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Materie der Charaktere
Hier erhebt sich die alte Frage über die Zulässigkeit der rein vollkommnen und der rein unvollkommnen. Ich behaupte die Notwendigkeit der einen, und die Unzulässigkeit der andern. Der Wille kennt nur zwei Ich, das fremde und das eigne; folglich nur Liebe gegen jenes und Selbstachtung gegen dieses – oder Lieblosigkeit und innere Ehrlosigkeit. Stärke oder Schwäche sind das Dritte, worin das eine oder das andere gesetzt wird, können also, da sie sich aufs eigne Ich beziehen, schwer von Ehre oder ihrem Gegenteil geschieden werden. Folglich wäre ein rein-unvollkommner Charakter feige, schadensüchtige, ehrlose Schwäche. Aber diesen Wurm stößet die Muse von sich. Selber das unmenschliche Untier Kaliban hat noch zufällige kurze Zorn-, Mut- und Liebe-Funken.Das ohnehin schon wegen seiner Unform mehr zu den Maschinen als zu den Charakteren gehört. Warum hasset die Dichtkunst die Schwäche so sehr? Weil diese der auflösende laue ekle Schwaden alles Willens und Lebens selber ist, so daß dann im Maschinenwerk der Fabel die Seele, die darin arbeiten sollte, selber ein weicher Leichnam und eine Maschine wird und mithin die Geschichte aufhebt; denn ohne Willen gibt es so wenig eine Geschichte, als es eine Weltgeschichte des Viehs gibt. Ein schwacher Charakter wird leicht unpoetisch und häßlich, wie z. B. Brakenburg in Goethens Egmont beinahe ekel und Fernando in dessen Stella zierlich wird. Bei den Alten sind schwache Charaktere selten; im Homer gibts gar keine; auch Paris und sogar Thersites haben Stärke, so wie in Sparta alle Gottheiten bewaffnet dastanden, selber die Venus.
Da Willens-Schwäche gleichsam als ein unsittliches Mitgift der Geburt – wie Stärke als ein sittliches –, kurz als die wahre Erbsünde unser Gefühl nicht so rauh antastet als eine wirkliche Sünde: so lässet sie sich sehr gift-süß, aber auch gift-mischend, leicht unter die Reize unserer liebenden Natur verstecken, und insofern wirkt der Charakter der beiden Reisenden in Yoricks und Thümmels Reisewagen viel gefährlicher ein als jede andere Freiheit des Witzes, welcher statt des Feigenblattes oft nur dessen fein gearbeitetes Blatt-Gerippe vorhängt. Ebenso ist Wielands Aristipp viel unsittlicher als dessen Lais. – So wird umgekehrt in Schiller mit der Stärke als einer selbstachtenden Natur die hassende versüßend bedeckt.
Hinter oder unter dem Ideal der liebenden Kraft erheben sich nun die poetisch-erlaubten Charakter-Mischlinge, zuerst große Schwäche mit einiger LiebeGroßer Verstand gilt für Stärke. – höher die Stärke des trotzenden, hassenden, verwüstenden Bösewichts, in dessen scharfen, feuergebenden, grauschmutzigen Kiesel der reine Kristall einer Ehre sich einschließet, z. B. Lovelace – dann Übermacht der Liebe bei einiger Schwäche, gleichsam eine Wurzel, die wie ein Gebüsch außerhalb des Bodens statt eines dichten Stamms sogleich wieder in lauter Zweige auseinandergeht – endlich steht die Palme der Menschheit auf der Erde und in der Wolke, der gerade gewaffnete Stamm steigt auf, und oben trägt er, in weiche Blüten sich teilend, Honig und Wein, der Charakter von höchster Kraft und höchster Liebe, ein Jesus.Und eben darin sind auch jene ätherischen platonischen Charaktere, welche, wie Götter die Tugend als Schönheit, so die rauhe erste Welt als eine zweite, den Tag als Mondlicht anschauen, schon begriffen, obwohl in prosaischer untergeordneter Darstellung, welche sich nicht anmaßet, das Göttliche und das Teuflische der Individualität durch die breiten Worte Ehr- und Lieblosigkeit und ihre Gegenteile auszusprechen.
Nun wie, dieser vollkommenste Charakter wäre der Dichtkunst verboten? – Und diese Göttin, welche Untergöttinnen gebiert, wäre nicht imstande, nur so viel zu schaffen als die ungelenke, schwer tragende Geschichte? Denn in dieser stehen Epaminondas, Sokrates, Jesus – und werfen auf ihr historisches Gerüste einen Glanz, als sei es ein Triumphwagen. Und doch könnten in Apollons goldenen Wagen selber stets nur halbdunkle, halb glänzende Gestalten einsteigen und fahren? – Nein, mir dünkt vielmehr, die Dichtkunst müßte noch um ein paar Sterne höher wohnen als jede Geschichte; jene auf einer Wandelsonne, wenn diese auf einer Wandelerde bleibt. Und hat sie uns denn nicht auch allein Götter und Heroen geboren – und den Messias – und die Töchter Ödips von Sophokles – und Goethens Iphigenie – und dessen Fürstin im Tasso – und Don Carlos' Königin – und Cidli? Nur ist (gegen die gemeine Meinung) ihre Erschaffung und Darstellung die schwerste. Die Gipfel der Sittlichkeit und der Gipfel der Dichtkunst verlieren sich in eine Himmels-Höhe; nur der höhere Dichter-Genius kann das höhere Herzens-Ideal erschaffen. Aus welcher Welt könnte denn das zartere Gewissen einer schönsten Seele es holen als aus seiner eignen? Denn wie es Ideale der Schönheit in bestimmten Formen, so gibt es Ideale des Gewissens in bestimmten; daher mögen, ungeachtet des nämlichen Herzens-Gesetzes, welches durch alle Geister reicht, doch unsere sittlichen Ideale einem Erzengel so gemein vorkommen als uns die eines rechtschaffenen Barbars.
Der höhere Mensch kann zwar den niedrigen erraten, aber nicht der niedrige den höhern, weil der Sehende, als eine Bejahung, leicht die Blindheit als eine Verneinung setzen kann, der Blinde hingegen nie den Sehenden erraten, sondern dessen Farbe entweder hören oder tasten wird. Daher verrät sich das kranke Innerste eines Dichters nirgends mehr als durch seinen Helden, welchen er immer mit den geheimen Gebrechen seiner Natur wider Willen befleckt.
Wenn freilich Zusammenschieben toter Worte oder ein sittliches Wörterbuch ein göttlicher Charakter wäre: dann wäre diese Schöpfung so leicht, als man das Wort Gott – diesen Himmel aller Sonnen – ausspricht und denkt. So ist Klarisse ein kaltes sittliches Vokabularium ohne scharfe Lebens-Einheit, die wenigen Lügen ausgenommen, welche ihr zu einiger weiblichen Bestimmtheit verhelfen. Grandison hingegen weiset wenigstens ein gebundnes Leben – das freilich die gedungnen Lobreden seiner Bekannten nicht entbinden – auf; er gibt durchaus mehr organische Bestimmtheit als Klarisse (welche auch an dem handelnden Jüngling leichter sich malet als an der duldenden Jungfrau) besonders dadurch zu erkennen – obwohl bei einiger deutschen und britischen Tugend-Pedanterie –, daß ihm leicht der schöne Zorn der Ehre anfliegt.Er gewinnt viel Leben dadurch, daß er einen italienischen Edelmann, der ihm eine Ohrfeige gegeben, dermaßen ausprügelte, daß derselbe erst 14 Tage darauf weiterreisen konnte. Man will ordentlich darauf schwören, daß der edle Jüngling weder brennendrote, noch krankbleiche oder gar gelbe Wangen getragen, sondern daß sie ein zartes, rötlich-durchschimmertes Weiß übergossen, eine heilige Aurora des innern Gestirns. So zürnte Achilles; und noch heller Christus; das ist jener hohe Unwille über eine schlechte Welt, wodurch rechte Menschen dem Montblanc gleichen, den zuweilen ein Erdbeben erschüttert und welchen doch die Menschen schwer oder nie ersteigen. Wie unverständig hat man diesem großen Charakter-Dichter seinen Halb- oder Zweidrittels-Engel oder pedantischen Engel Grandison, und noch unverständiger seinen Halbteufel LovelaceLovelace, dieser Polyklets-Kanon apokryphischer Charaktere, dieser alte Adam unzähliger Sünder auf dem Papier und in der Welt, welchen Franzosen und Deutsche bettelnd bestahlen, steht als ein Giftbaum noch über manchen niedrigen kalten Giftschwämmen der Wirklichkeit; denn er hat noch Ehre, Mut, Liberalität, sogar Schonung gegen sein »Rosenknöspchen«. Wie könnt' er sonst auf eine Klarisse und so viele Leserinnen wirken? vorgeworfen, da man doch allen seinen leichtern Bildungen die feinste Ausbildung nicht abzusprechen vermochte. – Seine Sternwarte steht hier auf einem Berge gegen Fieldings seine, wiewohl dieser durch seine mehr dramatische Form der epischen des Richardson den Vorteil einer scheinbaren Schärfe abläuft.
Die Darstellung eines sittlichen Ideals wird so schwer als dessen Erschaffung, weil mit der Idealität die Allgemeinheit und folglich die Schwierigkeit zunimmt, dieses Allgemeinere durch individuelle Formen auszusprechen, den Gott Mensch, ja einen Juden werden und ihn doch glänzen zu lassen. Aber geschehen muß es, auch der Engel hat sein bestimmtes Ich. Daher die meisten sittlichen Ideale der Dichter Weiber sind, weil sie, weniger individuell als die Männer, den Gang der Sonne mehr wie eine Sonnenuhr und Sonnenblume still bezeichnen, als wie eine Turmuhr und deren Türmer laut anschlagen. Daher find' ich die tragischen Rollen, welche jedes individuelle Überwiegen verdammen und ausschließen, eben darum besser meistens von den Weibern gespielt, deren Eigentümlichkeit ins Geschlecht zerschmilzt. Daher geben die griechischen Künstler (nach Winckelmann) den weiblichen Formen nur wenig Verschiedenheit; und diese bestand nur in den Abzeichen des Alters. Daher bietet ein Pandämonium dem Dichter mehr Fülle und Wechsel an als ein Pantheon – und ein Kunstwerk, worin nur höhere oder gute Menschen regieren (z. B. in Jacobis Woldemar), kann nur durch jene seltene Angeburt des Herzens entstehen, welche zugleich die Schönheiten und die Schönheit kennt.
Bouterwek sagt in seiner Ästhetik: »der größte Verbrecher könne zuweilen in ästhetischer Hinsicht erhabener sein als die größte Tugend.« Ohne nähere Bestimmung hieße dies: der Teufel stehe ästhetisch-reizend über Gott. Aber dieser freisinnige Kunstrichter kann für das Interessantere des Verbrechers doch nur das erklären, was dieser von der Tugend selber entlehnt, die Kraft, welche als geistige (nicht als physische) immer an sich moralisch ist, nur aber in unsittlichen und irrenden Verhältnissen und folglich in kämpfender Anwendung desto anschaulicher vortretend. – Das Mißlingen und Erkälten durch vollkommene Charaktere ist bloß den unvollkommenen Dichtern selber aufzubürden, welche keine Unschuld ohne eine Mohren-Folie zum Glänzen bringen können. Wenn im vorigen Beispiel Grandison der Klarissa zuvorstand, so steht er im jetzigen wieder dem Allwerth von Fielding im Interesse weit nach; – Allwerth, dieser Tugendschöne und zugleich Weiseruhige, flößt in der Dichtung so viel Teilnahme an den besten Charakteren ein, als er selber im Leben für sie bewies. Schillers Marquis von Posa, hoch und glänzend und leer wie ein Leuchtturm, warne eben den Dichter vor dem Hinschiffen zu ihm. Er ist uns mehr Wort als Mensch geworden, und obwohl göttliches, doch kein Gottmensch. Diesen Mangel unserer Teilnahme aber seiner Idealität schuld zu geben, wäre Blasphemie gegen die Menschheit; denn nimmt nicht – ist anders der Sprung und Flug erlaubt – der Held oder Heldgott der vier Evangelisten bei einer hölzern, ja unendlichen Idealität unser Herz ganz höher und gewaltiger in Anspruch? – Auch Mangel an Handlung ist dem Marquis Posa nicht vorzurücken; handelt er nicht selbstständig, als das einzige Substantiv des Gedichtes, fast allein fort? – Oder spricht er nicht? – Er hört ja kaum auf. – Aber er ist eben ein Umkreis ohne Mittelpunkt, ohne den organischen Lebenpunkt, wovon in den nächsten Paragraphen mehr.
Auch vom Zauberrauche der Leidenschaft – dieser poetischen Mittlerin zwischen Gesetz und Sünde, indem sie entweder den Haß in Stärke oder die Schwäche in Liebe verkleidet – darf der Dichter nur wenig als Heiligenschein um seine Heiligen ziehen; daher wieder die Überzahl der weiblichen kommt. Wenn der Bund der höchsten Ehre mit der höchsten Liebe das Ideal vollendet: so stellet es sich am Weibe, dem die Ehre weit näher liegt als dem Mann die Liebe, am besten dar. Freilich spannen die Weiber nicht eben Platons Rappen und Schimmel vor ihren Venuswagen, sondern eine weiße und eine schwarze Taube.
Je weiter vom sittlichen Ideal der Maler heruntersteigt, desto mehr Charakteristik steht ihm zu Gebote; der größte Bösewicht müßte individuell-leidenschaftlich fast bis zur Passivität bestimmt werden; so wie die Häßlichkeit im Verhältnis gegen Schönheit; daher gibt es überall gelungnere Halbmenschen und Halbteufel als Halbgötter.
Große Dichter sollten deswegen öfter den Himmel aufsperren als die Hölle, wenn sie zu beiden den Schlüssel haben. Der Menschheit einen sittlich-idealen Charakter, einen Heiligen zu hinterlassen, verdient Heiligsprechung und ist zuweilen für andere noch nützlicher, als ihn selber gehabt zu haben; denn er lebt und lehrt ewig auf der Erde. Ein Geschlecht nach dem andern erwärmt und erhebt sich an dem göttlichen Heiligenbilde; und die Stadt Gottes, in welche jedes Herz begehrt, hat uns ihr Tor geöffnet. Ja der Dichter schenkt uns die zweite Welt, das Reich Gottes; denn dieses kann ja nie auf Körpern wohnen und in Begebenheiten erscheinen, sondern nur in einem hohen Herzen, das eben der Dichter vor unserem aufgetan.
Es ist nur unter Bedingungen wahr, daß hohe Charaktere und erniedrigte uns gleich gut, nur mit umgekehrten Kräften heben, wie etwa der Mond die Flut des Meeres aufregt, er stehe am Himmel über dem Meere im Scheitelpunkte, oder unter demselben im Fußpunkt. – Sobald gute Beispiele bessern, schlechte verschlimmern, so müssen ja dichterische Charaktere beide weit schärfer und heller geben. Kann das Gedicht, oder gar die Bühne, wo der vom Dichter beseelte und verkörperte Charakter noch zum zweiten Male sich in der Kraft eines lebendigen Menschen verdoppelt, als ein epikurischer Stall und als ein moralisches Insektenkabinett besser ergreifen und erheben, oder als ein geistiges Empyreum hoher Gestalten? – Legt man den Plutarch oder den Tacitus gestärkter, begeisterter weg? Und wie würde erst das Heroum des erstern mächtig und strahlend vor uns stehen, hätte der große Geist eines Tacitus sein Heldenlicht auf die Helden geworfen!
Noch mehr. Wandelte ein Gottmensch durch die Welt, würde aber als solcher erkannt –: sie müßte sich vor ihm beugen und ändern. Allein eben nur im Gedichte geht er unverhüllt, ohne drückende Verhältnisse mit dem Zuschauer, und darum trifft er jeden so sehr; für den Messias der Messiade gibt es auf der Erde keinen Judas. Hingegen der unmoralische Charakter kann sich auf dem Musenberge nur durch ein angenommenes moralisches Surrogat fristen und durchhelfen. Folglich wie im Gedichte die Gottheit den dunkeln Flor abwirft, so nimmt darin der Teufel die schöne Larve vor; und den glänzenden Schein, welchen die Wirklichkeit jener entzog, hängt die Poesie bloß diesem um.
Nicht das Ideal der Göttlichkeit – denn unser Gewissen malt und fodert ja idealer als jeder Dichter –, sondern gerade das Ideal der Schlechtigkeit macht mutlos. Es schadet immer, das Laster lange anzuschauen; die Seele zittert vor dem offnen atmenden Schlangen-Rachen, endlich taumelt sie und – hinein. Suchte je eine schöne Seele ein Zerrbild des Herzens lieber auf als eine heilige Familie oder eine Verklärung? Will sie nicht lieber mehr lieben als mehr hassen lernen? Drängt sich nicht hingegen eine gesunkene Stadt – indes eine unverdorbne das unbefleckte Auge bewacht – gerade vor die schmutzige Bühne voll Untreue, List, Trug, Schlechtigkeit, Selbstsucht, um sich durch Beispiele, die man belacht, teils zu entschuldigen, teils zu verhärten? –
Da die Poesie mehr das Schicksal als die Gesinnung des Sünders entschleiert: so steht – weil im Leben dieselbe Zufälligkeit des Mißglücks die Tugend wie das Laster trifft – unsere moralische Kraft gegen die ungleichartige Ausgleichung der innern und äußern Welt, gegen bestraftes Laster wie gegen unbelohnte Tugend auf. Und was hilft ein Schiffbruch pestkranker Teufel? Sie stecken eben strandend an.
Aber dies lese doch kein Dichter, ohne daraus zu schließen, welche Pflichten und welche Hoffnungen in seinem Gebiete liegen und fodern. Er bedenke doch die jahrhundertlang fortbessernde Gewalt sittlicher Charaktere im Gedichte, welche außer demselben, in engen Zeiten und Räumen und von irdischen Verhältnissen verschattet, das Herz nur mit halbem Feuer treffen und wärmen; er halte seinen Reichtum an reinen und klar strahlenden Gestalten hoch, welche nicht im Gedicht, wie oft wirkliche im Leben, das Verhältnis des befangenen Zuschauers wider sich und ihr Wirken haben und die sogar an den wirklichen die Erdrinde, die unsern Blick aufhält, wegschmelzen können. – Auch bedenke er: predigt der Philosoph seine Irrtümer: so gehen sie in kurzem, sogar durch stumme Widerlegungen, als kalte Schatten sonnenlos unter – in der Zeit entseelt sich die philosophische Scheinleiche unvermerkt. Aber der Dichtung, selber der giftigsten, zieht keine Zeit den Giftstachel aus; und noch nach Jahrtausenden strömt der Dichter ein, der sittliche als Nil, der unsittliche als Eisgang. Bei dem Wechseln der Philosophie erhellt nicht der erste Philosoph den Kopf des letzten; aber wohl erwärmt der erste Dichter das Herz des letzten Lesers.