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»Nun, wie befinden sie sich, Verehrtester?« fragte der alte Marabu seinen Nachbarn, den Jabiru. Der Marabu hatte sich schon eine ganze Weile die warme Morgensonne auf die ehrwürdige Senatorenglatze scheinen lassen und wieder, wie jeden Morgen, darüber nachgedacht, auf welche Weise er wohl am besten die frechen Spatzen bei seinem Freßnapf erwischen könnte, selbstverständlich ohne daß er sich dabei seiner Würde begäbe. Als der lange afrikanische Storch aus seinem Käfig humpelte, machte er ihm eine tiefe Verbeugung und richtete teilnahmsvoll und höflich die übliche Frage an ihn.
Der Jaribu lächelte süßsauer und humpelte näher: »Morgen, mein Lieber. Mir geht es nicht gerade erstklassig. Das verdammte Podagra!« Und damit hob er den geschwollenen rechten Fuß hoch und zeigte ihn dem Marabu. »Ja ja,« lächelte der, »so was kommt von so was! Fortgesetzter Lebenswandel, mein Bester! Die noblen Passiönchen, hehehe! Das rächt sich später. Bohnenabkochung soll dafür sehr gut sein; von Vietsbohnen, wissen Sie«
Der Jaribu rümpfte den Schnabel und schüttelte sich: »Nee, was fehlt, das sind Schlammbäder, lieber Senator. Acht Tage lang im warmen Salzschlamm langsam Spazierengehen, das hilft. Aber heiß muß er sein, wie da unten in Afrika. Will sehen, ob ich dieses Jahr nicht hinkomme. Etwas hilft die Sonne hier ja auch, aber es ist nicht das Richtige. Und gestern, bei dem billigen Sonntag, da zog ich es doch vor, in der Ecke zu bleiben, anstatt den ganzen Tag die unfeinen Bemerkungen von Hinz und Kunz anzuhören.«
»Ja, es ist unglaublich,« pflichtete der Senator bei. »Einer meinte sogar, Sie wären ein Strauß.«
»Lächerhaft, horribel, lächerhaft,« meinte der Jaribu und humpelte dahin, wo die Sonne hinschien.
Am Ententeich unterhalten sich die Papageien: »Prrraaachtvolles Wetterrr heute morrgen, gerradezu grooosßarrrtig!« schnarrte der blaue Ara. »Wunderrbaaar!« antwortet ihm der rote Ara: »Gut bekommen?« fragt er dann. »Danke, mäßig,« antwortet der Rote. »Etwas dumm im Kopfe noch. So schlimm wie vorrr acht Tagen warrr es nicht. Aberrr doch genug, daß man etwas nerrrvös wirrrd:«
»Nerrrvös?« kreischt ein gelbhäutiger Kakadu. »Nerrrvös? Weiß nicht, was Nerrrven sind. Finde das famos, so viel Leute.«
»Danke!« schnarrt der Rote und lächelt den Blauen an. »Die Geschmäckerrr sind eben verrrschieden. In acht Tagen zwei billige Sonntage, das ist mirrr etwas rrreichlich. Wenn das so weiterrr geht, dann kann ich von mirrr nurrr sagen...«
»Lott ist tot!« pfeift der Flötenvogel gegenüber in dem Vogelhaus.
Der Ära schüttelt sich vor Lachen: »Hahaha, famoserr Witz.«
»Hohohoho?« fällt die Rotgans mit tiefem Baß ein, und vom Lachmöwenpark schallt es: »Hihihihi?« Der Flötenvogel ist ganz stolz über seinen gelungenen Witz.
Im Bärenhaus sitzt der Malaya an der Mauer, streichelt sich den Bauch und stöhnt: »O weeeh, o weeeh!« »Na, wieder verfressen?« fragt der Eisbär.
»Ach,« stöhnt der Kleine, »mir geht es immer so nach dem Billigen. Alles durcheinander und in einem fort, das soll man aushalten.«
»Ja, warum frißt du so viel?« fragt der Polarbär.
Der Malayenbär weiß darauf nichts zu sagen.
Im Raubvogelhaus spreizen die Adler und Geier die Flügel und lassen sich die Sonne auf den Rücken scheinen.
»Gut, daß der Trödel vorbei ist,« meint der Kondor. »Ich wollte, es wäre Herbst, und die Geschichte mit den billigen Sonntagen hörte auf. Ich kann die faden Bemerkungen nicht vertragen.«
»Ja,« ergänzt der Mönchsgeier, »keinen Dunst von Zoologie haben die meisten. Dick und groß stehen die Namen angeschrieben, aber was man alles zu hören bekommt, es ist gräßlich. Ich sollte ja wohl der Uhu sein!«
»Und mir,« kreischte der Seeadler vor Freude auf, »und mir haben sie, denkt euch, ein Brötchen zum Fressen vorgeworfen. Ein Brötchen, mir! Hahaha!« Er lacht gellend auf. »Es ist zu dumm! Einen Hasen oder eine Ente bringt natürlich nie einer mit!«
»Alles das ginge noch,« unkt die Uraleule, »aber diese gräßliche Zudringlichkeit! Die ist unerträglich. Wildfremde Leute tun so, als wäre man mit ihnen in einem Nest groß geworden.«
»Jawohl, das ist das Dümmste!« stöhnte die Schleiereule. »Nicht fünf Minuten kann man ruhig in seiner Ecke sitzen. Ich bin furchtbar müde. Habe den ganzen Tag nicht ein Auge zugemacht.«
»Puh!« stöhnte vom Straußpark der Emu, »das hätten wir mal wieder überstanden. Noch einen Billigen, und ich muß ins Bad!«
»Ja,« knurrt der Kasuar, »so wunderbare Sonne gestern, und nicht einen Augenblick konnte man es sich bequem machen. Fortwährend wurde man angeödet.«
»Na,« lachte der Strauß, »dem einem hab' ich's besorgt. Der war mir denn doch zu plump vertraulich. Mit dem Stock wollte er mich kitzeln. Ich hab ihm aber einen über die Pote gewischt, da hat er noch lange was von.«
»Aau, aau,« wimmert der Pfau, »und mir hat so'n Junge meine schönste Feder ausgerissen. Der Wärter hat ihn zwar erwischt und gehörig verwackelt, aber was hab' ich davon?«
Die Höckergans lacht im Halse; sie kann den Pfau nicht leiden. Aber das ist nur Neid, weil sie nicht so bunt ist. Und das Guanaco macht sein hochmütigstes Gesicht und grient, daß man seine langen gelben Stoßzähne sieht. Es mag den Pfau auch nicht leiden.
Im Schmuckvogelhaus spricht auch alles vom billigen Sonntag. Der lachende Hans will sich vor Lachen ausschütten über die dummen Redensarten, die der Pfefferfresser wegen seines großen Schnabels hat anhören müssen. »Ja,« erzählte der, »eine Dame meinte, ob er mir nicht zu schwer sei, und ob das nicht eine Mißbildung sei. Unglaublich!«
»Quatsch!« meint der Nachtreiher, »Quatsch!«
»Zu verrückt, zu verrückt!« ruft der Wachtelhahn. »Übrigens soll ja nächstens wieder Billiger sein, hab' ich gehört.«
»Igittigittigitt,« schreit die Schwarzdrossel auf, »igittigittigitt, das fehlt gerade noch!«
»Uijeh, uijeh, das haben wir ja auch nötig,« klagt der Kiebitz, und die Lachtaube kichert und meint, dann müsse sie Brom nehmen oder Baldrian.
»Ich habe die Nase auch voll,« brummt der Elefant. »Dieses ewige Geuze ist auf die Dauer langweilig. Ich möchte bloß ein einziges Mal dazwischen können; das würde ein schönes Gequietsche geben. Tun würde ich keinem was, bloß einen auf meinen Rücken setzen.«
Auf einmal lacht er. Er hat das Shettlandpony gesehen. Er nickt ihm zu. »Das haben Sie famos gemacht gestern. Wie der freche Bengel in den Sand schoß. Ja, was braucht er Ihnen auch immer die Hacken zu geben? Sie trabten doch schnell genug, Na, der kommt so bald nicht wieder!«
Das Pony wiehert vergnügt und beschnüffelt die Stelle, wo der Junge hinflog. Das Zebra aber grinst verächtlich, Auf ihm sollte einmal einer reiten! Der könnte seine Knochen im Taschentuch nach Hause bringen.
Die Leopardenmama im Raubtierhaus ist sehr besorgt um ihre Kleinen. »Ganz fimmelig haben sie mir die Kinder gemacht,« ruft sie der Löwin zu. »Kinder müssen Ruhe haben. Und dieses alberne Insgesichtloben taugt auch nichts. Fortwährend ging es: ›Gott, wie niedlich! Och, wie reuzend!‹ Gräßlich.«
Am verdrießlichsten aber ist der Mungo. Der hat zum dreihundertsten Male die Geschichte anhören müssen von dem Mann auf dem Bahnhof, der in einem Kasten ein Tier hat, das er mit Sardellenbrötchen füttert. Ein Sachse fragt ihn: »Sie, heer'n Se, was is das fier'n Dierche?«
»'n Mungo!« antwortet der Besitzer.
»Ach herrcheses nee, was Sie sagen. Also 'n Munko? Was frißt denn der eichentlich?«
»Schlangen!« anwortet der Besitzer.
»Herrjemmersch nee, also Schlangen. Aber das sind ja Sardellenbreetchen, womit Se ihn fittern, das sind ja gar keene richtigen Schlangen nich?«
»Es ist ja auch kein richtiger Mungo,« antwortet der Besitzer.
Kein Wunder, daß der Mungo über diese dumme Geschichte wütend ist. Aber nach dem billigen Sonntag sind alle Tieren im Zoologischen wütend, oder nervös, oder magenleidend.
Und von Rechts wegen müßte am anderen Tage der Garten geschlossen sein. Damit sie sich erholen können.