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Unter Tannen des Deisters. Julitag. Mann und Frau.
Die Frau: Pfui! Du schleichst Dich ins Heiligtum der Schönheit und malst der Göttin mit Kohle einen Bart unter die Nase.
Der Mann: Heilig sei mir alles Leben. Aber Freiheit will ich haben über alles zu lachen.
Die Frau: Heimliche Tränen.
Der Mann: Liebste Frau. Karikaturen sind keine Wirklichkeit. Was gehn mich denn wirkliche Menschen an? Was wirkliche Geschichte? Wenn wir die Wahrheit suchen, so müssen wir draußen stehn. Lasse mich ruhig lieben und hassen. Wir hassen und lieben immer; Richter an Andern und Uns.
Die Frau: Sie werden Deine Wahrheit für Wirklichkeit halten. Und werden sagen: Er macht Mitstrebende zu Opfern seiner Scheelsucht und Bosheit.
Der Mann: Muß ich vorausbemerken, daß alle Satire Wirklichkeit als Transparent benutzt? Daß wirkliche Zeitgenossen ihre ungefähren Zufallsanlässe sind, um zeitlos Bündiges zu malen? Muß ich aussprechen, daß wirkliche Menschen gerade so weit gemeint sind, als Satire überhaupt an Sinnfälliges anknüpfen muß? Muß gesagt sein, daß ich die Größe alle dieser Männer (Ebert, Kuno, Stinnes, Foch, Kayserlinck, Spengler, Scheler, Harden, Ehrhardt und wer immer es sei) sehr wohl kenne? Würde ich mich denn mit ihnen abgeben, wenn sie kleiner wären?
Die Frau: Du tust andern weh. Du mußt das büßen.
Der Mann: Ich will keinem wehe tun. Ich will streng sein gegen mich selber. La taquinerie est la mechanceté des bons.
Die Frau: Sie können in zwei Fällen Dir nachweisen, daß Du Dein persönliches Mütchen kühlst. Du verulkst die Brüder Mann. Du verspottest Universitätsphilosophen. Ist das nicht Galle?
Der Mann: Ja. Das ist wahr. Hier liegen Wunden. Von dieser Seite wurde mein Leben beschwert. Verachtung, Verleumdung, Abdrängung, Mißkennung, fast Erdrückung. Aber wenn man nach mir schlägt, ist es dann nicht mein gutes Recht, daß ich wieder Prügel austeile? Und daß ich so kämpfen kann, das ist ja gerade die Frucht meines Lebens.
Die Frau: Das wird keiner verstehn. Wird niemand glauben.
Der Mann: Wohl denn, so ersehne ich nur Eines. Wenn ich die Damaszenerklinge des Geistes führe, so schreit nicht nach der Polizei und erwidert, ich bitte, nicht durch Stiche mit der Mistgabel. Ehrliche Waffen!
Die Frau: Ich habe Angst um Dich.
Der Mann: Ich glaube an Größe.
»Kamrad Levi« wurde 1914 geschrieben, »Episode«: 1916; beides ließ die Zensur nicht in den Druck. »Gruß den Gefangenen« erschien, verkürzt, 1923 im »Prager Tagblatt«.