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Ich werde Advokat.
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Ich beobachtete die Miene des Agenten, dem ich ansah, daß er jetzt hinsichtlich des Mißverständnisses beruhigt war; wenigstens gab er seine Zurückhaltung auf, und da ich nicht weiter nach Sir Henry fragte, so ließ er sich in eine lange Unterredung mit mir ein. Ich lenkte das Gespräch auf die De Benyons, über welche ich alle möglichen Fragen an ihn stellte. Er unterrichtete mich, der verstorbene Graf, der Vater des gegenwärtigen, habe mehrere Söhne gehabt, einige davon seien verheiratet, und es sei eine ausgebreitete Familie. Er schien jeden von ihnen, die Beschäftigung, zu welcher er erzogen worden, und seine Laufbahn in der Welt, zu kennen. Ich merkte mir seine Mitteilungen getreulich: sobald ich eine Gelegenheit dazu hatte, schrieb ich sie sogar auf. Bei unserer Ankunft in Holyhead war das Wetter sehr ungestüm, und das Postschiff wollte eben abgehen. M'Dermott erklärte seine Absicht, sogleich hinüberzufahren; Herr Kophagus aber und der Professor lehnten es ab, und ich, so sehr ich auch wünschte, rasch vorwärts zu kommen, trat, da ich nicht länger in der Gesellschaft des Agenten sein wollte, auf ihre Seite. Mr. M'Dermott verlangte ein Glas Branntwein und Wasser, trank hastig und begab sich dann, gefolgt von dem Lastträger und seinem Gepäcke, an den Strand.
Sobald er fort war, brach ich in ein lautes Gelächter aus: »Aber Mr. Kophagus, gestehen Sie mir, daß es möglich ist, einen Menschen aus allen seinen Sinnen hinaus zu schwatzen. Sie erkannten mich, Sie hatten das vollkommenste Recht, darauf zu bestehen, daß ich Japhet sei, und dennoch überredete ich Sie zuletzt, Sie befinden sich im Irrtum. Jetzt will ich Ihnen erklären, warum ich das gethan habe.«
»Alles richtig« – sagte der Apotheker meine dargebotene Hand ergreifend – »dachte mir's ja – kein Mißverständnis – artiger Bursche – das sind Sie – Japhet Newland – mein Lehrling und so.«
»Ja, Sir«, erwiderte ich lachend, »ich bin Japhet Newland.« Bei diesen Worten hörte ich ein Geräusch und kehrte mich um; da erblickte ich M'Dermott, welcher soeben eingetreten war, um einen vergessenen Schirm zu holen. Er sah mich an, blickte dann auf Herrn Kophagus, der noch immer meine Hand in der seinigen hielt, drehte sich schweigend um, und ging hinaus. – »Das ist ein unglücklicher Zufall«, sagte ich; »ich wollte mich Ihnen nicht zu erkennen geben, weil ich gerade jenen Menschen zu täuschen beabsichtigte, und nun habe ich mich ihm ins Gesicht verraten; aber die Sache ist nicht zu ändern.«
Ich setzte mich zu meinem alten Lehrherrn nieder, um ihm, da ich wußte, daß ich ihm vollkommen vertrauen konnte, meine bisherigen Begebenheiten und mein jetziges Vorhaben mitzuteilen.
»Sehe schon, Japhet, sehe schon – ungeschickt gewesen – thut mir leid – kann nicht helfen – will thun, was ich kann – mmh – was ist zu machen? – bin Ihr Freund – immer gern gehabt – helfen so gut ich kann und so.«
»Aber was würden Sie mir raten, Sir?«
»Raten – schlimm wie Purganz – nimmt's niemand ein – Irland – Wildnis – kein Gesetz – lieber zurückgehen – mir überlassen – ausfindig machen und so.«
Diesen Rat konnte ich nun freilich nicht befolgen. Wir besprachen den Gegenstand noch einige Zeit und wurden dann einig zusammen zu reisen. Herr Kophagus hatte sich, wie er mir erzählte, mit einem recht hübschen Vermögen auf das Land, zehn Meilen von der Hauptstadt, zurückgezogen. Jetzt war er auf dem Wege nach Dublin, wo er der Beerdigung einer unverheirateten Tante beiwohnen mußte, die ihn zum Vollstrecker und einzigen Erben eines Vermögens, von welchem er übrigens nichts Näheres wußte, eingesetzt hatte. Er war noch immer Junggeselle und machte sich das Vergnügen, den armen Leuten in dem Dorfe, wo er wohnte, Rezepte und Arzneien unentgeltlich zu erteilen, da kein Apotheker sich in jener Gegend niedergelassen hatte. Das Landleben gefiel ihm sehr. Nur eines hatte er daran auszusetzen: das Vieh. Er hatte den tollen Stier noch nicht vergessen. – Es war sehr spät, als wir zur Ruhe gingen. Am andern Morgen war die Witterung milder geworden. Wir schifften uns nach Ankunft des Postwagens ein und hatten eine glückliche Überfahrt.
In Dublin richtete ich meine Schritte nach dem F...t-Hotel, als dem geeignetsten Orte, um mich nach Mr. De Benyon zu erkundigen. Herr Kophagus stieg ebendaselbst ab, und wir beschlossen, einen gemeinschaftlichen Salon zu nehmen.
»Kellner«, sagte ich, »kennt Ihr einen Mr. De Benyon?«
»Ja, Sir«, erwiderte er: »einer von den De Benyons wohnt gegenwärtig in unserm Hotel.«
»Ist er verheiratet?«
»Ja, und hat eine große Familie.«
»Wie ist sein Taufname?«
»Das kann ich Ihnen wahrhaftig nicht sagen, Sir, aber morgen früh sollen Sie es erfahren.«
»Wann reist er ab?«
»Morgen, wie ich glaube.«
»Wißt Ihr, wohin?«
»Ja, Sir, auf seinen Landsitz.«
Der Kellner verließ das Zimmer. »Nicht gut angekommen, Japhet«, sagte Kophagus: »große Familie – braucht keinen Zuwachs – harte Zeiten und so.«
»Nein, es trifft nicht ganz zu«, erwiderte ich, »aber vielleicht kann ich durch ihn etwas in Erfahrung bringen.«
»Geht nicht, Japhet – anders angreifen – große Familie – müssen ihre Oheime beerben – mmh – nichts merken lassen – gute Nacht.«
Diese Worte brachten mich auf einen Gedanken, welchen ich gleich am andern Morgen ausführte. Ich sandte meine Karte an Herrn De Benyon und ließ um die Ehre einer Unterredung bitten mit dem Beifügen, ich sei in wichtigen Geschäften nach Irland gekommen, da ich aber meine Rückkehr wo möglich auf einen Termin richten müsse, so wünschte ich Zeit und Mühe zu ersparen. Der Kellner richtete den Auftrag aus. »Termin?« sagte Herr De Benyon: »ohne Zweifel ein Rechtsgelehrter. Führt ihn herein.«
Ich trat mit einer Geschäftsmiene ins Zimmer: »Mr. De Benyon vermutlich?«
»Ja, Sir, wollen Sie die Güte haben, sich einen Stuhl zu nehmen?«
Ich setzte mich und zog meine Brieftasche hervor. »Der Grund, warum ich Sie störe, Mr. Benyon«, sagte ich, »ist der, einige Einzelheiten inbetreff Ihrer Familie zu erfahren, die uns in England nicht so leicht zugänglich sind. Es handelt sich nämlich um ein Gut, auf welches eine Linie der De Benyons vielleicht Ansprüche haben könnte; aber es läßt sich nichts entscheiden, ehe wir nicht ein wenig in den Stammbaum geblickt haben.«
»Ist das Gut groß?« fragte Herr De Benyon.
»Nicht sonderlich«, erwiderte ich, »aber bei alledem ein recht hübsches Gut, hab' ich mir sagen lassen.« – Der Leser wird bereits gemerkt haben, was ich unter diesem Gute verstand, nämlich mein eigenes liebenswürdiges Ich. »Darf ich Ihnen einige Fragen über den gegenwärtigen Grafen und seine Brüder vorlegen?« fuhr ich fort.
»Gewiß,« versetzte Herr De Benyon: »was ich weiß, will ich Ihnen mit Vergnügen sagen. Der Graf hat vier Brüder: der älteste heißt Moritz.«
»Ist er verheiratet?«
»Ja, und hat zwei Kinder. Dann William.«
»Nein, und war es auch nie; er ist General in der Armee. Der dritte bin ich, Henry.«
»Sie sind verheiratet, Sir, wie ich glaube?«
»Ja, und sehr mit Kindern gesegnet.«
»Darf ich Sie bitten, fortzufahren, Sir?«
»Arthur heißt der vierte Bruder; er ist noch nicht lange verheiratet und hat zwei Kinder.«
»Ich bin Ihnen sehr verpflichtet, Sir. Es ist eine seltsame, verwickelte Angelegenheit; da ich nun einmal hier bin, so könnte ich Sie noch etwas fragen, obgleich das keine große Bedeutung hat. Der Graf ist verheiratet, wie das Pairsbuch besagt, aber es steht nichts von den Kindern darin.«
»Im Gegenteil, er hat deren zwei und darf noch Zuwachs erwarten. Dürfte ich Sie wohl um nähere Aufschlüsse hinsichtlich dieses Gutes bitten?«
»Ganz genaue Aufschlüsse kann ich Ihnen nicht geben, Sir, da ich selbst nicht gründlich mit der Sache bekannt bin, aber das fragliche Gut hängt, däucht mir, eigentlich an einem Namen. Darf ich mir die Freiheit nehmen, Sie um die Namen aller Ihrer Kinder zu bitten?«
Herr de Benyon nannte sie mir der Reihe nach, und ich schrieb sie mit großem Ernst nieder. »Darüber,« fuhr ich fort, »kann kein Zweifel obwalten, daß Ihr zweiter Bruder nicht verheiratet ist. Ich glaube, wir sollten ein Certifikat haben. Wissen Sie seine Adresse?«
»Er ist mehrere Jahre in Ostindien gewesen. Vor einiger Zeit kehrte er auf Urlaub nach Hause und ist jetzt wieder nach Kalkutta abgesegelt.«
»Das ist recht unangenehm; wir müssen einen Brief durch die indische Kanzlei dorthin befördern. Wollen Sie, da es möglicherweise von Nutzen sein könnte, mich auch mit Ihrer Adresse beehren?«
Herr de Benyon gab sie mir. Ich stand auf, versprach ihm, sobald als möglich nähere Mitteilung zu geben, verbeugte mich und ging ab. Für einen, der seine nüchternen Sinne besaß, war mit diesen Antworten nicht viel gewonnen; ich aber fand es ganz einleuchtend, daß man den General befragen müsse, und war schon halb entschlossen, nach Kalkutta zu fahren.
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