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Es liegt diese Hauptstadt der Untern-Pfaltz im Craichgow und also noch in Schwaben, und theilt der Neckar alllhie Francken und Schwaben, also daß Schwaben dißseits und Francken jenseits des Neckars und der Brücken, nemlich zur Rechten lieget.
Theils führen den Namen her von den Heyden, theils von den Bergen, womit diese Stadt umgeben, theils anderswoher; die meisten aber von den Heidelbeeren, so allda auf dem Geißberg und hinter dem Schloß in grossen Mengen wachsen. Und ist von den Alten allhier erzehlt worden, daß sie auf dem Stadt-Rathhauß allda, in der Stadt alten Fahnen, ein Wasser-Jungfräulein auf einem Heidelbeerberg stehend, gesehen.
Es ist diese Stadt ihrer Gegend von frischer gesunder Lufft, so durch das Berg- und Neckerthal durchwehet und davon gereinigt wird. An beiderseits Gebürgen hat es Weinwachs. Gegen Abend und Mittag Getraid, gegen Morgen und Nord im Odenwald Holtz und Schnabelweid, gegen Mittag im Craichgow Fische im Neckerstrom und Vieh in derselben Gegend.
Es hat allerley lustige Spatziergänge und gegen Abend eine Ebene. Sonsten ist sie aber wie gemeldt mit zimlichen Bergen und Wäldern gleichsam umringet. Die Stadt selbsten ist den Römern und Francken nicht, aber wol der Berg, Castell, Warten ec. darauff bekannt gewesen, und kann man nicht wissen, wer Heydelberg erbauet habe. Doch findet man, daß Kaysers Friderici I. Bruder Cunradus, so von ihme die Pfaltz bekommen und Anno 1192 gestorben und im Closter Schönau, eine Meil von Heydelberg begraben worden ist, zu Heydelberg gewohnt hat. Im Jahre 1225 hat Hertzog Ludwig in Bayern, Pfaltzgraf Otten von Wittelsbach Sohn, von dem Kayser Friederichen die Pfaltz am Rhein erlangt, das Castell und Städtlein Heydelberg und die Graffschaft Stalbühel zu Lehen empfangen. Im Jahre 1392 hat Pfaltzgraf Ruprecht der Aeltere die Stadt Heydelberg erweitert und das nechst dabey gelegene Dorfs Bergheim, so schon um Kayser Karl des Grossen Zeiten gestanden, jetzt aber davon nichts dann eine Mühl übrig, dazu genommen.
Es seynd allhie zu sehen 1. das Augustiner Closter, so schon gestanden, da entweder Heydelberg nur ein Fischers Dorff oder doch sonsten ein geringer Flecken war, und ist zu der H. Jungfrau in der Wüsten genandt worden. 2. Der Minoriten oder Franciscaner, so erstlich außer der Stadtmauer, bey dem Oberthor gestanden, hernach von Churfürsts Friderici I. des Siegreichen Mutter, einer Hertzogin von Savoja, in die Stadt versetzt worden, darin Churfürst Friedrich ruhet. 3. Der Domicaner oder Prediger, in der Vorstadt, so von jetzt gemeldter Hertzogin aus Savoja, Frau Mechthild ums Jahr ungefehr 1450 gestifftet und begabet. 4. Das Stifft zu Ehren des H. Geistes auf dem Marckt, so Kayser Rupertus, damals noch Pfaltzgraf, gestifftet, darinn er auch mit vielen andern Chur- und Fürstlichen Personen im Chor begraben liget.
Und ist allda sonderlich Churfürst Otto Heinrichs Monument, von weissem und schwartzem Marmor und Alabastrinen Bildern zu betrachten, daran das Wahrzeichen zwo Hände, einander bey den Haaren haltende. Und allhie in dem obern Theil dieser Kirchen ist die durch gantz Europa berühmte Bibliothec gewesen, von welcher Trithemius, gewesenen Abtes daselbsten, meldet: daß in gantz Teutschland keine solche Bibliothec seye, in welcher so viel seltsame und gar alte Bücher, von allerhand Wissenschafften, auch unterschiedlicher Sprachen, als der Hebräischen, Griechischen, Lateinischen, Caldäischen, Arabischen, Indianischen, Frantzösischen, Böhmischen und andern, so wol getruckten als auf Pergament geschriebenen zu finden.
D. Joh. Schmidt schreibet in seiner dritten Predigt, Anno 1640 zu Straßburg, von der Heydelberger Liberey also: »Die Mutter aller Bibliothecen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Landen und Königreichen, so zu Heydelberg im obern Theil der Kirchen zum H. Geist gestanden, ist theils geraubt, theils sonst verderbet worden. Ein Schatz, so nicht zu schätzen. Ein Schatz, welchen das Röm. Reich nicht mehr zuwegen bringen wird. Allein die Manuscripta oder geschriebene Bücher hat man so 80 000 Cronen werth erachtet. Summa sie hat mit Ehr den Namen geführt: Optimus Germaniae Literatae Thesaurius. Diese Mutter-Bibliothec ist hin; die theuren Manuscripta guten theils zerrissen und verderbt, auch wie man bericht, den Pferden in Ställen untergestreuet, daß also davon in Ewigkeit nichts mehr zu hoffen, worüber viel gelehrte Leute noch diesen Tag lamentieren. Ist eine unfehlbare Anzeigung großen Zornes Gottes gewesen, welchen der Mißbrauch solches Schatzes, wo er auch gesteckt oder wie er mag vergangen seyn, verursacht.«
Nach den Kirchen seynd die Collegia der Hohen Schul allhie zu sehen, so aber finstere Les-Stuben haben und alt seyn und hat alleyn das Collegium Casimirianum etwas Ansehens.
Wann aber besagte hohe Schul gestifftet worden, sind die Skribenten nicht einer Meynung, indem theils solche Fundation ins Jahr 1387 setzen, theils sagen, daß der Anfang 40 Jahr zuvor gemacht worden. Der Stiffter Churfürst Pfaltzgraf Ruprecht hat sie nach der Pariserischen regulirt und ist der erste Rector und Professor Marsilius von Ingen, ein vornehmer Theol. und Philosophus von Paris berufen gewesen, den theils für einen Engelländer, theils Italiäner, theils für einen Teutschen halten, so allhie den 15. Aug. An. 1394 gestorben. Und haben hernach viel vornehme Leute allhie gelehret.
Anno 1394 hat Pfaltzgraf Ruprecht Churfürst, des vorigen Ruperti Vetter und Bruders Sohn, die Juden zu Heydelberg ausgetrieben und ihre 11 Häuser der Universität eigenthümlich geschenkt, wie auch 5 Gärten.
Bey seines Sohns, Churfürst Ludwigs des Bartigen Regierung ist ein solcher Lärm zwischen den Hoffbursch, denen auch die Burger beygestanden, und den Studenten entstanden, daß diese unter die Dächer und in die Winckel sich haben verkriechen müssen; so aber durch den Churfürsten gestillt worden. Item wegen der Frag, ob die H. Jungfrau Maria in Sünden oder ohne Sünden empfangen worden, item zwischen den Realisten und Nominalisten hatte die Schul auch Anstöß und gab es Schlägereyen und blutige Köpff. Anno 1587 war großer Lärm zwischen den Burgern und Studenten allhier der Privilegien halber, so man den Studenten-Krieg genannt, und ist die Universität etwas zerstöbert worden, hat auch sonsten mehrere Anstöß als letztlich im Böhmischen Krieg gehabt.
Von weltlichen Gebäuen ist allhie insonderheit das Schloß zu sehen, das Churfürst Ludwig der Sechste vor hundert und etliche Jahren angefangen zu bauen, ein herrlich vestes Gebäu, zimlich hoch von der Stadt gelegen, und dahero das Aussehen in dieselbe und auf das umliegend Land, sonderlich gegen Speyer wärts desto schöner und anmuthiger ist. Gedachter Pfalzgraf hat auch damals den grossen, runden, dicken Thurn gebaut, so noch allda ein Zierd, und nach dem Thurn zu Bourges in Franckreich kein grösserer gefunden werden solle. Fast vierzig Jahr nach ermeldten Pfalzgrafen hat Pfalzgraf Otto Heinrich mitten im Schloß gegen Auffgang der Sonnen einen Königlichen Pallast mit stattlich ausgehauenen steinern Bildern, grossen lustigen Sälen und sehr füglich ineinander gerichten Gemachen erbauet, deren aber das Obertheil folgender Zeit und neulich verbronnen. Wiederum vierzig Jahr hernach, hat Churfürst Friedrich der Vierdte gegen Mitternacht einen neuen stattlichen Bau mit desgleichen künstlich ausgehauenen steinern Bildern von Grund auf von Stein gesetzt, darunter auch das grosse Faß, so bey einhundertdreyssig und drey Fuder Weins hält, in einem sonderlichen Gewölb verwahret wird.
Das Zeughauß und der Marstall seynd auch zu sehen, wie auch die Canzley ausserhalb des Schlosses. Ueber den Necker gehet ein künstliche Brücke, deren Wahrzeichen ist gewesen, und vielleicht noch, ein alter Aff, von welchem diese Reimen gemacht worden:
Was thustu mich hie angaffen?
Hastu nicht gesehen den alten Affen
Zu Heydelberg, siech dich hin und her,
Da findestu wol meines gleichen mehr.