Rudyard Kipling und Wolcott Balestier
Naulahka, das Staatsglück
Rudyard Kipling und Wolcott Balestier

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Einundzwanzigstes Kapitel.

Stillsitzen ist das erste, was der junge Jockey lernen muß. Tarvin lernte es und es war eine bittere Lehre. Um seiner Stadt, um seiner Liebe willen, vor allem um des Lebens der Geliebten willen hätte er fort sollen. Die Stadt erwartete ihn, das Pferd stand gesattelt vor der Thüre, aber die Geliebte kam nicht, er mußte stillsitzen.

Der glühende Hauch des Wüstenwinds wehte ihn durch die offene Verandathüre so schonungslos an, wie Sitabhais Haß. Wenn er hinaussah, war nichts zu erblicken, als die im grellen Sonnenlicht schlafende Stadt und die kreisenden Weihen in den Lüften. Wenn aber der Abend kam, wo ein kühner Reiter vielleicht die Eisenbahnlinie hätte erreichen können, lösten sich geheimnisvolle Gestalten von den Wällen und pflanzten sich in Schußweite vom Dâk Bungalow auf. In allen Windrichtungen bezogen sie ihre Posten und ein Berittener pendelte die ganze Nacht zwischen ihnen hin und her. Es war so still, daß Tarvin den gleichmäßigen Hufschlag dieses Wachtdiensts deutlich vernahm, ein Geräusch, das nicht viel Ermutigendes hatte. Und doch – ohne Käte, ohne Käte, so wiederholte er sich ohne Unterlaß, wäre er längst außer dem Bereich von Rossen und Kugeln gewesen. Unendlich lang dehnten sich die Stunden, wie er so saß und die Schatten wachsen und schwinden und schwinden und wachsen sah, und schien es ihm, wie es ihm schon so oft geschienen hatte, daß haarscharf in diesem Augenblick Topaz sein Glück verscherze.

Schon achtundvierzig dieser kostbaren Stunden hatte er auf diese Weise vergeuden müssen, und ihn bedünkte es fast, als ob er den Rest des Lebens mit dieser unfruchtbaren Beschäftigung auszufüllen hätte.

Und mittlerweile war Käte jeder erdenklichen Gefahr preisgegeben! Sitabhai nahm ja unbedingt an, daß er ihr für das kleine, schmächtige Mädchen das Halsband abgejagt habe, sie hatte es ja ausgesprochen. Es war auch für Käte erbeutet, in gewissem Sinn wenigstens, aber wie konnte er der Feindin zutrauen, daß sie das Maß von Kätes Anteil, an der Sache richtig schätze? Die Orientalen haben überhaupt wenig Sinn für Maßverhältnisse und schlagen gegen das Zunächstliegende los. Und Käte? Wie in aller Welt sollte er ihr die Sachlage verständlich machen? Er hatte ihr gesagt, daß sie in Gefahr sei und er auch, und sie wollte der Gefahr, die sie betraf, die Stirne bieten. Diesen Mut, diese Aufopferungsfähigkeit liebte er ja an ihr, aber zähneknirschend mußte er sich gestehen, daß auch ein gutes Teil Eigensinn dabei sei.

In dem ganzen Knäuel von Schrecknissen und Wirrsalen war wenigstens ein Moment kaustischer Komik. Was würde der König zu Sitabhai sagen, wenn er entdeckte, daß sie das »Staatsglück« verloren hatte? In welcher Weise würde sie den Verlust verheimlichen und vor allem, welch königlicher Zornesraserei würde sie verfallen? Tarvin schüttelte nachdenklich den Kopf.

»Für mich ist die Sache ja schlimm genug,« brummte er, »so schlimm, als sie überhaupt sein kann, aber dem wackeren Juggut mag's auch nicht sonderlich wohl sein in seiner Haut. Ja, so viel Zeit habe ich schon noch übrig, daß mir der fette Bursche leid thut. O wackerer Juggut, wenn du etwas sicherer gezielt hättest das erste Mal draußen vor der Stadtmauer!«

Er stand auf und sah auf die sonnbeschienene Straße hinaus. Welcher von den Wegelagerern, die sich da herumtrieben, wohl ein Abgesandter des Palasts sein mochte? Einer lag scheinbar schlafend im Schatten seines Kamels; doch als Tarvin wie zufällig ein paar Schritte vor die Veranda machte, wälzte sich der Schläfer sofort auf die andre Seite des Tiers. Weiter schlendernd, bemerkte Tarvin, daß auf dem Rücken des Kamels etwas wie Silber im Sonnenschein funkelte. Den Revolver in der Hand, ging er geradeaus auf das glitzernde Ding zu. Als er vor dem Kamel stand, war dessen Rücken leer, der Mann schlief den Schlaf des Gerechten, aber zwischen den Falten des Mantels blinkte die Mündung einer neuen, überaus blanken Flinte.

»Sieht aus, als ob Sitabhai die Miliz einberufen und aus ihrem Privatarsenal nagelneu ausgerüstet hätte! Jugguts Flinte war auch neu,« überlegte Tarvin, vor dem Schläfer stehend, »dieser da versteht aber sicher etwas mehr von Schießgewehren. Heda, Mann!«

Er beugte sich über den Schützen und stieß ihn mit dem Revolver an.

»Thut mir leid, Ihren Schlaf zu stören, aber ich muß mir die Flinte da ausbitten. Bestellen Sie der Dame, sie solle sich nicht weiter bemühen, es lohnt nicht!«

Der Mann, der die stumme Sprache der Pistole, wenn auch sonst nichts, verstand, gab sichtlich verdrossen die Flinte ab und zog, zornig auf sein Kamel lospeitschend, seines Wegs.

»Wieviele von dieser Armee ich wohl noch zu entwaffnen bekomme?« fragte sich Tarvin, als er, die erbeutete Flinte über die Schulter hängend, zurückging. »Ob sie wohl – nein, nein, daß sie sich an Käte wagt, will ich nicht glauben! Sie kennt mich doch hinreichend, um zu wissen, daß ich sie mitsamt ihrem alten Palast ins Jenseits befördern würde! Wenn sie auch nur halbwegs die Person ist, die sie sich zu sein brüstet, wird sie vorher mit mir abrechnen, eh' sie weiter geht!«

Allein es war ganz vergebens, daß Tarvin sich in diesen tröstlichen Glauben hineinreden wollte, Sitabhai hatte ihm gezeigt, welcher Art ihre Barmherzigkeit war, und Käte mochte sie mittlerweile schon an sich erfahren haben. Jetzt zu ihr zu gehen, ohne unterwegs mindestens zum Krüppel geschossen zu werden, war ein Ding der Unmöglichkeit, Tarvin beschloß aber doch, es zu thun. Hastig suchte er sein Pferd auf, das noch vor drei Minuten im Sonnenschein hinter dem Rasthaus nach den Fliegen geschnappt und geschlagen hatte, fand aber Fibby von einem Strick erwürgt in Todeszuckungen am Boden liegend.

Den Diener hörte er auf der andern Seite eifrig hantieren, und als der Mensch auf seinen Ruf herbeikam, warf er sich heulend neben dem Pferd zu Boden.

»Ein Feind hat's gethan! Ein Feind hat's gethan!« schrie der Bursche, sich windend und krümmend. »Mein schönes braunes Roß, das nie nichts Böses gethan hat als Bocken, wenn es der Hafer stach! Wo soll ich wieder einen Dienst finden, wenn ich mein anvertrautes Tier so sterben lasse?«

»Wenn ich's nur wüßte! Wenn ich's nur wüßte!« brummte Tarvin, durch diesen rätselhaften Zwischenfall wirklich der Verzweiflung nahe. »Der Kerl hätte seine Kugel im Kopf, wenn ich nur meiner Sache etwas sicherer wäre! Steh' auf, du Halunke! Fibby, alter Freund, ich vergebe dir all deine Sünden, und da – leb' wohl!«

Ein blaues Rauchwölkchen verhüllte Fibbys Kopf für einen Augenblick, dann fiel er schwer aufschlagend zur Seite und das wackere Roß hatte ausgelitten. Sein Wärter erfüllte die Luft mit Geheul und Wehklagen, bis Tarvin ihm einen Fußtritt gab und ihm befahl, sich zu packen. Es war auffallend, wie plötzlich sich sein Schmerz beruhigte, und als er in die Lehmhütte ging, um seine Siebensachen zusammenzuschnüren, schmunzelte er vergnüglich und holte aus einem Loch unter seiner Bettstelle etwas Silberglänzendes hervor.

Der seines Rosses beraubte Mann sah sich hilfesuchend nach allen Himmelsrichtungen um, gerade wie Sitabhai damals am Teich. Da bog eine Zigeunerbande mit magern Büffeln und kläffenden Hunden um einen Vorsprung der Stadtmauer und ließ sich wie ein Flug Schmutzvögel vor dem Stadtthor nieder. An und für sich waren Zigeunerbanden hierzulande nichts Auffälliges, aber die Polizei wachte sonst streng über die Ausführung der Bestimmung, daß sie nur eine Viertelmeile vor der Stadt lagern durften.

»Aha, wohl arme Verwandte der Dame!« brummte Tarvin vor sich hin. »Den Eingang zur Stadt verrammeln sie ja ganz niedlich, und wenn ich jetzt durchbrechen wollte zum Missionshaus, hätten sie mich! Es gibt entschieden angenehmere Spielgefährten, als morgenländische Königinnen, sie scheinen sich nicht viel um die Regeln zu kümmern.«

In diesem Augenblick wirbelte eine große Staubwolke mitten durchs Zigeunerlager und das Gefolge des Maharadscha Kunmar trieb das Volk nach rechts und links auseinander, um Raum für seinen Victoriawagen zu schaffen. Tarvin fragte sich noch, was das zu bedeuten haben möge, als der Wagen schon samt Gefolge vors Rasthaus gerasselt kam. Ein einzelner Soldat, der etwa zweihundert Schritte zurück war, erhob seine Stimme, um eine ehrfürchtige Meldung zu machen. Das Gefolge antwortete mit Lachen und zwei helle Kinderstimmen kreischten vor Vergnügen.

Ein Kind, das Tarvin noch nie gesehen hatte, stand aufrecht auf dem Rücksitz der Kutsche und übergoß den atemlosen Soldaten mit einem wahren Strom hindostanischer Schimpfwörter, worauf das Gefolge wieder lachte.

»Tarvin Sahib! Tarvin Sahib!« zirpte das Stimmchen des Maharadscha Kunwar. »Sieh uns doch nur an!«

Einen Augenblick dachte Tarvin an eine neue Tücke, aber der Maharadscha war doch ein zu vertrauter und erprobter Bundesgenosse, und so trat er an den Wagen.

»Prinz,« sagte er, ihm die Hand gebend, »Sie sollen nicht in der Sonne ausfahren!«

»Ach, ich bin ja wieder ganz gesund,« entgegnete der junge Mann hastig, obwohl ihn sein Aussehen Lügen strafte. »Ich habe den Befehl gegeben, und da sind wir. Fräulein Käte gibt mir Befehle, aber sie hat mich in den Palast gebracht, und dort befehle ich! Das ist Umr Singh, mein Bruder, der kleine Prinz – aber nur ich werde König!«

Der kleine Junge schlug die Augen auf und sah Tarvin voll an. Diese Augen und die niedere breite Stirne waren ganz von der Mutter, und die Lippen schlossen sich so fest über den Perlzähnchen, wie sich Sitabhais Lippen bei ihrem Streit am Dungar Talao zusammengepreßt hatten.

»Er ist von der andern Seite des Palasts,« plauderte der Maharadscha Kunwar auf englisch weiter, »von der Seite, wo ich nicht hingehen soll. Aber als ich im Palast war, ging ich doch hinüber, und da, denken Sie sich nur, Tarvin Sahib, hat er gerade eine Ziege umgebracht! Sieh! Er hat noch ganz blutige Hände!«

Auf ein Wort in der Mundart öffnete Umr Singh die geballten Fäustchen und hielt Tarvin zwei kleine Handflächen hin, die schwarz waren von erstarrtem Blut. Ein Staunen lief durch die zuschauenden Reiter; der Anführer drehte sich ein wenig im Sattel, nickte Tarvin zu und flüsterte: »Sitabhai!« Tarvin verstand ihn und begriff, daß ihm die Vorsehung aus heiterem Himmel ihren Beistand gesandt hatte. Sofort war sein Plan gefaßt.

»Aber wie kommt Ihr denn hierher, Ihr kleinen Bälger?« fragte er.

»Ach, in dem ganzen Palast sind ja nur Frauen, und ich bin ein Radschpute und ein Mann,« erklärte ihm der Prinz. »Der da kann gar nicht englisch sprechen, kein Wort, aber wenn wir zusammen spielten, habe ich ihm immer viel von Ihnen erzählt, Tarvin Sahib, und wie Sie mich aus dem Sattel gehoben und auf Ihr Pferd gesetzt haben, und da wollte er durchaus mitkommen und alles sehen, was Sie mir gezeigt haben, und da gab ich ganz heimlich den Befehl, und dann sind wir durch ein kleines Thor miteinander herausgeschlüpft – so kamen wir her! Salaam Baba!« sagte er gönnerhaft zu dem Kleinen, der langsam und würdevoll die Hand an die Stirne drückte, ohne den forschenden festen Blick von Tarvin abzuwenden.

Dann flüsterte er seinem Bruder etwas zu, worüber dieser lachte.

»Er sagt,« verdolmetschte der Prinz, »Sie seien nicht so groß, als er gedacht hätte! Seine Mutter habe ihm gesagt, Sie seien stärker als alle Männer, aber er meint, manche von meinen Soldaten seien größer!«

»Und was soll ich denn jetzt für euch thun?« fragte Tarvin.

»Ihm Ihr Gewehr zeigen und Rupien schießen, und ihm zeigen, wie Sie's anstellen, daß kein Pferd Sie abwirft, und alle solche Sachen.«

»Schön, aber hier kann ich euch das nicht zeigen. Ihr müßt mit mir hinüberkommen zu Herrn Estes!«

»Das mag ich nicht . . . mein Affe ist tot . . . und ich glaube auch nicht, daß Käte eine Freude an uns hätte! Sie weint überhaupt die ganze Zeit! Gestern hat sie mich in den Palast gebracht und heute früh war ich bei ihr, aber sie wollte mich gar nicht sehen.«

Tarvin hätte das Kind küssen mögen für die gesegnete Botschaft, daß Käte überhaupt am Leben war.

»Ist sie denn nicht im Spital?« fragte Tarvin mit erstickter Stimme.

»Gibt kein Spital mehr. Keine Frauen mehr darin. Sind alle fortgelaufen.«

»Fortgelaufen! Sagen Sie das noch einmal, Prinz. Ja warum denn?«

»Teufel!« erklärte der Maharadscha kurz. »Was weiß ich davon? Weibergeschwätz! Sie müssen meinem kleinen Bruder zeigen, wie Sie reiten, Tarvin Sahib!«.

Wieder flüsterte Umr Singh seinem Bruder etwas zu und streckte dabei das eine Beinchen schon zum Wagen heraus.

»Er sagt, er wolle vor Ihnen im Sattel sitzen, wie ich damals,« übersetzte der Prinz. »Gurdit Singh, steig ab!«

Ein Soldat schwang sich vom Pferd und führte es Tarvin vor. Lächelnd über die Willfährigkeit, womit man ihm in die Hände arbeitete, stieg Tarvin auf, hob mit sicherem Griff den Kleinen aus dem Wagen und setzte ihn behutsam vor sich in den Sattel.

»Sitabhai würde diesen Anblick wohl etwas ungemütlich finden,« brummte er vor sich hin, indem er den Arm um die schmale Kindergestalt schlang. »Die Jugguts werden mir wohl vom Leib bleiben, solang ich diesen Schild vor die Brust halte.«

Während das Gefolge eine Gasse bildete, um Tarvin an die Spitze des Zugs zu lassen, wandte sich ein herumstrolchender Priester, der die kleine Scene aus einiger Entfernung aufmerksam beobachtet hatte, der Stadt zu und fing mit voller Kraft seiner Lungen zu rufen an. Unsichtbare Stimmen nahmen den Ruf auf und trugen ihn weiter, bis er von der Stadtmauer weiter hallte und dann verklang.

Umr Singh lachte, als das Pferd zu traben begann, und drängte Tarvin, schneller zu reiten. Dagegen erhob aber der Maharadscha Kunwar Einsprache, er wollte in seinem Wagen nichts von dem Schauspiel verlieren. Als sie sich jetzt dem Zigeunerlager näherten, warfen sich die Leute mit dem Ruf: »Jai! Jungle da badschah jai!« in den Sand. Die Gesichter der Soldaten wurden finster.

»Das heißt, Sieg dem König der Wüste!« rief der Maharadscha Kunwar. »Und jetzt habe ich gar kein Geld bei mir – haben Sie keins, Tarvin Sahib?«

In seines Herzens Freude, sich sicher auf dem Weg zu Käte zu wissen, würde Tarvin all sein Hab und Gut, beinahe das Naulahka, hergegeben haben! Er warf eine Handvoll Silber- und Kupfermünzen unter das fahrende Volk, und der Zuruf ertönte abermals, nur mischte sich diesmal mildes Lachen darein und die Zigeuner riefen einander höhnische Worte zu, bei deren Klang das Gesichtchen des Maharadscha Kunwar purpurn erglühte. Er hörte einen Augenblick aufmerksam hin, dann rief er zornig: »Bei Indur! Sie meinen ihn! Reißt ihre Zelte nieder!«

Auf einen Wink seiner Hand sprengten die Soldaten jauchzend in das Lager hinein, rissen die Feuer auseinander, zerstreuten die Asche, hieben mit flachen Schwertern auf die Esel ein, daß sie davon rannten, und brachten die schlechten braunen Zelttücher an der Lanzenspitze zurück. Tarvin sah mit Befriedigung, wie sich die Zigeuner zerstreuten, wohl wissend, daß sie ihn aufgehalten hätten, sobald er allein gewesen wäre.

Umr Singh biß sich auf die Lippen, wandte sich aber dann lächelnd zum Maharadscha Kunwar und zog als Zeichen seiner Lehenstreue den kleinen Säbel aus dem Gürtel.

»Es ist gerecht, mein Bruder,« sagte er auf Hindostanisch. »Aber,« – dabei erhob er die Stimme ein wenig – »zu weit treiben würde ich die Zigeuner nicht. Sie kommen doch immer wieder,«

»Jawohl,« rief eine Stimme aus dem Zuschauerkreis, der sich rasch um das zerstörte Lager gebildet hatte, bedeutungsvoll, »Zigeuner kommen immer wieder, mein König!«

»Wie die Hunde,« rief der Maharadscha zähneknirschend. »Und wie die Hunde jagt man sie mit Fußtritten. – Weiterfahren !«

Eine ungeheure Staubwolke wälzte sich aufs Missionshaus zu, Tarvin in voller Sicherheit mitten drin.

Er wies die Prinzen an, auf der Veranda zu spielen, bis er wieder herauskäme, und stürmte ins Haus. In einer dunkeln Ecke des dämmerigen Wohnzimmers fand er Käte mit einer Näharbeit in der Hand. Die Augen, die jetzt zu ihm aufblickten, hatten viele Thränen vergossen.

»Nick!« wollte sie rufen, aber die Stimme versagte ihr fast. »Nick!«

Er war zögernd auf der Schwelle stehen geblieben. Sie warf die Arbeit weg und flog empor.

»Du bist da! Du bist's! Du lebst!«

»Ueberzeuge dich davon,« sagte Tarvin lächelnd, indem er ihr die Arme entgegenbreitete.

»O . . . ich hatte solche Angst . . .«

»Komm!«

Zweifelnd that sie einen Schritt vorwärts, da umfaßte er sie rasch und bettete ihr Haupt an seiner Brust. Eine Weile ließ sie ihn gewähren, dann blickte sie auf.

»So war's nicht gemeint,« wandte sie ein.

»Gib dir keine Mühe, etwas so Verständiges verbessern zu wollen!« sagte Tarvin hastig.

»Sie hat den Versuch gemacht, mich zu vergiften, und als ich so lange nichts von dir hörte, da dachte ich – die entsetzlichsten Dinge habe ich mir vorgestellt!«

»Armes Kind! Und dein Spital ist des Teufels? Das war eine harte Zeit! Jetzt kommt's aber anders! Wir müssen fort, so rasch du dich fertig machen kannst! Für den Augenblick habe ich ihr die Klauen beschnitten! Ich halte ein Pfand von ihr, das sie nicht aufs Spiel setzt, aber ich bin nicht in der Lage, es lange festzuhalten. Darum müssen wir fort.«

»Wir?« wiederholte Käte leise.

»Willst du etwa allein reisen?«

»Nein,« sagte sie lächelnd, indem sie sich aus seinem Arm löste, »du mußt ja fort.«

»Und du?«

»Ich bin nicht wert, daß man sich um mich sorgt. Ich bin gescheitert in allen Stücken, alles, was ich aufgebaut habe, ist zusammengestürzt. Mir ist's zu Mute, als ob ich ausgebrannt wäre, Nick, ganz ausgebrannt.«

»Ganz schön! Da setzen wir ein neues Werk ein und betreiben dich nach einem andern System! Paßt mir ganz gut! Du sollst nicht mehr daran erinnert werden, daß du je in Rhatore warst.«

»Es war ein Irrtum, Nick.«

»Was?«

»Alles! Mein Plan, meine Reise. Es ist keine Arbeit für ein Mädchen, oder vielleicht bin ich nicht das Mädchen dafür. Ich gebe sie auf, Nick – bring mich nach Hause!«

Tarvin stieß einen höchst unziemlichen Jubelschrei aus und schloß Käte wiederum in die Arme. Mit hastigen Worten setzte er ihr auseinander, daß sie sofort getraut werden und, wenn irgend möglich, noch heute nacht abreisen müßten. Käte erhob keine Einsprache, weil ihr um sein Leben bangte, aber sie murmelte etwas von Vorbereitungen, Tarvin erklärte aber, sie müsse sich eben nach vollbrachter That »vorbereiten«. In Bombay würde man ja alles kaufen können, haufenweise!

Vom Wirbelsturm seiner Ungeduld und Thatkraft mit fortgerissen, gab sie ihre Bedenken auf, plötzlich aber rief sie erschreckend: »Und was wird aus dem Damm, Nick? Den kannst du doch nicht verlassen.«

»Mumpiz!« rief Tarvin aus Herzensgrund. »Du bildest dir doch nicht etwa ein, es sei auch nur ein Körnchen Gold in dem Fluß?«

Rasch löste sie sich aus seinen Armen und starrte ihm erschrocken und vorwurfsvoll ins Gesicht.

»Du willst doch nicht sagen, daß . . . daß du das von Anfang an gewußt hättest?«

Tarvin nahm rasch die Maske vor, aber nicht so schnell, daß sie nicht ein Geständnis in seinem Blick gelesen hätte.

»Du hast es gewußt,« sagte sie in eisigem Ton.

Schnellen Blicks überschaute Tarvin die neue Gefahr, die aus heiterem Himmel über ihn hereinbrach: mit einer plötzlichen Veränderung seiner Taktik erwiderte er ihren anklagenden Blick durch ein sonniges Lächeln.

»Ja, ich hab's gewußt. Die Arbeit war ein Blendwerk, ein Vorwand.«

»Ein Blendwerk? Um was zu verdecken?«

»Dich!«

»Was soll das heißen?« fragte sie mit einem Ausdruck, der ihm einen Schauder über den Rücken jagte.

»Die indische Regierung gestattet keinem Fremden längeren Aufenthalt im Lande, wenn er nicht einen bestimmten Zweck dafür angeben kann. Daß ich meinem Schatz nachgereist sei, konnte ich dem Oberst Nolan doch nicht wohl angeben, oder?«

»Ich . . . ich weiß nicht . . . aber du hättest doch vermeiden können, dieses . . . dieses Blendwerk mit dem Geld des Maharadscha auszuführen! Ein ehrlicher Mann würde das nicht gethan haben.«

»Da muß ich denn doch bitten!« rief Nikolas Tarvin.

»Wie konntest du dem König weis machen, dein Werk habe einen ernsten Zweck, ihn belügen, dir Tausende von Arbeitskräften geben lassen, sein Geld verschwenden! O Nick! Nick!«

Im Innersten betroffen starrte er sie fast verzagend an.

»Aber Käte!« rief er. »Weißt du denn gar nicht, daß du von dem besten Witz redest, den Indien seit der Welterschaffung zu genießen bekam?«

Das war ja recht gut gesagt, aber lange nicht gut genug, das wurde Tarvin klar, als Käte mit einem verdächtigen Klang in der Stimme zur Antwort gab: »Du machst die Sache nur schlimmer!«

»Sinn für Humor war nie deine starke Seite, das wissen wir ja, Käte,« bemerkte er, sich neben sie setzend und ihre Hand ergreifend. »Ich meine aber, dieses Mal müßte er dir doch aufgehen! Findest du denn gar nichts Ergötzliches daran, wenn ein Mann ein halbes Königreich umgräbt, einzig um in der Nähe eines kleinen Mädchens sein zu können, eines ganz besonderen, herzigen Mädchens freilich, das aber im Vergleich zum Ametthal doch sehr winzig ist – belustigt dich das kein bißchen?«

»Ist das alles, was du zu deiner Verteidigung vorzubringen hast?« fragte sie.

Tarvin wurde blaß. Er kannte diesen abschließenden, endgültigen Ton, er hatte ihn oft gehört, wenn von Niedrigem die Rede war, und er kannte diesen Blick voll Verachtung, womit sie sittliche Verkommenheit von sich zu weisen pflegte. Er las darin sein Verdammungsurteil und ihn schauderte. In dem Augenblick, den er jetzt schweigend vorübergehen ließ, erkannte er, daß er hier einer Gefahr gegenüberstand, die ernster war, als alles, was ihm Sitabhai anhaben konnte. Er nahm sich darum stramm zusammen und sagte ruhig und unbefangen: »Du traust mir doch wohl zu, daß ich dem Maharadscha seine Ausgaben bei Heller und Pfennig zurückerstatten werde?«

Käte war verblüfft. So genau sie Tarvin kannte, an diese schwindelerregenden Wendungen war sie noch nicht gewöhnt. Seine vogelartige Geschicklichkeit, anscheinend geradeaus zu stürmen, plötzlich einen Kreis zu beschreiben und wieder am Ausgangspunkt zu stehen und dabei alles wie aus einem Impuls entsprungen erscheinen zu lassen, würde sie wohl noch oft in Verwirrung stürzen! Aber sie glaubte ja unverbrüchlich an seinen Willen zum Guten, sobald er klar sah, was gut war, und ihr Glaube an seine Kraft und Ueberlegenheit verhinderte sie, zu erkennen, daß sie es war, die ihm in diesem Fall den Weg gezeigt hatte. Sie wußte nicht und hätte sich vermutlich gar nicht vorstellen können, wie wenig seine Erkenntnis des Richtigen mit irgend einem Moralsystem zu schaffen hatte und wie ausschließlich sein Rechtsgefühl auf das ihrige angewiesen war. Andre Frauen liebten Putz und Schmuck, Käte zog Sittlichkeit vor, und da ihr Geschmack einmal so war, wollte er sie ihr verschaffen, und wenn er sie stehlen müßte!

»Du hast doch nicht im Ernst gezweifelt, daß ich den Spaß nicht aus meiner Tasche bezahlen werde?« fuhr er mit einem großen Aufwand von Tapferkeit fort, im innersten Herzen aber scholl eine Stimme: »Sie haßt es! Sie verdammt es! Warum hab' ich das nicht bedacht?«

Laut setzte er hinzu: »Ich habe meinen Spaß daran gehabt, und jetzt habe ich dich! Beides ist für den Preis billig, und darum werde ich ihn ohne Murren zahlen. Das könntest du doch wissen, Käte.«

Aber seinem Lächeln antwortete kein Lächeln von ihr. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah das Mädchen in heimlicher Angst von der Seite an. Aller Humor der Welt stand ihm nicht gut dafür, was sie zunächst sagen würde, aber sie sagte gar nichts, und so mußte er weiter reden, obwohl ihm die Angst fast die Kehle zuschnürte.

»Das würde mir doch nicht ähnlich sehen, den alten Radscha betrügen zu wollen? Ein Mann, dem eine einzige Mine zweitausend Dollars im Monat einträgt, braucht doch nicht in die Wüste zu gehen, um einen arglosen indischen Fürsten um ein paar tausend Rupien zu prellen?« Er trug diese vom Augenblick eingegebene Auffassung seiner Handlungsweise mit einer Ueberzeugung vor, als ob er seit undenklichen Zeiten damit vertraut wäre; die helle Verzweiflung gab ihm Kraft dazu.

»Was für eine Mine?« fragte Käte trocken.

»Die ›Zögernde Ader‹ natürlich! Du hast doch davon gehört?«

»Ja, aber ich wußte nicht . . .«

»Daß sie so viel einträgt? Nun gut, es ist aber so. Willst du die Erzprobe sehen?«

»Nein, nein . . . aber dann, . . . Nick . . . dann bist du ja . . .«

»Ein reicher Mann? So lang das Blei vorhält allerdings, wenn auch in bescheidenem Maßstab. Zu reich für kleinliche Diebsgelüste jedenfalls.«

Er witzelte um sein Leben! Der herzbrechende Ernst seiner Lustigkeit durchbohrte ihm ordentlich den Kopf, die Anspannung war zu groß. In der wahnsinnigen Angst dieser Sekunden sah und fühlte er doppelt klar und stark. Als er das Wort »Diebsgelüste« hinwarf, that sein Herz einen wilden Schlag, dann schien es still zu stehen. Eine furchtbare, unumstößliche, leuchtend klare Gewißheit drängte sich ihm auf: er wußte, daß er verloren war.

Wenn sie das schon haßte, was würde sie erst zu dem andern sagen? Als ein Erfolg, Triumph, Sieg war es ihm erschienen, aber ihr? Es wurde ihm schwarz vor den Augen.

Käte oder das Naulahka. Vor diese Wahl war er gestellt. Das Naulahka oder Käte.

»Schreib's nicht nur deinem Geld zu, Nick,« erwiderte sie. »Du würdest ebenso ehrlich und ehrenhaft handeln, wenn du keins hättest.«

Und sie legte in stummer Abbitte für ihren Zweifel ihre Hand auf seinen Arm.

»Ich kenne dich ja, Nick! Du liebst es, den schlechteren Beweggrund an Stelle des besseren zu setzen, dich selbst anzuschwärzen. Wer ist denn ehrlicher als du? O Nick! Ich wußte es wohl, daß du nicht anders als wahr sein kannst. Sonst müßte ja die ganze Welt schlecht sein.«

Er schloß sie in die Arme.

»Meinst du, kleines Mädchen?« fragte er, auf sie niederblickend. »Dann müssen wir sorgen, daß die Welt gut bleiben kann, koste es, was es wolle!«

Mit einem schweren Seufzer beugte er seinen Kopf und küßte er Kätes Lippen.

»Hast du vielleicht ein Kistchen?« fragte er nach einer Weile.

»Irgend ein Kistchen?« fragte Käte verwundert.

»Von Rechts wegen sollte es der schönste Schrein der Welt, ein Kunstwerk sein, aber ich denke mir, so ein Traubenkistchen thut's zur Not auch. Man schickt nicht jeden Tag einer Königin Geschenke!«

Käte reichte ihm ein längliches, schmales Holzkistchen, wie man sie zur Verpackung der langen grünen Kabultrauben verwendet. Der Boden war mit Watte belegt.

»Das hab' ich neulich von einem Hausierer gekauft,« bemerkte sie. »Ist es groß genug?«

Tarvin nahm's und wandte sich stumm ab. Es klang, als ob er eine Handvoll Kieselsteine in die Kiste würfe, und er seufzte tief dabei. Was er hier einpackte, war Topaz. Da erklang aus dem anstoßenden Zimmer die Stimme des Maharadscha Kunwar.

»Tarvin Sahib – Käte, das Obst haben wir aufgegessen, jetzt möchten wir etwas andres thun.«

»Nur einen Augenblick, kleiner Mann,« rief Tarvin hinaus.

Käte den Rücken zukehrend, strich er mit liebkosender Hand noch einmal, zum letztenmal, über die blitzenden Steine, die er auf die Watte gebettet hatte, von jedem einzelnen zärtlich Abschied nehmend. Der große grüne Smaragd funkelte ihn an, ordentlich zornig und vorwurfsvoll, wie es Tarvin vorkam. Ein Nebel legte sich vor seine Augen – der Diamant war gar zu blendend. Hastig schloß er den Deckel und legte das Kistchen mit seltsamem Ernst in Kätes Hand; sie mußte es halten, während er es schweigend zuschnürte. Nach einer Weile erklärte er ihr mit einer Stimme, die gar nicht wie die seinige klang, sie müsse es Sitabhai persönlich übergeben mit seinem Gruß.

»Nein, nein,« setzte er als Antwort auf ihren erschrocken fragenden Blick hinzu, »sie wird dir kein Leid thun – jetzt wagt sie's nicht. Ihr Kind ist bei uns, und natürlich bleibe ich in deiner Nähe, soweit es angeht. Gott sei gelobt, das ist die letzte Reise, die du in dem verdammten Land machen wirst, die vorletzte heißt das. Der Hochdruck, worunter wir in Rhatore stehen, geht über meine Kräfte – wenn du mich liebst, so tummle dich!«

Käte machte sich eilends zum Ausgehen fertig, während Tarvin den beiden Prinzen seinen Revolver zeigte und ihnen versprach »ein ander Mal« so viel Rupien, als sie wollten, aus der Luft zu schießen. Das vor dem Haus herumlungernde Gefolge wurde plötzlich durch einen reitenden Boten aufgestöbert, der mit verhängten Zügeln durch ihre Reihen sprengend schon von weitem rief: »Ein Brief für Tarvin Sahib!«

Tarvin trat auf die Veranda, nahm ein zerknittertes Briefblatt aus der ausgestreckten Hand des Mannes und las die mühsam und sorgfältig hingemalten Worte: »Lieber Herr Tarvin! Geben Sie mir den Knaben und behalten Sie das andre. Ihre Freundin.«

Tarvin steckte das Blatt lächelnd in die Westentasche.

»Keine Antwort nötig,« beschied er den Boten, zu sich aber sagte er: »Du bist eine aufmerksame Frau, Sitabhai, ich fürchte, ein wenig zu aufmerksam, und deinen Sohn haben wir für die nächste halbe Stunde sehr nötig. Bist du fertig, Käte?«

Die Prinzen erhoben ein Wehgeschrei, als man ihnen ankündigte, daß Tarvin sofort zum Palast reite und daß sie ihn begleiten müßten, falls sie weitere Kurzweil wünschten.

»Dann gehen wir in die große Durbarhalle,« beschwichtigte der Maharadscha Kunwar schließlich den trostlosen kleinen Bruder, »und lassen alle Musikwerke zugleich spielen!«

»Ich will aber den Mann schießen sehen,« erklärte Umr Singh eigensinnig. »Ich will sehen, wie er etwas tot schießt, und nach Hause will ich nicht!«

»Du sollst auf meinem Pferd reiten,« tröstete ihn Tarvin, nachdem ihm des Kindes Verlangen verdolmetscht worden war, »und wir werden den ganzen Weg Galopp reiten. Wie rasch kann denn der Wagen fahren, Prinz?«

»Sehr, sehr schnell, wenn Käte keine Angst hat!«

Käte stieg ein, und der Zug setzte sich in Bewegung. Tarvin galoppierte an der Spitze, und Umr Singh patschte mit den Händchen auf den Sattelknauf.

»Wir müssen bei Sitabhai vorfahren,« bestimmte Tarvin. »Du fürchtest dich doch nicht, neben mir durch den Thorbogen zu gehen?«

»Ich vertraue dir, Nick,« sagte Käte einfach, indem sie aus dem Wagen stieg.

»Dann geh' in den Frauenpalast, gib das Kästchen in Sitabhais eigene Hand und sage ihr, ich schicke es zurück. Du wirst merken, daß sie meinen Namen kennt.«

Die Huftritte des Pferdes hallten unter dem Thorbogen, Käte schritt neben Roß und Reiter her, und Tarvin hielt den kleinen Prinzen so, daß er gesehen werden mußte. Der Hof war leer, aber als sie in das helle Sonnenlicht beim Brunnen in der Mitte kamen, entstand wieder ein Flüstern und Rascheln und Raunen hinter den grünen Läden, wie wenn der Wind im Röhricht rauscht.

»Einen Augenblick, Liebste,« sagte Tarvin, »wenn du diese Sonne ertragen kannst.«

Eine Thüre ging, und ein Eunuche machte Käte ein Zeichen, einzutreten. Sie gehorchte und die Thüre fiel hinter ihr zu. Tarvins Herz pochte angstvoll, und unbewußt preßte er den Knaben so fest an sich, daß Umr Singh aufschrie.

Das Geflüster hinter den Läden nahm zu, und Tarvin war's, als ob er jemand schluchzen höre. Dann folgte ein leises perlendes Lachen, und die Spannung um Tarvins Mund ließ ein wenig nach. Umr Singh begann ungebärdig zu werden, er wollte absteigen.

»Noch nicht, noch nicht, junger Mann! Du mußt warten bis – Gott sei gelobt!«

Die Thüre hatte sich wieder geöffnet, Kätes schmale Gestalt stand hell in dem dunklen Rahmen. Hinter ihr kam der Eunuch, furchtsam zu Tarvin herkriechend. Dieser lächelte huldvoll und warf ihm den sehr erstaunten kleinen Prinzen in die Arme. Umr Singh mochte boxen und stoßen, wie er wollte, er wurde davongetragen, und man hörte von drinnen sein Wutgebrüll, dem nicht zu mißdeutende Schmerzenslaute folgten. Tarvin lächelte.

»Aha, man haut junge Prinzen in Radschputana, das spricht für beginnenden Fortschritt! Was hat sie gesagt, Käte?«

»Ich soll dir bestellen, daß sie wisse, es geschehe nicht aus Furcht. ›Sagen Sie Tarvin Sahib, ich wisse, Furcht sei es nicht‹, das waren ihre Worte.«

»Wo ist Umr Singh?« fragte der Maharadscha Kunwar, der in seinem Wagen geblieben war.

»Bei seiner Mutter, und mit unsrer Unterhaltung wird es jetzt leider nicht viel werden, kleiner Mann! Ich habe vierzigtausend Geschäfte zu erledigen und nicht die entsprechenden Minuten dafür! Sagen Sie mir, wo der König ist.«

»Ich weiß es nicht. Im Palast gab's Zank und Thränen. Frauen weinen ja immer, und da wird mein Vater böse. Ich will bei Herrn Estes bleiben, und Käte soll mit mir spielen!«

»Ja, laß ihn bei mir,« fiel Käte rasch ein. »Nick, meinst du denn überhaupt, ich dürfe ihn verlassen?«

»Das ist auch eine von den Angelegenheiten, die ich zu erledigen habe,« versetzte Tarvin. »Vor allem muß ich jetzt den Maharadscha auftreiben, und wenn ich Rhatore auf den Kopf stellen müßte. – Was bedeutet das, kleiner Mann?«

Ein Soldat hatte dem Prinzen etwas ins Ohr geflüstert.

»Der Mann sagt, mein Vater sei hier, er sei schon seit zwei Tagen hier. Ich habe ihn auch gar nicht zu sehen bekommen.«

»Gut. Fahr' du nach Hause, Käte, ich warte hier.«

Er ritt wieder durch den Thorbogen und pflanzte sich im Hof auf. Wieder erhob sich das Geraschel hinter dem Gitterwerk, und ein Thürhüter fragte nach Tarvins Begehren.

»Ich muß den Maharadscha sprechen.«

»Warten Sie.«

Und Tarvin wartete volle fünf Minuten, eine Frist, die er zu gesammeltem Nachdenken wohl brauchen konnte.

Dann trat der Maharadscha wirklich heraus; Leutseligkeit und Huld strahlten aus jedem einzelnen Haar des frischgeölten Schnurrbarts.

Aus geheimnisvollen Gründen hatte ihm Sitabhai die Wonne ihres Anblicks zwei volle Tage entzogen gehabt und sich in ihre Gemächer verschlossen, wo sie vor Wut raste. Nun hatte sich die Wolke des Unmuts verzogen, und die Zigeunerin ließ ihn wieder vor. Darum war das Herz des Maharadscha voll Freude, und weise, wie der Gatte so vieler Frauen sein muß, unterließ er allzu gründliche Fragen nach der Ursache dieser Wandlungen.

»Ach, Tarvin Sahib!« begrüßte er den Freund. »Ich habe Sie ja lange nicht gesehen! Was macht der Damm? Irgend etwas Neues vorgefallen?«

»Maharadscha Sahib, darüber wollte ich eben sprechen! Vorgefallen ist nichts, und ich glaube, wir werden auch kein Gold finden.«

»Das ist ja schlimm,« sagte der König leichthin.

»Aber zu sehen ist mancherlei, wenn Sie hinauszukommen geruhen. Jetzt, da ich überzeugt bin, daß wir kein Gold finden, möchte ich Ihnen keine unnützen Ausgaben mehr bereiten, aber weshalb wir mit dem Pulver knausern sollten, das schon hinausgeschafft worden ist, sehe ich auch nicht ein. Es werden ungefähr fünfhundert Pfund draußen sein.«

»Ich verstehe nicht recht . . .« sagte der Maharadscha, der ganz andre Dinge im Kopf hatte.

»Möchten Sie die großartigste Explosion mitansehen, die sich denken läßt, möchten Sie die Erde beben und die Felsen fliegen sehen?«

Des Maharadscha Augen leuchteten auf.

»Wird man's vom Palast aus sehen können?« fragte er. »Vom obersten Dach?«

»Gewiß, aber die beste Ansicht wird doch die vom Flußthal aus sein. Um fünf Uhr will ich den Amet in sein altes Bett lassen, jetzt ist's drei Uhr. Werden Sie hinauskommen, Maharadscha Sahib?«

»Ich werde kommen. Das muß ja ein großartiges ›Tamasha‹ werden! Fünfhundert Pfund Pulver! Die werden die Erde entzwei reißen!«

»Das will ich meinen! Und hernach, Maharadscha Sahib, mache ich Hochzeit und dann werde ich abreisen. Wollen Sie der Trauung beiwohnen?«

Der Maharadscha beschattete seine Augen mit der Hand und schielte unterm Turban zu Tarvin hinauf.

»Bei Gott, Tarvin Sahib, Sie sind ein rascher Mann! Sie werden also die Doktordame heiraten und dann fortgehen? Gut, gut, ich komme zur Trauung, und Pertab Singh wird mitkommen.«

* * *

Die zwei nächsten Stunden in Nikolas Tarvins Leben werden nie einen Chronisten finden, der sie erschöpfend beschriebe. Ein wilder Trieb, Berge zu versetzen und die Pole der Erde aus den Angeln zu reißen, beherrschte den Mann: unter sich fühlte er ein feuriges Roß, in sich das Bewußtsein, Naulahka, das Staatsglück, eingebüßt und Käte errungen zu haben. Wie ein Meteor platzte er unter die Kulis am Damm, und sie begriffen, daß große Dinge im Werk waren. Der Vorarbeiter erhob seine Stimme zu weithin schallenden Rufen, er hatte begriffen, daß die Losung des Tags Zerstörung hieß, das Einzige, was der Morgenländer wirklich erfaßt.

Das Pulver wurde mit viel Geschrei unter gellenden Zurufen aus dem Schuppen geschafft, die Büffelkarren von der Böschung des Damms geschoben, die Krahnbalken heruntergelassen, wobei die Rasen- und Binsenwälle der Kulis mitgerissen wurden. Dann wurden die Pulverfässer unter Tarvins zur Eile antreibendem Befehl auf der Höhe des Damms in die Erde gegraben, die umwickelten Zünder darüber geschichtet und über das Ganze frischer Sand geschaufelt.

Die Sache wurde etwas überstürzt betrieben, aber wenigstens war der ganze Pulvervorrat an einer Stelle angehäuft, und es wäre nicht Tarvins Schuld, wenn Knall und Rauch hinter den Erwartungen des Maharadscha zurückblieben!

Kurz vor fünf Uhr rückte er mit seiner Leibwache an, Tarvin steckte einen vielfach verlängerten Zünder in Brand und hieß alle Mann davonlaufen. Langsam fraß sich das Feuer in den Damm ein, dann spaltete dieser sich mit dumpfem Getöse, eine weiße Flamme zuckte aus seinem Herzen auf, und die Massen der emporgeworfenen Erde verdunkelten den Rauch.

Die Ruine fiel einen Augenblick in sich zusammen, bis die Wasser des Amet vorwärts stürzten in die breite Lücke, die sie mit zischenden Wirbeln erfüllten, um dann gelassen das alte Bett auszufüllen.

Ein Regen aller möglichen von den Ufern herabrutschenden Dinge spaltete die Wellen und hemmte das Wasser, daß es kleine Wirbel und Fälle bildete, nach kurzer Zeit aber waren der Pulverdampf und die geschwärzten Flanken des Damms, die mit jeder Minute mehr in das aufsaugende Wasser herunterrieselten, die einzigen Ueberbleibsel des großen Werks.

»Und nun, Maharadscha Sahib, wie viel bin ich Ihnen schuldig?« fragte Tarvin, nachdem er sich mit Befriedigung überzeugt hatte, daß auch von den waghalsigeren Kulis keiner umgekommen war.

»Es war sehr schön! Ich habe nie etwas Derartiges gesehen!« erklärte der Maharadscha. »Schade, daß man dieses Schauspiel nicht wiederholen kann.«

»Und wieviel bin ich Ihnen schuldig?« wiederholte Tarvin.

»Dafür? Ach, das waren ja meine Leute! Sie haben ein wenig Hirse gegessen, viele kommen auch aus den Gefängnissen. Das Pulver, das ist aus dem Arsenal. Was brauchen wir da von Bezahlung zu reden? Bin ich ein Krämer, daß ich Ihnen sagen könnte, was es kostet? Es war ein schönes Tamasha. Bei Gott, jetzt ist der Damm ganz weg!«

»Ich möchte die Sache aber doch ins Reine bringen . . .«

»Tarvin Sahib, wenn Sie noch ein Jahr hier bleiben oder auch zwei, dann würde man's vielleicht ausrechnen können, und wenn Sie's dann bezahlen, würden die Zahlmeister der Gefängnisse das Geld in ihre Taschen stecken, und ich wäre um kein Haar reicher. Es waren meine Leute, die Hirse war billig, und das große Tamasha haben sie auch gesehen – das genügt. Von Bezahlung spreche ich überhaupt nicht gern. Kehren wir jetzt in die Stadt zurück! Bei Gott, Tarvin Sahib, Sie sind ein rascher Mann! Nun wird niemand mehr Pachisi mit mir spielen und niemand wird mich zum Lachen bringen. Der Maharadscha Kunwar wird Sie auch sehr vermissen, aber ein Weib zu nehmen ist gut für den Mann, sehr gut. Weshalb gehen Sie denn fort, Tarvin Sahib? Hat's die Regierung befohlen?«

»Ja, die amerikanische. Man braucht mich, um den Staat regieren zu helfen.«

»Es ist aber kein Telegramm für Sie gekommen,« sagte der König unbefangen. »Doch Sie wissen ja alles!«

Tarvin lachte, warf sein Pferd herum und ritt der Stadt zu, den Maharadscha innerlich beschäftigt, aber unerschüttert zurücklassend. Der König hatte sich allmählich gewöhnt, Tarvin und seine Handlungen als eine Naturerscheinung hinzunehmen, die niemand in der Gewalt hat.

Als der Amerikaner dem Missionshaus gegenüber gewohnheitsmäßig die Zügel anzog und einen Augenblick nach der Stadt hinaufsah, überfiel ihn jener Eindruck von plötzlicher Fremdheit täglich gesehener Dinge, der sich leicht einstellt, wenn uns eine große Veränderung bevorsteht, mit solcher Gewalt, daß er schauderte.

»Es war ein böser Traum,« brummte er vor sich hin, »ein böser, banger Traum, und das Schlimmste ist, daß sie mir in Topaz nicht die Hälfte glauben werden von dem, was ich wirklich erlebt habe!«

Sein Blick überflog die sonnverbrannte Landschaft, an die sich nun schon so manche Erinnerungen knüpften.

»Tarvin, mein Junge, du hast mit einem Königreich gespielt, und dabei ist ungefähr herausgekommen, was herauskommt, wenn der Affe mit der Kreissäge hantieren will! Du warst auf dem Holzweg, als du diesen Staat für ein ausgedientes Loch im Boden hieltest, ganz auf dem Holzweg, und wenn du sechs Monate hier herumgejagt bist nach einer Sache, die du nicht die Schneid hattest festzuhalten, so hast du wenigstens das gelernt . . . Topaz! Mein armes altes Topaz!«

Wieder faßte er den lohfarbigen Horizont ins Auge und lachte. Die kleine Stadt im Schatten des »Großen Häuptlings«, die zehntausend Meilen weit weg war und sich nicht träumen ließ, was für mächtige Hebel ihretwegen in Bewegung gesetzt worden waren, würde dieses Lachen bitter übel genommen haben, denn Tarvin, noch ganz im Bannkreis von Ereignissen, die Rhatore bis in die Eingeweide erschüttert hatten, dachte fast mit Herablassung an das Kind seines Strebens.

Er schlug sich mit der flachen Hand auf den Schenkel und lenkte sein Pferd aufs Telegraphenamt zu.

»Wie in aller Heiligen und Teufel Namen soll ich diese Geschichte mit der Mutrie ins Lot bringen? Selbst eine Nachahmung des Naulahka in Glas würde dieser Frau das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. . . .«

Das Pferd trottete stetig weiter, und Tarvin verabschiedete die peinliche Sorge mit einer großartigen Handbewegung.

»Wenn ich's überwinden konnte, kann sie's auch! Aber per Draht will ich sie darauf vorbereiten.«

Der taubengraue Telegraphist und Generalpostmeister von Gokral Sitarun erinnert sich bis auf den heutigen Tag, wie der Engländer, der kein Engländer war, und daher doppelt unverständlich, zum letztenmal die enge Stiege heraufgeklettert kam, sich in den zerbrochenen Stuhl warf und um unbedingtes Schweigen bat. Nach einer guten Viertelstunde schweren Nachdenkens, wobei er sich den Schnurrbart fast ausriß und jene tiefen Seufzer ausstieß, die bei den Engländern Brauch sind, wenn sie etwas Unbekömmliches gegessen haben, sprang er auf, schob den hohen Beamten beiseite, rief das nächste Amt an und tippte eigenhändig seine Botschaft mit hochmütiger, hochtrabender Fingerbewegung. Lang, fast zärtlich verweilte er bei dem letzten Tasterdruck, hielt sein Ohr an den Apparat, als ob der ihm Antwort geben könnte, und wandte sich dann mit einem Lächeln von erhabener Milde dem Taubengrauen zu.

»Finis, Babu. Behalten Sie das wohl im Gedächtnis,« sagte er, und das Feldgeschrei seines Staats:

»Nicht Titel, Staat, nicht Geld,
Nur Thatkraft braucht der Held«

vor sich hin pfeifend, ging er ab.

* * *

Der Büffelkarren bewegte sich schwankend und krachend in der ersten Purpurglut der hereinbrechenden Nacht auf der Straße nach Rawut, und die niederen Vorberge der Aravullis standen wie vielfarbiges Gewölk gegen die türkisblaue Horizontlinie. Dahinter ragte zornesrot glühend der Fels von Rhatore in die Wüstenfläche hinein, deren eintöniges Gelb von den Schatten weidender Kamele gesprenkelt war. Die Weihen und Wildenten suchten ihre Lagerstätten im Röhricht auf, und graue Affen hockten familienweise am Rand der Straße, jeder den Arm um des andern Hals geschlungen. Hinter einem mit Buschwerk gefleckten Felsblock kam der Abendstern herauf; sein Spiegelbild erschien hell und ungestört auf dem Grund eines halb ausgetrockneten Sammelbeckens, das von rostgelb gewordenem Marmor und silberschimmerndem Federgras umsäumt war. Zwischen dem Stern und dem Erdboden wirbelten riesengroße fuchsköpfige Fledermäuse, und die Nachtschwalbe machte Jagd auf die gefiederten Motten. Die Büffel waren aus ihren Wasserlöchern hervorgekommen, und das Vieh legte sich zur Nachtruhe. Aus zerstreuten Höhlen erklang Gesang, und an den Hügelabhängen zwinkerten die Lichter friedlicher Heimstätten. Die Zugstiere grunzten, als der Treiber ihre Schwänze zusammenband, und das hohe Gras am Wegrain schlug wie leise Brandung gegen die sich langsam drehenden Radspeichen.

Der erste Hauch dieser Nacht, womit die kühle Jahreszeit anbrach, veranlaßte Käte, sich fester in ihre Decken zu wickeln. Tarvin saß am hinteren Ende des Karrens, die Beine frei baumeln lassend, den Blick unverwandt auf Rhatore geheftet, das jeden Augenblick durch eine Biegung der Straße für alle Zeiten aus seinem Gesichtskreis verschwinden konnte. Für Käte war das volle Bewußtsein ihrer Niederlage noch nicht angebrochen: was ein allzu wohl geschultes Gewissen ihr zu sagen hatte, stand ihr noch bevor. In dieser Stunde, wo sie mollig ausgestreckt auf einem Berg weicher Kissen ruhte, war ihr nichts bewußt als das wohlige Sicherheitsgefühl einer Frau, der ein Mann die Sorgen des täglichen Lebens abgenommen hat, wiewohl sie ihr Interesse an diesen noch nicht verloren hatte.

Sie war noch vollständig erschöpft von dem leidenschaftlichen, nicht enden wollenden Abschied, den die Frauen im Palast von ihr genommen hatten, von dem Wirbelsturm einer Hochzeitsfeier, bei der Nick, die dem Bräutigam zukommende stumme Rolle rundweg ablehnend, den ganzen Kreis in übersprudelnder Lebhaftigkeit mit sich fortgerissen hatte. Das hungrig fieberhafte Heimweh, das sie vor einer Stunde noch in Frau Estes' nassen Augen hatte glühen sehen, verfolgte sie unablässig, und sie hätte gern ihr eigenes Untertauchen im Uebel der Welt für einen bangen Traum gehalten, wenn nur . . .

»Nick,« sagte sie leise.

»Was ist's, Frauchen?«

»O nichts – ich dachte nur. Nick, was hast du wegen des Maharadscha Kumuar gethan?«

»Der ist versorgt! Ueber den brauchst du dir gar keine Sorgen zu machen. Nachdem ich dem Oberst Nolan ein paar kleine Geschichten erzählt hatte, kam er sofort auf den Gedanken, unsern jungen Freund bis zu seinem Abgang nach Adschmir als Gast bei sich aufzunehmen. Damit bist du wohl einverstanden?«

»Die arme Mutter! Wenn ich nur gekonnt hätte . . .«

»Du konntest eben nicht, kleine Frau. Da, Käte, sieh schnell her! Der letzte Blick auf Rhatore!«

Die wie mit schwarzem Samt bekleidete Schulter eines Hügels drängte sich jetzt vor die Reihe farbiger Lampen, die die hängenden Gärten der Palastdächer bezeichnete. Tarvin sprang ab und verbeugte sich ehrfürchtig nach morgenländischem Brauch.

Eins der Lichter nach dem andern verschwand hinter dem Bergrücken, gerade wie die Steine des Naulahka in das Traubenkistchen geglitten waren, bis nur noch der rote Fackelschein von einem Fenster eines Wachturms sichtbar war – so tiefrot und so fern wie der schwarze Diamant des Halsbands. Nun erlosch auch dieser Schimmer, und die linde Dunkelheit stieg von der Erde empor, die beiden Wanderer, Mann und Weib, in die Falten ihres Mantels hüllend.

»Bei Licht betrachtet,« sagte Tarvin sich an die aufsteigenden Sterne wendend, »war das entschieden ein Abgang durch die Hinterthüre.«

 

Ende.

 


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