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In der Hütte hart am Flusse,
Hart am zugefrornen Flusse,
Saß ein Alter, trüb und einsam.
Weiß sein Haar, wie weh'nder Schneefall;
Niedrig brannt' und matt sein Feuer,
Und er schüttelte vor Frost sich
Tief in seinem Waubewyon,
Der zerrissnen Weißfellhülle,
Hörend nichts als nur den Sturmwind,
Wie entlang den Forst er brüllte,
Sehend nichts als nur den Schneesturm,
Wie er wirbelnd trieb und zischte.
Weiß lag Asche auf den Kohlen,
Und das Feuer starb allmählich,
Als ein Jüngling leicht hereintrat,
Leicht zur offnen Tür hereintrat.
Färbt' ihm Jugendblut die Wangen,
Schien sein Aug', wie Stern' im Lenze;
War sein Haupt mit Gras umwunden,
War mit Gräsern es befiedert;
Wies sein Mund der Schönheit Lächeln,
Füllend rings das Haus mit Sonne;
Trugen Blumen seine Hände,
Füllend rings das Haus mit Wohlduft.
»O mein Sohn!« rief aus der Alte,
»Glücklich ist mein Aug', zu sehn dich!
Setz' dich auf die Matte zu mir,
Setz' dich zur verglüh'nden Asche,
Feiern wir die Nacht zusammen!
Sprich von deinen Abenteuern,
Von den Ländern, wo du reistest;
Ich dafür all' meine Großtat
Melde dir, all' meine Wunder!«
Aus dem Sack die Friedenspfeife
Zog er, alt und fremd geformt sie:
War der Kopf von rotem Steine,
War der Schaft ein Rohr mit Federn!
Füllt' er sie mit Weidenborke,
Legt' er drauf die glüh'nde Kohle,
Reicht' er sie dem Gast, dem Fremden,
Und fing also an zu sprechen:
»Blas' ich um mich meinen Atem,
Atm' ich, hauch' ich auf die Landschaft:
Regungslos sind alle Flüsse,
Hart wie Steine wird das Wasser!«
Und der Jüngling sagte, lächelnd:
»Blas' ich um mich meinen Atem,
Atm' ich, hauch' ich auf die Landschaft:
Blumen blühn auf allen Wiesen,
Singend rauschen hin die Flüsse!«
»Schüttl' ich meine grauen Locken,«
Sprach der Alte, finster blickend,
»Hüllet Schnee sofort die Lande;
Alle Blätter von den Zweigen
Fallen, bleichen, sterben, welken,
Denn ich hauche, und sie sind nicht!
Aus den Wassern, aus den Sümpfen
Steigt die Wildgans, steigt der Reiher,
Fliegt davon nach fernen Strichen,
Denn ich spreche, und sie sind nicht!
Und wo meine Sohle wandert,
Bergen sich des Waldes Tiere
Tief in Gruben und in Höhlen,
Und die Erde wird wie Kiesel!«
»Schüttl' ich meine wallenden Locken,«
Sprach der Jüngling, leise lachend,
»Fallen Schauer, warm, willkommen;
Pflanzen heben froh die Häupter,
Heim zu ihren Seen und Sümpfen
Kehrt die Wildgans, kehrt der Reiher,
Heimwärts schießt der Pfeil, die Schwalbe,
Rotbrust singt und blauer Vogel;
Und wo meine Sohle wandert,
Wallt von Blumen rings die Wiese,
Klingt von Wohllaut rings das Waldland,
Dunkeln rings von Laub die Bäume!«
Als sie sprachen, flohn die Schatten;
Aus den fernen Reichen Wabuns,
Her aus blanker Silberhütte,
Bunt bemalt gleichwie ein Krieger,
Kam die Sonn', und sagte: »Seht mich!
Gheezis, mich, die große Sonne!«
Sprachlos ward des Alten Zunge,
Und die Luft ward warm und lieblich;
Auf dem Wigwam sang die Rotbrust,
Süß auch sang der blaue Vogel,
Und der Fluß begann zu murmeln.
Und ein Duft von jungem Grase
Strömte wonnig durch die Hütte.
Und Segwun, der junge Fremde,
Deutlicher anjetzt bei Tage
Sah das eis'ge Antlitz vor sich;
Es war Peboan, der Winter!
Flossen Tränen ihm von: Auge,
Bächen gleich von Seen, die schmelzen,
Und sein Körper schwand und schrumpfte,
Wie die jauchzende Sonn' emporstieg,
Bis er ganz in Luft zerflossen,
Ganz verschwunden war im Boden;
Und der Jüngling sahe vor sich
Auf des Wigwams kaltem Herdstein,
Wo das Feuer kaum noch schwelte,
Sah der Lenzzeit frühste Blume,
Sah der Lenzzeit erste Schönheit,
Sah die Miskodeed in Blüte.
So im Norderland nach jener
Bittern, unerhörten Kälte,
So nach jenem harten Winter
Kam der Lenz mit seinem Glänzen,
Seinen Vögeln, seinen Blüten,
Seinen Blumen, Blättern, Gräsern.
Segelnd mit dem Winde nordwärts,
Zieh'nd einher in großen Herden,
(Ungeheuren Pfeilen ähnlich,
Abgeschossen durch den Himmel),
Kam der Schwan, der Mahnabezee,
Sprechend fast, gleichwie ein Mensch spricht;
Und in langen Reih'n, (gekrümmten,
Wie 'ne Bogenschnur, die durchriß),
Kam die Weißgans, Waw-be-wawa;
Und in Paaren kam und einzeln
Mahng der Taucher, laut von Flügeln,
Kam der blaue Reih'r, Shuh-shuh-gah,
Kam das Moorhuhn, Mushkodasa.
Pfiff im Busch und auf den Wiesen
Blauer Vogel nun, Owaissa;
Auf den Firsten rings der Hütten
Sang die Rotbrust, die Opechee;
Im Gezweig der Tannenbäume
Girrt' Omeme, sie die Taube:
Und der trübe Hiawatha,
Sprachlos er in seinem Kummer,
Hörte sich von ihnen rufen.
Trat hinaus zum dunkeln Türweg,
Stand und starrte auf den Himmel,
Auf die Erde, auf das Wasser.
Nun von seiner Wandrung ostwärts.
Aus den Gegenden des Morgens,
Aus dem hellen Lande Wabuns
Kehrte heimatwärts Jagoo,
Großer Wandrer, großer Prahler,
Voll von neuen Abenteuern,
Voll von Fabeln, voll von Wundern.
Und im Dorf die Leute lauschten,
Lauschten, wie er nun erzählte
Seine wunderbaren Fahrten,
Lachten laut, und sprachen also:
»Ugh! es ist fürwahr Jagoo!
Niemand sonst sieht solche Wunder!«
Und er sprach: »Ich sah ein Wasser,
Größer als das Groß-See-Wasser,
Breiter als der Gitche Gumee,
Bitter, niemand könnt' es trinken!«
Sahn sich lächelnd an die Krieger,
Sahn sich lächelnd an die Weiber,
Sagten: »Nimmer kann es sein so!«
Sagten: »Kaw! nicht kann es sein so!«
Über dieses Wasser, sagt' er,
Kam ein großes Boot mit Flügeln,
Flog ein großes Boot mit Schwingen,
Größer als ein Wald von Tannen,
Höher als die höchsten Wipfel!
Und die Weiber und die Greise
Sahn sich an mit lust'gem Kichern,
Sagten: »Kaw! Ja, wer es glaubte!«
Sagt' er, aus dem Mund des Bootes,
Dieses Bootes, ihn zu grüßen,
Kam Waywassimo, der Blitzstrahl,
Kam der Donner, Annemeekee!
Und die Krieger und die Weiber
Lachten herzlich des Jagoo,
Sagten: »Kaw! was für Geschichten!«
In ihm, sagt' er, kamen Leute;
In dem großen Boot mit Schwingen
Kamen, sagt' er, hundert Krieger;
Weiß gemalt war aller Antlitz,
Und ihr Kinn bedeckt mit Haaren!
Und die Krieger und die Weiber
Jauchzten laut, und lachten höhnisch,
Wie die Raben auf den Wipfeln,
Wie die Krähen auf der Tanne.
»Kaw!« rief alles, »was für Lügen!
Denke nicht, daß wir dir glauben!«
Hiawatha nur nicht lachte;
Ernsthaft sprach er, und gab Antwort
Ihrem Scherzen, ihrem Spotten:
»Wahr ist, was Jagoo meldet;
Selber sah ich's im Gesichte,
Sah das große Boot mit Schwingen,
Sah das Volk mit weißem Antlitz,
Sah das Kommen dieses bärt'gen
Volks im holzgebauten Schiffe
Aus den Gegenden des Morgens,
Aus dem hellen Lande Wabuns.
»Gitche Manito, der Mächt'ge,
Er der große Geist, der Schöpfer,
Schickt sie her als seine Boten,
Als die Träger seines Auftrags.
Wo sie wandeln – her vor ihnen
Schwärmt die Stechflieg', arger Ahmo,
Schwärmt die Honigmacherin Biene.
Wo sie schreiten – unter ihnen
Sprießt 'ne Blume, fremd uns Roten,
Sprießt der Weißmannsfuß in Blüte.
»Heißen wir sie denn willkommen,
Grüßen sie als Freund' und Brüder,
Bieten rechte Hand der Freundschaft,
Wenn sie kommen, diesen Fremden!
Gitche Manito, der Mächt'ge,
Sagte dies mir im Gesichte.
»Sah ich gleichfalls im Gesichte
Des Zukünftigen Geheimnis,
Jener Tage, die noch fern sind;
Sah der unbekannten Völker
Dichtgedrängten Zug nach Westen.
Rings das Land war voll von Menschen,
Rastlos, kämpfend, schaffend, strebend,
Viele Zungen redend, dennoch
Einen Herzschlag nur im Busen.
Klangen allwärts ihre Äxte,
Rauchten allwärts ihre Städte,
Zischten über Seen und Flüsse
Allwärts ihre Donnerboote.
»Ein Gesicht dann, finstrer, trüber,
Sah ich, schattenhaft und wolkig!
Unsre Völker sah zerstreut ich,
Alles meines Rats vergessend,
Schwach, und miteinander kriegend;
Sah die letzten unsres Volkes
Westwärts schweifend, wild und wehvoll,
Wie die Wolke, die der Sturm treibt.
Wie das welke Laub im Herbste.