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Zum zweiten Male rauschte der Vorhang nieder. Raubgierig stürzte sich das Orchester auf die Beute der Leidenschaft, in tragischem Epiloge heulte es die Motive der zarten und der wilden Liebe Manon Lescaut und ihren Figuranten nach. Dann wurde es hell, Salven brachen durch die Erstarrung, man drängte von den Plätzen, aus den Logen, wie um nur rascher diese brausenden Tränke kühner Passionen in die Limonade des Büfettes aufzulösen.
Prinz Eduard stand an der Logentür, still schien er unter sich in den brodelnden Abgrund zu blicken, in dem die Menschen wogten, doch sah er sie kaum: gestaltlos brandeten Töne des Abenteuers durch sein Herz, wilder, als er sie eben in Pariser Formung vernommen, die Phantasmagorie von Freiheit und Schicksal, die immer in ihm auf und nieder stieg, wechselnd gegen die Ebbe seiner Gewohnheiten. Musik war ihm seit Knabentagen Aufruf in hellere Welt, und wenn vor ihm das Abenteuer lebendig wurde, schwieg sogar die Kritik dieses zarten Ohres, als ein willig naiver Zuschauer saß er vor dem Vorhang. Eine altkluge Mädchenstimme weckte ihn:
»Warum opfert diese Manon den Dichter, wenn sie ihn doch liebt, und läßt ihn vom Offizier verhaften?« Die Stimme schlängelte sich an dem langen Vetter hinauf, mit lautem Fragezeichen endend; denn da er immer närrische Antworten gab, mußte er wohl viel wissen und noch mehr verschweigen.
Eduard, aus der Sphäre seiner Seele in die seiner Familie gezogen, ergab sich stets mit einer sachten Bosheit und ging von dieser einen in jene andere Lebensform wie durch eine Klapptür, so daß auf beiden Seiten Wind entstand. Er sah das hilflos neugierige Wesen vor sich, das ihn für ihresgleichen halten durfte, wippte ganz wenig auf den Lackschuhen und schnarrte in seinem Paradetone:
»Offizier neben Dichter, cara Matilda! denk' dir nur, der Mann, der diesen Trauerscherz hier ausgedacht hat, wäre dein Schwarm, aber dann käme Herbert herein, in Full-dress, Totenkopf am Tschako, fabelhafte Stiefeletten: wohin schlägt dann dein Herzchen?«
– Muß das sein? dachte er mit den Blicken schweifend und setzte das Glas bald wieder ab. Galt man dazu als Sonderling der Familie, daß man jede Woche einen Abend die Naivitäten der Cousine … Viel radikaler sollte man werden …
Seit Prinz Eduard, nach einigen Jahren bei fernen Gesandtschaften, Berlin wieder besuchte, war ihm die Weltstadt enger erschienen als draußen der kleine Kreis intriganter Diplomaten, die doch wenigstens etwas vom europäischen Abenteuer schlucken konnten. Wie stark ihn heut abend Manon an diese balkanische Welt mahnte, die er vor kurzem verlassen! Was für Dinge waren dort noch möglich, was vermochten da unten die Frauen! Noch alte Zeit war dort mit Raffinements und Kühnheiten, die sich gar west-östlich durch diese zerbröckelnde Welt schwangen.
»Du glaubst also, sie bleibt nun bei ihrem Offizier,« bohrte wieder die Mädchenstimme.
»Après minuit,« schnarrte Eduard, und da sie sich beleidigt abwandte, dachte er: – Werde dir diese selbstgerechten Sottisen schon abgewöhnen. Errötet bis unter die uninteressanten Dessous und schnappt nach Luft. Und das wird dann unser Züchtungsmaterial. Hättet ihr lieber lasterhafte Träume, ihr jungen Kühe! Ah, warum hat sich so eine anarchische Seele wie meine in die Wochenstube eines Schlosses verirrt!
Die Komtesse hatte Bekannte entdeckt, sie nickte und machte Zeichen, sie nötigte auch Eduard, sich zu verbeugen und war glücklich. – Sich wiederfinden, immer wieder sich: das ist die Absicht, dachte er und spitzte die Lippen, wie um seinen Spott unhörbar wegzupfeifen. Manon dagegen – solche Frauen, die vor dem Wagen der Freiheit sich tummelten wie jene Sais, die man in Ägypten den vornehmen Equipagen vorauslaufen sah … Wie sie sich immer schenken wollen, immer weg von sich, taumlig, zuchtlos, hingerissen, diese Rothäute des Gefühls! Blicke der Freiheit, aus Strahlenaugen geworfen – wo man solche Blicke außer der Bühne noch erlebt! – Die Eine, ja, an jenem Morgen: jetzt tränenschwer nach der Todesbotschaft, wie keiner von uns es an Staatsleichen aufbringt – und nach zehn Minuten lebensvoll, einzig auf Rettung gerichtet, auf Flucht … Dann verschwand ihr braunes Segel im Bosporus und schien immer röter zu werden wie die Feuerlilie …
Ein Ton zerschrillte ihm die schwankende Erinnerung an ein Erlebnis, eigensinnig warf sich die Bühnenglocke auf den Raum, lang und bleich wie ein Flächenblitz, man kam und saß und rückte: alles bereitete sich, als ob man nun erst recht aktiv werden müßte. Eduard trat hinter den Stuhl, um dann zum Zuhören in seine Ecke zu fliehen, hüftenlos stand der lange junge Mann in seinem Frack, kaum an den Stuhl gelehnt, und hielt aufs neue das Glas vor die Augen, ziellos suchend.
Plötzlich raffte seine Hand das Glas, er reckte sich, die Linke faßte den Stuhl, als ginge plötzlich ein Wagen los, auf dem er stände, zweimal zuckte sein bartloser Mund, die nervöse Nase zog ihre Flügel heran, über der Stirnmitte zuckten die Schatten der schmalen Brauen; es war ein Zug von Gespanntheit, fast von Bestürzung, wie bei Menschen, die sich plötzlich ratlos ihren Erfüllungen gegenüber finden.
Nah, zum Greifen – und doch durch das Rund des geschliffenen Glases gerahmt wie ein fernes Bild, sah er in diesem Augenblick eine Gestalt drüben an der Brüstung, ihm allzu bekannt, in ihrer Loge stehen: sie mochte eben ein- und vorgetreten sein, denn noch hielt ihr linker Fuß die letzte flache Stufe halb gefaßt, und als streifte sie ein Zugwind aus den offenen Logentüren, so drückte sich das Orange ihrer fließenden Seide um den Busen, und sie schien, das kühn strahlende Profil hochgerichtet, in allem jener Nike zu gleichen, die vor zwei Jahrtausenden auf einem griechischen Schiffsschnabel ragte. Selbst das kurze Lockenhaar hatte etwas in sich von Fahrtwind, denn es flackerte in der Richtung des Kleides, den gebräunten Hals mit spielender Welle schlagend. So, mit handschuhlosen Fingern die nackten Arme gegen die tiefe Brüstung wie gegen einen Bugspriet stützend, stand sie und schien in diesem Augenblick ihre Freiheit, ihre Jugend stärker zu fühlen als das Drängen der klappernden, suchenden, schwirrenden Menge unter sich, die ihr Blick nur überhuschte.
Sie war's, sie war es, deren letzter Blick ihm eben wieder vor die Seele getaucht war, sie, deren Gestalt ihm Manons Stimme und Schicksal neu belebt hatte. Eduard stand und schaute und fand, was er nicht gesucht, dennoch wie ein Ersehntes mit einem Gefühl wieder, das aus Staunen sich rasch in Erkennen ebnet und in Sekunden das beansprucht, was eben noch Traum war. Schon trieb es ihn, neben sie zu treten, schon begriff er nicht, warum er sie nicht vor einer Stunde gesehn, schon zürnte er sich und seiner Begleiterin, der Oper und der Sitte, und wie ein Knabe brennend und befangen, furchtsam und begehrend stand er und verlangte nach der Erscheinung am andern Ufer der Bucht, ohne sich zu rühren.
Mit einem Male fiel Nacht herein, in der erleuchteten Unterwelt vor dem Vorhang erschien ein Schatten, der hob den magischen Stab, klagend sangen die Geigen, eine fremde Szene tat sich auf, und Eduard, der in diesen Augenblicken Stunden des Schauens umfaßt hatte und doch ihrer Kürze grollte, sah sich zu einer halben Stunde verurteilt, in der er voll Unruhe das opalene Halblicht des Raumes zu durchdringen, Logen abzuzählen, den Zeitpunkt ihres Kommens zu bestimmen, den Grund ihres Alleinseins zu finden suchte, – Gedanken, immer gekreuzt von dem schimmernden Bilde jener Sekunden, von Manons Passionen und ihren Tönen, bis sich alles in einer Wirrnis von Weltlichkeit und Phantasie verschlang.
Sie war in der Stadt, das wußte er seit ein paar Wochen, ihren Chef hätte er fragen können, an dessen Seite sie täglich arbeitete, er konnte sie aufsuchen. Doch ein Zögern, in den angeerbten Zügen seines Wesens begründet, hatte ihn gehindert, auch nur die Wohnung zu erfragen – und doch war sein Blick, wie er's jetzt recht bedachte, wenn er auf Raub ausging, in Straßen, Sälen, Konzerten, im Grunde immer ihrer Erscheinung auf der Spur gewesen oder er hatte fremde Frauen unbewußt an ihrem Bild gemessen. Aber nun war Manon da drüben, liebte und lachte, trog voll Unschuld, weinte wie über Schuld, und unsichtbar fühlte der junge Mann, der auch seinem Innern nur selten die Freiheit gönnte, zu schwärmen, sich im Winkel eines magischen Dreiecks, das ihn, dritten Sohn eines regierenden Fürsten mit der Abenteurerin auf der Bühne und mit der Frau in der Loge verband.
Und er verglich sie. Mit all der phantastischen Gewalt, die, auf dem Meeresgrunde dieser hochüberstauten Seele ein unwirkliches Wesen trieb, vermochte dieser Zyniker im Fluge jene Sängerin in ihrem Rokoko als Dame des zwanzigsten Jahrhunderts in Dianas Loge, Diana aber auf die Szene zu versetzen – und sogleich fühlte er Freiheit und Tempo, Liebeskraft und Jugend in Manon verdoppelt, ihm war, als schleppte das Orchester nach – doch rasch verwischten sich Bild und Erinnerung, wieder sah er ihr Lachen einen Sommer lang, ihre Tränen einen Morgen lang für einen andern in diesen bronzenen Zügen erblühen. Mitten in seinen Phantasien fiel ihm ein, wie fremd sie ihm im Grunde war, diese Diana de Wassilko, und daß er sich selber niemals neben ihr, mit ihr verbunden gedacht hatte, nicht auf einen Monat, nicht auf einen Abend. Nur verglichen – ja, verglichen hatte er seit einem Jahre viele Menschen und Dinge mit ihr.
Da, wie das Tutti im Chor und Orchester ihn zur Besinnung rief, der Akt gehe zu Ende, raffte er sich, klinkte, um seiner Dame nicht Bescheid zu geben, leise auf, und stand, als das Geprassel der Hände zugleich mit dem Lichte hervorstürzte, als Türen gingen, Menschen drängten, schon in Dianas Loge.
Sie sah ihn zwei Sekunden lang nicht, noch minder mochte sie ihn fühlen, und er zögerte mit einem letzten Raffinement, das Bild der Unbewußten aufzuwecken. Wie sie da vor seinem Blicke saß, unberührt von Aufbruch, Licht und Brausen ringsum, noch zurückgelehnt, den Arm noch auf den Sesselrand gebreitet, noch halb hohl die Hand an Ohr und Stirne, schien sie, vollkommen verwandelt, einer lauschenden Nymphe ähnlich, denn was von ihr nun im Lichte des Saales lag, Hals, Schulter, Arm und dies Profil, vorhin so kühn, nun demutvoll und mit geschlossenem Auge die Töne nachsaugend: all dies schien dieser Zeit, schien diesem Saale nicht zu gehören, und so stand er, schweigend, wartend.
Aber da war der Augenblick des ersten Nachgenusses, feinste Schwingungen der Lust, in ihr vorüber, sie erwachte, blickte auf und sah den Prinzen plötzlich vor sich stehn, dem sie vor einem Jahre das herzklopfende Adieu der Flüchtenden zugeworfen: genau so stand er, nur befrackt, nun wieder vor ihr, wie er sich in ganzer, etwas hagerer Länge verbeugte, lächelnd und die Vollkommenheit seiner Gebärden wie etwas Gestriges ganz leise parodierend. Diana erschrak, mehr weil ein Mann als weil dieser plötzlich vor ihr stand, doch als sich hinter ihm sogleich die Schatten des Vergangenen aufbauen wollten, das sie unter seinen Augen erlebt, verbannte sie alles entschlossen und löste wie mit einem einzigen Griffe die Gestalt von ihren Hintergründen ab. Doch dies war alles sekundenschnell geschehn, denn eben als er nach seiner Art mit einem Aperçu die Spannung köpfen wollte, da hatte sie sich schon ganz gefaßt und erhoben und reichte ihm die lange kräftige Hand hinauf, denn er blieb noch auf der oberen Stufe.
»Guten Abend, Durchlaucht,« sagte sie sicher, hell, formelhaft, und er fühlte weit hinter diesen uniformen drei Worten, wie eine sehr ferne Violinpassage ein freundliches Staunen, eine holde Begrüßung, als ob ihn Rechte oder Neigungen mit ihr verbänden. Er hatte die Hand gefaßt, sah auf sie nieder, sein Blick folgte dem bläulichen Geäder, er vergaß alle Einfälle und während er diese Hand, statt sie zu küssen, freigab und nur ein Stückchen mit der seinen ihr zu folgen schien, sagte er, völlig verlegen, ganz leise:
»Danke, danke …«
Sie stand überrascht. Statt eines Bonmots, wie es ihm überall gelang, Verwirrung – und ein leise gestammelter Dank, wofür? Sie fühlte, nun war es an ihr, ihm zu helfen, und wie sie ihm mit voller Heiterkeit ins Auge sah, rief sie leise:
»Ja, wie wär' es, Sie wagten den Sprung, dort stehn Sie mir ein bißchen zu hoch …«
Er war ihr dankbar für diese Glätte, zu der sie sich, er wußt' es wohl, überwinden mußte, kam herab, nun lachte er auch, er sagte:
»Als ich Gnädigste nirgends mehr aufzutreiben wußte, schloß ich auf Manon.«
»Wie zart Sie so eine Lüge auftischen! Ich weiß von Scherer, Sie sind seit Wochen da.«
»Schmeckte aber für den Moment angenehm bittersüß wie Quitteneis. Oder hab' ich diese Spezialität soeben erfunden?«
»Für Manon, Prinz,« und sie setzte sich wieder.
»Wünschte wohl, aber keinerlei Aussichten. Unsre edlen Väter gingen in solcher Lage des Herzens auf die Bühne und entführten.«
»– Ah,« sagte Diana gedehnt und überschlug die Knie und hängte die Arme rückwärts in die Kurven der Lehne, daß sie plötzlich aussah wie ein junger Mann, und fuhr wie unter kleinen Peitschenknallen fort: »Sie würde nach Schminke duften und über ihren Direktor zetern. Theater ist gut für diese da, die – ohne Mut – die Träume kaufen wollen!«
»Und wir?« fragte Eduard – und bereute das voreilige Wort. Diana zog die Brauen, zog den schwarzen Schal vom Sessel empor, hob ihm die Schultern entgegen, schlug ihn um. Sie schien sich zu isolieren, das eine Wort war ihr schon zuviel, doch hielt sie ihm seine Verwirrung zugute und sagte ruhig: »Wir? Ich weiß nicht, wie Sie leben …«
»Außen räsonnabel, innen Kreuzzug,« schnarrte der Prinz in seiner Art.
»Nach Atlantis?« spottete sie zurück.
»Ins Heilige Land, gnädiges Fräulein.«
Zum zweitenmal war sie betroffen. Prinz Eduard, der sonst stets eine Wagenburg von Spöttereien vor die Pforte seines Herzens zu türmen suchte – und gab heut in ernsten Dingen ernsten Bescheid? Sie öffnete den Schal, wie um sich ihm zu versöhnen, ein wenig am Halse, und wie sie nun sein werbendes Auge sah, fühlte sie plötzlich die ganze Einsamkeit dieses Lebens, ahnte sie plötzlich, daß ihn ihr Bild begleitet haben könnte, und um ihm den Rückblick zu öffnen, den sie zuerst verbaut hatte, sagte sie, wie unvermittelt:
»Ich habe die Gräfin Oliva neulich wiedergesehen.«
»Ist sie hier?«
Die Erinnerung an ihre Rivalin bei jenem Liebeshandel, in dem vor einem Jahre der Prinz stumm mitfühlender Zeuge gewesen war, befreite die ganze Kette von gemeinsam gefühlten Stunden, und wie durch Schleusen fluteten Erinnerungen in voller Breite durch beide Herzen. Wie in einem alten Geheimnis fühlten sich beide, das doch nie zwischen ihnen wirksam gewesen, mit klar gefaßten Blicken beteuerten sie sich stumm eine Art von Freundschaft, die sich aus den fast versiegten Quellen der alten Ereignisse mit erotischen Wellen speiste. Dianas Gedanken schweiften in großen Kurven zwischen den Vergangenheiten ihres fünfundzwanzigjährigen Lebens, Eduards jagten zwischen Wünschen und Ironien, Kühnheiten und Entsagungen umher und konkludierten am Ende das Unmögliche.
Wieder schrillte es durch das runde Haus. Eduard nahm die Haltung des Leutnants in Zivil an, klappte mit den Lackschuhen, wölbte die rechte Augenhöhlung ums Monokel, schnarrte:
»Darf ich indessen, mit drei Compliments prolongés, als Abkomme eines kleinen Kalifen, um Ihr Mutabor, das heißt Telephonnummer bitten, um Sie wieder aufzufinden? Und wann dürfte ich gehorsamst –«
»Immer,« sagte sie leicht, aber er fühlte, dies Wort von ihren Lippen war nur eine Allgemeinheit, und er sagte:
»Immer, heißt das – immerfort?«
Sie lachte: »Immer heißt immerwieder! Aber nun heißt es sogar immerfort; denn es wird dunkel, Sie sind der Gefangene in meiner Höhle, und der Zauberer im Abgrund klopft schon.«
Im selben Augenblicke schlug über dem ganz gefesselten jungen Manne die Welle seiner Erziehung zusammen, er fühlte nichts mehr als die Kavalierspflicht gegen seine in der Loge wartende Dame, die Uhr seines Wesens ging automatisch ins achtzehnte Jahrhundert seiner Ahnen zurück, und wie Diana enttäuscht ihn stehenbleiben sah, schnarrte er nur: »Cousine in gefährdeter Einsamkeit wartend, könnte im Dunkel von den Übergriffen dämonischer Logennachbarn –«
»Gehn Sie nur,« sagte sie leicht und wandte sich ab. Die ersten Akkorde rauschten auf. Er ging stumm.
– Wie sich der tönende Wald bewegt, dachte Diana allein. – Wenn der Prinz spielt, verrät er sich, er spielt immerfort. Dann ist er wie die kleinen Negerinnen, die die Arme oben über die Brüste drücken, ganz eng, denn er fühlt, wie nackt seine Seele ist … Warum wir immer spielen müssen, um das Beste zu verhehlen … Ah, nein! Er sollte so eine Cousine nehmen und in das alte Hochzeitsbette seines Geschlechtes tragen … Da ist sie, Manon, verströmt sich, taumelt! Solche Liebeskräfte – und doch wird sie am Straßenrande sterben … Jetzt singt das Cello, als ob es das Schicksal wäre …
– Freiheit! dachte der Prinz, hinter seiner Dame in die Logenecke gedrückt. Und wäre sie nur so schön und wär' sie nur so heiter und wär' sie nur so weise wie sie ist: sie wäre schon ein Genie der Freiheit! … Bronzen, als wär' es Sommer und wir lägen noch im Süden! … Unsäglich, wie unsereiner sich durch Berge von Familienreis fressen muß, um in so blaue Hochtäler zu gelangen. Halte sie! Halte dich an sie, Eduard …