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Es liegt die weitberühmte deß Heiligen Römischen Reichs Stadt Nürnberg im Fränckischen Creiß an der Pegnitz, so bey Fürth in die Regnitz und diese förters in den Mayn fallet, auff einem sandigten gar harten Boden, da weder Weinwachs noch Schiffarth ist, die auch nicht eben, sondern auf etlichen Berglein erbauet, deren Hand jedoch durch alle Land gehet. Woher aber ihr Name kommt und wer sie erbauet, davon seynd unterschiedliche Meynungen.
Theils vermeynen, daß sie vorzeiten Nahrungsberg, andere, daß sie Nerckelsberg geheissen; theils nennens Nur-ein-Berg, andere wollen Drusum Neronem, Kaysers Tiberii Brudern zu ihrem Urheber machen, dahero der Name Nero-Berg und Nero-Werck entsprungen seye. Andere aber verwerffen diese Meynung: dann es haben vorzeiten diese Gegend die Schwäbische Hermunduri bewohnet, deren Nachbarn die Norici in der obern Pfaltz gewesen. Die Norici aber haben nachmals und zwar lang nach Christi Geburt, als die Hunni einen Theil Oesterreich, Speyer, Kärnten, das Saltzburgische Bisthumb und angräntzende Länder verwüstet, wegen mehrer Sicherheit in dieser Gegend, allda sich auch theils der Bojen oder Bayern vorhero niedergelassen hatten, begeben und wegen Bequemlichkeit der zweyen Wasser Pegnitz und Regnitz ihre Hämmer und Schmiden (auff welche Kunst sie sich sonderlich verstanden) daherumb auffgerichtet, und ferner zu ihrer Sicherheit auff den Berg, auf welchem noch heutiges Tags das Schloß stehet, anfangs ein schlechtes Castell aufgeführet, dahin folgende ein Flecken und also fortan eine Stadt erbauet worden, welches Castell, so in den alten Brieffen Castrum Noricum genennet wird, unter dem Fränckischen Gebiet gewesen und allbereit zu den Zeiten Kayser Carols deß Grossen gestanden ist.
Dahero ist man auch wegen der Zeit deß ersten Anfangs, wann Nürnberg erbauet worden, ungleicher Meynung, indem etliche wollen, es seye zur Zeit nicht Neronis, sondern Attilae geschehen, umb welche Zeit auch die Stadt Venedig seye erbauet worden, und also, sagen sie, habe Nürnberg den Namen von den Noricis, nicht von den Neronibus, die weder hieher noch in Thüringen jemals kommen seyn sollen.
Den rechten Außschlag lassen wir dißmahln dahin gestellt seyn und halten es mit denen, welche Nürnberg von Nordgau quasi Nordenberg oder Nörnberg derwiren, und kann dannoch der Thurn auff der Vesten von Tiberio Nerone den Namen haben; davon ein mehrers zu anderer Zeit.
Umb das Jahr Christi 912, haben die deutsche Kayser, dieweilen es umb selbige Gegend der Stadt sehr unsicher worden, eine Besatzung ins Schloß gelegt und den Inwohnern gewisse Gesetz fürgeschrieben. Insonderheit Kayser Conrad der Erste, welcher die Stadt alten verständigen Männern ehrliches Herkommens zu regiren und die Wälder von der Rauberey sauber zu halten befohlen, welche zu solchem Ende etliche Söldner angenommen und unterhalten, so täglichen die Wälder und Strassen durchstreifften und wann sie schädliche Leuth anträfen, dieselbe in die Stadt führen sollen. Inmassen bey der Stadt Nürnberg noch heutiges Tags gebräuchlich.
Umb berührter Ursachen willen, daß die Stadt Nürnberg der Rauberey mächtig gewehret, haben sich zu erwehnter Zeit auch viel Adeliche dapffere Geschlecht dahin gethan, durch welche die Stadt hernacher jederzeit in guter Policey und Ordnung erhalten worden.
Zu den Kayser Carol deß Vierdten umbs Jahr Christi 1350 ist Nürnberg gewaltig erweitert, mit neuen Mauren umbgeben und folgends, wie jetzt zu sehen, mit doppelten starcken Mauren, weiten und tieffen Gräben, mächtigen Thürnen, stattlichen Brustwehren, Pasteyen und dergleichen bevestiget worden. Deren Thürnen sollen groß und klein 365 und zwar 183 grosse von Quatersteinen seyn. Sie hat 6 grosse starcke wolverwahrte Thor, als das Laufferthor, Thiergartnerthor, Neuethor, Schloßthor, Frauenthor, Spitlerthor, und zwo Pforten, als das Hallerthürlein und Wörtherthürlein.
Es werden in dieser Stadt 528 Gassen und Gäßlein, 4 Schlagklocken und 4 kleine Uhren, elff steinerne Brücken und Steg, 7 höltzern Brücken und Steg, 12 Berg, zehn Märckt oder Plätz, da man allerhand feyl hat, auf die 116 Schöpfbrunnen, 12 Röhrkästen (ausser was für Wasser in der Burger Häusern ist) und 13 gemeine oder offene Bäder, darunter eine Gesundbad ist, gezehlet.
Das obgedachte Wasser, die Pegnitz, so durch die Stadt rinnet, treibet 68 Mühlräder, ohne was sie bey den Schleiff-, Pallier-, Säg-, Rothschmied-, Papier-, Drexelmühlen, den Drotziehern, allerley Hämmern in und ausser der Stadt vor einen Nutzen schaffet, und dabey auch Insulen, lustige Bleichen, Spatzier- und ehrliche Spielplätz machet.
Die Stadt ist nicht gantz rund, sondern, wie man will, mit Fleiß eckicht erbauet worden, daß sie desto schwerer zu gewinnen. Es ist eine grosse Menge Volcks zu Nürnberg, wiewoln dessen vor dem jetzigen Krieg und dem Sterben, so in den neulichsten Jahren, als Anno 1632 und 1643 allda grassirt hat, ein mehrers gewesen. Man schreibet, daß entweder Kayser Friedrich der Vierdte oder Kayser Ferdinand der Erste oder sie alle beyde (dann ein Ding wol von mehrern geschehen kann), einen Rathsherrn, Herrn Antonium Tucher, solle gefragt haben, welcher Gestalt sie eine so grosse Meng Volcks regieren könnten? Darauff der Rathsherr geantwortet: Mit guten Worten und schweren Strafen.
Es ist des Volcks ein grosser Theil künstlicher Arbeiter in allerley Sachen und hat sich fast jederman allda, als die Handthierungen noch starck zu Friedenszeiten gangen seynd, wol ernehren können, und läßt man die Leute nicht müssig gehen, ist auch gute Vorsehung, daß kein grosses Zusammenlauffen, außgenommen in den Kirchen, bey Begräbnussen und zu gewisser Zeit erlaubten Kurtzweilen, geschehe oder auch grosse Panqueten und Gastereyen, ausser den Hochzeit-Mahlzeiten angestellt werden.
Es wird auch dem gemeinen Volck, so von Natur eines frölichen Gemüts, allerley Freudenspiel und Kurtzweil zu gebührenden Zeiten nicht verwehret, wie dann auch ausser der Stadt ein schöner lustiger Spielplatz, die Haller-Wiesen genannt, darauff lustige Bäume und Brunnen stehen. Allein muß solches Kurtzweilen mit Maß geschehen.
Die Kauffleuthe, welche seit deß 1300. Jahrs, da sie erstlich in frembde Länder zu handlen angefangen, haben daselbsten zu Friedens-Zeiten vor diesem sehr zugenommen, und ist derselben Bancho nach dem Venedischen gerichtet. Die Nürnbergische Waaren werden nicht allein durch gantz Europam, sondern gar in beyde Indien geführet.
Es ist auch diese Stadt mit herrlichen Freyheiten versehen, sonderlich soll ein jeder Römischer Kayser seinen ersten Reichstag darinnen halten. Daselbst ist auch von Kayser Carolo IV. Anno 1356 die Güldene Bull gemacht worden, in einem Hauß auf dem Ponersberg, so noch heutige Tags zum güldenen Schild genennet wird.
Die Stadt hat auch deß Heil. Röm. Reichs Kleynodien in Verwahrung, so sie zur Kayserlichen Crönung zu schicken pflegt, als da seynd die Königliche Cron, Kaysers Caroli Magni Dalmatischer Rock, Choralkappen, der Mantel oder Kayserliche Wappenrock und anders, so darzu gehöret, item den Reichsapffel, deß Kaysers Caroli Magni Schwerdt und den güldenen Scepter. Darbey hat sie auch die weitberühmbte Reliqien, nemblich ein Stück vom Creutz Christi, das Eisen vom Speer, damit deß Herrn Seiten geöffnet worden, und andere, die aber ausser gar hohen Standts-Personen nicht leichtlich gewiesen werden.
Ferners seynd in Nürnberg viel schöne und vornehme Sachen zu sehen, und zwar von Kirchen: S. Sebald, als die älteste in dieser Stadt, so anfangs zu S. Peter geheissen und erbauet worden, nachdem diese Stadt den christlichen Glauben angenommen umb das Jahr Christi 740; S. Laurentzen, erbauet, als man die Stadt nach ihrer Zerstörung erweitert hat. Hieß vorzeiten zum Heiligen Grab. In dem Chor dieser Kirchen ist ein künstlich und zierlich Werck von zartem Stein Anno 1496 gemacht: der Werckmeister, Adam Krafft genant, hat sich sampt zweyen Gesellen dabey conterfaytet, wie sie darunter von Stein kniend noch heutiges Tags zu sehen.
Anlangend die Weltliche Gebäu, so daselbsten zu sehen, so ist zuforderst das Schloß oder die Kayserliche Vesten, auff welcher vorzeiten der Kayserliche Landvogt oder Reichs-Amptmann gewohnet hat. Gegen dieser Vesten an dem Berg herauff hat es beyderseits wie auch sonsten viel schöne Häuser.
Fürs andere ist unter den Weltlichen Gebäuen noch insonderheit zu sehen das Rathhauß, von Quaterstücken herrlich gebauet, darinnen viel schöne Sachen und von künstlichen Meistern schöne unzahlbare Abbildungen, Tapezereyen und künstliche Figurwerck, unter denen deß sinnreichen Mahlers Albrecht Dürern, weyland Burgern allda, so Anno 1528 gestorben, nicht das geringste anzuschauen ist, nemlich auf einem Stück die menschliche Form Grösse und Gestalt unserer ersten Eltern, Adams und Evae, darüber ein verständiger Anschauer schier verstürtzt da stehet und fast nicht weiß, ob er stehen bleiben oder hinweg gehen soll.
Ferners noch viele ansehentliche Gebäuen, als das Zeughauß, die Kornhäuser, das neue Theatrum auff der Schütt (so eine Insul), die Fleischbrucken, insonderlich berühmbt, weil sie von einem einzigen sehr flachen Schwibbogen über den Pegnitz-Fluß geführet worden, das wolerbaute Tuch- und Fleischhauß, der schöne Brunn auff dem Herrn-Marckt ec., zu denen noch viel zu sagen, wenn nicht diese unsere Beschreibung diß Orts zu weitläufftig seyn würde.
Wolermeldte Stadt Nürnberg hat jederzeit die gelehrte Leuth und gute Künsten in Ehren gehalten, gegen dieselbe sich freygebig erzeigt und sie befördert. Was für sonderbaren Ruhm die Stadt dardurch erlangt, zu gedencken, so lobt Lutherus die Stadt Nürnberg, an Lazarum Spengler, Sindicum zu Nürnberg, Anno 1530 geschrieben, und bezeuget, daß sie, die Stadt in gantz Teutschland leuchte wie eine Sonne unter Mond und Sternen.