Johann Caspar Lavater
Von der Physiognomik
Johann Caspar Lavater

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LXI.
Dummheit.

Jedes Gesicht ist dumm, dessen Untertheil, von dem Ende der Nase an gerechnet, weniger, als den dritten Theil des Gesichts ausmacht; ist's nicht dumm, so ist's närrisch.

LXII.
Dummheit. Jedes Gesicht ist dumm, dessen fester Untertheil beträchtlich mehr, als einen der zwey obern Theile ausmacht.

LXIII.
Dummheit.

Wie stumpfer der Winkel ist, den das Profil des Auges mit dem Mund, im Profile betrachtet, formiert, desto schwächer und dümmer ist der Mensch.

63. Dummheit.
»Wie stumpfer der Winkel ist, den das Profil des Auges mit dem Mund, im Profile betrachtet, formiert, desto schwächer und dümmer ist der Mensch.«

LXIV.
Dummheit.

Jedes Gesicht ist von Natur dumm, dessen Stirne, mit einem weich-anliegenden Maaße gemessen, beträchtlich kürzer ist, als die Nase, von dem Ende der Stirne auf dieselbe Weise gemessen, wenn auch das perpendikuläre Maaß dieselbe Länge hätte.

LXV.
Dummheit.

Jedes Gesicht ist dumm, was vom Augwinkel an, bis mitten an den Nasenflügel, kürzer ist, als von dort zur Mundspitze.

65. Dummheit.
»Jedes Gesicht ist dumm, was vom Augwinkel an, bis mitten an den Nasenflügel, kürzer ist, als von dort zur Mundspitze. «

LXVI.
Dummheit.

Jedes Gesicht ist dumm, dessen Augen merklich weiter, als eine Augenbreite, von einander abstehen.

LXVII.
Narr.

Wer mit schiefer Lippe zwecklos lächelt; wer oft isoliert ohne bestimmte Tendenz und Direktion steht; wer mit aufrechtem Körper, wenn er grüßt, nur den Kopf vorwärts nickend bewegt – ist ein Narr.

LXVIII.
Vielseitige Charakter.

Kurze, perpendikuläre, oben knottige, stark und verworren gefurchte, zwischen den Augbraunen flache Stirnen; große, helle, vorstehende, blaugraue Augen; kleine Nase; lange (uneigentliche) Oberlippe; blasse Farbe; ruhelose Lippen, fand' ich an verständigen, Gedächtnißreichen, aktifen, intriganten, vielseitigen bald gutherzigen, bald derbstrengen, bald sehr hell-, bald äußerst schief-sehenden Menschen.

LXIX.
Sophisten, Schälke.

Kleine, matte, schlecht gezeichnete Augen, mit lauerndem Blicke; eine bleyfarbige Gesichtshaut; flache, kurze, schwarze Haare; eine aufgeworfene Nase; eine mächtig vorstehende, aufwärtsstehende Unterlippe – unter einer wohlgebauten, verstandreichen Stirn – werdet ihr selten anderswo finden, als an erz-schiefen, infamen Sophisten, bösen Erzzänkern; listig-schalkhaften, kabbalisierenden, argwöhnischen, eigennützig-niedrigen, abominabeln Menschen.

LXX.
Eigensinn.

Je höher die Stirn, und je klein-scheinender dagegen der übrige Theil des Gesichts – je knottiger die hohle Stirn, je tiefer das Auge, je weniger Vertiefung zwischen Stirn und Nase, je beschlossner der Mund, je breiter das Kinn – je perpendikulärer das längliche Gesichts-Profil – desto unbiegsamer der Eigensinn, desto härter der Charakter.

LXXI.
Weiber.

Nicht der tausende Theil von dem, was beobachtet wird, darf dem Papiere vertraut werden. – Eitelkeit oder Stolz ist der allgemeine Charakter aller Weiber. – Man darf nur Eins von beyden beleidigen, um Züge zu sehen, die uns auf den Abgrund ihres Charakters blicken lassen. Diese Züge zeigen sich seltener in der Stirn, als in den Nasenflügeln, dem Naserümpfen, Wangenfalten und den Lippen, besonders im Lächeln.

LXXII.
Weiber.

Kein schnippisches Weib taugt zur Freundschaft – und – schnippisches Wesen kann kein Weib, wie klug oder listig sie sey, verbergen. Betrachte nur die Bewegung ihres Nasenflügels und ihrer Oberlippe im Profil, wenn von einer Rivalin, oder Nichtrivalin – die Sensation macht – die Rede ist.

LXXIII.
Weiber.

Weiber mit braunen, behaarten, oder borstigen Warzen am Kinn, besonders am Untertheile des Kinnes, oder am Halse – sind zwar gemeiniglich wacker, thätig, gute Hausmütter, aber äußerst sanguinisch, und bis zur Narrheit, ja zur Tollheit verliebt. Sie schwatzen viel, und schwatzen gern nur von Einem. Sie dringen sich leicht auf, und sind sehr schwer wieder wegzubringen. – Man muß sie sehr schonend und ruhig-freundlich behandeln, und sie, mit sanft-kalter Würde, immer drey Schritte vom Leib' entfernt zu halten suchen.

LXXIV.
Weiber.

Ist der Gang eines Weibes fatal, entschieden fatal, nicht nur unangenehm, sondern impetuos, schief, ohne Würde, verächtelnd, seitwärts vordrängend – so reitze dich weder eine Schönheit an ihr, noch täusche dich ihr Verstand, noch locke dich ihr Vertrauen. – Ihr Mund wird seyn, wie ihr Gang, und ihr Betragen hart und falsch, wie ihr Mund. Sie wird dir für alles, was du ihr thust, nicht danken, und für das Geringste, was du unterlässest, sich fürchterlich rächen. – Vergleicht Gang und Stirnlinien, Gang und Falten um den Mund; ihr werdet über der Harmonie zwischen beyden erstaunen.

LXXV.
Weiber.

Weiber mit rollenden Augen, zart-beweglicher, faltenreicher, schlaffer, beynahe hängender Haut, gebogner Nase, röthlichen Wangen, selten stillem Munde, merklichem Unterkinne, wohlgerundeter, faltiger, zarthautiger Stirn – sind nicht nur beredt, Imaginationsreich, ehrgeitzig, Gedächtniß-Heldinnen – sondern auch von Natur zur Galanterie äußerst geneigt, und vergessen sich bey aller Klugheit sehr leicht.

LXXVI.
Weiber.

Ein Weib mit einer tief-hohlen Nase-Wurzel, und einem vollen Busen, und einem etwas vorstehenden Hundszahn – wird, aller ihrer Häßlichkeit und Unliebbarkeit ungeachtet, den ganzen Pöbel niedriger Wollüstlinge gewisser, leichter, und unwiderstehlicher verführen, als eine wahrhafte Schönheit. – Die schlimmsten Huren, die man vor den Consistorien sieht, sind immer dieses Charakters. Fliehe sie, wie eine Pest, und verbinde dich nie mit einer solchen – auch zum ehelichen Leben nicht – auch wenn sie im beßten Rufe steht.

LXXVII.
Warzen.

Eine breite, braune Warze (Schanzlaus) am Kinne, werdet ihr nie an wahrhaft weisen, ruhig-edeln Menschen – aber sehr oft an merklich Imbezilen finden. – Wenn ihr sie auch an einem Weisen findet, so wird der gewiß häufige Momente der völligsten Gedankenlosigkeit, Geistes-Absenz, und einer unglaublichen Schwäche haben.

LXXVIII.
Warzen.

Es giebt an sehr verständigen, angenehmen Menschen, Warzen an der Stirn, die nicht braun, nicht sehr groß sind, zwischen den Augbraunen, die nichts widriges, nichts fatales zeigen – Aber, eine starke, braune Warze an der Oberlippe, besonders, wenn sie beborstet ist, werdet ihr an keinem Menschen finden, dem nicht irgend etwas Wesentliches zur Ganzheit mangelt, der sich nicht wenigstens durch einen Capital-Fehler auszeichnet.

LXXIX.
Taugenichts.

Aufgedunsene, welke Backen; großes, schwammiges Maul; mittlere, eher kleine Figur; Sommerflecken im Gesichte; flaches, unlocksames Haar; widersprechende, gebrochene Falten in der Stirnhaut; schnell gegen die Stirn sich senkender Schädel; Augen, die nie natürlich ruhig auf einen Fleck hinschauen, und abwärts gewinkelt sind sind – zusammen das Rezept zu einem Taugenichts.

LXXX.
Vorsicht.

Sey vorsichtig gegen jede Leisesprecher und Scharfschreiber; gegen Wenigsprecher und Vielschreiber; gegen jeden Wenigsprecher und Viellächler, dessen Viellächeln nicht rein von Hohn und Verachtung ist. – Kurze Stirnen, stumpfe Nasen, sehr kleine Lippen, oder dann vorstehende Unterlippen – und große Augen, die dich nie direkt anschauen dürfen – und besonders breite, rohe Kinnladen; ein aufstehendes, unten fest-fettes Kinn, zeichnen sie aus.


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