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Welch' und wie groß sei die Tugend, mit wenigem leben, ihr Wackern: (Nicht ist mein das Gespräch, nein, was mir geraten Ofellus, Bäuerlich, unschulmäßig gescheit, mit derbem Naturwitz:) Solches vernehmt, nicht unter dem Prunk der beschüsselten Tafel, |
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5 | Wann unsinnigen Glanz anstarrt das geblendete Aug' und Wann, auf Falsches geneigt, sich der Geist des Besseren weigert; Nein, vor dem Mahl hier laßt uns spähn miteinander. »Warum das?« Sagen will ich's, wenn ich kann. Schlecht taugt zu erforschen die Wahrheit Jeder befangene Richter. Wann lang' ein verfolgeter Hase, |
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10 | Oder ein störrisches Pferd dich ermüdete, oder (wofern dich Römische Zucht abmattet, den Griechelnden) wann dich der Springball, Der mit versüßendem Eifer die Bitterkeit täuschet der Arbeit, Oder die Scheib' umtrieb; (in die weichende Luft sie geschnellet!) Wann du den Ekel herausarbeitetest: trocken und leibleer, |
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15 | Dann verschmäh Hauskost! dann nichts, denn hymettischen Honig Trink' in Falerner zerflößt! Auswärts ist der Schaffner, und dunkel Woget zum Schutz den Fischen der Meerschwall; Salz auf dem Brot wird Schon dir den knurrenden Magen befriedigen. Wie und woher wohl Käme doch das? Nicht ist im köstlichen Brodem die höchste |
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20 | Wollust, nein in dir selbst. Verschaffe du leckere Zukost Dir durch Schweiß. Wer gedunsen in Trägheit bleichte, den labt nicht Auster und nicht Meerbrassen und kein ausländisches Schneehuhn. Dennoch gewinn' ich es kaum, wenn ein Pfau dastehet, daß nicht weit Lieber mit dem, als dem Huhne, den Gaum dich verlange zu kitzeln: |
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25 | So hat nichtiger Schein dich bethört, denn der seltene Vogel Kostet ja Gold und entfaltet des Schweifs schauprangenden Spiegel. Als ob das zur Sache gehörete! Schmausest du etwa, Was du lobst, das Gefieder? und bleibt dem gekochten sein Ansehn? Doch ist besser das Fleisch um gar nichts, dieses denn jenes; |
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30 | Nur ungleiche Gestalt verleitet dich, sehen wir. Sei's doch! Aber wie schmeckst du heraus, ob ein Tiberishecht, ob ein Meerhecht Dort angähnt? ob er reiner sich tummelte zwischen den Brücken Ob an der Mündung des Stroms? Du lobst unsinnig den Rotbart, Drei Pfund schwer, den du dennoch für einzelne Näscher zerhaun mußt. |
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35 | Dich lockt, seh' ich, die große Gestalt. Nun, sage, warum sind Dir großleibige Hechte verhaßt? Weil diesen, versteht sich, Größeres Maß die Natur, den anderen kleines Gewicht gab. Widerlich deucht das Gemeine dem kaum einst nüchternen Magen, Wonne zu schaun, wie er groß in großer Schüssel sich ausdehnt! |
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40 | Ruft der gefräßige Schlund, wie Harpyi'n heißhungerig. Daß doch Käme der Süd und die Speise der Leckeren kochte! Wiewohl schon Frisch anstinkt Waldeber und Meerbutt' einen von Unlust Krankhaft walgenden Magen, der voll nach sauergebeiztem Alant oder Radieschen sich sehnt. Doch ward nicht die Armut |
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45 | Ganz von den fürstlichen Schmäusen verjagt; unachtbaren Eiern Gönnt man und dunklen Oliven den Platz noch. Neulicher Tag' erst Wurde des Stadtheroldes Gallonius Tafel berüchtigt Durch den Stör. Was? nährte denn weniger Butten die Salzflut? Sicher war im Meere die Butt' und sicher das Storchnest, |
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50 | Bis ein prätorischer Schmecker die Zung' erst feinerte. Wahrlich, Wenn ein Prätor verfügt, wohl schmeck' ein gebratener Taucher, Folgsam allem Verkehrten, gehorcht die römische Jugend. Filziges Mahl ist verschieden vom mäßigen nach des Ofellus |
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55 | Wenn du verkehrt hinneigst zu dem anderen. Avidienus, Welchem mit Recht anhaftet der schmutzige Name des Hundes, Frißt fünfjährige Beeren des Öls und wilde Kornellen, Ehe der Wein umschlägt, haushälterisch spart er des Fasses; Ja, mit ranzigem Öl unerträglichen Duftes (und lass' ihn |
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60 | Feiern die Nachhochzeit, den Geburtstag, welcherlei Fest auch, Stattlich im weißen Gewande) beträufelt er selbst den Salat euch Aus zweipfündigem Horn, nicht karg des verlegenen Essigs. Welch ein Leben denn ziemt dem Verständigen? welchem von beiden |
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65 | Reinlichkeit üb' er so weit, daß entfernt anstößiger Schmutz sei, Weder in Zier ausschweifend, noch Unzier. Nie wird er herrisch, Gleich dem alten Albuz, bei der Dienst' Aufgabe die Knechte Züchtigen, aber auch nicht, arglos, wie Nävius, fettig Wasser am Tisch darreichen; auch das ist leidiger Unschick. |
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Lerne nunmehr, wie vieles und heilsames bringe die Hauskost. |
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75 | Dann aus dem Leckeren zeuget sich Gall', und inneren Aufruhr Brütet der zähere Schleim. O siehe, wie blaß sich ein jeder Hebt vom verwirrenden Speisengewühl! Ja der Leib, den belastet Gestriger Schuld Unmaß, drückt selber den Geist mit herunter, Niedrigem Staub' ankettend den Hauch der beseelenden Gottheit. |
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80 | Jener, nachdem die im Winke gelabeten Glieder zu sanftem Schlaf er gedehnt, springt munter empor zu den Pflichten des Lebens. Dennoch kann er einmal zum Besseren auch sich versteigen, Ob ein festlicher Tag in des Jahrs Umlaufe daherkam, Ob er wünscht zu stärken den Leib nach erschöpfender Arbeit, |
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85 | Oder die Jahr' annahen, und sanftere Pflege des Alters Kommende Schwäche verlangt. Du dort, was willst du zu jener Weichlichkeit dann noch fügen, die jung und stark du vorausnimmst, Wann dich befällt Siechtum und des wankenden Greises Entkräftung? Muffiges Schwarzwild lobte der Vorfahr: nicht weil die Nas' ihm |
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90 | Etwa gebrach; nein, glaub' ich, nur deshalb, weil ja der Gastfreund, Wann er zu spät einkehrt, Anbrüchiges besser vorlieb nimmt, Als daß frisch es der Herr aufschmausete. Wär' ich mit jenem Biedervolk der Heroen entkeimt dem Gefilde der Urwelt! Liegt dir am ehrbaren Ruf, der lieblicher als ein Gesangton |
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95 | Schmeichelt dem menschlichen Ohr? Die mächtigen Butten und Schüsseln Bringen dir mächtige Schande zugleich mit Schaden. Dazu noch Dein unwilliger Ohm, und die Nachbarn, selber du feind dir, Und umsonst herwünschend den Tod, wenn dem Armen der Dreier Fehlt, zu erkaufen den Strick. »Ganz recht wird Trausius,« sagst du, |
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100 | »Also mit Worten gestraft: Ich hab' Einkünfte ja reichlich, Und unermeßliche Güter, genug drei Königen!« – Nun denn, Hast du zu viel; ist nichts, worauf du es besser verwendest? Warum darbt unverdient jemand, du Reicher da? Warum Sinken verjährt die Tempel der Ewigen? Warum so lieblos |
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105 | Gönnst du der Heimat nicht vom unendlichen Haufen ein wenig? Dir ja wahrlich allein, dir wird's wohl gehen auf immer! Ha, du lautes Gelächter dem Feind' einst! Wer denn von beiden Darf bei wankendem Glücke sich selbst herzhafter vertraun? Er, Der an mehreres üppig so Leib als Seele verwöhnt hat? |
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110 | Oder vielmehr, wer, mit Kleinem vergnügt, vorsorgend der Zukunft, Schon im Frieden, ein Kluger, was not zum Kriege, bereitet? – Daß du es gläubiger hörst: als Knab' hab' ich diesen Ofellus |
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115 | Ihn mit Söhnen und Vieh, den tapfer bestellenden Mietling; »Niemals hab' ich so leicht,« erzählet er, »außer am Festtag Etwas gegessen denn Kohl und ein Stück des geräucherten Schinkens. Aber besuchte mich einst ein lang' ungesehener Gastfreund, Oder im müßigen Regen, zum Tisch willkommen, ein Nachbar, |
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120 | Dann ging's hoch: nicht Fische, geholt aus der Stadt, nur ein Böcklein Schmausten wir oder ein Huhn. Dann kam zum prächtigen Nachtisch Stattlich die hangende Traube, die Nuß und die doppelte Feige. Dann kam lustiges Spiel, wo der Fehl war König des Trunkes. Sprengten wir jetzo der Ceres, daß so fortwüchse der Fruchthalm, |
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125 | Aufgeklärt war im Wein der gerunzelten Stirne Bewölkung. Tobe mit neuem Tumulte daher Fortuna! Wie viel wohl Kann sie entheben von hier? Um wie viel weniger sind wir Glatt, ihr Bursch', im Gesicht, seit kam der neue Bewohner. Denn nicht gab ja Besitz die Natur und eigenen Boden, |
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130 | Ihm so wenig, wie mir, noch sonst wem. Jener vertrieb uns; Ihn wird, wo Lockerheit nicht, doch Unkund' spitzigen Rechtes, Oder gewiß austreiben ein frisch nachlebender Erbe. Jetzo heißt nach Umbrenus das Gütlein, jüngst nach Ofellus, Eigen indes wird's keinem; nur Nießbrauch bietet es bald mir, |
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135 | Bald dem anderen dar. Wohlan denn, tapfer gelebt mir, Und mit tapferer Brust andringendem Übel begegnet!« |