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[Wie voll Makel du seist, Lucilius, zeuge mir Cato, Dein Verteidiger selbst, sieghaft, der mancherlei Unvers' Auszumakeln beginnt. Desto zartsinniger thut er's, Je mehr tüchtiger Mann er ist, weit feiner, denn er da, |
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5 | Der gar sehr als Knabe mit Strick und gefeuchteten Riemen Ward erfleht, daß wäre, wer Hilf den Dichtern der Vorzeit Leisten könnt' und Schutz vor unseres Gaumes Beeklung, Als der grammatischen Ritter gelehrtester. – Wieder auf jenes!]Die ersten acht Verse sind ohne Zweifel unecht, wie schon Landino erkannte. Wohl, daß stolpernden Fußes der Vers des Lucilius humpelt, |
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10 | Hab' ich gesagt. Wer ist des Lucilius Gönner, so thöricht, Dies nicht einzugestehn? Doch zugleich, daß jener mit scharfem Salze die Römer gebeizt, des lobt dasselbige Blatt ihn. Damit sei ihm indes nicht geschenkt auch das Übrige; denn so Müßt' ich für schöne Gedicht' auch Laberius Mimen bewundern. |
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15 | Nicht ist also genug, mit Lachen ausdehnen die Mäuler Horchendem Volk; doch gehört dazu auch gewisse Naturkraft. Kürze bedarf's, daß rasch der Gedank' hinlauf' unbelästigt Von unnützem Gepäcke das Ohr abmüdender Worte. Nüchterner Sprache bedarf's, die den Ernst bald, öfter den Scherz liebt, |
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20 | Bald sich erhebt zu dem Tone des Rhetors und des Poeten, Ob auch des städtischen Manns, der mäßigen eigene Kraft und Abzuschwächen versteht mit Vorsatz. Lachender Ausspruch, Mehr denn der schneidende, trennt selbst größere Dinge mit Nachdruck. Hierin zeigten die Dichter der alten Komödie mannhaft |
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25 | Ihre Gewalt, hierin nachahmungswürdig. die niemals Auch nur gelesen der schöne Hermogenes, oder das Äfflein, Welches den Calvus allein abtrillerte und den Catullus. »Aber wie groß sein Verdienst, da er Griechisch unter Lateinisch Mengete!« – Ihr in der Kunst Nachreifende, denen für schwierig |
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30 | Und für wunderbar gilt, was Pitholeon selber aus Rhodus Leistete! »Aber die Red', aus beiderlei Sprache gefügt, ist Reizender, wie wenn zu Chier gemischt wird edler Falerner!« – Nur wann Verse du machst? ich frage dich; oder sodann auch Wann du verteidigen mußt des Petillius schwierigen Rechtsfall? |
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35 | Siehe, vergessen dir soll des lateinischen Landes und Vaters Pedius, oder Corvinus Publicola, wann sie mit Arbeit Ringen für Recht und lieber den heimischen Worten des Auslands Laut' einmischen nach Art des canusischen Doppelgeplauders? Als ich im Griechischen einst, ein Geborener diesseit des Meeres, |
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40 | Verselchen schrieb, da verbot es mit solcherlei Rede Quirinus, Der nach Mitte der Nacht mir erschien, wann Träume gewiß sind: »Nicht in Waldungen trügest du Holz unsinniger, als wenn Griechischer Chör' Unzahl noch mehr anschwellen du wolltest.« Während Alpin hochschwülstig den Memnon würgt und des Rhenus |
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45 | Lehmiges Haupt mißbildet, so scherz' ich solches, was weder Soll im Tempel ertönen dem kampfurteilenden Tarpa, Noch was wieder und wieder sich stelle zur Schau den Theatern. Feinere Buhlerinlist, und wie Davus schalkhaft dem Graubart |
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50 | Du, vor den Lebenden einzig, Fundanius. Pollio singet Könige, stolz herschreitend im Trimeter. Epische Kraft lenkt Varius, wie sonst keiner beherzt. Einschmeichelnde Anmut Gaben dem sanften Vergil der Ländlichkeit frohe Camenen. Das, was gewagt unglücklich der atacinische Varro, |
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55 | Und noch einige mehr, das war's, was ich besser vielleicht schrieb, Kleiner an Rang dem Erfinder: denn nicht ihm möcht' ich entreißen Jenen mit Ruhm und Ehre dem Haupt anhaftenden Lorbeer. Aber ich habe gesagt, er führ' im schlammigen Sturz oft Mehreres zum Ausheben, denn zum Dalassen. Wohlan denn, |
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60 | Hast du am großen Homer nicht, Kundiger, manches zu tadeln? Wünscht denn an Attius nichts der milde Lucilius anders? Lacht er des Ennius nicht, wo ein Vers unfeierlich schlottert? Steht nicht, redend von sich, er selbst den Getadelten höher? Was denn wehret auch uns, wenn Lucilius Schriften wir lesen, |
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65 | Nachzuspähn, ob sein', ob des Stoffs unsanfte Natur ihm Verse zu bilden versagt von besserem Schlag', und die leichter Schwebeten, als wenn einer, in sechs Füß' etwas zu drängen, Des schon völlig vergnügt, mit Behaglichkeit schriebe zweihundert Verselchen, eh' er gespeist, und so viel nach Tisch: wie, dem Sturzbach |
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70 | Ähnlich an raschem Erguß, einst Cassius Geist des Etruskers, Strudelte, der, wie man sagt, bei den Kästlein eigener Bücher Halb auflodert' in Brand. Sein mag Lucilius, sag' ich, Heiter und städtisch an Witz, sein mag er geglätteter etwas, Als der zuerst roh schuf ein Gedicht ungriechischer Herkunft, |
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75 | Und als jenes Gewühl hochaltriger Barden: indessen, Wenn in unsere Tage versetzt ihn hätte das Schicksal, Würd' er sich viel abreiben und wegmähn alle den Auswuchs, Der am Vollendeten hängt, und in sorgsamer Bildung des Verses Würd' er das Haupt oft kratzen, ja wund sich beißen die Finger. |
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80 | Oftmals wende den Griffel, wenn würdiges häufiger Lesung Schreiben du willst. Nicht, daß dich die Meng' anstaune, bewirb dich, Wohlvergnügt, zu gefallen den wenigen. Wünschtest du albern, Daß man in dumpfiger Schul' einpredigte deine Gedichte? Ich nie! Mir ist genug, daß der Ritter mir klatsche! wie herzhaft |
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85 | Gegen das zischende Volk Arbuscula rief mit Verachtung. Was? mich kränkte die Wanze Pantilius? oder daß hämisch Mich Abwesenden zauset Demetrius? daß mich der schale Fannius, Tafelgenoß des Tigell-Hermogenes, anzwackt? Plotius, Varius auch, Vergilius auch und Mäcenas, |
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90 | Valgius billige dies, mein edler Octavius auch und Fuscus; und o, daß beide die Viscus läsen mit Beifall! Dich auch nenn' ich getrost, unbethört von dünkelnder Ehrsucht, Pollio, dich, Messala, mit deinem Bruder; zugleich dich, Bibulus, Servius dich, und lauterer Furnius, dich auch; |
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95 | Und viel andere noch, wohlkundige Richter und Freunde, Die mit Bedacht ich umgehe. Daß die mir, was ich auch bringe, Lächelnd empfahn, das möcht' ich, und grämte mich, fänd' es ja minder Beifall, als ich gehofft. Demetrius, und o Tigell, ihr Mögt in gefesselter Schule Geheul anstimmen den Weiblein. |
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100 | Hurtig, o Knab', und schreibe mir dies noch unter das Blättlein. |