fiel tot hin. Weiter! Der nächste! schrie er und nahm einen gebrochenen Greis aufs Korn. Ein Glas Branntwein oder . . . Eine seiner Frauen stieß ihm den Arm weg, und der Schuß ging fehl. Sie hatte in dem Greis, den ihr Mann töten wollte, einen Zauberer oder Sänger, einen Guiriot erkannt, der ihr prophezeit hatte, sie werde eine Königin werden.
Tamango, den der Branntwein toll gemacht hatte, verlor alle Besinnung, als er sah, daß seinen Wünschen Widerstand geleistet wurde. Aufs roheste schlug er mit dem Gewehrkolben sein Weib. Dann wandte er sich an Ledoux, indem er sagte: Da! Ich schenke dir diese Frau.
Sie war hübsch. Ledoux sah sie lächelnd an; nahm sie bei der Hand und sagte: Ich werde sie schon irgendwo unterbringen.
Der Dolmetscher hatte ein menschliches Gemüt. Er schenkte Tamango eine Tabakschachtel und ließ sich von ihm die sechs übrigen Sklaven geben. Er befreite sie von ihren Gabeln und ließ sie laufen, wohin sie wollten. Sogleich machten sie sich aus dem Staube, der eine dahin, der andere dorthin, freilich in völliger Ratlosigkeit, wie sie in ihre Heimat zurückgelangen sollten, die an zweihundert Meilen von dieser Küste entfernt war.
Inzwischen verabschiedete sich der Kapitän von Tamango und beeilte sich, seine Ladung einzuschiffen. Es war nicht klug, länger auf dem Fluß zu bleiben; die Kreuzer konnten wieder auftauchen, und er wollte am andern Morgen wieder in See stechen. Tamango streckte sich im Schatten aufs Gras hin und schlief seinen Branntweinrausch aus. Als er erwachte, war das Schiff bereits unter Segel und glitt flußabwärts. Tamango, noch verstört von der Ausschweifung des vorigen Tages, rief nach seinem Weibe Ayscha. Man entgegnete ihm, sie habe das Unglück gehabt, sein Mißfallen zu erregen, und er habe sie dem weißen Kapitän zum Geschenk gemacht, der sie mit auf sein Schiff genommen habe. Bei dieser Auskunft schlug sich Tamango entsetzt vor die Stirn, ergriff sein Gewehr, und da der Fluß mehrere Windungen machte, bevor er sich ins Meer ergoß, eilte er auf dem nächsten Wege zu einer kleinen Bucht, die eine Wegstunde von der Mündung entfernt war. Hier hoffte er einen Nachen zu finden, mit dem er die Brigg noch erreichen konnte, deren Fahrt sich wegen der Krümmungen des Flußlaufs verzögern mußte. Er täuschte sich nicht; in der Tat hatte er noch Zeit, sich in ein Boot zu werfen und das Sklavenschiff einzuholen.
Ledoux war überrascht, ihn zu sehen, aber noch mehr, zu hören, daß er seine Frau zurückforderte. Was man verschenkt hat, darf man nicht zurückfordern, antwortete er und wandte ihm den Rücken. Der Schwarze ließ nicht nach und bot einen Teil von den Gegenständen an, die er zum Tausch für die Sklaven erhalten hatte. Der Kapitän lachte und meinte, Ayscha wäre ein vortreffliches Weib und er wolle sie behalten. Da vergoß der arme Tamango einen Strom von Tränen und stieß Schmerzensschreie aus, gellend wie die eines Unglücklichen unter dem Messer des Chirurgen. Er wälzte sich auf dem Verdeck, nach seiner teuren Ayscha rufend, und stieß mit dem Schädel gegen die Planken, als ob er sich umbringen wollte. Durchaus unbewegt wies ihn der Kapitän, indem er nach dem Ufer zeigte, daraufhin, daß es Zeit für ihn sei, sich davon zu machen; aber Tamango blieb hartnäckig. Er erhöhte sein Angebot; ja auch seine goldnen Achselstücke, sein Gewehr und seinen Säbel wollte er daran geben. Alles umsonst.
Während dieser Auseinandersetzung sagte der Leutnant der Hoffnung zum Kapitän: Diese Nacht sind uns drei Sklaven gestorben; wir haben Platz. Warum nehmen wir nicht den starken Lümmel, der allein mehr Wert hat als die drei Toten?
Ledoux überlegte. Für Tamango ließen sich gut tausend Taler lösen. Die Fahrt, die ihm einen tüchtigen Profit verhieß, war wahrscheinlich seine letzte. Sein Vermögen war bereits gemacht. Wenn er also den Sklavenhandel aufgab, brauchte ihm wenig daran zu liegen, ob er an der Guineaküste einen guten oder einen schlechten Ruf hinterließ. Übrigens zeigte sich am Flußufer keine Seele, und der afrikanische Krieger war voll in seiner Gewalt. Es handelte sich nur darum, ihm die Waffen abzunehmen, denn es wäre gefährlich gewesen, die Hand an ihn zu legen, während er sie noch besaß. Ledoux erbat sich also sein Gewehr, als ob er es untersuchen und sich versichern wollte, ob es so viel wie die schöne Ayscha wert sei. Indem er die Federn spielen ließ, trug er Sorge, das Pulver aus der Zündpfanne fallen zu lassen. Der Leutnant seinerseits probierte den Säbel.
Als Tamango derart entwaffnet war, stürzten sich zwei kräftige Matrosen auf ihn, warfen ihn auf den Rücken und machten sich daran, ihn zu fesseln. Der Schwarze leistete heldenhaften Widerstand. Nach anfänglicher Bestürzung und trotz seiner unvorteilhaften Lage rang er lange Zeit mit den beiden Matrosen. Mit seiner Riesenstärke erreichte er es, sich zu erheben. Mit einem Fausthieb streckte er den Mann nieder, der ihn am Kragen hielt; ein Stück seines Rockes ließ er in den Händen des andern Matrosen, und nun warf er sich wie ein Rasender auf den Leutnant, um ihm seinen Säbel zu entreißen. Der hieb ihn auf den Schädel und versetzte ihm eine breite, wenn auch nicht tiefe Wunde. Tamango stürzte zum zweiten Male nieder. Sofort fesselte man ihn an Füßen und Händen. Während er sich zur Wehr setzte, stieß er Schreie der Wut aus und gebärdete sich wie ein Eber, der in die Falle gelaufen ist; als er aber sah, daß jeder Widerstand nutzlos war, schloß er die Augen und rührte sich nicht mehr. Sein starker und beschleunigter Atem zeigte allein, daß er noch lebte.
Donnerwetter! rief Kapitän Ledoux aus. Die Schwarzen, die er verschachert hat, werden geradehinaus lachen, wenn sie sehen, daß er nun selber an die Reihe gekommen ist. Jetzt werden sie wohl wissen, daß es eine Vorsehung gibt.
Inzwischen verlor der arme Tamango sein Blut. Der barmherzige Dolmetscher, der am Tage vorher sechs Sklaven das Leben gerettet hatte, näherte sich ihm, verband seine Wunde und richtete einige tröstende Worte an ihn. Was er ihm gesagt haben mag, weiß ich nicht. Der Schwarze blieb unbeweglich wie eine Leiche. Zwei Matrosen mußten ihn wie einen Sack ins Zwischendeck an den Platz befördern, der ihm bestimmt war. Zwei Tage lang wollte er weder essen noch trinken; kaum daß man ihn die Augen öffnen sah. Die Genossen seiner Haft, vorher seine Gefangenen, sahen ihn mit stumpfem Staunen in ihrer Mitte erscheinen. So groß war die Furcht, die er ihnen noch immer einflößte, daß nicht ein einziger das Leiden dessen zu verspotten dachte, der das ihrige verursacht hatte.
Unter der Gunst einer guten Brise, die vom Land her wehte, entfernte sich das Schiff mit großer Schnelligkeit von der afrikanischen Küste. Bereits außer Sorge hinsichtlich der englischen Kreuzer, dachte der Kapitän nur noch an die außerordentlichen Vorteile, die ihn in den Kolonien erwarteten, wohin sich seine Fahrt richtete. Sein Ebenholz blieb unversehrt. Keinerlei ansteckende Krankheit trat auf. Nur zwölf Neger, von den schwächsten, waren der Hitze erlegen; das war eine Kleinigkeit. Damit seine Menschenfracht so wenig wie möglich von den Beschwerden der Überfahrt zu leiden habe, hielt er darauf, daß die Sklaven täglich auf Deck kamen. Abwechselnd war einem Drittel der Unglücklichen eine Stunde bestimmt, um seine Tagesportion an Luft zu schnappen. Weil immer Revolten zu befürchten waren, hielt ein Teil der Besatzung, bis an die Zähne bewaffnet, Wache; außerdem trug man Sorge, ihnen ihre Eisen niemals völlig abzunehmen. Manchmal bereitete ihnen ein Matrose, der Geige spielen konnte, ein Konzert. Es war dann ein seltsamer Anblick, zu sehen, wie sich alle die schwarzen Gesichter dem Musiker zuwandten, wie sich allmählich die stumpfe Verzweiflung in ihrem Ausdruck verlor, wie sie mit breitem Grinsen zu lachen anfingen und, wenn ihre Ketten es gestatteten, mit den Händen klatschten. Bewegung fördert die Gesundheit; daher bestand eine der sanitären Maßnahmen des Kapitäns Ledoux darin, seine Sklaven des öftern tanzen zu lassen, wie man Pferde, die auf lange Fahrt eingeschifft sind, treten läßt. Auf, Kinder! Tanzt, seid vergnügt! rief der Kapitän mit Donnerstimme, wozu er mit einer ungeheuren Postkutscherpeitsche klatschte; und sogleich begannen die armen Schwarzen zu springen und zu tanzen.
Einige Zeit ward Tamango durch die Wunde unter Deck festgehalten. Endlich erschien er auf dem Verdeck. Stolz erhob er sein Haupt inmitten der furchtsamen Schar der Sklaven und warf einen Blick voll gelassener Traurigkeit auf die unermeßliche Wasserbreite, die sich um das Schiff weitete. Dann ließ er sich nieder oder vielmehr ließ sich auf die Planken fallen, ohne sich irgendwie Mühe zu geben, seine Ketten so zu legen, daß sie ihm minder lästig wären.
Ledoux saß auf dem Achterdeck und rauchte behaglich seine Pfeife. Neben ihm befand sich Ayscha, in einem schmucken Kleid aus blauem Leinen, die Füße beschuht mit hübschen roten Lederpantoffeln, in der Hand eine Platte mit Schnäpsen, bereit, ihm einzuschenken. Offenbar hatte sie beim Kapitän hohe Obliegenheiten zu erfüllen. Ein Schwarzer, der Tamango verabscheute, bedeutete ihm hinzusehen. Tamango wandte den Kopf, bemerkte sie, stieß einen Schrei aus; heftig erhob er sich und rannte gegen das Achterdeck, bevor die Wachtmatrosen eine so ungeheuerliche Verletzung jeglicher Schiffszucht verhindern konnten.
Ayscha! schrie er mit schmetternder Stimme. (Ayscha stieß einen Schreckensruf aus.) Ayscha, glaubst du, daß es im Lande der Weißen keinen Mama-Jumbo gibt?
Schon eilten Matrosen mit geschwungenen Stöcken herbei; Tamango aber kehrte ruhig, mit gekreuzten Armen, wie ohne Empfindung, auf seinen Platz zurück, während Ayscha, in Tränen ausbrechend, von seinen geheimnisvollen Worten tief erschüttert war.
Der Dolmetscher erklärte, was es mit dem schrecklichen Mama-Jumbo, dessen Name allein solch großes Grauen hervorrief, für eine Bewandtnis hatte. Es ist ein Negergötze, sagte er. Wenn ein Ehemann von seiner Frau Gewisses befürchtet, was reichlich viel Frauen in Frankreich ebenso wie in Afrika tun, droht er ihr mit dem Mama-Jumbo. Ich selber, ich habe den Mama-Jumbo gesehen, und ich habe die List durchschaut, aber die Schwarzen lassen sich so etwas weiß machen. Stellt euch also vor: eines Abends, während die Weiber sich am Tanz ergötzten, am Folgar, wie es in ihrer Sprache heißt, ließ sich aus einem hübsch dichten und düstern Wäldchen nahebei eine seltsame Musik hören, ohne daß man jemanden sah, von dem sie herrührte. Alle Musikanten waren hinter Bäumen versteckt. Man hörte Schilfrohrflöten, hölzerne Tamburine, Balafos und Gitarren, wie sie sie aus halben Flaschenkürbissen herstellen. Alles miteinander brachte Töne hervor, die den Teufel davongejagt hätten. Kaum hatten die Weiber die Weise vernommen, da fingen sie an zu zittern; sie wollten sich in Sicherheit bringen, aber die Männer hielten sie zurück. Die Dämchen wußten sehr wohl, was ihnen bevorstand. Plötzlich erscheint aus den Bäumen eine große weiße Gestalt, hoch wie unser Bramsegel, mit einem Kopf so mächtig wie ein Scheffelmaß, mit Klotzaugen wie die Klüsengatte, mit einem Maul wie der Teufel, und mit Feuer darin. Das Ding bewegt sich langsam, ganz langsam vorwärts; aber es nähert sich nicht weiter als eine halbe Kabellänge vor dem Busch. Die Weiber schreien: Der Mama-Jumbo! Wie die Austernhändlerinnen kreischen sie. Dann sagen die Männer zu ihren Frauen: Also, ihr dummen Frauenzimmer, sagt uns, ob ihr brav gewesen seid! Wenn ihr eine Lüge sagt, dann ist der Mama-Jumbo da, der wird euch mit Haut und Haar auffressen. Es waren welche da, die einfältig genug waren, zu gestehen; dafür wurden sie von den Männern windelweich geprügelt.
Und was war diese weiße Gestalt, der Mama-Jumbo? fragte der Kapitän. – Na, es war ein Schelm, der sich in ein großes weißes Tuch gehüllt hatte; als Kopf trug er auf einer langen Stange einen ausgehöhlten Kürbis mit einem Licht darin. Das war der ganze Witz. Es bedarf keines übermäßigen Geistes, um die Schwarze zu betören. Alles in allem ist er aber eine gute Erfindung, der Mama-Jumbo, und ich wollte, meine Frau glaubte an ihn.
Was die meine betrifft, meinte Ledoux, wenn sie sich nicht vor dem Mama-Jumbo fürchtet, so tut sie es vor dem Knüppel aus dem Sack; und am Ende weiß sie, wie ich mich verhalten werde, wenn sie mir einen Streich spielt. Bei uns wird nicht lang gefackelt, bei uns in der Familie Ledoux; und wenn ich auch nur eine Faust habe, so weiß sie doch mit einem Frauenzimmer ordentlich fertig zu werden. Was den Burschen unten anbelangt, der vom Mama-Jumbo redet, so sagt ihm, er solle sich in acht nehmen und dem Frauchen da keine Angst machen, oder ich werde ihm den Rücken dermaßen striegeln, daß sich seine schwarze Haut in ein englisches Roastbeef verwandelt.
Mit diesen Worten stieg der Kapitän in seine Kajüte hinunter, ließ Ayscha kommen und versuchte sie zu trösten; aber weder Zärtlichkeiten noch Schläge (am Ende verliert man die Geduld) waren imstande, die schöne Negerin vernünftig zu machen. Ströme von Tränen rannen aus ihren Augen. Übelgelaunt kam der Kapitän wieder auf Deck und erteilte dem Wachthabenden wegen des gerade von ihm angeordneten Manövers einen Verweis.
In der Nacht, als fast die gesamte Besatzung in tiefem Schlafe lag, hörten die Wachen zuerst einen schweren, feierlichen, unheimlichen Gesang, der vom Zwischendeck ausging, dann den schrecklich schrillen Schrei einer Frau. Unmittelbar darauf hallte die grobe Stimme des Kapitäns in Flüchen und Drohungen und der Lärm seiner furchtbaren Peitsche durch das Schiff. Wieder einen Augenblick später versank alles in Schweigen. Am andern Morgen erschien Tamango mit ganz entstelltem Gesicht auf dem Verdeck; aber er trug dieselbe stolze und entschlossene Miene zur Schau wie vorher.
Kaum hatte Ayscha Tamango erblickt, als sie das Achterdeck verließ, wo sie neben dem Kapitän saß, und aufs schnellste zu ihm hineilte, sich vor ihm niederwarf und mit dem Ausdruck höchster Verzweiflung zu ihm sagte: Verzeih mir, Tamango, verzeih mir!
Tamango blickte sie eine Minute lang fest an; dann, wahrnehmend, daß der Dolmetscher nicht in der Nähe war, sagte er: Eine Feile!
Damit warf er sich wieder auf die Planken, Ayscha den Rücken kehrend.
Der Kapitän machte ihr heftige Vorwürfe, gab ihr sogar ein paar Ohrfeigen und verbot ihr, mit ihrem früheren Gatten zu sprechen; aber er ahnte nicht im geringsten den Sinn der wenigen Worte, die sie ausgetauscht hatten; er richtete auch keine Frage darüber an sie.
Inzwischen benutzte Tamango sein Eingeschlossensein mit den andern Sklaven dazu, sie Tag und Nacht zu ermahnen, einen kühnen Gewaltstreich zu wagen, damit sie ihre Freiheit wiedergewännen. Er erzählte ihnen von der geringen Zahl der Weißen und machte sie auf die stets zunehmende Nachlässigkeit ihrer Wächter aufmerksam. Ohne sich deutlich auszudrücken, sagte er ihnen ferner, er wüßte ein Mittel, sie in ihre Heimat zurückzubringen, rühmte sein Wissen in den geheimen Dingen, auf die die Schwarzen erpicht sind, und bedrohte jene, die ihn nicht bei seinem Unternehmen unterstützten, mit der Rache des Bösen. In seinen Ansprachen bediente er sich eines Dialekts, den die meisten Neger kannten, den aber der Dolmetscher nicht verstand. Das Ansehen des Sprechers, die Furcht und der Gehorsam, die sie ihm gewohnterweise entgegenbrachten, halfen seiner Beredsamkeit außerordentlich zum Erfolg, und die Schwarzen bedrängten ihn, einen Tag zu ihrer Befreiung anzusetzen, erheblich vor der Zeit, da er selber imstande zu sein glaubte, sie zu bewerkstelligen. Er gab den Verschwörern eine ausweichende Antwort. Die Stunde sei noch nicht gekommen; der Geist, der ihm im Traum erschienen, habe sie ihm noch nicht verkündigt; sie sollten sich nur auf sein erstes Zeichen bereit halten. Inzwischen versäumte er keine Gelegenheit, hinsichtlich der Wachsamkeit seiner Hüter seine Beobachtungen zu machen. Einmal hatte ein Matrose sein Gewehr an die Bordwand gelehnt und belustigte sich damit, einer Schar fliegender Fische zuzuschauen, die dem Schiff folgte. Tamango nahm das Gewehr und manipulierte damit, indem er mit grotesken Gebärden die Bewegungen nachahmte, die er Matrosen hatte beim Exerzieren machen sehen. Man nahm ihm die Flinte im selben Augenblick wieder ab; aber er hatte nun erfahren, daß er eine Waffe anrühren konnte, ohne sofort Verdacht zu erregen; und käme nur die Zeit, sich ihrer zu bedienen, dann sollte es dem schlecht bekommen, der sie ihm wieder entreißen wollte.
Eines Tages warf ihm Ayscha einen Zwieback zu, wobei sie ihm ein Zeichen machte, das nur er verstand. Der Zwieback enthielt eine kleine Feile; von diesem Instrument hing das Gelingen der Verschwörung ab. Zunächst hütete sich Tamango wohl, das Werkzeug seinen Genossen zu zeigen; als aber die Nacht gekommen war, begann er unverständliche Worte zu murmeln, die er mit seltsamen Gesten begleitete. Nach und nach steigerte er seine Erregtheit bis zum Schreien. Aus dem wechselnden Ton hätte man schließen können, er sei in lebhafter Unterredung mit einem unsichtbaren Wesen begriffen. Alle Neger zitterten; sie zweifelten nicht, daß der Geist in diesem Augenblick unter ihnen weilte.
Tamango beendigte den Vorgang, indem er einen Freudenschrei ausstieß. Freunde, rief er, der Geist, den ich beschworen habe, hat mir soeben gewährt, was er mir versprochen hatte. Ich halte das Werkzeug unsrer Befreiung in meinen Händen. Jetzt braucht ihr nur noch ein wenig Mut, und ihr werdet frei.
Er ließ seine Nachbarn die Feile berühren, und die Posse, so plump sie war, fand bei den noch plumperen Menschen Glauben.
Nach langem Harren kam der große Tag der Rache und der Freiheit. Die Verschwörer, miteinander durch einen feierlichen Eid verbunden, hatten sich nach reiflichen Erwägungen über ihren Plan geeinigt. Die Entschlossensten, Tamango an der Spitze, sollten, sobald die Reihe an sie kam, auf Deck zu gehen, sich der Waffen ihrer Wächter bemächtigen; einige andere sollten aus der Kajüte des Kapitäns die Flinten holen, die sich dort befanden. Alle, denen es gelungen war, ihre Ketten zu durchfeilen, sollten den Angriff beginnen; aber trotz der hartnäckigen Arbeit mehrerer Nächte war der größere Teil der Sklaven noch nicht fähig, an der Unternehmung energisch teilzunehmen. Daher hatten drei robuste Schwarze den Auftrag, den Mann zu töten, der den Schlüssel zu den Fesseln in der Tasche trug, und alsbald ihre geketteten Gefährten zu befreien.
An diesem Tage war der Kapitän Ledoux vortrefflich gelaunt; entgegen seiner Gewohnheit begnadigte er einen Schiffsjungen, der Prügel verdient hatte. Er belobte den wachhabenden Offizier für ein von ihm bewerkstelligtes Manöver; versicherte die Mannschaft seiner Zufriedenheit und kündigte ihr an, in Martinique, wo man in kurzem ankäme, sollte jeder eine Sonderbelohnung erhalten.
Von so angenehmen Gedanken bewegt, beschäftigten sich alle Matrosen bereits damit, wie sie diese Belohnung am besten verwenden könnten; der Branntwein und die braunen Weiber von Martinique spukten darin. Da ließ man Tamango und die andern Verschwörer auf Deck kommen. Sie waren besorgt gewesen, ihre Ketten so zu durchfeilen, daß sie unverletzt erschienen, und daß es dabei doch nur der geringsten Anstrengung bedurfte, sie zu durchbrechen. Im übrigen machten sie ein so starkes Geklirr, daß man beim Hören hätte meinen können, sie trügen doppelt schwer.
Nachdem sie einige Zeit Luft geschöpft hatten, faßten sie einander bei den Händen und begannen zu tanzen, während Tamango den Kriegsgesang seines Stammes (jeder Negerhäuptling hat einen) anstimmte, den er stets vor dem Auszug in den Kampf hatte erschallen lassen. Als der Tanz eine Zeitlang gedauert hatte, warf sich Tamango wie vor Anstrengung erschöpft längelang zu Füßen eines Matrosen, der nachlässig an der Bordwand des Schiffes lehnte. Alle Verschwörer taten desgleichen. Auf diese Weise befand sich jeder Matrose von mehreren Schwarzen eingeschlossen.
Plötzlich stößt Tamango, der heimlich seine Ketten zerbrochen hatte, einen starken Schrei aus, der das verabredete Zeichen sein sollte, reißt den zunächst befindlichen Matrosen heftig an den Beinen zu Boden, beraubt ihn, indem er ihm den Fuß auf den Leib setzte, seines Gewehrs, und erschießt damit sogleich den wachhabenden Offizier. Gleichzeitig wird jede Matrosenwache überwältigt, entwaffnet und sofort niedergemacht. Von allen Seiten ertönt Kriegsgeschrei. Der Aufseher, der den Schlüssel zu den Fesseln bewahrte, fällt als einer der ersten. Und nun dringt eine Menge Schwarzer auf das Verdeck. Wer keine Waffe finden kann, bemächtigt sich der Eisenstangen für die Ankerwinde oder der Ruder für die Schaluppe.
Dieser Augenblick bedeutete für die weiße Besatzung den Untergang. Zwar versuchten einige Matrosen, auf dem Hinterkastell sich zur Wehr zu setzen; aber es fehlte ihnen an Waffen wie an Entschlossenheit. Ledoux war noch am Leben und hatte keineswegs den Mut verloren. Er sah, daß Tamango die Seele der Meuterei war, und hoffte, sich der übrigen leicht zu entledigen, wenn er ihn nur tötete.
Mit dem Säbel in der Faust, ihn laut beim Namen rufend, stürzte er ihm entgegen. Sofort drang Tamango auf ihn ein. Er hielt ein Gewehr am Lauf und bediente sich dessen wie einer Keule. Auf einer Laufplanke der schmalen Verbindung zwischen Vorder- und Achterdeck gerieten sie aneinander. Tamango führte den ersten Schlag. Mit leichter Bewegung wich der Weiße aus. Der Kolben, mit Macht auf die Planken niederschmetternd, brach ab, und der Rückstoß war so heftig, daß das Gewehr Tamangos Händen entglitt. Er war wehrlos, und mit einem Lächeln teuflischer Freude hob Ledoux den Arm, um ihn zu durchbohren. Aber Tamango war ebenso beweglich wie die Panther seiner Heimat. Er fiel seinem Gegner in den Arm und packte ihn an der Hand, die den Säbel hielt. Der eine macht gewaltige Anstrengungen, seine Waffen zu behalten, der andre, sie ihm zu entreißen.
In diesem wütenden Kampfe fallen beide hin, Der Afrikaner kommt unten zu liegen; aber, ohne den Mut zu verlieren, umschlingt Tamango seinen Feind mit all seiner Kraft und beißt ihn mit solcher Heftigkeit in die Kehle, daß das Blut wie unter den Zähnen eines Löwen hervorschoß. Der Säbel entglitt der ermattenden Hand des Kapitäns; Tamango ergriff ihn, erhob sich, und den Mund voll Blut, einen Triumphschrei ausstoßend, hieb er mit wiederholten Schlägen seinen bereits halbtoten Feind zusammen.
Der Sieg war nicht mehr zweifelhaft. Die wenigen noch überlebenden Franzosen versuchten das Mitleid der Aufrührer anzuflehn; aber alle, sogar der Dolmetscher, der ihnen niemals ein Leid zugefügt hatte, wurden erbarmungslos niedergemetzelt. Der Leutnant starb ruhmvoll. Er hatte sich aufs Achterdeck zurückgezogen, neben eines jener kleinen Geschütze, die auf einer Angel drehbar sind und mit Kartätschen geladen werden. Mit der linken Hand richtete er das Stück, und mit dem Säbel in der rechten verteidigte er sich so gut, daß sich eine Menge Schwarzer um ihn häufte. Da zog er ab und schuf mitten durch diese Masse einen breiten Weg Toter und Sterbender. Einen Augenblick später war er in Stücke gehauen.
Als der Leichnam des letzten Weißen, zerhauen und in Fetzen geschnitten, ins Meer geworfen war, hoben die Schwarzen, deren Rachewut gestillt war, ihre Augen auf zu den Segeln des Schiffes, die, nach wie vor von frischem Wind geschwellt, immer noch ihren Unterdrückern gehorchten und die Sieger trotz ihres Triumphs ins Land der Sklaverei fortführten.
So ist denn nichts geschehen! dachten sie voll Niedergeschlagenheit. Wird der große Fetisch der Weißen uns in unsre Heimat zurückführen, uns, die wir das Blut seines Herrn vergossen haben?
Einige äußerten, Tamango verstünde es, ihn zum Gehorsam zu bringen. Sofort ward Tamango unter großem Geschrei gerufen.
Es war ihm nicht eilig damit, sich zu zeigen. Man fand ihn in der Hinterschiffskabine, aufrecht, eine Hand auf den blutigen Säbel des Kapitäns gestützt; die andre überließ er in Versonnenheit seinem Weibe Ayscha, die vor ihm knieend sie mit Küssen bedeckte. Die Freude über den Sieg war nicht imstande, eine düstere Unruhe zu meistern, die sich in seiner ganzen Haltung verriet. Weniger plumpen Geistes als die andern, hatte er ein genaues Gefühl für die Schwierigkeit seiner Lage. Endlich erschien er auf dem Verdeck, Ruhe heuchelnd, die er nicht besaß. Von hundert durcheinander schwirrenden Stimmen bedrängt, den Kurs des Schiffes zu lenken, näherte er sich mit langsamen Schritten dem Steuerrad, als ob er den Augenblick etwas verzögern wollte, der für ihn wie für die andern über die Grenzen seiner Macht entscheiden sollte.
Auf dem ganzen Schiffe war nicht ein Schwarzer, der, wenn auch noch so einfältig, nicht den Einfluß bemerkt hätte, den ein gewisses Rad und die ihm gegenüber angebrachte Büchse auf die Bewegung des Schiffes ausübten; aber in diesem Mechanismus steckte für sie immer ein großes Geheimnis.
Eine lange Weile betrachtete Tamango die Bussole, indem er die Lippen bewegte, als ob er die Zeichen läse, die er darauf eingeprägt sah; dann legte er die Hand an die Stirn und nahm die nachdenkliche Haltung eines Mannes an, der sich im Kopf etwas ausrechnet. Alle Schwarzen umringten ihn mit offnem Mund und weitaufgerissenen Augen, voll Angst jede geringste seiner Bewegungen verfolgend. Endlich bewegte er mit jener Mischung aus Furcht und Selbstvertrauen, die der Unwissenheit entspringt, das Steuerrad heftig. Wie ein edler Renner, der sich unter dem Sporn eines ungeschickten Reiters bäumt, sprang bei dem unerhörten Manöver die schöne Brigg Hoffnung über die Wogen, als ob sie sich aus Entrüstung mitsamt ihrem dummen Piloten in den Grund stürzen wolle. Da die notwendige Übereinstimmung zwischen der Stellung der Segel und der des Steuers jäh unterbrochen war, neigte sich das Schiff mit solcher Heftigkeit zur Seite, daß es zu versinken drohte. Seine langen Rahen tauchten ins Meer. Mehrere Leute wurden umgerissen; einige fielen über Bord. Bald stemmte sich das Schiff stolz gegen die Wellen, als ob es noch einmal gegen die Zerstörung ankämpfen wollte. Der Wind setzte mit doppelter Stärke ein, und plötzlich stürzten unter schrecklichem Krachen beide Masten, einige Fuß über dem Verdeck brechend, zusammen, den Boden mit Trümmern und wie mit einem schweren Netzwerk von Tauen bedeckend.
Die entsetzten Neger flüchteten, Schreckensschreie ausstoßend, unter Deck; aber da der Wind keinen Widerstand mehr fand, richtete sich das Schiff wieder auf und schaukelte sich sanft auf den Fluten. Die beherztesten der Schwarzen kletterten nun wieder auf das Verdeck und säuberten es von den Trümmern, die es unzugänglich machten. Tamango verharrte in Regungslosigkeit; den Ellbogen auf das Kompaßhäuschen stützend, verbarg er sein Gesicht hinter dem Arm. Ayscha war bei ihm, aber sie wagte nicht, ihn anzusprechen. Nach und nach kamen die Schwarzen näher. Murren erhob sich, das bald zu einem Sturm von Vorwürfen und Verwünschungen anwuchs. Verräter, Betrüger! riefen sie. Du bist es, der an all unserm Leid die Schuld trägt, du bist es, der uns an die Weißen verkauft hat, du, der uns gezwungen hat, gegen sie zu rebellieren. Du hattest uns dein Wissen gerühmt; hattest uns versprochen, uns in die Heimat zurückzuführen. Wir Unsinnigen hatten dir geglaubt, und nun hat nicht viel gefehlt und wir wären alle umgekommen, weil du den Götzen der Weißen beleidigt hast.
Tamango erhob stolz das Haupt, und die Schwarzen, die ihn umringten, wichen eingeschüchtert zurück. Er ergriff zwei Gewehre, winkte seinem Weibe, ihm zu folgen, und wandte sich mitten durch die Menge, die sich vor ihm öffnete, nach dem Bug des Schiffes. Hier baute er sich aus leeren Fässern und Planken eine Art Wall. Dann ließ er sich inmitten dieser Verschanzung nieder, aus der die Bajonette seiner beiden Flinten drohend emporragten. Man ließ ihn in Ruhe. Von den Aufrührern weinten die einen; andre hoben die Arme gen Himmel und beteten zu ihrem Fetisch und zum Götzen der Weißen. Etliche hatten sich vor der Bussole, deren stetes Erzittern sie anstaunten, auf die Knie geworfen und flehten sie an, sie in ihr Land zurückzubringen; wieder welche kauerten sich in düster Verzweiflung auf das Verdeck hin. Mitten unter diesen Hoffnungslosen heulte eine Gruppe Weiber und Kinder vor Schrecken, und einige zwanzig Verwundete baten um Hilfe, die ihnen niemand zu gewähren gesonnen war.
Plötzlich erscheint ein Neger auf dem Verdeck; sein Gesicht strahlt. Er verkündet, eben habe er den Ort entdeckt, wo die Weißen ihren Branntwein aufbewahrten, und seine Freude sowie sein ganzes Benehmen zeigt zur Genüge, daß er ihn schon probiert hat. Diese Nachricht läßt eine Weile das Geschrei der Unglücklichen verstummen. Sie rennen nach der Kombüse und füllen sich mit Schnaps. Eine Stunde später war es so weit, daß man sie auf den Planken springen und tanzen sah, unter Ausschreitungen der rohesten Trunkenheit. In ihr Tanzen und Singen mischte sich das Jammern und Seufzen der Verwundeten. So verstrich der Rest des Tages und die Nacht.
Des Morgens beim Erwachen neue Verzweiflung. Während der Nacht war ein großer Teil der Verwundeten gestorben. Das Schiff schwamm noch umgeben von Leichen. Das Meer ging hoch; den Himmel deckten Wolken. Man hielt Rat. Einige in Zauberkünsten Erfahrene, die vor Tamango von ihrem Können nicht zu sprechen gewagt hatten, boten nacheinander ihre Dienste an. Man versuchte mehrere starke Beschwörungen. Nach jedem ergebnislosen Mühen wuchs die Entmutigung. Endlich sprach man von Tamango, der aus seiner Verschanzung nicht wieder hervorgekommen war. Schließlich war er doch der Klügste von ihnen allen, und er allein konnte sie aus der schrecklichen Lage befreien, in die er sie versetzt hatte. Ein alter Mann wagte sich näher und übermittelte das Friedensanerbieten. Er bat, ihnen seinen Rat nicht vorzuenthalten; aber Tamango, unerschütterlich wie Koriolan, blieb vor seinem Flehen taub. Während der Unordnung in der verstrichenen Nacht hatte er sich mit Zwieback und gesalzenem Fleisch versorgt. Er war offenbar entschlossen, in seiner Zufluchtstätte auszuharren. Branntwein gab es noch genügend; er läßt das Meer, die Sklaverei und den nahenden Tod vergessen. Man schläft, träumt von Afrika, schaut die Gummiwälder, die strohgedeckten Hütten, den Brotbaum, der ein ganzes Dorf beschattet.
Wieder begann der Taumel des vorigen Tages. Mehrere verstrichen so. Schreien, weinen, sich die Haare raufen, dann sich betrinken und schlafen; das war ihr Leben. Manche tranken sich zu Tode; einige stürzten sich ins Meer; andre erstachen sich.
Eines Morgens kam Tamango aus seiner Festung und schritt bis zum Stumpf des großen Mastes.
Gefährten, sprach er, der große Geist ist mir im Traum erschienen und hat mir das Mittel geoffenbart, euch von hinnen zu führen und euch in die Heimat zurückzubringen. Eure Undankbarkeit verdient es eigentlich, daß ich euch im Stich ließe; aber ich habe Mitleid mit den Weibern und schreienden Kindern. Ich verzeihe euch. Hört mich an! Alle Schwarzen senkten achtungsvoll den Kopf und drängten sich um ihn.
Nur die Weißen, fuhr Tamango fort, kennen die mächtigen Worte, die imstande sind, solche große hölzerne Häuser in Bewegung zu bringen. Wir aber haben die Fähigkeit, nach unserm Belieben die leichten Barken dort zu lenken, die denen unserer Heimat ähnlich sind. (Er deutete auf die Schaluppe und die andern Boote der Brigg.) Füllen wir sie mit Lebensmitteln, besteigen wir sie und rudern wir mit dem Wind! Mein und euer Herr wird ihn nach unsern Land hin wehen lassen.
Man glaubte ihm. Einen unsinnigeren Plan konnte es nicht geben. Ohne Kenntnisse im Gebrauch der Bussole, unter einem fremden Himmelsstrich, hieß dies nur, aufs Ungefähr herumirren. Nach seinen Vorstellungen mußte er, immer geradeaus rudernd, schließlich ein von den Schwarzen bewohntes Land erreichen, denn die Schwarzen besitzen das Land, und die Weißen leben auf ihren Schiffen. So hatte er seine Mutter sagen hören.
Bald war alles zur Einschiffung bereit; aber nur die Schaluppe und ein Boot erwiesen sich in brauchbarem Zustand. Das war zu wenig, als daß die noch ungefähr achtzig lebenden Neger darin Unterkunft fanden. Es mußten also alle Verwundeten und Kranken zurückgelassen werden. Die meisten begehrten, daß man sie vor der Trennung töte.
Die beiden Boote, mit unendlichen Mühen flottgemacht und überladen, stießen vom Schiffe ab bei hochgehender See, die sie jeden Augenblick zu verschlingen drohte. Das kleine Boot entfernte sich zuerst. Tamango hatte mit Ayscha in der Schaluppe Platz genommen, die, beträchtlich schwerer und stärker belastet, ein erhebliches Stück zurückblieb. Noch hörte man die Jammerschreie einiger an Bord der Brigg zurückgelassenen Unglücklichen, als eine ziemlich hohe Welle die Schaluppe in der Quere erfaßte und sie mit Wasser füllte. Noch in derselben Minute begann sie zu sinken. Vom Boot aus sahen sie das Unheil, und die Ruderer legten sich mit doppelter Kraft ein, aus Angst, ein paar von den Schiffbrüchigen aufnehmen zu müssen. Fast alle Insassen der Schaluppe ertranken. Nur etwa einem Dutzend gelang es, das Schiff wieder zu erreichen, darunter Tamango und Ayscha. Als die Sonne sank, sahen sie das Boot am Horizont verschwinden; es ist unbekannt geblieben, was mit ihm geschehen ist.
Warum soll ich den Leser mit der widerlichen Beschreibung der Hungerqualen ermüden? Einige zwanzig Menschen auf engem Raum, bald von stürmischer See umhergeworfen, bald von glühender Sonne verbrannt, kämpfen Tag um Tag um die spärlichen Reste von Nahrung. Um jedes Stückchen Zwieback wird gestritten, und der Schwache stirbt, nicht weil der Starke ihn tötet, sondern weil er ihn sterben läßt. Nach wenigen Tagen war an Bord der Brigg Hoffnung niemand mehr am Leben, nur Tamango und Ayscha.
Eines Nachts bei bewegter See und heftig wehendem Wind war die Dunkelheit so groß, daß man vom Steuerbord nicht bis zum Bug sehen konnte. Ayscha lag in der Kajüte des Kapitäns auf einer Matratze; Tamango saß zu ihren Füßen. Langes Schweigen hüllte beide ein.
Tamango, rief endlich Ayscha, alles, was du leidest, leidest du um meinetwillen.
Ich leide nicht, erwiderte er schroff und warf ihr auf die Matratze die Hälfte seines letzten Zwiebacks zu.
Behalte es für dich, sagte sie, indem sie den Zwieback sanft wegschob. Mich hungert nicht mehr. Warum auch noch essen? Meine Stunde ist doch gekommen!
Tamango erhob sich ohne Antwort, stieg schwankenden Schrittes auf das Verdeck hinauf und lagerte sich an einen gebrochenen Mast. Den Kopf auf die Brust gesenkt, summte er das Lied seines Stammes. Plötzlich drang durch den Lärm des Windes und des Meeres ein starker Schrei. Ein Licht tauchte auf. Er hörte noch andre Rufe, und ein prächtiges schwarzes Schiff glitt mit großer Schnelligkeit an dem seinen vorbei, so nahe, daß das Takelwerk seinen Kopf streifte. Er sah nur zwei Gestalten, die von einer am Mast aufgehängten Laterne beleuchtet waren. Diese Leute stießen einen Schrei aus, und unmittelbar darauf verschwand ihr Schiff, vom Wind entführt, in der Finsternis.
Ohne Zweifel hatten die Wachen das Wrack bemerkt; aber das stürmische Wetter hatte sie verhindert, beizudrehen. Einen Augenblick darauf sah Tamango das Feuer einer Kanone und hörte den Lärm des Schusses; dann sah er die Flamme einer andern, aber er hörte nichts mehr, und endlich sah er auch nichts mehr. Am folgenden Morgen zeigte sich kein Segel am Horizont. Tamango legte sich auf die Matratze und schloß die Augen. Sein Weib Ayscha war in der Nacht gestorben.
Später, ich weiß nicht wie lange nachher, bemerkte eine englische Fregatte, die Bellona, ein entmastetes Schiff, allem Anschein nach von seiner Besatzung verlassen. Eine Schaluppe ward längsseit gelegt, und man fand auf dem Wrack eine tote Negerin und einen Neger, der so entkräftet und abgemagert war, daß er einer Mumie ähnlich sah. Er war bewußtlos, hatte aber noch einen Hauch Leben in sich. Der Schiffsarzt nahm sich seiner an, pflegte ihn sorgfältig, und als die Bellona in Kingston landete, befand sich Tamango wieder bei vollständiger Gesundheit. Man fragte ihn nach den Vorgängen aus. Er sagte, was er wußte. Die Pflanzer der Insel verlangten, daß man den Neger als Meuterer hänge; aber der Gouverneur, ein Menschenfreund, nahm Anteil an ihm, da er seinen Fall entschuldbar fand, weil er schließlich nur berechtigte Notwehr angewendet hatte, und am Ende waren die von ihm Getöteten nur Franzosen gewesen. Man verfuhr mit ihm wie mit Negern vom Bord eines beschlagnahmten Sklavenschiffes. Man gab ihm die Freiheit, das heißt, man ließ ihn für die Regierung arbeiten; jedenfalls bekam er sechs Sous täglich und die Kost. Er war ein überaus stattlicher Mann. Der Oberst vom 75. Regiment sah ihn und machte ihn zum Zymbalschläger seiner Kapelle. Er lernte etwas Englisch; aber er redete kaum ein Wort. Dafür trank er maßlos viel Rum und Tafia.
Er ist im Lazarett an einer Lungenentzündung gestorben.