Heinrich von Kleist
Penthesilea
Heinrich von Kleist

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Neunzehnter Auftritt.

Die Oberpriesterinn der Diana (mit ihren) Priesterinnen. Die Vorigen. (ohne die Griechen)

Die Amazonen.
Triumph! Triumph! Triumph! Sie ist gerettet!

Penthesilea. (nach einer Pause)
Verflucht sei dieser schändliche Triumph mir!
Verflucht jedwede Zunge, die ihn feiert,
Die Luft verflucht mir, die ihn weiter bringt!
War ich, nach jeder würd'gen Rittersitte,
Nicht durch das Glück der Schlacht ihm zugefallen?
Wenn das Geschlecht der Menschen unter sich,
Mit Wolf und Tieger nicht, im Streite liegt:
Giebt's ein Gesetz, frag' ich, in solchem Kriege,
Das den Gefangenen, der sich ergeben,
Aus seines Siegers Banden lösen kann?
– Neridensohn!

Die Amazonen.         Ihr Götter, hört' ich recht?

Meroe.
Ehrwürd'ge Priesterinn der Artemis,
Trit näher vor, ich bitte dich –

Asteria.                                             Sie zürnt,
Weil wir sie aus der Knechtschaft Schmach befreiten!

Die Oberpriesterinn. (aus dem Gewühl der Frauen hervortretend)
Nun denn, du setzest würdig, Königinn,
Mit diesem Schmähungswort, muß ich gestehn,
Den Thaten dieses Tags die Krone auf.
Nicht bloß, daß du, die Sitte wenig achtend,
Den Gegner dir im Feld der Schlacht gesucht,
Nicht bloß, daß du, statt ihn in Staub zu werfen,
Ihm selbst im Kampf erliegst, nicht bloß, daß du
Zum Lohn dafür ihn noch mit Rosen kränzest:
Du zürnst auch deinem treuen Volke noch,
Das deine Ketten bricht, du wendest dich,
Und rufst den Überwinder dir zurück.
Wohlan denn große Tochter Tanaïs,
So bitt' ich – ein Versehn war's, weiter nichts –
Für diese rasche That dich um Verzeihung.
Das Blut, das sie gekostet, reut mich jetzt,
Und die Gefangnen, eingebüßt um dich,
Wünsch' ich von ganzer Seele mir zurück.
Frei, in des Volkes Namen, sprech' ich dich;
Du kannst den Fuß jetzt wenden, wie du willst,
Kannst ihn mit flatterndem Gewand ereilen,
Der dich in Fesseln schlug, und ihm den Riß,
Da, wo wir sie zersprengten, überreichen:
Also ja will's das heil'ge Kriegsgesetz!
Uns aber, uns vergönnst du, Königinn,
Den Krieg jetzt aufzugeben, und den Fuß
Nach Themiscyra wieder heimzusetzen;
Wir mindestens, wir können jene Griechen,
Die dort entfliehn, nicht bitten, stillzustehn,
Nicht, so wie du, den Siegskranz in der Hand,
Zu unsrer Füsse Staub sie nieder flehn.

(Pause)

Penthesilea. (wankend)
Prothoe!

Prothoe.         Mein Schwesterherz!

Penthesilea.                                       Ich bitte dich, bleib bei mir.

Prothoe.
Im Tod, du weißt – – Was bebst du, meine Königinn?

Penthesilea.
Nichts, es ist nichts, ich werde gleich mich sammeln.

Prothoe.
Ein großer Schmerz traf dich. Begegn' ihm groß.

Penthesilea.
Sie sind verloren?

Prothoe.                         Meine Königinn?

Penthesilea.
Die ganze junge Prachtschaar, die wir fällten? –
Sie sinds durch mich?

Prothoe.                               Beruh'ge dich. Du wirst sie
In einem andern Krieg' uns wiederschenken.

Penthesilea. (an ihren Busen)
O niemals!

Prothoe.             Meine Königinn?

Penthesilea.                                   O niemals!
Ich will in ew'ge Finsterniß mich bergen!


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