Hermann Löns
Der zweckmäßige Meyer
Hermann Löns

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Schützenfest

Na, Kinder, habt ihr auch Moneten?
Denn morgen ist ja Schützenfest,
Manch runder Taler geht dann flöten,
Manch Zwanzigmarkstück kriegt den Rest.
Wer brav gespart im Monat Juni,
Für den jetzt schöne Tage blühn;
Wer nicht, der muß mit Uhr und Mantel
Zum städtischen Versatzamt ziehn.
Denn hingehn tun wir ja doch alle,
Sagt man vorher auch: »Ich geh nicht hin!«
Auf einmal ist man auf dem Platze
Und in dem dicksten Trubel drin.
Und ist man heute dagewesen,
Dann ist man morgen wieder da,
Und übermorgen ist es grad' so,
Du lieber Gott, das kennt man ja!

Der Weg zum Schützenfest ist mit einer Unmenge guten Vorsätzen gepflastert. Und diese heißen: Erstens gehe ich zu so was überhaupt nicht. Und zweitens nicht zum Freischießen. Und drittens: wenn ich überhaupt hingehe, so bloß der Wissenschaft wegen. Und viertens will ich bloß einmal über den Platz gehen. Und fünftens: wozu soll ich mein Geld verplempern? Und sechstens: eine Schützenbraut lege ich mir nicht zu. Und siebentens: wenn mich meine Bekannten sehen ... usw. usw. usw.

Aber gute Vorsätze sind kein haltbares Pflaster, und die guten Erinnerungen bleiben immer fester in der Seele backen, wie die schlechten. Und man vergißt das enorm negative Finanzresultat des vorigen Jahres, man vergißt die unangenehme Geschichte vom Promenadenkonzert, als man in voller Couleur soeben zwei Damen grüßte, von einer äußerst gesund aussehenden Donna mit strahlenden Augen und einem Klaps auf die Schulter begrüßt wurde unter folgenden Worten: »O Gott Minsche, wo büste denn gewesen? Seit'n groten Scheiten hebb eck deck nich mehr esehn!« Man vergißt die unangenehmen Briefe seines alten Herrn, die er wegen der erbetenen Extraumlage schrieb, man vergißt die durch gewisse Umstände erzwungene vereinfachte Lebensführung und die damit verbundene stramme Haltung und denkt nur: Na, du wirst dieses Mal vorsichtiger sein. Ach ja, so denkt man. Aber, das Leben auf dem großen Schießen ist schön, aber teuer; manchmal ist es auch nicht so teuer, dann ist es aber auch nicht so schön. Wer auf den Schützenhof geht mit dem Vorsatz, solide zu sein, der soll da nur wegbleiben. Er amüsiert sich nicht und ärgert andere bloß durch sein hochwohlweises Gesicht. Ent-oder-weder, ist hier die Losung. Entweder, man macht es mit, oder man macht es nicht mit. Ein Mittelding gibt es nicht. Das hab ich durch langjährige Erfahrung herausbekommen.

Und damit junge, unbedarfte Leute, die den Betrieb dort noch nicht genau kennen, wissen, was sie tun müssen, um sich gut zu amüsieren, so will ich ihnen zur Beherzigung empfehlen folgende erprobte

Lebensregeln für das Freischießen. (Ohne Garantie für die Befolger.)

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