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Als Wilhelm II. von England, genannt »der Rote«, sich in Frankreich mit den aufrührerischen normannischen Edlen herumklopfte, ging ihm zwar nicht die Rauflust, wohl aber das Geld aus: Worauf er den in England derweil regierenden Vizekönig anwies, sogleich zwanzigtausend Mann auszuheben und in die Häfen marschieren zu lassen.
So geschah es; und als die Soldaten vor den Schiffen standen, wurde ihnen eröffnet, daß jeder, der sechs Schillinge bezahlte, nach Hause zurückkehren durfte. Wer nicht zahlte, müßte nach Frankreich.
Diese Spekulation auf die britische Heimatliebe brachte dem König zehntausend Pfund Sterling ein.
Als der englische Kanzler Sir Thomas More, der sich Morus nannte, in den Tower gesetzt und wegen Hochverrats angeklagt worden war, schickte man ihm einen Barbier in die Zelle: Er sollte vor seinen Richtern in würdig frisiertem Zustande erscheinen.
Aber Morus weigerte sich. »Ich führe mit dem König einen Prozeß um meinen Kopf«, sagte er. »Bevor ich nicht weiß, wer ihn kriegt, gebe ich kein Geld dafür aus.«
Thomas Hobbes, ein Philosoph von handfest materialistischer Weltanschauung, hatte sich, als Anhänger König Karls, heftig gegen Cromwell betätigt und mußte nach dem Siege der Revolution sein Leben durch die Flucht nach Frankreich retten. Dort erging es ihm anscheinend nicht so gut, wie er es nach seiner Meinung verdiente; infolgedessen brachte er in einer seiner Schriften zweckdienliche Änderungen an und versah sie mit einer ungemein schmeichelhaften Widmung an den Lordprotektor. Nun durfte er nach England zurückkehren. Von da an ging es ihm wieder besser.
»Never mind«, sagte er, als einige seiner Freunde abfällige Bemerkungen über seinen Gesinnungswechsel machten. »Wenn man in einen tiefen Brunnen fällt, und der Teufel streckt einem den Pferdefuß hin, so klammert man sich daran.«
John Dryden, der Dichter, mußte sich eines Abends, als eines seiner Stücke uraufgeführt worden war, über einen jungen Lord ärgern, der auf seine Weise ebenso laut wie dämlich Kritik übte.
»Stuff and nonsense!« sagte der junge Herr. »Sitzt das Liebespaar in Ihrem Stück nachts auf der Bank und verbringt die Zeit mit Schwatzen! Ich weiß bei solchen Gelegenheiten was Besseres zu tun als Ihr Held.«
»Das kann ich mir denken«, sagte Dryden freundlich. »Aber Sie sind ja auch kein Held.«
Als Oliver Cromwell im Kampf mit dem Tode auf sein letztes Lager geworfen wurde, ließ er dem Volke eine Weissagung mitteilen: Der Himmel habe ihn wissen lassen, daß er genesen werde.
Einer seiner nächsten Freunde fragte den Kranken: »Ist eine solche Prophezeiung nicht ein gefährliches Wagnis, Bruder Oliver?«
Cromwell sah zu ihm auf, und es geschah, was selten jemand an ihm wahrgenommen hatte: er lächelte.
»Sei ganz unbesorgt, Bruder John«, sagte er. »Mir kann nichts geschehen. Wenn ich gesund werde, so bin ich ein Prophet. Und wenn ich sterbe, so kann es mir durchaus gleich sein, ob man mich für einen Schwindler hält.«
Samuel Foote, Schauspieler, Dichter und bösester Witzkopf seiner Zeit, sah, daß ein Freund, mit dem er im Wirtshaus saß, nach der neuen Zeitung griff.
»Was suchst du?« fragte Foote.
»Ich will mal sehen, was die Herren Minister treiben«, sagte der andere.
»Dann mußt du«, sagte Foote, »unter der Rubrik ›Gestohlene Sachen‹ nachsehen.«
Charles James Fox, der staatsmännische Gegenspieler Pitts, kam nach dem Frieden von Amiens nach Paris und war dort eines Tages bei einem Politiker eingeladen, der uns vom Chronisten kurzweg nur als »Graf S.« überliefert ist. Nach dem Essen stand Fox mit seinem Gastgeber und einem französischen General vor einer Weltkarte.
»Wie ist es nur möglich«, sagte der General, »daß England, diese winzige Insel, die ganze Welt beherrscht?«
Fox trat gelassen vor und gab nachdrücklich die verlangte Erklärung: »Das da« – mit einem flüchtigen Hintippen auf England – »ist nur unser Absteigequartier; das aber« – mit einer weiten Rundbewegung über die ganze Welt – »ist das eigentliche England.«
Der Herzog von Marlborough, der eine bitterböse Frau und ein Magenleiden hatte, bekam von seinem Arzt, Doktor Gorth, ein Pulver verschrieben. Aber er wollte es nicht nehmen. Darüber geriet die Herzogin alsbald in helle Wut und schrie:
»Gleich nimmst du das Pulver – ich will mich hängen lassen, wenn es dir nicht hilft.«
»Also, Sie sollten es wirklich nehmen, Herr Herzog«, lächelte Gorth. »Sie sehen doch, es hilft Ihnen – so oder so.«
Über die Briten –
Jonathan Swift, Geistlicher, Arzt, Dichter und Witzkopf, der Schöpfer des »Gulliver«, stieg eines Tages auf die Kanzel und redete zu einer ebenso zahlreichen wie erlauchten Gemeinde folgendermaßen:
»Verwerflich, meine Lieben, ist der Hochmut. Es gibt drei Arten dieses Lasters: Hochmut des Standes; Hochmut des Reichtums; Hochmut des Geistes. Vom letztgenannten will ich heute nicht reden; denn es ist keiner unter euch, dem man dieses Laster mit Recht vorwerfen könnte.«
– und über die Franzosen
Swift teilte einem Franzosen seine Meinung über Frankreich mit, und der Gast hatte wenig Ursache zur Freude.
»Eines müssen Sie uns Franzosen doch lassen«, sagte er schließlich, »wir sind führend auf dem Gebiet der Mode. Haben wir nicht zum Beispiel die Manschette erfunden, die eine Zierde des männlichen Armes ist?«
»Gewiß«, sagte Swift. »Aber wir Engländer haben diese Erfindung durch das Hemd ergänzt.«
Die Bürgschaft
Der Dechant (nicht der mit ihm zuzeiten identische Dichter) Jonathan Swift wurde einmal aufgefordert, eine kurze und kräftige Predigt zur Förderung eines wohltätigen Zweckes zu halten.
Swift trat auf die Kanzel und sagte kurz und kräftig:
»Sprüche Salomonis, neunzehntes Kapitel, Vers 17: ›Wer sich des Armen erbarmet, der leihet dem Herrn.‹ Wenn euch diese Bürgschaft genügt, so gebt euer Geld her.«
Kolonistenspiegel
Die Wesensunterschiede der Völker, sagte Swift einmal, könne man deutlich an der Art erkennen, wie sie die Einrichtung einer neuen Kolonie beginnen: Die Franzosen fangen damit an, daß sie ein Fort erbauen; der erste Bau spanischer Kolonisatoren ist eine Kirche; und die Engländer leiten ihre kolonisatorische Arbeit mit der Erbauung einer Kneipe ein.
Hätte Swift Gelegenheit gehabt, sich mit der Kolonialpolitik der Deutschen vertraut zu machen, so würde er gewiß hinzugefügt haben, daß ihr erstes Gebäude für die Eingeborenen eine Schule zu sein pflegt.
Ahnenkult
Einmal nahm Swift Ärgernis an einem Manne, der aufdringlich mit seinen Ahnen und ihren Taten protzte.
»Wenn ich Sie ansehe«, sagte Swift, »fühle ich mich an Kartoffeln erinnert.«
»Kartoffeln –?« fragte der andere befremdet.
»Ja«, sagte Swift. »Bei denen ist auch alles, was an ihnen zu brauchen ist, unter der Erde.«
Der Verleger und der liebe Gott
Samuel Johnson, der witzigste unter Alt-Englands gelahrten Köpfen, empfing nach langem Kleinkrieg von seinem Verleger Miller folgenden Brief:
»Andrews Miller empfiehlt sich Mr. Samuel Johnson, sendet ihm hier den Rest des Honorars und dankt Gott, daß er nun nichts mehr mit ihm zu tun hat!«
Johnson antwortete:
»Samuel Johnson empfiehlt sich Mr. Andrews Miller, dankt ihm für das Geld und freut sich, bei dieser Gelegenheit zu erfahren, daß Mr. Miller imstande ist, Gott für etwas zu danken.«
Allegorie
Ein Kaufmann, der mit dem Salzhandel ein riesiges Vermögen verdient und sich davon ein gewaltiges Schloß erbaut hatte, lud sich die Leuchten der britischen Prominenz zu einer Einweihungsfeier ein und führte die Gäste nach der Begrüßung durch das gigantische Treppenhaus.
»Hier«, sagte der Salzhändler und deutete auf eine noch leere überlebensgroße Nische, »möchte ich gern eine Skulptur aufstellen, die für meine Lebensarbeit allegorisch ist.«
»Da wüßte ich Rat«, meinte Dr. Samuel Johnson. »Ich empfehle Ihnen Lots Weib.«
Bäh!
Eines Tages wurde Johnson zum Wochenende auf ein Prunkschloß eingeladen. Der reiche Lord, der den Gelehrten nie gesehen hatte, aber sich unter ihm irgend etwas Erhabenes oder Verschrobenes vorstellen mochte, wollte seinen Gästen einmal etwas anderes bieten als Porter und Poker und Jagd.
Johnson, von heiterer Neugier getrieben, kam; aber der stolze Butler weigerte sich entschieden, den unscheinbaren, nachlässig und schäbig gekleideten Mann einzulassen. Der Gelehrte, der mit einer sachlichen Erklärung seines Erscheinens nicht durchdrang, wurde hitzig, und es gab einen sehr vernehmlichen Krach.
Der Lord kam in die Halle und betrachtete erstaunt den zornigen Besucher. »Wer seid Ihr?« fragte er.
»Ich bin Johnson«, war die Antwort.
»Ihr –?!« lachte der Lord verächtlich. »Ihr seht ja nicht mal aus, als ob Ihr ›bäh‹ zu einem Schaf sagen könntet.«
Johnson, froh der klaren Lösung, sah den Hausherrn an.
»Bäh!« sagte er laut und herzlich – wandte sich und ging.
Englischer Standpunkt
In einer Gesellschaft mußte Samuel Johnson eine lange und glühende Lobrede mit anhören, die ein Schotte auf seinen Landsmann Lord Mansfield hielt.
»Ist nicht Mansfield schon in jungen Jahren nach England gekommen und in England erzogen worden?«, fragte Johnson.
»Das stimmt«, gab der Schotte zu.
»Aha«, nickte Johnson. »Auch aus einem Schotten kann man was Ordentliches machen, wenn man ihn jung einfängt.«
*
Als der jüngere Pitt, erstaunlich jung noch, nach dem Sturz des Ministeriums North Erster Lord des Schatzes und Leiter des Unterhauses geworden war, kam er nach Cambridge, wo er einst studiert hatte. Da er nun an der Macht war, umdrängte und bedrängte ihn ein Schwarm von emsigen Stellungsjägern, um seine Gunst nebst dazugehörigen greifbaren Beweisen zu ergattern. Am ersten Sonntag seines Aufenthalts besuchte er, wie üblich, den öffentlichen Gottesdienst. Es traf sich, daß der Prediger ein mutiger und witziger Mann war; er trat auf die Kanzel, ließ einen lächelnden Rundblick über Pitts strenges junges Gesicht und den Heerhaufen der Pfründenjäger schweifen und sprach:
»Wir hören unsere Sonntagspredigt über Joh. VI Vers 9, wo geschrieben steht: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zween Fische, aber was ist das unter so viele?«
Charles James Fox, der große Gegenspieler Pitts, verschmähte keineswegs das in demokratischen Weltbezirken gebräuchliche Mittel, sich durch persönlichen Besuch bei den Wählern jene Atmosphäre des Vertrauens zu sichern, deren höchster irdischer Ausdruck die Abgabe des Stimmzettels ist. Dabei kam er einmal zu einem groben Schmied, der ihm mit durchaus unfreundlicher Miene einen derben Hanfstrick auf den Tisch des Hauses schmiß.
»Das ist alles, womit ich Ihnen dienen kann«, sagte der Schmied.
»Vielen Dank«, versetzte Fox und näherte sich eiligst der Tür, »aber ich möchte Ihre Familie nicht eines Gegenstandes berauben, der doch gewiß ein teures Andenken ist.«
Um das Jahr 1750 waren im englischen Unterhaus allerlei Bestrebungen zu bemerken, die in peinlicher und respektloser Weise auf eine Einengung der Königsgewalt abzielten. Es wurde sogar in etlichen Reden von der »Majestät des Volkes« gesprochen. Am 1. Mai 1750 nun veranstalteten die Gesellen und Lehrbuben der Londoner Schornsteinfeger einen fröhlichen Umzug, für den sie sich mit bunten Bändern und Schmuck aus Gold- und Silberpapier malerisch herausgeputzt hatten.
Lord Selwin, ein Liebling jener Götter, die von jeher den englischen Snob besonders liebten, hob das Lorgnon an die Augen, betrachtete den Umzug und sagte:
»Sieh an – man hört immer so viel von der ›Majestät des Volkes‹, nun bekommt man doch auch mal die jungen Prinzen zu sehen.«
Der Dichter Alexander Pope, ein winziger, durch eine üble Laune der Natur unheilbar verkrümmter Mann, wurde einmal in einer Gesellschaft von einem himmellangen Edelmann angeulkt, über dessen wahren Ursprung man sich boshafte Gerüchte zuraunte.
»Ich möchte wohl mal wissen, weshalb Ihr so kurz geraten seid«, sagte der lange Herr.
»Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich nur einen Vater gehabt habe«, versetzte Pope.
Der englische Gesandte Mitchel erschien am Abend der Zorndorfer Schlacht beim König, um in tadelloser Haltung und nicht ohne Herzlichkeit seine Glückwünsche darzubringen. »Der Himmel hat Ew. Majestät einen schönen Sieg beschert«, sagte er.
Friedrich hatte seinen skeptischen Tag und zuckte die Achseln: »Ohne Seydlitz wäre die Bataille zum Teufel gegangen.«
»Wir Engländer«, versetzte Mitchel, »haben die Gewohnheit, unseren hohen Alliierten im Himmel stets an erster Stelle zu nennen, da er keine Subsidien verlangt.«
Lord Hervey, eine Zierde des achtzehnten Jahrhunderts, ließ sich in Venedig durch eine der Lagunen gondeln. Er steckte den Zeigefinger ins Wasser und probte mit der Zunge den Geschmack.
»Salzwasser«, sagte er. »Gehört uns.«
Ein junger Engländer, der in Göttingen studierte, wohnte im Hause Abraham Gotthelf Kästners, des großen Mathematikers, Astronomen, Philosophen und weltweisen Witzkopfes. Er hatte sich im ersten Stock des Kästnerschen Hauses eine lange Flucht von Zimmern gemietet und tobte darin seinen heimatlichen Spleen auf besondere Art aus: Er ließ sich mit Zweigen und Borkenstücken die Zimmer waldmäßig herrichten, kaufte sich Hasen (vielleicht waren es auch Kaninchen) und Hunde und vollführte mit Hussa und Hallo einen schrecklichen Jagdlärm. Da er sich davon durchaus nicht abbringen ließ, mußte er es erleben, daß ihm eines Tages durch die Decke Wasser auf den Kopf tropfte, rieselte, strömte. Er rannte nach oben und riß eine Tür auf: Ein Wasserschwall donnerte ihm entgegen. Inmitten des hoch hinauf mit Wasser gefüllten Zimmers saß Kästner im Badeanzug auf einem Stuhl und hielt eine Angelrute in der Hand.
»God bless my soul!« brüllte der Engländer. »Was wird das?«
»Kümmern Sie sich um Ihr Revier«, sagte Kästner. »Sie jagen unten; ich fische oben.«
Unter den guten alten Bräuchen, die in früheren Jahrhunderten zu Shropshire in England herrschten, befand sich die schöne Sitte, daß abgenommene Gliedmaßen auf dem Friedhof bestattet werden mußten. Ein armer Teufel, dem der Chirurgus ein Bein abgesägt hatte, sollte dem Totengräber für den vorgeschriebenen Dienst vier Schillinge zahlen. Er ging – oder vielmehr hinkte – zum Geistlichen und klagte ihm sein Leid.
Der Reverend zuckte die Achseln.
»Da kann ich Euch nicht helfen«, sagte er. »Ihr müßt zahlen. Damit Euch aber die Sache nicht so hart trifft, will ich Euch entgegenkommen: Wenn Ihr einmal sterbt und den Rest Eures Leibes dazulegt, sollen Euch die vier Schillinge verrechnet werden.«
zu Gloucestershire in England, verlor – es ist anderthalb Jahrhunderte her – sein geliebtes Weib durch den Tod. In verzweifelter Trauer ritt er auf dem Wege zum Friedhof hinter dem Sarge her, als plötzlich seine beiden Hetzhunde, die ihn überallhin begleiteten, am Wege einen Hasen aufstöberten.
Wingord warf die Trauergewänder ab, soweit sie ihm hinderlich waren; preschte mitsamt seinen Hunden hinter dem Hasen her; erlegte ihn; kehrte zum Gefolge zurück; ließ sich seine Trauergewandung wiedergeben; nahm wieder die Miene ehrlichen Schmerzes an und sagte:
»– und nun, meine Freunde, lasset uns die traurige Zeremonie beenden, die mich auf immer von allem trennt, was mir auf Erden teuer war.«
Wie man weiß, übte das »fröhliche alte England« den herzhaften Brauch, Diebstahl, soweit er durch den Buchstaben des Gesetzes faßbar war, mit dem Henkerstrick zu ahnden.
Ein Mann, der ein Pferd gestohlen hatte, aber darauf nicht weit genug hinweggeritten war, stellte über diese Art der Rechtspflege grundsätzlich ablehnende Betrachtungen an. »Ist es gerecht«, so fragte er entrüstet, »einen Menschen zu hängen, weil er ein Pferd gestohlen hat?«
»Du irrst, mein Freund«, sagte der Friedensrichter Burnet im Ton milder Unterweisung. »Du wirst nicht gehängt, weil du ein Pferd gestohlen hast, sondern damit Andere keine Pferde stehlen.«
Die weitsichtige und sozusagen vorbeugende Handhabung der Rechtspflege hinderte nicht, daß der britische Konservativismus sich bei mancherlei Anlässen geradezu mit Inbrunst an den Buchstaben des Gesetzes heftete. Um 1790 hatte zu London ein Mann dem anderen im Verlauf einer Aussprache die Nase abgeschnitten; er wurde freigesprochen, weil das Gericht auf Grund des Gesetzes zu der Auffassung kam, dem Geschädigten sei keine Verstümmelung des Körpers widerfahren, sondern er sei nur »unscheinbar gemacht« worden. Eine Dienstmagd hatte ihrer Herrin ein Paar Seidenstrümpfe gestohlen – sie wurde freigesprochen, weil sie in der Eile zwei ungleiche Strümpfe erwischt hatte. Ein überführter und verurteilter Dieb konnte nicht hingerichtet werden, weil der junge Richter in der Aufregung vergessen hatte, dem Verdikt, »er solle vermittels eines Strickes am Halse gehängt werden«, den Satz hinzuzufügen: »bis er tot sei«. Da von der Arbeit des Henkers ein anderer Erfolg nicht zu erwarten war, mußte man den Sünder laufen lassen. Ein Bewohner Londons, der wegen Bigamie angeklagt war, mußte, eben wegen des Klagewortlauts, freigesprochen werden, weil sich im Prozeß ergab, daß er noch eine dritte Frau geheiratet hatte.
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King's Bench, das Oberhofgericht zu London, hatte im Jahr 1826 einen Erbschaftsprozeß zu entscheiden, in dem erbittert um einen großen Familienbesitz gekämpft wurde. Die Advokaten hatten als Quelle des Streites das Testament eines Mannes entdeckt, der seit dem Jahre 792 vermißt wurde.
King's Bench entschied, daß der Streit der Grundlage entbehre, da es gerichtlich nicht feststände, daß der Vermißte tot sei.
Anfang des achtzehnten Jahrhunderts starb zu Liverpool eine reiche alte Jungfer (»oder richtiger Unvermählte«, fügt der unhöfliche Kalendermann hinzu). Sie hatte eine seltsame, aber vielleicht irgendwie begründete oder durch Wunschträume verursachte Vorliebe für Küster, und sie stiftete den Küstern Liverpools ein Vermächtnis »für ewige Zeiten«. An jedem Donnerstagabend erhielten sie einen gewaltigen Schmaus, bestehend aus den Speisen, die offenbar die Leibgerichte der Zunft sind: Rosinenpudding, Hammelbraten und Gurkensalat. Dazu bekam jeder sechs Krüge Porter. Freilich war ihnen eine Pflicht auferlegt: Sie mußten vor dem Essen zum Andenken der Spenderin eine volle Stunde lang ihre Glocken läuten. Man kann sich denken, daß teils die Absicht, das Andenken der Erblasserin würdig zu ehren, teils die Aussicht auf die ergiebige Atzung sie zu ungewöhnlichen Arbeitsleistungen angespornt hat. Ohrenzeugen berichten Erstaunliches. Es wäre reizvoll, einmal festzustellen, wie lange die Erinnerung an die küsterliebende Jungfrau auf diese Weise lebendig gehalten wurde.
Der junge Herzog von Somerset, Bruder des stolzen John Seymour von Somerset, mußte einmal in einem Dorfe bei London einen Wagen mieten, weil sein Reitpferd lahmte, denn er war damals gerade »Sprecher« im Unterhaus geworden und wollte die Parlamentssitzung nicht versäumen. Der Kutscher hatte das Pech, daß ihm ein Rad brach; worauf der junge Herzog aus dem umgekippten Wagen kletterte und den Mann stumm, aber gründlich mit der Reitgerte bearbeitete. Der Kutscher nahm seinerseits die Peitsche und begann, den Herzog ebenso stumm, aber noch weit gründlicher zu verdreschen, so daß der Angreifer schließlich flüchten und hinter einem Busche Schutz suchen mußte.
»Weißt du eigentlich, wer ich bin, du Lümmel?« krähte er aus seiner notdürftigen Deckung. »Ich bin der Sprecher.«
»Ach nee – der Sprecher bist du?« Der Kutscher brüllte vor Lachen. »Weshalb hast du denn dann dein Maul nicht eher aufgetan?«
Als man in England den »Magnetismus« noch mit insularem Spott verfolgte, stand in einer Londoner Tageszeitung zu lesen: »Mr. Halse, Professor des tierischen Magnetismus, hat, wie man weiß, behauptet, daß seine Patienten im magnetischen Schlaf imstande seien, in ihrem Innern sehr genau Umschau zu halten. Daraufhin hat der Herr Graf von Londonderry, ebenso wißbegierig wie ungläubig, sich von Professor Halse einschläfern lassen, um Höchstseinen Kopf von innen zu betrachten. Beim Erwachen hat der hohe Herr indessen erklärt, er habe nichts darin wahrgenommen.«
Lord Howe, Kommandant der englischen Flotte im Kampf gegen Amerika, gab in einem kritischen Kampfabschnitt den Befehl, daß sämtliche Mitglieder der Schiffsbesatzungen abwechselnd mit den Offizieren zum Wachdienst herangezogen werden sollten, also auch die Zahlmeister, Ärzte und Geistlichen.
Einer von den Schiffsgeistlichen beschwerte sich darüber. »Das ist doch nicht unsere Sache!« sagte er.
»Nein?« Howe lächelte. »Steht denn nicht geschrieben: Wachet und betet! –?«
Bunter, ein britischer Straßenräuber, dessen umfängliche Tätigkeit im Jahre 1778 durch den landesüblichen Strick beendet wurde, begegnete, wie alle Räuber in der Romanze, eines Tages einer in Tränen aufgelösten armen Witwe. Er fragte sie, wie alle Räuber, nach dem Grunde ihres Kummers; und sie erzählte ihm, daß sie, wie alle armen Witwen, von einem hartherzigen Gläubiger bedrängt werde, der sie um einer Schuld von 25 Guineen willen aus ihrem Häuschen vertreiben wolle. Bunter griff, wie alle Räuber, in die Tasche, gab der armen Witwe 25 Guineen und schärfte ihr ein, sich die Bezahlung der Schuld bescheinigen zu lassen. Dann ging er, wie alle Räuber, eilig und unerkannt davon, ohne die Freudentränen der armen Witwe auszukosten.
Bis dahin ist die Geschichte zunftgemäß. Neu dagegen ist, daß Bunter am Abend dieses Tages bei Nacht und zweifellos auch Nebel dem Wucherer auflauerte, ihn grundlegend verdrosch und ihm die 25 Guineen wieder abnahm.
Lord Deanforth besaß ein überaus ungebärdiges Roß, das er nicht ganz zu Unrecht Bukephalos genannt hatte und von dem er behauptete, daß nur er selbst es reiten könne. Lord Forwall dagegen, der schneidigste Reiter der Grafschaft Kent, vermaß sich beim Porter mit aufreizenden Reden, des sagenhaften Tieres Herr zu werden. Es kam zu einer Wette: Lord Deanforth setzte 1000 Pfund auf die Gewißheit, daß Bukephalos seinen Reiter zu Boden werfen werde; Lord Forwall wettete 1000 Pfund dagegen: er werde oben bleiben.
Die sachverständigsten und vergnügtesten Fachleute der Grafschaft sahen den Ausgang mit an. Nach kurzem, aber denkwürdigem Kampf hing Lord Forwall angstvoll angeklammert ziemlich hoch in den Zweigen einer knorrigen Eiche, während Bukephalos in krachendem Galopp über die Felder davonbrauste.
Nachdem man den Lord heruntergeholt, das Pferd in einer anderen Grafschaft eingefangen und den Vorgang hitzig, aber ergebnislos besprochen hatte, kam es zum Prozeß. Lord Deanforth verlangte 1000 Pfund, weil Lord Forwall abgeworfen worden sei; Lord Forwall verlangte 1000 Pfund, weil er keineswegs »zu Boden« geworfen, vielmehr unzweifelhaft oben geblieben sei.
Ehrgeizige Juristen seien auch bei diesem Rechtshandel darauf aufmerksam gemacht, daß der Prozeß möglicherweise noch anhängig ist.
Lawrence Sterne, trefflicher Geistlicher und echter Humorist, des »Tristram Shandy« geniegesegneter Dichter, geriet einmal in einem Gasthaus mit einem Offizier aneinander, der die rauhbeinigen Sitten der Kolonialarmee mit einem ungewöhnlichen Mangel an Geist vereinigte. Eine wohlgezielte Bemerkung Sternes brachte den Herrn in Hitze.
»Wenn ich«, sagte er, »einmal einen dummen Sohn haben sollte, so würde ich ihn Pfarrer werden lassen!«
»Ihr Herr Vater«, sagte Sterne, »hat offenbar anders gedacht!«
– – stand auf und ging von dannen.
An einem verschwenderischen Maimorgen des Jahres 1801 schlenderte ein karierter Gentleman ohne sonderliche Absichten durch das Getriebe des Hafens von Portsmouth, wo er einen ihm befreundeten Schiffskapitän traf, von dem er nach dem üblichen »Hallo!« und »How d'you do?« erfuhr, daß der Dreimaster »Good Hope« in einer Stunde zur Fahrt nach Indien die Anker lichten würde.
»Ich fahre mit«, sagte der karierte Gentleman. Und er schrieb in der Kapitänskajüte folgenden Brief an seine Frau:
»Liebe Betsy, ich fahre nach Indien. Dein Jonas.«
Nach einer halben Stunde brachte der Schiffsjunge die Antwort:
»Lieber Jonas, glückliche Reise! Deine Betsy.«
Ein Bewohner der Stadt Norwich, der dafür gesorgt hat, daß die Geschichte seinen Namen nicht überliefern kann, entwendete eines Abends die Herde des Pächters Sutterton, bestehend aus einem Hammel und acht wohlgeratenen Schafen. Ausgerüstet mit der Maske eines Biedermannes und geschützt durch die Dunkelheit, verkaufte er sie an einen des Weges kommenden Händler, der offenbar auf den Ursprungsnachweis verzichtete.
Nachts aber packte den Dieb die Reue und zwickte ihn dermaßen, daß er sich genötigt sah, mit seinem Gewissen zu paktieren. Er verließ sein Lager, stahl die Herde abermals, diesmal aus dem Stall des Käufers, und brachte sie heil und gesund zu Sutterton zurück. Hierauflegte er sich befriedigt schlafen und überließ es vertrauensvoll dem Schicksal, die immerhin noch vorhandene Lücke in der rechtlichen und menschlichen Klärung des Falles auszufüllen.
Der große Robert Walpole, als Staatsmann ein Schoßkind des Glücks, war ein eifriger und ungemein folgerichtiger Vorkämpfer des Friedens (mit Frankreich). Ein Brief, den er in diesem Zusammenhange an den französischen Minister Kardinal Fleury schrieb, verdient, als geschichtliches Aktenstück von einzigartiger Aufschlußkraft allgemein bekannt zu werden.
»Ich zahle«, schrieb Walpole, »dem halben Parlament Sondergehälter, damit es immer für den Frieden stimmt. Da aber die andere Hälfte nichts bekommt, weil es zu viel kosten würde, sie also immer den Krieg haben will, so würden Ew. Eminenz sehr wohl daran tun, mir drei Millionen Livres zu überweisen. So viel wird, glaube ich, zur Besänftigung der ärgsten Schreier nötig sein. Geld ist ein Mittel, das auch das kriegerischste Blut abkühlt. Zweitausend Pfund jährlich, und ich mache den wildesten Löwen zum Lamm. Also drei Millionen, und Ew. Eminenz gewinnen noch dabei. Denn im Falle eines Krieges müssen Sie Subsidien zahlen und sind dennoch dem Zufall preisgegeben. Schicken Sie mir aber das Geld, so haben Sie den Frieden aus erster Hand.«
Im Jahre 1826, schon im Schatten des nahenden Todes, dirigierte Karl Maria von Weber in London den »Oberon«. Während der Proben traf sein forschender Blick oftmals einen der Sänger, und eines Tages, während der Pause, winkte er ihn heran und reichte ihm herzlich die Hand.
»Ich danke Ihnen aufrichtig für die viele Mühe, die Sie sich um meine Oper geben«, sagte er.
»Oh – Sir – keine Ursache«, dienerte der Sänger geschmeichelt.
»Doch, doch, Sie geben sich unendliche Mühe«, beharrte Weber. »Wenn ich allein bedenke, wie viele Noten Sie singen, die gar nicht in der Partitur stehen!«
Peter Singkirps, einer jener Weltreisenden, die Albion scheinbar eigens zu dem Zweck entsendet, um seinen Ruf als Heimat des Spleens zu rechtfertigen, kam 1834 nach Ägypten. Da gewisse Anzeichen darauf hindeuteten, daß seine Heimberufung zu seinen Vätern bevorstand, knüpfte er Verhandlungen mit einem Araberscheich an und ernannte ihn zum Vollstrecker einer sehr seltsamen letztwilligen Verfügung. Der Scheich, mit der Kaufkraft guter englischer Sovereigns durchaus vertraut, versprach, alles gewissenhaft auszuführen – und tat's, als Singkirps bald darauf starb.
Etliche Jahre danach kam ein französischer Gelehrter nach Ägypten, beseelt von dem unbezähmbaren Verlangen, eine Pharaonenmumie zu erwerben. Er wandte sich an den uns bereits bekannten Scheich, und dieser, mit der Kaufkraft guter französischer Louisdors durchaus vertraut, stand nicht an, dem französischen Professor das Prachtstück einer in seinem Regierungsbezirk befindlichen Pyramide zu verkaufen.
Einige Monate danach waren die Leuchten der französischen Altertumswissenschaft um das Mitbringsel aus Ägypten versammelt. Unter atemloser Spannung wurden viele, merkwürdig gut erhaltene Leinenbinden abgewickelt; dann stieß man auf ein Schild: Aber es standen nicht, wie man es erwarten und verlangen konnte, zünftige Hieroglyphen darauf, sondern eine peinlich leicht lesbare Inschrift in modernstem Englisch:
»Peter Singkirps, London, Fenchurch Street, Seifensieder und Salzlieferant des Britischen Königshauses, Pfarrkind der Gemeinde St. Lucas.«
Im Jahre 1858, als die Regierung unter Palmerston vom Parlament einen Kredit von 1 600 000 Pfund zur Fortsetzung des Krieges gegen Rußland forderte und die Opposition im Unterhaus gegen die Vermehrung der Nationalschuld Sturm lief, gab ein Mitglied der Regierungsmehrheit im Eifer den bemerkenswerten Satz von sich:
»Nationalschuld ist gleichbedeutend mit Nationalreichtum. Wenn man den Engländern neun Zehntel ihrer Lasten nähme, so wären sie ganz gewiß nicht glücklicher als jetzt.«
Im nächsten Heft des »Punch« stand zu lesen:
»Mit dem gleichen Recht könnte man sagen: Ihr Mangel an Geist, werter Herr, ist in Wahrheit Ihr Reichtum, und wenn man Ihnen neun Zehntel Ihrer blödsinnigen Begriffe nähme, so wären Sie unglücklich.«
Als der englische Maler James Whistler 1878 seinen in der Kunstgeschichte berühmten Beleidigungsprozeß gegen John Ruskin ausfocht, gerieten die beiden Kampfhähne vor Gericht in eine große theoretische Auseinandersetzung und entfernten sich dabei in Höhen, in die ihnen der gewöhnliche Sterbliche nicht folgen konnte.
Der Richter, der dies zunächst geduldig angehört hatte, mischte sich schließlich ein: »Meine Herren, so kommen wir nicht weiter. Wir müssen zunächst die Grundfrage klären. Würden Sie« – zu Whistler gewandt – »beispielsweise in der Lage sein, den Herren Geschworenen hier auseinanderzusetzen, was nach Ihrer Meinung Kunst ist?«
Whistler klemmte sein Monokel ein und sah die Geschworenen der Reihe nach eingehend und aufmerksam prüfend an. Hierauf ließ er das Monokel wieder fallen und sagte:
»Nein.«
William Hogarth, der tödlich treffende Meister der gezeichneten Satire, empfing den Besuch einer vornehmen jungen Dame, die ein Anliegen hatte: Sie wollte das Karikaturzeichnen erlernen.
Hogarth betrachtete mit sehnsüchtig-traurigem Lächeln das schöne, noch von keiner Leidenschaft gezeichnete Gesicht seiner Besucherin.
»Ach, Mylady«, sagte er, »das ist keine beneidenswerte Kunst. Nehmen Sie meinen Rat an und erlernen Sie es nicht. Sehen Sie mich an: Durch die lange Übung darin habe ich die reine Freude an der Schönheit eingebüßt. Alles sehe ich nur entstellt und verzerrt, und es scheint, als wäre mir die Göttlichkeit des Menschenangesichts verloren.«
Zu Edgar Wallace, dem Ford des Kriminalromans, kam ein kümmerlich aussehender kleiner Mann und sagte demütig:
»Mr. Wallace, ich habe Ihren letzten Roman gelesen, und er war so entsetzlich spannend, daß ich die ganze Nacht darüber gesessen und am andern Morgen vollkommen vergessen habe, ins Geschäft zu gehen. Nun hat mich mein Chef entlassen. Was soll ich tun?«
»Armer Mann!« sagte Edgar Wallace und wischte eine Mitleidsträne von seiner Zigarettenspitze. »Da weiß ich Rat. Hier haben Sie meinen heute erschienenen allerneuesten Roman. Er ist dermaßen spannend, daß Sie darüber sogar Ihre Entlassung vergessen werden.«
Der englische Südpolforscher Robert Falcon Scott kam im Jahre 1911 zu Lloyd George und bat um finanzielle Förderung seiner neuen Südpolfahrt (die ihm später Erfolg und Tod bringen sollte). Lloyd George, liberal wie immer, nahm seine Besuchskarte und schickte Scott damit zu einem alten schwerreichen Großgrundbesitzer, der als eingefleischter Konservativer drei Liebhabereien hatte: Die Jagd, die Polarforschung und den Haß gegen die Liberalen.
Schmunzelnd kam Scott am anderen Tage wieder.
»Na?« fragte Lloyd George. »Erfolg gehabt?«
»Tausend Pfund hat er mir gegeben«, sagte Scott, »aber ich kann noch viel mehr von ihm kriegen. Wenn ich Sie dazu überrede, an meiner Expedition teilzunehmen, gibt er mir fünfzigtausend, und wenn ich es so einrichte, daß Sie am Pol zurückbleiben, bekomme ich eine Million.«
In Shropshire war einmal Ersatzwahl zum Unterhaus. Der Kandidat der Labour Party, bemüht, seinen freudig erregten Hörern die Abscheulichkeit seines konservativen Gegenkandidaten in ihrem vollen Umfange begreiflich zu machen, knallte mit der Hand auf das Rednerpult und brüllte:
»Das eine sage ich euch: Wenn wir, er und ich, siamesische Zwillinge wären – ich würde ihn von mir abschneiden lassen!«
Eine englische Filmgesellschaft wollte eine Sitzung des Unterhauses aufnehmen und beantragte die Genehmigung dazu. Die Ansicht, daß dieser Antrag unverfänglich sei, muß als laienhaft zurückgewiesen werden; er wurde »aus grundsätzlichen Erwägungen« abgelehnt.
»Wir sind gewiß«, bemerkt die Zeitung »London Opinion« offenbar in Erfüllung der ihr durch ihren Namen auferlegten Verpflichtung dazu, »daß die Kinobesucher der Regierung für diesen Entschluß Dank wissen werden.«