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Alle sie haben den Fehler die Musiker: unter den Freunden Wollen sie nie anheben ein Lied, durch Bitte beweget; Ohne Geheiß dann singen sie rastlos. So war des Sarders, Jenes Tigellius Art. Wenn Cäsar, dessen Befehl zwang, |
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5 | Ihn bei der Freundschaft bat, sein selbst und des göttlichen Vaters; Gar nichts richtet' er aus. Sobald ihm beliebte, vom Ei an Scholl's bis zum Apfel: Io! Heil! Bacchos! bald zu dem höchsten Saitengetön, bald wieder zum untersten Halle des Basses. Nichts Gleichmäßiges war an dem Mann. Oft rannte er, wie wer |
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10 | Flieht den verfolgenden Feind; oft langsam wandelt' er, wie wer Junos Heiliges trägt. Oftmal zweihundert der Knechte Hatt' er und oft nur zehn. Bald Könige tönt' und Tetrarchen, Lauter Erhabnes, sein Mund; bald: »Sei dreifüßig der Tisch mir, Reines Salz in der Muschel, ein Rock auch, welcher die Kälte, |
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15 | Grob wie er ist, abwehrt!« Ob tausendmal tausend du schenktest Diesem so leicht und kärglich Befriedigten; wenige Tag', und Nichts war im Beutel zurück. Nachts schwärmet' er bis zu der hellen Frühe, den Tag durch schnarcht' er zum Abende. Nichts war so uneins Je mit sich. Nun könnte mir jemand sagen: Und du hast |
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20 | Keinen Fehl? Wohl andre, vielleicht nur kleinere, hab' ich. Hinter dem Novius sprach einst Mänius übel. »Gemach!« rief Jemand: »Bist du dir fremd? und glaubest du, fremd auch uns andern Worte zu leihn?« – O mir, sprach Mänius wieder, verzeih' ich. Thöricht und schamlos ist Selbstlieb' und würdig der Rüge. |
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25 | Wann dein eigenes schlecht mit triefendem Auge du musterst, Sage, warum für der Freunde Vergehn so schärfen die Sehkraft, Wie epidaurischer Drach' und Adeler? Aber dich selbst nun Trifft's, daß deinem Vergehn gleich scharf nachspüren die andern. Reizbar ist er ein wenig zum Zorn; nicht ganz für die feinen |
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30 | Nasen der heutigen Welt; man kann sein lachen, dieweil ihm Bei zu ländlicher Schur das Gewand hinfließet und schlotternd Hängt an dem Fuße der Schuh. Doch brav ist dieser und redlich Wie kein anderer; doch dein Freund; doch großes Gemüt wohnt Unter der rauheren Hüll' im Verborgenen. Endlich dich selber |
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35 | Rüttele du, ob dir die Natur auch einige Fehler Eingepflanzt, ob auch böse Gewohnheit manche; du weißt ja, Auf nachlässigem Boden gedeiht zum Verbrennen das Unkraut. Dorthin eher gelenkt, daß dem Liebenden immer der Liebsten |
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40 | Reizvoll sind, wie der Hagna Polyp dem verliebten Balbinus. Wenn in der Freundschaft doch wir auch so irrten, und solchem Irrtum hätte geliehn anständigen Namen die Tugend! Ja. wie der Vater am Sohn, so müssen auch wir an den Freunden, Blickt wo ein Fehler hervor, nicht ekel sehen: den Schieler |
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45 | Nennt sich Blinzaug' der Vater, und Küchlein ruft er, wenn winzig Blieb ein verbuttetes Kind, wie das unreif fallende Zwerglein Sisyphus; Teckelchen heißt, wem die Bein' aussäbeln, und jenem Wird Klumpfüßchen gelallt, der auf klotziger Ferse daherstapft. Lebt dir der zu genau? Haushälterisch heiß' er. Zu windig |
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50 | Und ruhmredig ist dieser ein weniges? Artig mit Freunden Hört er sich gerne genannt. Doch Polterer ist er zu sehr, und Über den Anstand frei? Für einfach nehmt ihn und bieder. Ist er zu rasch? Er gehört zu den feurigen Seelen. O glaubt mir, Solch ein Thun verbindet, und hält verbundene Freundschaft. |
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Wir hingegen verkehren die Tugenden selber und streichen |
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60 | Da er in solchem Verkehre des Lebens schwebt, wo ihm nachstellt Bitterer Neid und ein Heer von Verleumdungen: ihn, der gescheit ist Und nicht unvorsichtig, benennen wir falsch und verschlagen. Ist zu natürlich ein Mann, und so, wie ich selber im Frohsinn Oft mich dir, o Mäcenas, erbot, der den Lesenden etwa |
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65 | Oder den Schweigenden quer anrennt mit mancherlei Schwatzen: »Ganz des geselligen Sinnes entbehret er« rufen wir. Ach wie Vorschnell gegen uns selbst ein hartes Gesetz zu verfügen! Frei war nimmer der Fehl' ein Geborener: besser ist der Mann. Den geringere drücken. Der herzliche Freund, wenn, wie billig, |
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70 | Fehl' und Gutes zugleich er mir abwägt, wolle der Mehrheit (Ist ja mehr mir des Guten) das Herz aneignen. Gefällt ihm Lieb' auf solchen Beding, so wäge die selbige Schal' ihn. Welcher verlangt, daß den Freund sein eigenes Knollengewächs nicht Ärgere, schenk' ihm dafür auch einige Warzen. Gerecht ist: |
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75 | Wünschest du deinem Vergehn Nachsicht, so erwidere Nachsicht.
Endlich da ganz mit der Wurzel den Zorn ausrotten so wenig |
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80 | Wer den Knecht, der, die Schüssel dem Tisch zu entheben beauftragt, Halbgegessene Fisch' und lauliche Brühe genaschet, Nageln ließ an das Kreuz, unklüger denn Labeo würd' er Unter den Klugen genannt. Wie noch weit rasender, wie weit Größer ist dieses Vergehn! Ein weniges fehlte der Freund dir; |
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85 | Nicht ihm solches verzeihn, wär' unleutselig; erbittert Hassest du, fliehest du ihn, wie den Ruso fliehet der Schuldner: Der, wenn der Elende nicht zur traurigen Frist der Kalenden Hauptstuhl oder auch Zinsen herausklaubt, herbes Verhängnis! Seinem Roman, ein Gefangner, den Hals darstrecket, und anhört. |
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90 | Er hat das Polster beharnet im Trunk und vom Tische geworfen Einen Kump, den die Hand des Euandros drehete; darum, Oder dieweil er ein Hühnchen, das vor mir lag in der Schüssel, Sich als Hungriger nahm, darum soll weniger lieb sein Mir mein Freund? Was, wenn er mir Diebstahl hätte geübet, |
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95 | Oder der Treue Verrat? wenn abgeleugnet die Handschrift?
Welche wie gleich ansehn die Vergehungen, ringen mit Arbeit, |
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100 | Stummes und garstiges Vieh, da begann um Eichel und Lager, Erst mit Klaun und Fäusten, sodann mit Keulen und hierauf Gar mit Waffen der Kampf, die Gebrauch allmählich geschmiedet: Bis man gegliederte Wort', um Laut und Gefühl zu bezeichnen, Samt den Benennungen fand. Nunmehr abstehend vom Kriege, |
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105 | Gingen sie, Städt' und Vesten zu baun, und ordneten Satzung, Weder Dieb noch Mörder zu sein. noch Eheverletzer. Denn vor Helena schon war Geschlechtslust scheußlicher Kriege Anlaß; doch jene versanken durch ungefeierte Tode, Die, wenn sie, gleich dem Gewild unstete Vermählungen rafften, |
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110 | Einer an Kraft vorragend erschlug, wie der Stier in der Waldtrift. Furcht vor dem Unrecht führte zum Recht, was jeder gestehn muß, Welcher der Zeit Fortgang und der Welt Jahrbücher entrollet. Weder vermag die Natur vom Recht zu scheiden das Unrecht, So wie sie teilt, was gut und verkehrt, fliehbar und erwünschbar; |
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115 | Noch wird Vernunft darthun. daß gleich viel sündige völlig, Wer sich gekräuselten Kohl abbrach im Garten des Nachbars, Und wer nächtlich der Götter Altargut raubete. Not ist Regelung, die dem Vergehn gleichmäßige Strafen erkennet: Daß du, wer Peitsche verdient, nicht haust mit entsetzlicher Geißel. |
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120 | Denn daß nur mit der Gerte du stäupst den härterer Streiche Schuldigen, sorg' ich nicht, da du aussagst, gleicher Natur sei Stehlen und mörderisch rauben. und drohst, so Großes wie Kleines Wollest mit einerlei Hippe du wegmähn, wenn dich zum König Setzte das Menschengeschlecht. – Wenn reich vor allen der Weis' ist, |
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125 | Gut auch, zum Schuster sogar, und allein bildschön, und ein König; Wünschest du noch, was du hast? – »Du verstehst nicht,« saget der Mann, »was Vater Chrysippus sagt: Nie hat sich der Weise Pantoffeln, Nie sich Schuhe gemacht; doch der Weis' ist Schuster und bleibt's! – Wie? – »So wie, schweig' er auch ganz, Hermogenes Sänger jedoch und |
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130 | Trefflicher Musiker ist; wie Alfen, der verschmitzte, nachdem er Alle Geräte der Kunst wegwarf und die Bude verschloß, noch War ein Barbier: so ist auch der Weis' ein vollendeter Künstler Jeglicher Kunst, so König allein!« – Mutwillige Buben Zupfen dir, siehe, den Bart! Wo du nicht mit dem Stocke sie bändigst, |
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135 | Wirst du gedrängt von dem Schwarme der rings Umstehenden, bis du Jämmerlich platzest und bellst, großmächtiger Könige König! Um nicht lang es zu machen: indes für den Heller ins Bad du Gehst, mein König und Herr, und dir kein einziger Hofmann Nachfolgt, außer Crispinus, dem Plauderer, werden auch mir wohl |
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140 | Gütig verzeihn, wo ich etwa aus Thorheit fehlte, die Freunde; Ich dann dulde dafür auch ihre Vergehungen willig; So bin ich Niederer mehr, als du Herr König, beseligt. |