Bonaventura
Nachtwachen
Bonaventura

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Neunte Nachtwache

Es freut mich daß ich in den vielen Dornen meines Lebens doch wenigstens Eine blühende volle Rose fand; sie war zwar so von den Stacheln umschlungen, daß ich sie nur mit blutiger Hand und entblättert hervorziehen konnte; doch aber pflükte ich sie, und ihr sterbender Duft that mir wohl. Diesen einen Wonnemonat unter den übrigen Winter- und Herbstmonden verlebte ich – im Tollhause. –

Die Menschheit organisirt sich gerade nach Art einer Zwiebel, und schiebt immer eine Hülse in die andere bis zur kleinsten, worin der Mensch selbst denn ganz winzig stekt. So baut sie in den großen Himmelstempel an dessen Kuppel die Welten als wunderheilige Hieroglyphen schweben, kleinere Tempel mit kleinern Kuppeln und nachgeäfften Sternen, und in diese wieder noch kleinere Kapellen und Tabernakel, bis sie zulezt das Allerheiligste ganz en miniature wie in einen Ring eingefaßt hat, da es doch ringsum groß und mächtig um Berge und Wälder schwebt, und in der glänzenden Hostie, der Sonne, am Himmel emporgehoben wird, daß die Völker davor niederfallen. In die allgemeine Weltreligion, die die Natur mit tausend Schriftzeichen geoffenbart hat, schachtelt sie wieder kleinere Volks- und Stammreligionen für Juden, Heiden, Türken und Christen; ja die leztern haben auch daran nicht genug, sondern schachteln sich noch von neuem ein. – Eben so ist es mit dem allgemeinen Irrhause, aus dessen Fenstern so viele Köpfe schauen, theils mit partiellem, theils mit totalem Wahnsinne; auch in dieses sind noch kleinere Tollhäuser für besondere Narren hineingebaut. In eins von diesen kleinern brachten sie mich jezt aus dem großen, vermuthlich weil sie dieses für zu stark besezt hielten. Ich fand es indeß hier gerade wie dort; ja fast noch besser, weil die fixe Idee der mit mir eingesperrten Narren meistens eine angenehme war.

Ich kann meine Mitnarren nicht besser darstellen, als wenn ich gerade den Augenblick wähle, wo ich sie dem besuchenden Arzte vorführen mußte, was dann und wann geschah, weil mich der Aufseher des Instituts meiner unschädlichen Narrheit halber zum Vize- und Unteraufseher ernannt hatte. Ich that es das leztemal unter folgender Rede:

»Herr Doktor Oehlmann, oder Olearius – wie Sie denn ihren Namen vor Dissertationen und Programmen, durch eine todte Sprache in die Unsterblichkeit übersetzen – wir laboriren zwar alle mehr oder minder an fixen Ideen; nicht nur einzelne Individuen, sondern ganze Gemeinheiten und Fakultäten, von denen z. B. viele der lezteren neben dem Vertriebe der Weisheit auch einem bloßen Huthhandel obliegen, wodurch sie sogar nicht weise Häupter, bloß vermöge des leichten Aufdrückens eines solchen Huthes aus ihrer Fabrik in weise umzusetzen glauben; ja ihn oft selbst auf einen bloßen Rumpf schlagen und so scheinbar Philosophen bilden, weil die Gesichter der lezteren vor übergroßem Spekuliren sich ohnedies gewöhnlich tief unter die Huthkrempe zu verkriechen pflegen. – Ich habe der vielen Beispiele halber, die sich hier meinem Gedächtnisse aufdrängen, den Faden des Perioden verlohren, und reiße ihn lieber ganz ab, um von neuem anzuheben.«

Oehlmann schüttelte hier seinen Doktorhut, wie wenn er daran zweifelte, daß man dem meinigen eine Doublette von diesem erhandelten Exemplare jemals verabfolgen lassen würde.

»Sie schütteln, fuhr ich fort, weil mich der Himmel blos zu einem Narren kreirt hat, und nicht späterhin der Kaiser zum Doktor? doch beseitigen wir das für jezt noch und reden von meiner Tollheit und den Mitteln ihr abzuhelfen, lieber zulezt.

Hier No. 1. ist ein Beleg zur Humanität, der mehr als alle Schriften darüber gilt; ich kann nie an ihm vorübergehen, ohne mich an die größten Helden der Vorzeit, einen Curtius, Coriolan, Regulus und dergleichen zu erinnern. Sein Wahnsinn besteht darin, die Menschheit zu hoch und sich selbst zu niedrig anzuschlagen; deshalb behält er, im Gegensaze schlechter Poeten, alle Flüssigkeiten bei sich, weil er befürchtet, durch ihre Freilassung eine allgemeine Sündfluth herbeizuführen. Ich ergrimme oft, wenn ich ihn betrachte, darüber, daß ich sein eingebildetes Vermögen nicht in der That besize – wahrlich ich thät's, ich nähme die Erbe als meinen pot de chambre in die Hand, daß alle Doktoren untergingen, und nur ihre Hüthe in Menge oben schwämmen. Es ist ein großer Gedanke – der arme Teufel faßt ihn nicht, denn sehn sie nur wie er da steht und sich quält, und den Athem zurükhält, blos aus reiner Menschenliebe, und wenn wir ihm jezt von dieser Seite nicht Luft verschaffen, so ist er des Todes. Mein recipe sind Feuersbrünste, ausgetrocknete Ströme mit stillstehenden Mühlen und vielen Hungrigen und Durstigen an den Ufern. Eine Radikalkur, denke ich, soll die Hölle des Dante abgeben, durch die ich ihn jezt alle Tage führe, und die er zu verlöschen sich ernstlich vorgesezt hat. – Seines ursprünglichen Handwerks nach, soll er ein Poet gewesen sein, der seine Flüssigkeiten in keinen Buchladen ableiten konnte. –

No. 2 und 3 sind philosophische Gegenfüßler, ein Idealist und ein Realist; jener laborirt an einer gläsernen Brust, und dieser an einem gläsernen Gesäße, weshalb er sein Ich niemals setzt, was jenem eine Kleinigkeit ist, ob er gleich dagegen die moralische Anschauung vermeidet, und darum die Brust sorgfältig bedeckt.

No. 4. sizt hier blos deswegen weil er in der Bildung um ein halbes Jahrhundert zu weit vorausgeschritten ist; es wandeln noch einige von der Art frei herum, die man aber, wie billig, alle auch für toll hält.

No. 5. hielt zu verständige und verständliche Reden, deshalb haben sie ihn hierher geschickt.

No. 6. ist aus der Verrüktheit, den Scherz eines Großen als Ernst zu nehmen, verrükt geworden.

No. 7. hat sein Gehirn versengt, dadurch daß er sich zu hoch in die Poesie verstieg, und

No. 8. dadurch, daß er bei vernünftigen Tagen es mit der Rührung in seinen Komödien zu übermäßig betrieb, seine Vernunft gänzlich weggeschwemmt. Jener glaubt jezt als Flamme zu brennen, so wie im Gegentheile dieser als Wasser dahin fließt. Ich habe dann und wann versucht die widerstreitenden Elemente durch einen gegenseitigen Kampf zu verzehren, aber das Feuer fiel dann so heftig über das Wasser her, daß ich

No. 9, der sich für den Weltschöpfer hält, herbeirufen mußte, um sie wieder von einander zu scheiden.

Diese letzte Nummer hält oft höchst wunderliche Selbstgespräche, und Sie können jezt eben einem zuhören, wenn Sie anders Geduld dazu haben.

Monolog des wahnsinnigen Weltschöpfers.

»Es ist ein wunderlich Ding hier in meiner Hand, und wenn ichs von Sekunde zu Sekunde – was sie dort ein Jahrhundert heißen – durch das Vergrößerungsglas betrachte, so hat sich's immer toller auf der Kugel verwirrt, und ich weiß nicht ob ich darüber lachen oder mich ärgern soll – wenn beides sich nur überhaupt für mich schickte. Das Sonnenstäubchen, das daran herumkriecht, nennt sich Mensch; als ich es geschaffen hatte, sagte ich zwar der Sonderbarkeit wegen es sei gut – übereilt war das freilich, indeß ich hatte nun einmal meine gute Laune, und alles Neue ist hier oben in der langen Ewigkeit willkommen, wo es gar keinen Zeitvertreib giebt. – Mit manchem was ich geschaffen, bin ich freilich noch jezt zufrieden, so ergözt mich die bunte Blumenwelt mit den Kindern die darunter spielen, und die fliegenden Blumen, die Schmetterlinge und Insekten, die sich als leichtsinnige Jugend von ihren Müttern trennten und doch zu ihnen zurückkehren um ihre Milch zu trinken und an der Mutter Brust zu schlummern und zu sterben.Irgend ein Naturforscher stellt die Hypothese auf, daß die ersten Insekten nur Staubfäden an Pflanzen waren, die sich durch ein Ohngefähr von ihnen trennten. – Aber dies winzige Stäubchen, dem ich einen lebendigen Athem einbließ und es Mensch nannte, ärgert mich wohl hin und wieder mit seinem Fünkchen Gottheit, das ich ihm in der Uebereilung anerschuf, und worüber es verrükt wurde. Ich hätte es gleich einsehen sollen, daß so wenig Gottheit nur zum Bösen führen müsse, denn die arme Kreatur weiß nicht mehr, wohin sie sich wenden soll, und die Ahnung von Gott, die sie in sich herumträgt, macht daß sie sich immer tiefer verwirret, ohne jemals damit aufs Reine zu kommen. In der einen Sekunde, die sie das goldene Zeitalter nannte, schnitzte sie Figuren lieblich anzuschauen und baute Häuserchen darüber, deren Trümmer man in der andern Sekunde anstaunte und als die Wohnung der Götter betrachtete. Dann betete sie die Sonne an, die ich ihr zur Erleuchtung anzündete und die, mit meiner Studierlampe verglichen, sich wie das Fünkchen zur Flamme verhält. Zulezt – und das war das ärgste – dünkte sich das Stäubchen selbst Gott und bauete Systeme auf, worin es sich bewunderte. Beim Teufel! Ich hätte die Puppe ungeschnizt lassen sollen! – Was soll ich nun mit ihr anfangen? – Hier oben sie in der Ewigkeit mit ihren Possen herumhüpfen lassen? – Das geht bei mir selbst nicht an; denn da sie sich dort unten schon mehr als zuviel langweilt und sich oft vergeblich bemüht in der kurzen Sekunde ihrer Existenz die Zeit sich zu vertreiben, wie müßte sie sich bei mir in der Ewigkeit, vor der ich oft selbst erschrecke, langweilen! Sie ganz und gar zu vernichten, thut mir auch leid; denn der Staub träumt doch oft gar so angenehm von der Unsterblichkeit, und meint, eben weil er so etwas träume, müsse es ihm werden. – Was soll ich beginnen? Wahrlich hier steht mein Verstand selbst still! Lasse ich die Kreatur sterben und wieder sterben, und verwische jedesmal das Fünkchen Erinnerung an sich selbst, daß es von neuem auferstehe und umherwandle? Das wird mir auf die Länge auch langweilig, denn das Possenspiel immer und immer wiederholt, muß ermüden! – Am besten ich warte überhaupt mit der Entscheidung bis es mir einfällt einen jüngsten Tag festzusetzen und mir ein klügerer Gedanke beikommt. –«

»Was das für ein verruchter Wahnsinn ist
fiel ich ein, als Nro. 9 inne hielt. –

Wenn ein vernünftiger Mensch dergleichen vorbrächte, würde man es wahrlich konfisziren.«

Oehlmann schüttelte den Kopf und machte einige bedeutende Anmerkungen über Gemüthskrankheiten überhaupt.

Der Weltschöpfer, der bei seiner Rede einen Kinderball in der Hand hielt und jezt mit ihm an zu spielen fing, fuhr nach einer Pause fort.

»Wie die Physiker sich jezt über die veränderte Temperatur wundern, und neue Systeme darüber aufstellen werden. Ja diese Erschütterung bringt vielleicht Erdbeben und andere Erscheinungen zuwege, und es giebt ein weites Feld für die Theologen. O das Sonnenstäubchen hat eine erstaunliche Vernunft, und bringt selbst in das Willkührlichste und Verworrenste etwas systematisches; ja es lobt und preiset oft seinen Schöpfer eben deshalb weil es davon überrascht wurde daß er eben so gescheut als es selbst sei. – Dann treibt es sich durch einander und das Ameisenvolk bildet eine große Zusammenkunft und stellt sich fast an, als ob etwas darin abgehandelt würde. Lege ich jezt mein Hörrohr an, so vernehme ich wirklich etwas und es summen von Kanzeln und Kathedern ernsthafte Reden über die weise Einrichtung in der Natur, wenn ich etwa den Ball spiele und dadurch ein paar Duzzend Länder und Städte untergehen und mehrere von den Ameisen zerschmettert werden, die sich ohnedas seitdem sie die Kuhpocken erfunden haben nur zu viel vermehren. O seit einer Sekunde sind sie so klug geworden, daß ich mich hier oben nicht schneuzen darf, ohne daß sie das Phänomen ernsthaft untersuchen. – Beim Teufel! da ist es fast ärgerlich Gott zu sein, wenn einen solch ein Volk bekrittelt! – Ich möchte den ganzen Ball zerdrücken!« –

»Sehen Sie nur, Herr Doktor, – fuhr ich fort als der Weltschöpfer endete – wie grimmig der Kerl es auf die Welt angelegt hat; es ist fast gefährlich für uns andere Narren, daß wir den Titanen unter uns dulden müssen, denn er hat eben so gut sein konsequentes System wie Fichte, und nimmt es im Grunde mit dem Menschen noch geringer als dieser, der ihn nur von Himmel und Hölle abtrennt, dafür aber alles Klassische rings um her in das kleine Ich, das jeder winzige Knabe ausrufen kann, wie in ein Taschenformat zusammendrängt. Jeder vermag jezt aus der unbedeutenden Hülse, wie es ihm beliebt, ganze Kosmogonien, Theosophien, Weltgeschichten und dergleichen, samt den dazu gehörigen Bilderchen herauszuziehen. Groß und herrlich ist das allerdings; wenn nur das Format nicht so klein wäre! – Schon Schlegel hat es sehr auf die kleinen Bilderchen abgesehen, und ich muß gestehen daß mir eine große Iliade in Sedez herausgegeben, nimmer behagen will –; das heißt den ganzen Olymp in eine Nußschale packen, und die Götter und Helden müssen sich entweder zum verjüngten Maasstabe bequemen, oder ohne Gnade das Genik brechen!« –

»Sie sehen mich an, Herr Doktor, und schütteln zum zweitenmale den Kopf! Ja, ja sie haben es getroffen; das Alles gehörte zu meiner Tollheit und im vernünftigen Zustande bin ich grade der entgegengesezten Meinung!«

»Lassen Sie uns den Weltschöpfer verlassen! –

Hier Nro. 10 und 11 sind Belege zur Seelenwanderung; der erste bellt als Hund und diente ehmals am Hofe; der zweite hat sich aus einem Staatsbeamten in einen Wolf verwandelt. Man kommt auf eigene Gedanken bei ihnen.

Nro. 12, 13, 14, 15 und 16 sind Variazionen über denselben Gassenhauer, die Liebe.

Nro. 17 hat sich über seine eigene Nase vertieft. Finden Sie das sonderbar? Ich nicht! Vertiefen sich doch oft ganze Fakultäten über einen einzigen Buchstaben, ob sie ihn für ein á oder ù nehmen sollen.

Nro. 18 ist ein Rechenmeister, der die lezte Zahl finden will.

Nro. 19 denkt über einen Diebstahl nach, den der Staat an ihm beging; – das darf er aber nur im Tollhause.

Nro. 20 ist endlich mein eigenes Narrenkämmerchen. Treten Sie immer herein und schauen Sie sich um, sind wir doch vor Gott alle gleich und laboriren blos an verschiedenen fixen Ideen, wo nicht an einem totalen Wahnsinn bloß mit kleinen Nuanzen. – Das dort ist ein Sokrates Kopf dem Sie die Weisheit, so wie jenem Skaramuz, die Narrheit an der Nase ansehen. Dies Manuscript enthält eigenhändige Parallelen von mir über beide, und ist zu Gunsten des Narren ausgefallen. – Nicht wahr der Fleck müßte kurirt werden? Es ist überhaupt die verstockteste Seite an mir daß ich alles Vernünftige abgeschmackt, so wie vice versa finde – ich kann mich der Grille gar nicht erwehren!

Oft habe ich es versucht die Weisheit mit den Haaren an mich zu reißen, und habe deshalb privatim mit allen drei Brodfakultäten Umgang gepflogen, um mich demnächst öffentlich, nach einem kurzen akademischen Musenbeilager, als eine heilige Dreizahl zum Besten der Menschheit einsegnen zu lassen, und mit den drei übereinandergestülpten Doktorhüten einherzuschreiten. O dachte ich bei mir selbst; könntest du dann nicht blos durch leichten unbemerkbaren Hutwechsel als ein Proteus in praktischer und theoretischer Hinsicht umherwandeln! Ueber die kürzeste Heilungsmethode der Krankheiten in Dissertationen verkehren, und den Kranken selbst auf dem kürzesten Wege von seinem Uebel entbinden! Den Sterbenden, nach rasch vertauschtem Hute, als Rechtsfreund umarmen und sein Haus bestellen, und endlich blos durch übergeworfenen Mantel als Himmelsfreund ihm den rechten Weg zum Himmel zeigen. Wie in einer Fabrik durch verschiedene Maschinen, ließe sich auf diese Weise durch verschiedene Hüte ein Höchstes und Leztes erreichen. Und welch ein Ueberfluß an Weisheit und Gelde – eine erwünschte Kombination der beiden entgegengeseztesten Güter, eine höchste Idealisirung der Zentaurennatur im Menschen, wo das wohlgesättigte Thier unten, den höhern Reiter kek einherstolziren läßt. –

Doch ich fand bei näherer Ansicht Alles eitel und erkannte in aller dieser gepriesenen Weisheit zulezt nichts anders als die Decke die über das Mosesantlitz des Lebens gehängt ist, damit es Gott nicht schaue.

Sie sehen wohin das führt, und es ist eben meine fixe Idee, daß ich mich selbst für vernünftiger halte als die in Systemen deducirte Vernunft, und für weiser als die docirte Weisheit.

Ich möchte wahrlich mit Ihnen zu einer medizinischen Berathschlagung mich verbinden, bloß um zu überlegen, wie dieser meiner Narrheit beizukommen sei, und welche Mittel man dagegen anwenden könnte. Die Sache ist von Wichtigkeit, denn sagen Sie, wie kann man gegen Krankheiten sich auflehnen wollen, wenn man selbst, wie Sie wissen, mit dem Systeme nicht im Reinen ist, ja wohl gar das für Krankheit hält, was höhere Gesundheit ist, und umgekehrt.

Ja, wer entscheidet es zulezt, ob wir Narren hier in dem Irrhause meisterhafter irren, oder die Fakultisten in den Hörsälen? Ob vielleicht nicht gar Irrthum, Wahrheit; Narrheit, Weisheit; Tod, Leben ist – wie man vernünftigerweise es dermalen gerade im Gegentheile nimmt! – O ich bin inkurabel, das sehe ich selbst ein.«

Der Doktor Oehlmann verordnete mir nach einigem Nachsinnen viele Bewegung und wenig oder gar kein Denken, weil er meinte, daß mein Wahnsinn, gerade wie bei andern eine Indigestion durch zu häufigen physischen Genuß, durch übertriebene intellektuelle Schwelgerei entstanden sei. – Ich ließ ihn gehen!

Für meinen Wonnemonat im Tollhause spare ich ein anderes Nachtstück auf.


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