Matthäus Merian
Matthäus Merian

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Stettin

Stitin

Ist die Hauptstadt in Pommern, wie Stralsund im Fürstenthum Rügen, hat den Namen von den alten Sidinern, die in dieser Gegend gewohnet und an diesem Orth ihre meiste Versamblung gehabt und einem gantzen Hertzogthumb, welches das erste ist in dem Fürstlich Pommerischen Titul, den Namen gegeben haben. Da noch die Wenden, nachdem sie die Gothische oder Suevische Sidiner zu ihrer Sprache und Sitten gezogen, diese Stadt bewohneten, hatte sie zwar eine andere Form und war noch vor 400 Jahren also gebauet, daß die S. Peters Kirche ihren mittelen Theil begriff und ein starck Fürstlich Schloß an dem Orthe stand, da jetzund die Stifft-Kirche S. Marien gebaut ist, also daß das Kirchspiel so zu S. Jakob gehöret, ausser der alten Stettinischen Burg und also ausser der Stadt gelegen war. Endlich kamen durch Beförderung der Fürsten Sächsische Völcker darzu, und legeten die Stadt in einen drey- oder fast viereckigem Grund, also daß S. Peters Kirche ausser der Ringmauren nebenst den Wycken und Lastadien blieb, in denen doch vorzeiten die Stadt meistentheils bestand. Doch sind folgende Zeit die gemeldte Wycken, deren eine die Oder, die andere die Unterwycke heisset und die grosse und Schiffbauer Lastadie ziemblich volckreich geblieben, ehe die jetzige Kriegsfluten so wol andere als auch diese Stadt in bekanntes Abnehmen gebracht.

Es lieget diese Stadt in einer sehr lustigen schönen Gegend, an einem etwas erhabnen Hügel, davon ein Theil der Oltböterberg heisset beym Fürstlichen Schloß, der ander der Rödenberg beym Passowischen Thor. An der Seite leuffet die Oder in vier Strömen, darunter man den, so grade die Stadt berühret und in den Damantzke fället, die Oder eigentlich heisset. Die andere werden genannt die Parnitz, die grosse und kleine Regelitz, und fallen alle in den Dammischen See. Ueber besagte vier Oderströme und dann über die Plöne vorm Damm müssen sechs Brücken gehalten werden, unter welchen die lange Brück 210 Nürnbergische Elln hält. Zwischen diesen Brücken ist ein Steindamm einer gantz grossen Meil wegs lang gemachet, auff dessen Mitten das Zollhauß geleget und wol befestiget ist.

Die Stadt hat Magdeburgisch Recht, wie ihnen das Barnimus I. im Jahr 1243 ertheilet hat. Doch ist drinnen noch ein anders Municipal-Recht vom Jahr 1464 im Schwange; so müssen alle politischen Händel fürm Rath geschlichtet werden, die Kauffhändel aber werden auff dem Seglerhausse (da man sonst Kurtzweil halber zusammen kompt) von acht Alterleuten deß Kauffmanns in der ersten Instantz erörtert. Sonst hat diese Stadt sehr herrliche Privilegia zu Wasser und zu Lande.

Man findet in der Ringmauren wolgebaute Kirchen, unter denen ist der Thurn zu S. Marien im Jahr 1261 von Barnimo I. und seiner Gemahlin Mechtilde erbauet und gestifftet. Demselben ist der Thurm zu S. Otten incorpiert und noch darzu das herrliche Kleinod deß Landes, das Fürstlich Paedagogium, Anno 1541 gestifftet. Die Schloßkirche ist eben die alte S. Otten Rirche von Barmino III. im Jahr 1347 erbauet und mit anderer Manier an der alten Stadt von Hertzog Johann Friederich an dem Schlosse außgeführet. S. Johannis Kirche hat Mechtildis, die Fürstin, im Jahr 1210 neben einem schönen Closter daran zugerichtet, welches den armen Bürgern, so darbey erhalten werden, viel gutes thut.

Was neben diesen Kirchen für andere herrliche Palatia und Gebäude in der Stadt gefunden werden, und insonderheit die kostbaren Wercke, die zur Defension der Stadt, theils von Alters her, theils nach der Ankunfft des Königs von Schweden mit unglaublichen Unkosten auffgeführet, sind besser zu beschauen als zu beschreiben. Insonderheit auch das Schloß, auf deme vor diesem die Landesfürsten gemeinlich Hoff gehalten, welches Herzog Johann Friederich herrlich ausgeführet; und an demselben die letzten Fürsten Philippus, Franciscus und Bogislaus noch immer mehr und mehr gebauet, biß es in diese Form gebracht, darinn man es anjetzo siehet.

Ausser der Stadt ist S. Peters Kirche, schon zu S. Ottonis Zeiten im Jahr 1124 gestifftet.

Zu obgedachter Kirche wäre aus der Pommerischen Kirchen-Historie einiges zu vermeldten, nämblich, daß Anno 1121 Hertzog Boleslaff aus Polen unversehens übers Eiß nach Stettin kommen und nicht allein die Bürger Tribut herzulangen gezwungen, sondern auch viel junger Leute, deren etlicher wol achttausend zehlen, mit sich genommen, die er tauffen und in sein Hand versetzen ließ, und verband die Stettinischen, daß sie ihme zusagen mussten, den Christlichen Glauben anzunehmen. Anno 1124 kompt Bischoff Otto von Bamberg über das Frische Haff nach Stettin, hat aber mit seiner Predigt in den ersten 2 Monaten nichts sonderlichen ausgerichtet, biß er endlich etliche Kinder mit sonderlichen Verehrungen an sich gezogen, sie im Christenthum unterrichtet und getauffet. Und da der Herzog von Polen durch seinen Gesandten den Stettinischen den aufferlegten Tribut erließ, wo sie sich zu Christo bekehren würden, ist die ganze Stadt dadurch willig gemacht worden und hat Bischoff Otto die Tauffe zu verrichten angefangen, die Heydnische Tempel verstöret, den dreyköpffichten güldenen Götzen, den sie vor einen Gott dreyer Völcker als der Stitiner, Pommern und Slaven hielten und Triglaff nenneten, zu einer Verehrung für den Papste zu sich genommen, ein neue Kirche mitten am Marckt in S. Adelberts Ehre wie auch die oben ermelte Kirche zu S. Peter aufgeleget und eine Schul für die Jugend angerichtet.

Die Stettinischen wurden desto eyfriger, das heydnische Wesen abzuschaffen, weil sie sahen, daß Ratibor, ein Heyden-Pfaffe, der wider Bischoff Otten hefftig geredet hatte, deß Nachts todt gefunden ward. Aber bald nach deß Bischoffs Abschied, da eine sterbende Seuch einriß, vermeyneten die zu Stettin, solche Straf wäre wegen der neuangekommenen Lehre über sie verhänget, und brachen deßwegen S. Adelberts Kirche biß ans Chor nieder und bauten dem Abgott Triglaff eine Capelle dabey, vermeynend, man müsste den einen Gott so ehren, daß man deß andern nit vergesse. Wobey auch diß sich begab, welches hernach für ein Wundwerck geacht worden, daß, da einer die Axt ergriff, auch das Chor in S. Adelberti Kirche niederzuhauen, weil es nur auff einer höltzern Seule stand, ihme alsfort die Hand erstaunet und erstarret ist und er seinem bösen Vornehmen hat abstehen müssen.

Anno 1128 kompt Bischoff Otto zum andern mal in Pommern, zu welchem die Stettiner auff den angestelten Landtag zu Usedom ihre Gesandten geschickt, ihren Abfall bekant und Absolution vom Bischoff erhalten. Er kam folgends selbsten wieder auff Stettin und hat sich daselbst deß Triglaffs neulich erbauete Capelle in Grund brechen lassen. Ist aber als er einen Nußbaum, dabey die Leut viel Abgötterey trieben, umbzuhauen Befehl gab, in grosse Lebensgefahr gerathen. Folgends nahm die Christliche Religion je länger je mehr zu.


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