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Nicht ganz leichten Herzens jedoch schlich Krause mit seinen anakreontischen Versen nach einer Apotheke. Denn was sollte er nun eigentlich bestellen? Was alles konnte der Apotheker fragen? Und was konnte er antworten? Und wie sollte er nun seiner Huldin offenbaren, was er heiß im Herzen trug?
Mit dergleichen Gedanken sich herumschlagend, langte er in Aeskulaps Rüstkammer an, und wie freudig blickte er auf, als er im Apotheker einen Bekannten fand, den er an seinen Bergen botanisierend im Sommer angetroffen hatte! Bald war er mit ihm in traulichem Gespräche. Das Lotterieloos, welches das ganze Publikum in Bewegung gesetzt hatte, kam auch hier zur Sprache, und mein Pastor wußte nun seine medizinische Angelegenheit recht gut an den Mann zu bringen, ohne eben mehr zu verrathen als nöthig war. Lachend mischte der Handlanger des Todes etwas Krimskram zu einer Magenstärkung, während Krause unter den niedlichen, mit kleinen Bildchen gezierten Papierstreifen wählte, die den Arzneigläsern in Form von Schwalbenschwänzchen zur Erläuterung angehängt werden. Wie gern hätte er durch einen schußfertigen Amor, einen ominösen Myrthenkranz oder dergleichen Etwas seiner Holden auch nur einen Funken des in ihm glimmenden Liebesfeuers leuchten lassen. Aber – welche Noten würde die alte Pharisäerin zu solchem Texte wohl gesetzt haben? Er ließ also den Apotheker wählen. Und siehe, dieser ergriff den alten Charon im lecken Kahne, mit der Unterschrift: nondum. d. i. noch nicht! Wie paßte doch das zu den Wünschen des armen Pfarrer? – Indeß – er nahm das Glas, und trollte wieder nach der Wohnung der alten Sybille. Auf einmal stand er still. Frohes Lächeln schwebte gleich einem Sonnenblicke über sein Gesicht hin: gefunden! sprach er halblaut für sich selbst, trat in ein enges Nebengäßchen und schrieb mit seinem Bleistift eine kurze, aber deutliche Liebeserklärung in französischer Sprache auf die Rückseite des Schwalbenschwänzchens. Ihn belustigte die mehr als ovidische Verwandlung, zufolge welcher Anakreon in seiner Hand zum Apotheker und der grämliche Charon zum verliebten Merkur geworden war. Fröhlich trat er nun ein in die enge Wohnung, die ihm zur Hälfte wenigstens, – eine Engelburg schien. Er produzirte demüthig sein Heilmittel, und war so glücklich, Lischen das gleich einem Heiligenschein von ihm um Charons Haupt geschriebene: tournez la feuille D. i. kehre das Blatt um. bemerklich zu machen. Und wäre diese wohl ein Mädchen gewesen, wenn sie den Streich nicht gemerkt, und nicht erröthend sich abgewandt hätte, während er der Alten das Bild ganz ernsthaft erklärte?