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Domplatz in Münster.
Auf den Stufen des Doms steht eine Art Thron mit kostbaren Kissen und Teppichen. Links und rechts davon einige kleine Sessel ohne Lehnen.
Volk ist versammelt. Gesellen, Kriegsknechte. Dirnen. Man erkennt schon stark die Not. Bleiche Gesichter und zerlumpte Kleidung; unzufriedene, freche Mienen.
Erster Geselle ängstlich: Heute wird Johann strenges Gericht halten!
Zweiter Geselle. Mit glühenden Zangen soll er unter die Unzufriedenen fahren.
Dritter Geselle laut und unbekümmert: Den Magen soll er ihnen füllen. Es ist kein Kunststück, dem Hungrigen das Maul zu stopfen, indem man ihm den Kopf abschlägt. Die Weiber und Kinder fressen Stroh. Johann und sein Hof aber essen noch aus vollen Schüsseln.
Erster Geselle. Sei auf der Hut! Überall hat Johann seine Späher!
Dritter Geselle etwas leiser: Das ärgste ist, Freund, daß das Pulver knapp wird.
Erster Geselle. Du redest dich noch an den Galgen.
Zweiter Geselle böse: Alle Kleinmütigen sollte man dem Bischof ins Lager schicken! Wer den Glauben nicht mehr hat, soll sich aus der Stadt scheren.
Dritter Geselle. Was sagst du? Ich habe den Glauben nicht mehr?
Fanfaren.
Erster Geselle. Keinen Streit, Freunde! – Der König! – Wie mit Kalk angestrichen sieht er aus!
König Johann erscheint mit seinem Hof. Er trägt eine Krone aus Gold, mit Steinen besetzt. Goldene Ketten, daran eine Weltkugel und ein goldenes Kreuz. Ein Zepter aus Gold, mit Steinen besetzt. Reichgewirkten Mantel.
Vor ihm her geht Tilbeck mit einem weißen Stab.
Zwei Pagen folgen Johann, einer trägt sein Schwert, der zweite die Bibel.
Es folgen Knipperdolling, Rottmann, Krechting, Gert tom Kloster, Redecker, Dusentschur und alle Räte, prächtig gekleidet. An den Ärmeln das Wappen des neuen Königreichs: Die Weltkugel mit Kreuz und Schwertern. Dusentschur trägt eine Art ärmliche Kutte.
Dann folgt eine Gruppe mit geschmückten Frauen, Divara an der Spitze. Ihr Kammerherr ist Wenzel von der Langenstraaten.
Es folgt der Scharfrichter in rotem Mantel.
Zuletzt die Leibwache des Königs, die das Volk zurückdrängt.
Einige Stimmen ohne besondere Begeisterung: Es lebe König Johann!
Rottmann wirft strenge, ermahnende Blicke.
Eine Gruppe alter Weiber. Willkommen, König Johann!
Johann steht vor seinem Thron. Er sieht erschöpft und bleich aus. Er erhebt segnend die Arme: Gnade und Friede über alle, die Gott fürchten und seinem Willen gehorchen.
Das Volk sich neigend: Friede sei mit dir, König Johann.
Johann und sein Gefolge nehmen Platz.
Tilbeck erhebt sich: Bürger des neuen Zion! Höret, ihr Völker. Der Gerichtstag ist eröffnet. Fleht zu Gott, daß er den König und den königlichen Rat erfülle mit seinem Geiste der Weisheit und Gerechtigkeit.
Knipperdolling erhebt sich.
Einige Stimmen. Es lebe Knipperdolling!
Rottmann und Tilbeck werfen zornige Blicke.
Knipperdolling. Johann, die Abgesandten der freien Reichsstädte, die als Unterhändler aus dem bischöflichen Lager gekommen sind, warten auf deinen endgültigen Bescheid. Sie bitten, ihre Sache nochmals vortragen zu dürfen.
Johann. Die Herren mögen sprechen.
Tilbeck. Ihr Freunde, König Johann bittet euch!
Die Deputation besteht aus drei Männern in Ratstracht.
Johann Krechting, der Sprecher der Deputation, tritt vor: Johann! Unsere Zeit läuft ab. Laß uns hören, was du beschlossen hast.
Johann finster: Ich ändere meinen Sinn nicht in jeder Stunde wie ein Weib, das schwanger geht.
Bernhard Krechting erhebt sich: So laß meinen Bruder erneut reden, Johann!
Johann Krechting. Du kennst mich, Johann. Und da ist mein lieber Bruder Bernhard – einer deiner Räte und Berater. Du darfst mir ruhig vertrauen.
Johann. Ich mißtraue dir nicht, Johann Krechting.
Johann Krechting. Wir waren über zwei Wochen im Lager des Bischofs, Johann, und haben uns alles genau besehen. Es ist nicht mehr wie im vorigen Herbst, da du deinen großen Sieg über die Bischöflichen davongetragen hast. Seit dem Kreistag zu Koblenz und dem Reichstag zu Worms stehen katholische und evangelische Fürsten und die freien Reichsstädte gegen Münster. In Summa: das ganze Reich ist gegen dich, Johann! Täglich strömten Reisige, Geschütze, Waffen und Pulver in das Lager des Bischofs. Das Lager wimmelt heute von Kriegsvolk wie ein Jahrmarkt. Dazu Geschütz, Feldschlangen, Kartaunen und Feuermörser. Sie stehen dicht um Münster, wie ein großer Rachen.
Das Volk wird unruhig.
Johann. Das wissen wir wohl und ist uns nichts Neues.
Dusentschur springt auf, lacht: Will der Bischof Gott mit Kartaunen und Mörsern beschießen?
Johann Krechting. Der Bischof hat den Sturm auf die Stadt beschlossen. Wir aber, die wir als eure Freunde nach Münster kamen, möchten euch ermahnen –
Johann unruhig, ohne starke Überzeugung: Hat der Herr nicht die Heere der Heiden vernichtet mit Roß und Wagen? Schwacher Beifall.
Johann Krechting. Der Bischof ist stark geworden, ihr Herren! Das ist es, was wir euch melden wollten. Auch Münster ist mächtig, wir wissen es. Ihr habt fleißig gebaut und geschanzt. Aber wir haben ja Augen im Kopfe und sehen, was ein Mensch sehen kann.
Tilbeck erhebt sich: Wir haben euch nichts verborgen, ihr Herren, oder verheimlicht! Was habt ihr gesehen?
Johann Krechting schlicht: Freund Tilbeck, wir haben gesehen, daß der Hunger eingezogen ist in die Stadt Münster. Die Räte sind unruhig.
Einige Stimmen halblaut, wie ein Krächzen: Wahr!
Johann erhebt sich rasch. Er gewinnt seine Sicherheit zurück. Seid meine Gäste, ihr Herren und Freunde. Ich will euch zum Mahle laden, gebt mir die Ehre. Heute abend, wenn die Sonne untergeht, will ich dem Volke von Münster ein Mahl geben auf dem Domplatz hier. Dreitausend Gedecke und ich und Divara und mein Hof werden das Volk bewirten. Mit eigenen Augen sollt ihr sehen, Freunde, ob noch Speise und Trank genug ist in der Stadt.
Rottmann als Sprecher des Königs, erhebt sich: Ihr habt vernommen, was König Johann sagte.
Lauter Beifall des Volkes.
Stimmen: Johann!
Knipperdolling erhebt sich: Ich möchte raten, Johann Krechting zu Ende zu hören.
Johann. Willst du die Tore Münsters den Heiden öffnen, Knipperdolling?
Knipperdolling. Habe ich das gesagt? Ich riet nur, man soll Krechting zu Ende sprechen lassen.
Unterdrückter Beifall.
Johann Krechting. Es fand vor drei Tagen ein großer Rat im Feldlager des Bischofs statt. Alle Gesandten der Fürsten und Bischöfe waren zugegen. Die Katholiken waren für den sofortigen Sturm auf Münster. Die Evangelischen aber und freien Städte befürchten, der Bischof möchte die Stadt Münster zu hart anpacken, wenn er sie nimmt. Er möchte am Ende die Religionsfreiheit aufheben und Münster wieder zu einer rein katholischen Stadt machen.
Tilbeck. Der Fuchs ist schlau, aber sein Gestank verrät ihn!
Johann Krechting. Die evangelischen Fürsten und freien Städte bestanden mit all ihrer Macht darauf, daß noch ein letzter Versuch des Vergleiches und Ausgleiches gemacht werden sollte, bevor der blutige Kampf anhebt. So mußte der Bischof sich also beugen, so hart es ihn ankam. Dies aber ist, was der Bischof und seine Verbündeten euch zum Vergleich vorschlagen: Laut und deutlich. Allen Bürgern und Kriegsknechten Münsters bietet der Bischof freien Abzug, so sie die Waffen abgeben. Dir aber, Johann, und deinen Räten sichern er und die evangelischen Fürsten bei ihrem Eide ein billiges und mildes Gericht zu. Dusentschur erhebt sich und lacht schrill. Und nun überlege, Johann, denke noch einmal nach! Denke noch einmal recht sorgfältig nach. Die Sonne steht im Mittag. Unsere Frist läuft ab.
Johann erhebt sich rasch: Nehmt unseren Dank und unsere Achtung, Johann Krechting und ihr Freunde. Eure Absicht ist gut. Aber was wir beschlossen haben, das bleibt beschlossen.
Kehrt in das Lager zurück, Freunde, und berichtet dem Bischof, wir fürchten nicht Geschütze und Kriegsvolk. Wir brauchen auch die Fürsprache der evangelischen Gesandten nicht! Möge der himmlische Vater ihnen und dem Bischof gnädig sein! Auf unserer Seite streitet Gott und das Recht, auf eurer Seite streiten Lüge und Tyrannei. Wir sind willens, zum Schutze des Wortes Gottes alles auf uns zu nehmen und wollen lieber bis zum letzten Mann untergehen, als Gottes auserwählte Stadt übergeben. Sagt dem Bischof, und wenn nur fünf Brüder in der Stadt zurückbleiben sollten, so bin ich gesonnen, die Stadt mit den fünf Brüdern gegen ihn zu halten! Er setzt sich.
Begeisterter Beifall des Volkes.
Stimmen. Johann! Johann!
Dusentschur rasend: Der Bischof soll sich hüten, daß ich nicht ins Lager komme und ihm die Zunge aus dem Maul reiße.
Redecker. Der Herr wird aufstehen wie ein Riese!
Rottmann. Das himmlische Feuer wird euch verbrennen, ehe das Wort Gottes sich von euch mit Füßen treten läßt.
Johann Krechting. Eines noch, ihr Freunde: Komme ich ohne eure Zusage, so wird der Bischof augenblicklich mit der Beschießung der Stadt anheben.
Johann. Antworte ihm, er soll seine Geschütze getrost abfeuern. Ich werde die Kugeln mit den Ärmeln meines Mantels auffangen!
Beifall.
Johann Krechting enttäuscht und erschüttert: Lebt wohl, ihr Freunde!
Gert tom Kloster. Eher wird Gott seine Stadt Münster zum Himmel emporziehen, bevor er zugibt, daß die Heiden sie mit ihren Schritten beflecken.
Bernhard Krechting erhebt sich und eilt zu seinem Bruder: Lebe wohl, Bruder!
Johann Krechting. Lebe wohl, Bruder! Sollten wir uns in diesem Leben nicht mehr sehen – Sie küssen sich. Johann Krechting weiß, daß er den Bruder nicht wiedersehen wird. In tiefster Trauer löst er sich von ihm los.
Deputation geht ab.
Johann mit lauter Stimme: Ist jemand hier, der mit unserer Antwort an den Bischof nicht einverstanden ist? Er lasse sich vernehmen!
Stille.
Johann. Es gibt keinen Judas am Worte Gottes in Münster.
Der dritte Geselle gleichsam gegen seinen eigenen Willen: Ich möchte etwas dagegen vorbringen, Johann!
Erster und zweiter Geselle zerren ihn vergebens zurück: Unglückseliger! Sie machen sich davon.
Johann. Wer bist du? Was willst du?
Der dritte Geselle tritt vor den Thron, schwankt hin und her, plötzlich von Furcht ergriffen: Die Weiber und Kinder hungern. Wir haben nicht genug Pulver, Johann.
Johann. Woher weißt du, Vorwitziger, daß wir überhaupt Pulver brauchen werden?
Der dritte Geselle wirft sich zu Boden: Gnade, Johann!
Johann. Führt ihn fort. Werft seinen Leichnam den Hunden vor!
Der Geselle wird abgeführt.
Johann. Meine Hand wird streng und schnell nach jenen fahren, die zu zweifeln und zu zagen beginnen!
Ein Kind. Ich habe Angst, Mutter! Erregung.
Johann erhebt sich: Komm zu mir, mein Kind, du brauchst keine Angst zu haben vor Johann. Gib mir das Kind, Schwester, es soll mit mir auf dem Thron sitzen.
Die Mutter will das Kind bringen. Das Kind schreit voller Angst.
Johann. Gib das Kind Divara. Sie wird es auf den Schoß nehmen.
Divara. Komm zu mir, mein kleiner Liebling. Ich will dich kosen und küssen. Das Kind schreit.
Rottmann. So bring es fort. Die Mutter mit dem Kinde ab.
Johann. Brüder und Schwestern! Bevor die Sonne sinkt, wird Gott uns ein Zeichen seiner Gnade vom Himmel senden.
Stimmen. Ein Zeichen! Hört! Hört! was Johann sagt! Ein Zeichen!
Johann. Bruder Rottmann, bringe die Klagen vor.
Rottmann erhebt sich: Es kann nicht verborgen bleiben, daß die Sitten in Münster sich zu lockern beginnen. Noch sind viele unter uns, die den rechten Gottesglauben nicht haben. Ein wahrer Christ braucht nicht Gesetz und Richter! Die Übeltäter aber, die Lügner und Ungläubigen, die Zanksüchtigen, die Kleinmütigen sollen ausgerottet werden vor dem Gesetz. Denn Gottes Stadt soll rein sein! – Es wird Klage geführt gegen sechs Kriegsknechte, die mit Spähern des Bischofs in Verbindung standen.
Gert tom Kloster. Ich ließ sie ergreifen, als sie die Stadt verlassen wollten, um ins Lager des Bischofs zu gehen.
Tilbeck. Auf Verrat steht der Tod!
Dusentschur. Laßt ihre Köpfe auf die Tore Münsters setzen!
Johann. Handelt, wie Dusentschur geraten.
Rottmann. Es wird Klage geführt gegen die Ehefrau des Bäckers Ullenhorst. Sie beschimpft dich, Johann, sie sagt, du seist ein falscher Prophet.
Johann. Laßt sie morgen früh öffentlich richten, damit die Frauen Münsters sehen, wie ihnen geschieht, wenn sie den Herrn lästern.
Knipperdolling. Die Frau des Bäckers Ullenhorst hat zwei Kinder durch Hunger und Krankheit verloren. Sie weiß nicht mehr, was sie sagt.
Johann. Erstaunt bin ich, daß du Übeltäter verteidigst, Knipperdolling!
Rottmann. Obschon der König strenge Gesetze angeschlagen hat gegen die Trunkenheit, greift das Laster unter dem Kriegsvolk mehr und mehr um sich. Es sind fünf Kriegsknechte angeklagt, den Weinwirt Zacharias in der Trunkenheit blutig geschlagen zu haben, weil er ihnen keinen Wein mehr ausschenken wollte.
Johann. Wir haben befohlen, daß auf den Wällen und in den Wachtstuben geistliche Lieder gesungen werden, wie es Christen geziemt, die unter der Fahne der Gerechtigkeit dienen. Aber Würfel und Wein sind nicht auszurotten. Ich bin gesonnen, diese Vermessenen streng anzufassen. Die Knechte haben den Tod verdient!
Knipperdolling. Johann, wie geschwind du heute fährst! Diese fünf Knechte kenne ich gut. Es sind tapfere Gesellen, Johann!
Johann. Willst du auch sie verteidigen?
Knipperdolling. Ja, ich will ein Wort der Fürsprache für sie vorbringen. Bei jedem kecken Streich, wenn wir ein Geschütz vernagelten, eine Mine legten, ein Blockhaus verbrannten, bei jedem Abenteuer waren sie fröhlich und mutig dabei. Es sind derbe Gesellen, das ist wahr –
Johann unterbricht ihn: Handelt nach meinem Befehl!
Knipperdolling erhebt sich: Ei, Johann, du wirfst ja heute mit Köpfen um dich, ganz wie der Bischof Franz!
Johann. Wagst du es, mich mit dem Bischof in einem Atem zu nennen?
Knipperdolling. Wohlfeil sind Menschenleben bei dir in der letzten Zeit wie beim Bischof. Es sind fünf tapfere Kriegsleute! Ich erhebe Einspruch gegen dieses Urteil vor dem gesamten Rat! Sieh dir den Spruch an, der auf deinem Zepter steht, Johann!
Johann. Du brauchst mich nicht an den Spruch zu erinnern: Ein König der Gerechtigkeit überall. So soll es bleiben. Setze dich, Bruder Knipperdolling, und bescheide dich. – Liegen weitere Klagen vor, Rottmann?
Knipperdolling zornig: Bin ich ein Lehrling, dem man sagt: setz’ dich und halte das Maul? Seitdem du dir die goldene Krone hast machen lassen, Johann, ist dir die Hoffart zu Kopf gestiegen!
Johann bleich: Was sagst du? Schweige!
Knipperdolling. Ich schweige nicht! Lasse mir nicht das Wort verbieten!
Bestürzung im Rat und Unruhe im Volk.
Rottmann. Versündige dich nicht, lieber Bruder Knipperdolling. Du weißt, daß Johann die Krone nicht aus menschlicher Eitelkeit trägt, sondern als ein Zeichen, daß Gott ihn eingesetzt hat zum König über die neue Christenheit. Im Rat wurden Krone und Abzeichen der königlichen Würde beschlossen und du selbst, Knipperdolling, stimmtest allen Vorschlägen zu.
Tilbeck. Knipperdolling – du gibst Ärgernis vor dem Volk!
Dusentschur. Der Böse ist über dich gekommen, Knipperdolling!
Knipperdolling. Ich will dir etwas sagen, Johann, ich will dir etwas sagen. Gott hat mir in der letzten Nacht einen Traum eingegeben. Einen sonderbaren Traum.
Johann. Laß hören. Wir wollen hören, was Knipperdolling träumte. Wie Jesaia sagt: Wehe denen, die des Morgens früh auf sind, des Saufens sich zu befleißigen, und sitzen bis in die Nacht, daß sie der Wein erhitze.
Knipperdolling. Jesaia sagt auch: Wehe denen, die bei sich selbst weise sind und halten sich selbst für klug. Auch das sagt Jesaia.
Einige. Knipperdolling! Die Dirnen kreischen. Lachen.
Johann. Und David sagt in einem Psalm: Falsche Leute halte ich nicht in meinem Hause, und Lügner gedeihen nicht bei mir.
Stimmen. Brav, Johann! Du hast es Knipperdolling gut gegeben! Gut, Johann. Gelächter.
Knipperdolling. Wen Gott verderben will, den schlägt er mit Blindheit, sagt der Prophet.
Johann. Den Traum, Knipperdolling.
Knipperdolling. Da träumte ich also: Da Gott und alle seine Engel wissen, daß Knipperdolling „früh auf ist des Saufens“ – so träumte ich von einem Faß voll Wein – so groß wie der Dom zu Münster. Gelächter. Und schöne Frauen saßen um das Faß herum, in Samt und Seide, fast wie Divara, Johann, und dein Hofstaat.
Johann. Deinen Traum laß hören, Knipperdolling.
Knipperdolling. Aber, das ist ja der Traum, begreifst du nicht? Und in diesem Traum da hat mir Gott befohlen, Johann, dein Hofnarr zu werden! Gelächter. Hofnarr am Hofe des König Johann, ja! So erging der Befehl. Ich soll bei dir tanzen wie ein Gaukler auf dem Jahrmarkt. Heissa. Er tanzt in grotesken Sprüngen. Heissa, Herr König!
Stimmen. Wacker, wacker! Tanze, Knipperdolling!
Gelächter und Entsetzen. Die Dirnen kreischen.
Rottmann. Knipperdolling, so besinne dich.
Knipperdolling tanzt und fällt auf Divara und die Hofdamen.
Gelächter und Geschrei im Volk.
Volk. Es lebe Knipperdolling! Knipperdolling ist betrunken! Knipperdolling!
Dusentschur erhebt sich, sein Aussehen ist so furchtbar, daß alle sofort schweigen.
Knipperdolling. Was glotzt ihr? Der heilige Geist ist in mich gefahren. Heilig, heilig ist der Herr, wir sind ein heiliges Volk. Ja, und deine Sohlen soll ich lecken, Johann. Gib, gib, streck doch die Schuhe aus, die Schuhe aus feinem holländischen Leder! Wer hat dich denn zum König gesetzt über Münster, Johann? Ich, ich!! Ich habe dir den Weg bereitet!
Beifall und Unruhe. König Johann steht bleich.
Eigentlich sollte ich ja König in Münster sein und nicht du! Knipperdolling wird ein König im Geiste sein, Johann aber ist ein König im Fleisch!
Ungeheure Erregung.
Stimmen. Es lebe König Knipperdolling! Gelächter.
Tilbeck. Hält dich die Scham nicht zurück, solches vor dem Volke zu sagen!
Knipperdolling. Der Herr hat befohlen, daß das Volk die Wahrheit vernehme.
Volk jubelt: Knipperdolling!
Johann macht eine Bewegung und sofort ist alles still.
Knipperdolling. Seht an Divara, Johanns Gattin. Sie trägt brabanter Tuch und französische Seide und hat sich die Wangen gefärbt wie eine Buhlin. Sie hat einen Kammerherren, einen Junker aus dem Lager des Bischofs. Seht ihn euch an, das Püppchen. Nichts ist übler als ein Mann, der wie ein Mädchen aussieht. Ein Seidenäffchen!
Divara springt auf: Johann, dulde es nicht, daß man mich beschimpft!
Stimmen. Hoffentlich bedient er dich gut, Divara, der Kammerherr! Der liebe Junge!
Knipperdolling drohend auf Wenzel deutend: Er wird der Judas sein, der Münster an den Bischof verrät.
Wenzel greift nach dem Schwert: Was sagst du, Knipperdolling?
Dusentschur beschwörend zu Knipperdolling, mit furchtbarer Gebärde: Verstumme, du böser Geist!
Knipperdolling redet sich immer mehr in Raserei: Du hast ein Zeichen vom Himmel versprochen, Johann. Wir werden es ja sehen, das Zeichen. Wer hat geraten, das Lager des Bischofs zu überfallen nach dem großen Sieg im Herbst? Ich! Wer hat gezögert? Du! Längst wäre der Bischof zerschmettert und Münster frei. Wir werden ja sehen, wie du mit fünf Mann die Stadt gegen den Bischof hältst. Er lacht rasend.
Johann wächst in die Höhe. Er steigt die Treppe hinab, bleich und furchtbar. Knipperdolling verliert sofort die Sicherheit. Legt ihn in Eisen! Der Satan hat von Knipperdolling Besitz ergriffen. Bereut er nach drei Tagen nicht, so werde er hier auf diesem Platze gerichtet. Fort mit ihm!
Knipperdolling schäumend: Wer wagt es, Hand an mich zu legen.
Dusentschur. Ei, du Höllensohn, fährt dir das Feuer aus dem Maul? Packt ihn, Freunde!
Die Leibwache ergreift ihn. Die Erregung ist ungeheuer. Die Menge ergreift teils für Knipperdolling, teils für Johann Partei. Rufe: Johann! Knipperdolling! Was ist das? Was soll das werden?
Johann drohend: Wer ergreift seine Partei?
Stille. Knipperdolling, der verzweifelt lacht, wird abgeführt. Einige folgen ihm.
Tilbeck. Es ist unverständlich, ihr Freunde!
Rottmann. Der Böse hat Knipperdolling, der Tag und Nacht für die heilige Sache Gottes kämpfte, ein Bein gestellt und zu Fall gebracht. Betet für ihn, daß sein verwirrter Sinn genesen möge.
Johann. Der Satan ist in die heilige Stadt Münster eingedrungen, obschon die Tore geschlossen waren. Schon seit langem ist seine Arglist zu spüren. Ich bin entschlossen, den Satan wieder aus der Stadt zu vertreiben! Ich sage es laut, so daß alle mich hören mögen: Unerbittlich wird meine Strenge sein! Jeden Morgen und jeden Abend werden die Prediger und Propheten zum Volk auf den Marktplätzen sprechen, um es im Glauben zu stärken. Alle seien zugegen. Wehe dem, der fehlt. Nur die, die auf den Wällen und Schanzen die Wache halten, sind beurlaubt. Des weiteren verordne ich: Unsere Diakone werden die Häuser besuchen. Wer Nahrung verborgen hält und nicht der Gemeinschaft abgibt, der soll mit dem Schwert gestraft werden. Strenge werde ich jede Verfehlung gegen die Sitten bestrafen und die Dirnen richten, die es mit dem Kriegsvolk treiben.
Unruhe im Volk. Es entsteht ein Drängen.
Stimmen. Ein Prophet ist zurückgekehrt. Der Prophet Roll ist zurückgekommen!
Rottmann. Was soll die Unruhe?
Stimme. Der Prophet Roll ist zurückgekehrt!
Viele Stimmen. Roll! Roll!
Johann und der Rat erheben sich erregt.
Roll erscheint. Er ist erschöpft und bleich wie ein Sterbender. Seine Kleidung ist zerfetzt. Sein Aussehen ist so erschreckend, daß viele erschrocken zurückweichen.
Johann eilt ihm entgegen und umarmt ihn: Willkommen, Bruder Roll!
Der Rat. Roll! Willkommen, Bruder Roll!
Roll. Daß ich dich wieder betreten darf, heiliger Boden der heiligen Stadt! Er küßt den Boden. Daß ich euch wiedersehen darf, Freunde! – Er schlägt die Hände vors Gesicht.
Divara. Wir sind seit Monaten ohne Nachricht von dir, Bruder Roll!
Einige des Rats. Berichte, Bruder Roll. Was für Botschaft bringst du? Wo sind die Propheten?
Rottmann. Wo kommst du her, Roll?
Roll sein Antlitz leuchtet: Aus der Hölle komme ich. In den Himmel bin ich eingezogen. – Ich komme aus dem bischöflichen Gefängnis von Iburg. Bewegung. Seht meine Brust, sie haben mich mit glühenden Zangen gerissen, sie haben mich auf der Folter gestreckt und mir das Herz im Leib zerrissen. Aber ein Engel kühlte meine Wunden mit seinen süßen Lippen.
Tilbeck. Wie, beim himmlischen Vater, bist du aus dem Turm von Iburg entkommen?
Roll. Der Bischof ließ mich ins Lager schaffen. Sechs Reiter führten mich. Sie höhnten und lästerten – da plötzlich fuhr ein Blitz aus dem Himmel und warf sie nieder. So wurde ich frei.
Stimmen. Hört ihr? Hört ihr es?
Dusentschur streckt die Hände zum Himmel: Herr! Herr!
Johann. Berichte, Bruder Roll! Wie steht es bei den Brüdern im Lande? Wie geht es den Propheten, die wir aussandten? Haben sich die Brüder gesammelt? Ziehen sie gegen Münster?
Roll. Oh, Johann – die Brüder haben sich gesammelt – aber sie kommen nicht nach Münster.
Johann. Ich verstehe dich nicht.
Roll. Die Propheten aber, die du aussandtest, sie haben ihr Ziel wohl erreicht.
Johann. Du sprichst seltsam!
Roll. Sie sind alle an ihr Ziel gelangt, Johann. Er deutet zum Himmel.
Bewegung. Johann sinkt in den Sessel zurück.
Roll. Wappnet eure Herzen, meine Botschaften sind grausam. In all den Monaten waren wir unterwegs und haben gewirkt, wie du es befahlst, Johann. – Die Brüder Geel und Jakob van Campen, die du nach Amsterdam sandtest, haben dort mit großem Erfolg gepredigt. Im Mai haben die Brüder sich gesammelt, um von Amsterdam Besitz zu ergreifen und die Stadt zu einer Feste des Herrn zu machen.
Rottmann. Hört!
Roll. Sie haben das Rathaus besetzt, aber nach heftigem Kampf mit den Bürgern verloren sie es wieder. Bruder Geel wurde gerädert. Van Campen haben sie die Zunge ausgerissen, die Hand abgeschlagen. Eine blecherne Bischofsmütze mit dem Stadtwappen von Amsterdam haben sie ihm auf das Haupt gesetzt und ihn so an den Pranger gestellt. Dann haben sie ihn enthauptet.
Alle. Wehe! Wehe! Viele verhüllen ihr Gesicht.
Dusentschur. Räche, Herr! Räche, räche! Herr Gott, daß die Rache ist, erscheine!
Johann windet sich in seinem Stuhl.
Roll. Bruder Clopris fiel dem Erzbischof von Köln in die Hände und starb den Tod in den Flammen. Die Brüder Stralen, Ummegrove, Prünn und Alfen, die du nach Warendorf sandtest, wurden enthauptet und ihre Köpfe an die Tore der Stadt genagelt. Die du nach Soest sandtest, nach dem Süden, wurden gefangengesetzt und allesamt getötet.
Alle. Wehe! Wehe! Tut Buße! Tut Buße!
Dusentschur. Die Racheengel des Herrn werden Fürsten und Bischöfe schlagen, so wie man das Vieh im Schlachthaus schlägt.
Roll. Wie du befohlen hattest, Johann, haben wir die Brüder an vier Orten versammelt. Bei Eschenbruch im Lande Jülich, in Holland, bei Aachen und bei Gröningen in Friesland. Sie kamen, sie sammelten sich, aber Gott hat es anders beschlossen.
Tilbeck. Reicht ihm Wasser. Er wird ohnmächtig.
Roll. Ich brauche nichts mehr. – In Friesland habe ich selbst die Brüder geführt. Wir setzten uns, gegen tausend Täufer, im Oldenkloster fest. Aber der Statthalter des Kaisers, der Schenk von Tautenberg, bekämpfte uns mit schwerem Geschütz. Wir stritten tapfer. Neunhundert Brüder mußten dort ihr Leben lassen.
Johann ausbrechend: Vater im Himmel, warum läßt du die Gerechten leiden und führst die Lügner zum Siege?
Roll. Die holländischen Brüder haben sich aufgemacht und sind auf dreißig Schiffen ausgezogen. Die Schiffe wurden von den Reitern des Herzogs von Geldern überwältigt und mit Mann und Maus verbrannt.
Alle. Wehe! Wehe! – Reue! Reue! Tut Buße!
Roll. So stand ein böser Stern über den Zügen der Täufer allerorts. Dies ist der Grund, Johann, weshalb du vergeblich warten wirst, daß die Brüder nach Münster kommen. In Holland, im Kölnischen, in Friesland, überall wimmelt es von Reisigen und Knechten. Das ganze Münsterland ist überzogen von ihnen wie eine Wunde mit Fliegen. So viele Hunde bei einem Jagen über den Hirsch fallen, so viele Kriegsknechte fallen jetzt über den Täufer. Er muß sich in den Wäldern und im Schilf verbergen wie ein Tier.
Rottmann. Furchtbar sind deine Botschaften, Roll! Alle bedecken das Gesicht.
Roll. Die Zeit der Prüfung ist für die Brüderschaft gekommen. Wappnet eure Herzen und seid stark im Glauben! Er taumelt. Ich bin am Ziel, ihr Freunde. Der Gram hat mein Herz zerfressen. Es war zuviel. Die Folterknechte des Bischofs haben mir die Brust zerrissen. Dank dem Vater im Himmel, daß ich euch noch sehen durfte. Die Welt hat sich heute so weit von der Wahrheit verirrt, daß sie den Rückweg nicht finden kann. Er taumelt, man stützt ihn. Führt mich hinweg, Brüder. Legt mich in einen Winkel unter eine Treppe, legt mich in einen dunkeln Stall zu den Tieren. Ich will sterben! Während er weggeführt wird. Der Herr aber spricht: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Mein Reich ist ein Reich im Geiste und kein irdisches Reich.
Johann von Entsetzen gepackt, beugt sich vor. Was sagst du, Bruder? Sprich!
Roll. Daß ich bei euch, ihr Brüder, sterben darf –! Süß ist der Tod ...
Sie führen ihn fort.
Dusentschur hat sich gegen Schluß der vorigen Szene erhoben und seinen Platz verlassen. Wie ein Träumender wandelt er, verklärt, ein verzückter Tänzer. Wer ruft? – Wer ruft? – Hier bin ich. Hier bin ich, Dusentschur. Was rufst du mich, Herr? Hier bin ich, dein Knecht.
Erregung.
Tilbeck. Still, still! Der Geist ist über Dusentschur gekommen.
Rottmann. Dein Zeichen, Johann! Gott der Herr möge ihn erleuchten.
Johann. Still! –
Dusentschur mit verklärtem Antlitz, visionären Augen: Feuer und Rauch! – Die Welt in Flammen ... Glut bläst über die Erde, die Städte zerschmelzen. Wehe! Wehe! Er geht mit mächtigen Schritten.
Tilbeck. Hört, ihr Brüder –
Johann. Still –
Dusentschur mit gellender Stimme: Im Osten aber – siehe, ein Tor, groß und glühend wie der Sonnenball. Steht ein Engel vor dem Tore, gleißend in seiner Herrlichkeit. Breit ist sein Schwert, glühend, und roter Rauch fährt aus der Schneide. Er taumelt zuweilen. Verzückt hebt er die Arme. Siehe, wie es wimmelt auf den Straßen, die gen Osten führen! Alle Kreatur flüchtet vor dem Untergang. Da reiten die Päpste und Bischöfe und Äbte und Domherren. Herrlich sind sie angetan mit Gold und Silber, und das Zaumzeug ihrer Pferde funkelt. Und hinter ihnen reiten die Könige mit ihren Zeptern und die Kaiser mit ihren Kronen und die Fürsten in ihrem Purpur und alle, so die Macht auf Erden haben. Ihre Rosse sind kostbar und die Schabracken blitzen von Gestein ...
Seine Züge verzerren sich.
Siehe aber, der Engel hebt sein glühendes Schwert und zornige Glut fährt aus der Schneide. Und die Bärte und Haare der Päpste und Kaiser und Fürsten verbrennen. Rauch fährt aus den Purpurmänteln, die Harnische schmelzen. Und es erhebt sich ein Gelächter, und sie sinken dahin ...
Er ist erschöpft und mit Schweiß bedeckt.
Die Reichen und Kaufleute und herrlich geputzte Frauen mit Hauben und Schleiern, siehe, sie fliehen vor dem Untergang. Es ist ein Gedränge und Gewimmel auf allen Straßen und Angst steht in allen Augen. Auf Wagen fahren sie Gold und Gestein und Reichtümer, die sie gewuchert haben ...
Aber der Engel hebt das glühende Schwert, siehe, sie stürzen nieder, die Frauen stürzen und schreien, die Pelze und Federn brennen, die Achsen der Wagen zerschmelzen, und die Wagen stürzen um. Und es ist ein großes Geschrei und Qualm und Rauch und Feuer. Da erhebt sich eine Stimme, die scheltet. Und sie sinken dahin.
Er taumelt so stark, daß man ihn stützt. Er keucht und Schaum steht ihm vor dem Mund. Grauen bemächtigt sich des Volkes. Er richtet sich wieder auf. Sein verzerrtes Gesicht sänftigt sich und beginnt zu leuchten.
Da sehe ich Männer und Frauen und Mädchen und Kinder! Und da sehe ich Bettler und Blinde und Kranke und bleiche Wangen. Und da sehe ich viele Arme, die keine Schuhe tragen und barfuß gehen. Und Krüppel.
Und der Engel erhebt sein Schwert, und siehe, es beginnt zu blühen wie ein Busch im Frühjahr. Und das Tor tut sich auf und Posaunen schallen. Und die Männer und Frauen und Kinder, sie ziehen dahin und singen und Glanz strahlt aus ihren Leibern.
Und auch unsere Brüder sehe ich, Mathys und die Propheten, Geel und Campen – auch Hille Feiken sehe ich, alle ...
Divara erhebt sich. Freudige Hingerissenheit des Volkes.
Dusentschur halb singend: Und eine Stimme erschallt: Um der Gerechten willen will ich verzeihen! Um der Demütigen willen will ich wiederum zur Erde hinabfahren. Auf, ihr Schläfer! Bereitet den Weg!
In höchster Ekstase bricht er ohnmächtig zusammen; man fängt ihn auf und bringt ihn langsam weg.
Ungeheure frohe Erregung des Volkes und des Gefolges. Dirnen reißen das bißchen Tand ab, Kriegsknechte ihren Wams, andere schleudern die Schuhe von sich: um arm zu sein. Umarmungen, Küsse.
Stimmen. Johann! König Johann! Führe uns, Johann!
Rottmann. Das Zeichen, das Johann angekündigt hat!
Krechting. Die Demütigen, sie werden in die Herrlichkeit eingehen.
Tilbeck. Päpste und Kaiser werden zuschanden. Der Bischof wird zuschanden!
Johann. Brüder und Schwestern!
Volk. Johann! Es lebe Johann!
Rottmann. Der König will zu euch sprechen.
Stille.
Johann. Bereitet dem Herrn den Weg – Gott sprach durch Dusentschurs Mund. Erregung, dann Ruhe. Also verkünde ich: die Zeit der Prüfung neigt sich ihrem Ende entgegen.
Stimmen. Johann! Johann!
Johann. Der Sieg der Christenheit über die Lügner, die Gott nur mit der Lippe dienen, wird bald sichtbar werden. Also verordne ich: Alle Wagen, die in der Stadt Zion sind, sollen auf dem Domplatz zusammengefahren werden. Die Wagner sollen instand setzen, was verdorben ist. Die Sattler sollen das Geschirr der Pferde nachsehen und flicken. Staunen. Es sollen Decken auf die Wagen gebracht werden und Stroh und Betten für die Greise, die Frauen und Kinder.
Rottmann. Ihr hört, was König Johann sagt!
Johann. Es soll Mehl und Korn in die Säcke getan werden. Das Schlachten von Pferden ist fortan verboten. Harret aus im Glauben! Die Zeit ist gekommen, die die Propheten verkündeten. Werft euch in den Staub und schreit zu Gott. – Also verkündige ich: Sieben Tage wird die Prüfung noch währen, ihr Brüder und Schwestern, mit Hunger und Kriegslärm und Kampf. Gott läßt es kundtun durch meinen Mund! Harret aus im Glauben! Am achten Tage aber werden wir die Tore von Münster öffnen –
Geschrei.
Johann. Und wir werden hinausziehen zu Fuß und zu Wagen. Und Gott wird das Lager des Bischofs verwehen wie Spreu!
Volk. Johann! Johann!
Johann. Zwölf Apostel und Herzöge wollen wir über den Erdball setzen. Dusentschur über das deutsche Land, Krechting über Holland, Rottmann über Rom, Tilbeck über Frankreich, Gert tom Kloster über England. Die weiteren werden wir verkünden.
Die Erwählten neigen sich vor ihm.
Johann. So wollen wir dahinziehen, eine Gemeinde, und uns mit den Brüdern in allen Ländern vereinen. Dies ist der Wille des allmächtigen Gottes!
Jubel.
Johann. Und die Mächtigen und Könige und Bischöfe werden uns huldigen. Der Herr aber wird sein Volk erhöhen, daß es auf silbernen Stühlen sitzt und von silbernen Platten speist. Und wir werden das Reich errichten, so wie geschrieben steht.
Jubel. Viele knien vor ihm.
Volk. Johann! Johann!
Die Frauen berauscht: Gesegnet seist du, Johann!
Rottmann. Das Reich Gottes ist herbeigekommen, ihr Brüder und Schwestern!
Johann. Es wird keine Tränen mehr geben auf Erden, kein Weinen, kein Jammern. Die Welt wird neu sein und Friede und Wohlgefallen.
Volk. Hosiannah! Hosiannah!
Eine gellende Stimme. Der Bischof beschießt die Stadt! –
Stille. Verwirrung. Einige eilen schon.
Eine gellende Stimme. Der Bischof wirft Brandkugeln in die Stadt! Die Getreidespeicher brennen!
Schon eilen mehr.
Gert tom Kloster. Auf die Wälle. Er eilt fort.
Tilbeck, Krechting. Auf die Wälle! Jeder an seinen Posten!
Eilen fort. Die Frauen eilen. Hornrufe.
Johann. Ihr Brüder und Schwestern!
Eine gellende Stimme. Münster brennt! Münster steht in Flammen!
Rottmann. Fort! Helft alle löschen! Fort! Zu den Eimern!
Johann groß, entflammt: Laßt Münster brennen! Gott will, daß wir ausziehen! – Kann Gott uns ein klareres Zeichen geben?
Eine höhnende Stimme. Weshalb fängst du denn nicht die Kugeln mit dem Ärmel auf, Johann?
Eine zweite Stimme. Hast wohl nur geprahlt?
Eine dritte Stimme. Und geschwätzt?
Johann. Wer vermißt sich hier?
Ein Gelächter antwortet.
Johann. Ihr Toren, ihr Toren! Gott gibt sein Zeichen und ihr erkennt es nicht!
Der Rest enteilt. Er ist allein. Nur Divara ist bei ihm.
Johann ist fassungslos und entgeistert. Er schreitet die Stufen hinab: Wo sind sie? Ist das ihr Glaube? – Laßt Münster zu Asche vergehn, wenn Gott es will.
Divara umschlingt seine Knie: Ich bin bei dir, Johann!
Johann. Wo ist ihr Glaube? Wehe! Wehe! Er zerreißt seinen Mantel.
Divara. Ich bin bei dir!
Vorhang.